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Längenmaß (Stich-, Haken- und Bügelmaßi Bekanntlich treten bei der
Messung großer Werkstücklängen über 500 mm schon bei kleinen Temperaturunterschieden
derartig große Meßfehler auf, daß die Einhaltung der Toleranzen bei feinen Qualitäten
praktisch unmöglich wird. So beträgt der systematische Längen-Meßfehler bei einem
Werkstück aus Silumin von 1950 mm Länge bei einer Temperatur von 230 0 +0,135 mm,
wenn dieses Werkstück mit einem Meßzeug aus Stahl bei einer Meßzeugtenxperatur von
19° C gemessen wird Das bedeutet, daß, wenn das Werkstück nach der Qualitäth7 bearbeitet
werden soll, die zugehörige Toleranz von 0,150 mm (vgl. ISO/TC 3 Dok. 93 vom Januar
1957) durch den Meßfehler bereits zu 9001o verbraucht ist. Es ist bemerkenswert,
daß dieser Prozentsatz schon bei nut 4° C Temperaturunterschied erreicht wird. Da
in den seltensten Fällen die Temperaturen von Werkstück und Werkstattraum übereinstimmen,
muß man, besonders im Sommer und Winter, ständig mit Meßfehlern in der angegebenen
Größenordnung rechnen.
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Es sind zwar schon Lehren bekanntgeworden, in deren Lehrenkörper
Einlagen fest eingefügt waren, deren Ausdehnungskoeffizient so gewählt War, daß
sich der Abstand zweier Meßfiächen bei Temperaturschwankungen in dem gleichen Maße
ändert wie das iu messende Werkstück. Diese Lehren waren jedoch auf die Messung
von Werkstücken mit einem vorgegebenen Ausdehnungs-
koeffizienten beschränkt. Eine
Anpassung an Werkstücke mit einem anderen als dem vorgegebenen Ausdehnungskoeffizienten
war nicht möglich.
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Formelmäßig stellen sich die Zusammenhänge wie folgt dar: Es ist
1w» = - ft = ION [(aWaN) (tw - 20) + aN (tW - tN)], (1) darin bedeutet 1w20 die
Werkstücklänge bei 200 C, IN die am Meßzeug abgelesene Werkstücklänge, ft' der systematische
Längenmeßfehler, aw, aN die Wärmeausdehnnngskoeffizienten von Werkstück und Meßzeug
und tw, tN die Werkstück- bzw. Meßzeugtemperatür.
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Wie man an Hand der Formel leicht nachprüfen kann, treten beim Messen
von Werkstücken, deren a-Werte von dem des Meßzeuges abweichen, auch dann systematische
Längenmeßfehler (ft') auf, wenn die Temperaturen tw und tN gleich groß sind. In
der Formel verschwindet dann zwar der zweite Klammersummand, jedoch bleibt der erste
bestehen.
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Die Erfindung geht nun von der Aufgabenstellung aus, ein Längenmeßgerät,
insbesondere ein Schubstichmaß zur Messung von Bohrungen, zu schaffen, bei dessen
Verwendung auch der durch den ersten Klammersummanden verursachte Fehleranteil fortfäüt.
Wird dann noch die bereits erwähnte Bedingung tw = tN eingehalten, so wird der Längenmeßfehler
gt' gleich Null. Etwaige Korrekturnomogramme oder Rechenmechanismen zur Bestimmung
des Meßfehlers, wie sie derzeit Verwendung finden, erübrigen sich dann.
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Eine unter der erwähnten Bedingung völlig fehlerfreie Messung wird
mit einem Längenstichmaß erreicht,
welches zwar ebenfalls wie die bekannten Stichmaße
zwei konzentrische, gegeneinander verschiebbare Rohre mit Hartmetallmeßflächen und
Klemmstelle aufweist, sich aber erfindungsgemäß von diesen dadurch unterscheidet,
daß die Rohre aus Materialien mit Wårmeausdehnungskoeffizienten ober- und unterhalb
desWärmeausdehnungskoeffizienten der zu messenden Werkstücke aufgebaut sind und
der Klemmpunkt bzw. das Klemmorgan relativ zu beiden Rohren längsverstellbar. ist
Die Einstellung geschieht dann nach folgender Einstellvorschrift: lx20(aw - ay)
lx20 = ax - ay , (1) ly20 = lw20 (ax - aw) , (2) ax - ay wobei ax > a, > a,,.
