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Verfahren zur Herstellung von wasserfreiem Formaldehyd Zur Herstellung
hochpolymeren Formaldehyds mit Kunststoffeigenschaften eignet sich nur reiner, insbesondere
wasserfreier Formaldehyd. Formaldehyd ist in Form wäßriger Lösungen oder als niederpolymerer
Formaldehyd technisch zugänglich. Es ist bekannt, weitgehend reinen Formaldehyd
aus wäßrigen Lösungen durch fraktionierte Kondensation oder aus niederpolymerem
Formaldehyd durch Pyrolyse und Ausfrieren der verhältnismäßig geringen Wassermengen
zu gewinnen. Weiter wurde vorgeschlagen, die Neigung des z. B. durch Ausfrieren
von Wasser vorgetrockneten Formaldehyds zur Bildung niederpolymerer Polyoxvmethylenhydrate
zu nutzen und durch die Bildung dieser vorgenannten »Vorpolymerisate« Spuren von
Wasser zu entfernen. Auch Trockenmittel sind schon zum Trocknen von Formaldehyd
verwendet worden.
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Von den bekannten Trockenmitteln entfallen diejenigen, die unter den
Reinigungsbedingungen mit Formaldehyd reagieren. Aus diesem Grunde erschien es bisher
nicht zweckmäßig, Formaldehyd etwa durch Perchlorate oder Phosphorpentoxyd zu trocknen.
So heißt es in Beilsteins Handbuch der organischen Chemie, Bd. 1, S. 564: »Von P205
werden Formaldehyddämpfe unter Abscheidung von Kohle zersetzt, wäßriger Formaldehyd
wird ebenfalls unter Kohlebildung zersetzt, unter anderen Bedingungen polymerisiert«.
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Es wurde nun gefunden, daß man bis zu 6% Wasser enthaltenden Formaldehyd
unterhalb -15°C praktisch ohne Verluste mit Phosphorpentoxyd trocknen kann.
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Da Phosphorpentoxyd bei Wasseraufnahme rasch zerfließt, ist es aus
technischen und wirtschaftlichen Gründen zweckmäßig, mit diesem Mittel nur die letzten
Spuren Wasser von Formaldehyd abzutrennen, die die Herstellung von höchstpolymerem
Formaldehvd unmöglich machen und die nach den bisher bekannten Verfahren nur sehr
schwer zu entfernen sind.
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So ist es z. B. eine bevorzugte Ausführungsform dieses Verfahrens,
Formaldehyd, der aus wäßriger Lösung gewonnen wurde, durch fraktionierte Kondensation
bis zu einem Wassergehalt von 1% und weniger zu entwässern und lediglich das Restwasser,
das durch fraktionierte Kondensation nicht oder nur mit großem apparativem Aufwand
zu entfernen ist, mit Phosphorpentoxyd bei tiefen, unter -15° C liegenden Temperaturen
abzutrennen.
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Wird der Formaldehyd aus niederpolymeren Polyoxvmethylenhydraten,
wie Paraformaldehyd, durch Pyrolyse gewonnen, so können die dann noch zu entfernenden
2 bis 6% Wasser erfindungsgemäß mit Phosphorpentoxyd bei tiefen, unter -15° C liegenden
Temperaturen abgetrennt werden. Auch der so gereinigte Formaldehyd ergibt bei der
Polymerisation wertvolle hochmolekulare Produkte. Nachteilig bei dieser Ausführungsform
des Verfahrens ist nur der verhältnismäßig große Verbrauch an Phosphorpentoxyd,
so daß es auch in diesem Fall von Vorteil sein kann, den Formaldehyd nach bekannten
Verfahren, z. B. durch Ausfrieren von Wasser, vorzutrocknen.
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Bekanntlich kann man vorgetrockneten Formaldehyd, wie er z. B. durch
Pyrolyse niedermolekularen Formaldehyds und anschließendes Ausfrieren von Wasser
erhalten wird, nach dem Verfahren der sogenannten »Vorpolymerisation« weitertrocknen.