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Es bedeuten 1S2a, 1o die jeweils zwischen Klemmenpunkt und Meßflächen
einzustellenden Rohrlängenanteile und 0 die Werkstücklänge (lx20 + 13,20) jeweils
bei 20° C.
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Nach dieser Vorschrift können, sofern tw = tv ist, alle Werkstücke,
deren a-Werte zwischen denen der Rohr-Werkstoffe liegen, fehlerlos gemessen werden.
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Die Zeichnung veranschaulicht schematisch einige Ausführungsbeispiele,
es zeigt Fig. 1 ein Schubstichmaß im Längsschnitt, Fig. 2 das Stichmaß nach Fig.
1 ausschnittsweise in perspektivischer Darstellung, Fig. 3 ein Bügelmaß nach Fig.
2 in Seitenansicht, Fig. 4 ein Meßkopf des Bügelmaßes nach Fig.2 vergrößert herausgezeichnet,
und Fig. 5 ein Schubstichmaß konstanter, d. h. temperaturunabhängiger Länge.
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Gemäß Fig. 1 besteht das Schubstichmaß aus den beiden konzentrischen
Rohren x, y, die gegeneinander verschiebbar sind und an ihren äußeren Enden Hartmetallmeßflächen
ml, m2 aufweisen. Es kann an einem Ende auch eine Meßuhr, ein Feintaster oder eine
Meßschraube angebracht sein. Mit Hilfe der Klemme k lassen sich die Rohre x, y auf
die jeweiligen Werkstücklängen l«o im temperierten Feinmeßraum einstellen. Um eine
Messung frei vom systematischen Meßfehler ftt ausführen zu können, sind nun erfindungsgemäß
zunächst die Rohre x, y aus Materialien mit Wärmeausdehnungskoeffizientena, ay ober-
und unterhalb des Wärmeausdehnungskoeffizienten aw der zu messenden Werkstücke;
z. B. x aus Aluminium mit a = 24 10-6 1/oC und y aus Invarstahl mit a = 99 10-6
1/OG aufgebaut, und ferner ist die Klemme k relativ sowohl zum Rohr x als auch zum
Rohr y längsverschiebbar. Eine Einstellung nach den oben angeführten Einstellvorschriften
stimmt dann die wärmedehnungsmäßig wirksamen Rohrlängen so so so auf die Dehnung
des Werkstückes ab, daß der erste Klammersummand in Formel (1) verschwindet.
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Besteht das Werkstück im einfachsten FaUe beispielsweise aus Aluminium,
so ist die Klemme k in der Zeichnung ganz nach rechts an das Ende des Aluminiumrohres
zu schieben und dort an dem Invarrohr y zu arretieren.
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Das Invarrohr ist damit - wie es sein muß - für die Dehnung ausgeschaltet.
Meßzeug und Werkstück machen somit die gleiche Dehnung. Daß der Klemmort in diesem
Fall am Ende des Aluminiumrohres liegt, ergibt sich auch aus der Vorschrift (2).
Für a, = ax wird lho = 0.
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Die gleiche Überlegung gilt für den Fall, daß das Werkstück aus Invarstahl
besteht. Infolgedessen muß sich bei Werkstücken mit einem a-Wert zwischen az und
as, im Stichmaß eine Dehnung einstellen lassen, die derjenigen des Werkstückes entspricht.
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Die weitere Bedingung, daß tw =tv ist, läßt sich erfüllen, wenn man
in der Werkstatt eine Angleichung der Temperaturen von Meßzeug und Werkstück herbeiführt,
z. B. durch längeres Aufliegenlassen des Meßzeuges auf dem Werkstück.
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Ein Beispiel für die praktische Ausführbarkeit des neuen Stichmaßes
zeigt Fig. 2.