Dabei wird dem Reaktionsmedium bei der spontanen Bildung niedermolekularen Formaldehyds
durch die entstehenden Endgruppen Wasser entzogen. Ein rasches und insbesondere
vollständiges Trocknen des Formaldehyds ist indessen durch dieses Verfahren nicht
möglich. Es ist auch unmöglich, die geringen Wasserspuren monomeren Formaldehyds,
die den Polymerisationsgrad des hochpolymeren Formaldehyds wesentlich mitbestimmen,
durch bekannte analytische Verfahren genügend genau festzustellen. Dagegen ist der
Grad der Trocknung leicht am Polymerisationsgrad vergleichbarer, hochpolymerer Formaldehyde
zu erkennen. Bei solchen Vergleichsversuchen hat sich ergeben, daß man durch Ausfrieren,
fraktioniertes Kondensieren oder »Vorpolymerisieren« vorgetrockneten Formaldehyd
bei Temperaturen unter -15° C mit Phosphorpentoxyd weitertrocknen kann.
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kann sowohl gasförmigen als auch flüssigen Formaldehyd mit Phosphorpentoxyd trocknen,
wobei letzterer zweckmäßigerweise nicht mehr als 1% Wasser enthält. Gibt man beispielsweise
bei -30° C zu flüssigem, frisch bereitetem Formaldehyd, dessen Wassergehalt unter
10/0 liegt, gegebenenfalls in Gegenwart eines Verdünnungsmittels, wie z. B. Toluol,
ehe sich durch Selbstpolymerisation größere Mengen Polyoxyinethylenhydrat haben,
auf 1 g Wasser etwa 10 g Phosphorpentoxyd, so tritt keine bzw. keine weitere Polymerisation
ein, und der abdestillierte Formaldehyd bleibt bei -78° C auch in Verdünnung mit
gleichzeitig destilliertem Toluol viele Wochen lang monomer.
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Gasförmiger, zu reinigender Formaldehyd kann mit Phosphorpentoxyd
in mannigfacher Weise in Berührung gebracht werden, z. B. indem man ihn durch ein
mit pulverförmigem Phosphorpentoxyd beschicktes, gekühltes Wirbelbett leitet. Es
hat sich auch bewährt, den Formaldehyd durch einen gekühlten Turm zu leiten, in
dem sich Phosphorpentoxyd in Mischung mit Füllkörpern befindet. Bei diesen Ausführungsformen
des Verfahrens ist darauf zu achten, daß der Phosphorpentoxydstaub nicht in ungekühlte
Zonen der Apparatur getragen wird. Diese Gefahr besteht nicht, wenn der Formaldehyd
unter -15° C durch eine Suspension von Phosphorpentoxyd in organischen, gegen Phosphorpentoxyd
und Formaldehyd indifferenten Flüssigkeiten geleitet wird. Hierbei entfällt auch
der Nachteil des Zerfließens und Verklebens von Phosphorpentoxyd nach Aufnahme größerer
Wassermengen.
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Bei der Reinigung des gasförmigen Formaldehyds unter atmosphärischem
Druck liegt die höchstzulässige Reaktionstemperatur von -15° C nahe dem Taupunkt
des Formaldehyds (-18° C). In diesem Falle ist es besonders zweckmäßig, das Phosphorpentoxyd
in Suspension zu benutzen.
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Bei der Reinigung des Formaldehyds unter vermindertem Druck ist es
zweckmäßig, das Phosphorpentoxvd und das in die Reaktionszone strömende Formaldehydgas
so tief zu kühlen, daß eben noch keine Kondensation des Formaldehyds eintritt.
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Eine besonders zweckmäßige Verfahrensform der Erfindung besteht darin,
daß man insbesondere beim Arbeiten unter atmosphärischem Druck, aber auch beim Arbeiten
unter vermindertem Druck, das ungereinigte oder noch nicht vollständig gereinigte
Formaldehydgas bei Temperaturen bis zu -90° C in einer Suspension von Phosphorpentoxyd
in indifferenten organischen Flüssigkeiten kondensiert und den nunmehr völlig wasserfreien
Formaldehyd ohne oder zusammen mit den wasserfreien Suspensionsmitteln vom Phosphorpentoxyd
abdestilliert. Auch der so gereinigte Formaldehyd eignet sich zur Herstellung von
besonders hochmolekularem Polyformaldehyd. Beispiel 1 Ein Gefäß mit einem kurzen,
weiten Gasableitungsrohr, das in ein kühlbares Gefäß mündet, wird mit Paraformaldehyd
beschickt. Auf das kühlbare Gefäß ist ein mit Mantelkühlung ausgestatteter Turm
gesetzt, der unten mit Füllkörpern, dann mit einem Geinisch aus Phosphorpentoxyd
und Füllkörpern und am erweiterten oberen Ende wieder mit Füllkörpern beschickt
ist. Von dem oberen Ende des Turmes führt eine Leitung zu einem dritten, kühlbaren
Gefäß.
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Nachdem die trockene Apparatur auf 100 mm Quecksilbersäule evakuiert
worden ist, wird das zweite, leere Gefäß auf eine Temperatur von -50° C gekühlt,
ebenso der Turm. Das letzte Gefäß wird auf -78° C gekühlt.
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Das mit 300 Teilen Paraformaldehyd (Wassergehalt nach Fischer 0,3%)
beschickte Pyroly segefäß wird auf 140 bis 150° C erhitzt. Die Temperatur des Gasstromes
im zweiten Gefäß beträgt -35° C, die Temperatur in der Reaktionszone des Turmes
-30° C. Im letzten Gefäß sammeln sich 270 Teile flüssiger Formaldehyd, der mehr
als 3 Wochen lang völlig klar und flüssig bleibt, also nicht polymerisiert. Beispiel
2 Formaldehyd wird nach Beispiel 1 hergestellt und getrocknet. In dem letzten Gefäß
werden jedoch 3000Teile wasserfreiesToluol vorgelegt, die 10-4Teile Tri-n-butylamin
enthalten. 50 Minuten nach Beginn der Pyrolyse trübt sich der Inhalt des letzten
Gefäßes. Nach Beendigung der Pyrolyse wird das letzte Gefäß auf -30° C erwärmt.
15 Stunden nach Beendigung der Pyrolyse haben sich 273 Teile Polyformaldehyd mit
dem K-Wert 127 (nach F i k e n t s c h e r) gebildet. " Beispiel 3 Die Apparatur
besteht aus einem Pyrolysegefäß, das mit einem aufsteigenden Gasableitungsrohr und
einem daran angeschlossenen, kühlbaren, in Richtung des Gasstromes absteigenden
Rohr versehen ist. Das absteigende Rohr endet an seinem tiefsten Punkt in einer
Erweiterung, die mit einer Ablaßvorrichtung zur Entnahme niedermolekularen Polymerisates
versehen ist. In Richtung des Gasstromes ist an diese Erweiterung ein aufsteigendes
Rohr, das ebenfalls kühlbar ist, angeschlossen. Dieses Rohr steigt erst schwach
und dann senkrecht an und ist oben erweitert. Es mündet absteigend und umschaltbar
je nach Wahl in verschiedene Gefäße. Bei Schaltung I in ein Polymerisationsgefäß,
das mit einer stopfbüchslosen Rührvorrichtung ausgerüstet ist, bei Schaltung II
ebenfalls in ein gleich ausgerüstetes Polymerisationsgefäß. Schaltung III gestattet,
den Gasstrom erst durch ein Gefäß zu leiten, das mit einer Suspension von Phosphorpentoxyd
in Methylcyclohexan beschickt ist. Hinter diesem Gefäß befindet sich ebenfalls ein
Polymerisationsgefäß. Bei Schaltung IV sind entsprechende Gefäße gleich angeordnet
wie bei Schaltung III.