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Das Klemmorgan ist als Schlitten s mit senkrecht durch den Schlittensitz
hindurchgeschraubter Klemmschraube ks ausgebildet. Jeder Schlitten ist einem Längsschlitz
Is des äußeren Rohres x geführt. Die Längsschlitze liegen einander diametral gegenüber
und dienen zugleich als Kühl- und Lüftungsschlitze, damit beide Rohre die gleiche
Temperatur annehmen. Um zu gewährleisten, daß die Klemmpunkte der oberen und unteren
Klemmschrauben an der inneren Hülse y möglichst auf der gleichen Höhe (Umfangslinie)
liegen, kann man die Schlitten zweckmäßig durch einen in Fig. 2 gestrichelt eingezeichneten
gemeinsamen Ring r miteinander verbinden, der dann auch eine Deformation der geschlitzten
Rohre verhindert. Es ist auch möglich, an Stelle der dargestellten Klemmverbindung
einen Klemmring (Schelle) um das äußere Rohr zu legen und diesen entsprechend festzuspannen.
Es sei noch bemerkt, daß in Fig. 2 die Rohre x, y der anschaulicheren Darstellung
der
Klemmverbindung wegen übertrieben auf Zwischenabstand gebracht sind. Tatsächlich
kann das innere Rohr in dem äußeren gleiten (Gleitsitz).
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Bei Hakenmaßen, die in gleicher Weise wie das gezeigte Schubstichmaß
aus Rohren aufgebaut werden, kann bei der Messung von Außendurchmessern (Wellen)
der systematische Längenmeßfehler, wie schon erläutert, ebenfalls vermieden werden.
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Bei Bügelmaßen, die für die Messung von Außendurchmessern verwendet
werden, kann nach dem gleichen Prinzip eine Anpassung des Wärmeausdehnungskoef fizienten
des Meßzeuges an das Werkstück durch mehrere ineinandergeschachtelte und entsprechend
geklemmte Rohre aus verschiedenen Werkstoffen erreicht werden.
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Das Material des Rohres x, z. B. aus Aluminium bestehend, teilt sich
gemäß Fig. 4 auf die Rohre xa an den Bügelenden und den Bügel b selbst auf. Das
Material des Rohres y, z. B. Invarstahl, ist auf die Rohre yZ aufgeteilt. Eine ähnliche
wie die eingangs angegebene Einstelivorschrift läßt sich grundsätzlich auch für
das Bügelmaß aufstellen. Im vorliegenden Falle ist jedoch bei der konstruktiven
Ausführung der Fall aN =0 gewählt.
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Daher sind die Klemmstellen k jeweils am Ende der Rohrexa, yf angeordnet.
Sie können die Gestalt übereinanderliegender Ringe mit Senkschrauben haben.
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Bei der gemäß Fig. 3 und 4 getroffenen Festklemmung der Rohre an den
Rohrenden ist das Bügelmaß also temperaturunabhängig.
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Ein ebenso temperaturunabhängiges Schubstichmaß ist in Fig. 5 dargestellt.
Wie bei der Anordnung nach Fig. 4 sind die Rohre Xa, Yt konzentrisch aufeinandergeschoben.
Sie besitzen gleiche Längen, das a-Verhältnis beträgt 1 :2 (Stahl und Aluminium).
Die Klemmpunktek befinden sich jeweils am Ende der Rohre.
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Die Einstellung einer größeren als der eingestellten Länge geschieht
durch Verlängerung der einzelnen Rohre.
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Damit dabei die Dehnungslängen der Rohre gleich groß bleiben, werden
in die Rohrenden eingeschraubte, mit Gewinde versehene Verlängerungsrohre, welche
zugleich die Klemmorgane tragen, entsprechend angesetzt.
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PATENTANSPROCHE: 1. Längenmaß (Stichmaß, Hakenmaß und Bügelmaß),
bestehend aus mindestens zwei konzentrischen gegeneinander verschiebbaren Rohren
mit Hartmetallmeßflächen und Klemmstellen, dadurch gekennzeichnet, daß die Rohre
(x, y) aus Materialien mit Wärmeausdehnungskoeffizienten (a, al,) ober-und unterhalb
des Wärmeausdehnungskoeffizienten (aw) der zu messenden Werkstücke aufgebaut sind
und der Klemmpunkt bzw. das Klemmorgan relativ zu beiden Hülsen längsverstellbar
ist.