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In das Pyrolysegefäß werden 2000 Teile eines handelsüblichen Paraformaldehyds
(Wassergehalt nach Fischer 0,31%) gegeben. Das Phosphorpentoxy dsuspensionsgefäß
der Schaltung III wird mit 200 Teilen Phosphorpentoxyd und 500 Teilen Toluol, das
entsprechende Gefäß der Schaltung IV mit 100 Teilen Phosphorpentoxyd und 1000 Teilen
Toluol beschickt. Die gesamte Apparatur wird bei gleichzeitiger Kühlung der beschickten
Gefäße evakuiert und dann in jedes Polymerisationsgefäß mit Ausnahme desjenigen
von Schaltung IV je 5000 Teile wasserfreies, 10-4 Teile Tri-n-butylamin enthaltendes
Toluol eingezogen. In das von der Ablaßvorrichtung in Richtung des Gasstromes aufsteigende
Rohr werden 4000 Teile Methylcyclohexan eingezogen. Die Erweiterung am tiefsten
Punkt des Reinigungssystems wird auf etwa -30° C, das aufsteigende Rohr auf etwa
-40° C gekühlt. Die Apparatur wird auf etwa 50 mm Quecksilbersäule evakuiert.
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Das Pyrolysegefäß wird anfangs auf 150 und dann langsam ansteigend
bis auf 180° C erhitzt, so daß über 101/2 Stunden eine gleichmäßige Gasentwicklung
stattfindet. Mit Beginn der Gasentwicklung werden pro Stunde kontinuierlich in den
aufsteigenden Teil
des Gasableitungsrohres des Pyrolysegefäßes 200
Teile wasserfreies Methylcyclohexan gegeben.
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An der Ablaßvorrichtung werden kontinuierlich oder in kurzen Zeitabständen
stündlich etwa 200 Teile Methylcyclohexan zusammen mit dem sich bildenden niederpolymeren
Formaldehyd und Wasser, das von dem niedermolekularen Polyformaldehyd absorptiv
festgehalten wird, ausgeschleust.
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Während der ersten 3 Stunden wird der Gasstrom gemäß Schaltung I in
das auf -78° C gekühlte Polymerisationsgefäß I geleitet. Die Polymerisation setzt
35 Minuten nach Beginn der Gasentwicklung ein.
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Die nächsten drei Stunden wird der Gasstrom gemäß Schaltung III bei
einer Temperatur von -40° C durch das mit Phosphorpentoxyd beschickte Waschgefäß
in das ebenfalls auf -78° C gekühlte Polymerisationsgefäß III geleitet. Der Waschweg
in der Phosphorpentoxydsuspension ist kurz gegenüber dem langen, vorausgeschalteten
Ausfrierweg.
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Während der nächsten 3 Stunden wird der Gasstrom gemäß Schaltung II
analog der Schaltung I wieder in ein auf -78° C gekühltes Polymerisationsgefäß geleitet.
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Während der letzten 1i/2 Stunden wird das Gas gemäß Schaltung IV in
das zunächst auf -78° C gekühlte, Phosphorpentoxyd und Methylcyclohexan enthaltende
Gefäß geleitet. Polymerisation findet in diesem Gefäß nicht statt. 10 Stunden nach
Beendigung der Pyrolyse wird aus diesem Gefäß der Formaldehyd und das Methylcyclohexan
in das auf -78° C gekühlte Polymerisationsgefäß der Schaltung IV destilliert. Die
Polymerisation setzt hier 10 Minuten nach Zugabe einer Lösung von 0,5 - 10-4 Teilen
Tri-n-butylamin in 100 Teilen Methylcyclohexan ein. Alle vier Polymerisationsgefäße
werden 1 Stunde nach beendetem Einbringen von Formaldehyd 10 Stunden lang bei -25°
C gehalten, dann auf Raumtemperatur erwärmt und die Polymerisate filtriert und getrocknet.
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Die nachstehende Tabelle enthält die Mengen und K-Werte (nach Fikentscher,
»Cellulose Chem.«, Bd. 13 [1932], S.58) der Polymerisate:
Mengen K-Wert |
Schaltung in Teilen (nadi |
Fikentscher) |
I .................. 467 109 |
II ................. 471 111 |
III ................ 453 136 |
IV ................. 218 141 |
An der tiefsten Stelle des Ausfriersystems wurden während der Pyrolyse und nach
deren Beendigung insgesamt 212 Teile niedermolekularer Formaldehyd und 108 Teile
Wasser ausgetragen. Im Ausfriermedium wurden Methanol und Ameisensäure nachgewiesen.
62 Teile unzersetzter Formaldehyd befanden sich im Pyrolysegefäß.