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Verfahren zur Gewinnung von Vitamin B12 durch anaerobe Gärung In der
deutschen Patentschrift Nr. 922 126 und in der britischen Nr. 705 346 wird ein Verfahren
zur Gewinnung von Vitamin B12 Konzentraten beschrieben, in welchem als Ausgangsstoffe
Faulschlamm oder andere, durch Methangärung erzeugte Produkte verwendet werden.
Es konnte auch nachgewiesen werden, daß das Vitamin Blz im Laufe der Methangärung
von Bakterien gebildet wird. Es war jedoch bisher ungeklärt, ob in der Produktion
der Substanz sämtliche Bakterien der Methangärung eine Rolle spielen oder aber nur
einzelne Stämme B12 produzieren und daneben auch indifferente, ja sogar vitaminverbrauchende
Bakterien zugegen sind. Die Erfinder haben versucht, durch Isolierung der einzelnen
Bakterienstämme der gemischten Bakterienflora des Faulschlammes festzustellen, welche
vitaminproduzierend sind, zu dem Zwecke, durch Sicherstellung der optimalen Lebensbedingungen
dieser Stämme die Vitaminausbeute im Faulschlamm zu erhöhen. Im Laufe dieser Versuche
ist es auch gelungen, etwa 20 verschiedene Bakterienstämme aus dem Faulschlamm zu
isolieren. Bei der Untersuchung dieser Stämme hinsichtlich ihrer Bi. -Erzeugung
wurde aber festgestellt, daß der überwiegende Teil derselben überhaupt kein Vitamin
B12 produziert, während man auch von der restlichen geringeren Anzahl der Stämme
nur unbedeutende Mengen dieses Vitamins erhalten kann. Hierdurch wurde die Annahme
bestätigt, daß in der reichen Flora des Faulschlammes eine große Anzahl der Bakterienstämme
hinsichtlich der Vitamin B"-Produktion nicht ausschlaggebend ist. Die Frage jedoch,
welches Bakterium bzw. welche Bakteriengruppe die aktive Substanz erzeugt, blieb
unbeantwortet. Zur Lösung dieser Frage mußte daher eine andere Methode herangezogen
werden, und zwar die Ermittlung derjenigen Phase der Faulschlammgärung, in welcher
man im Laufe der bakteriellen Zersetzung des außerordentlich komplexen Nährbodens
Vitamin B12 erhalten kann.
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Es wurde derart vorgegangen, daß Versuchsfermentoren mit Faulschlamm
beschickt wurden, und dieser wurde mit einer anorganische Salze enthaltenden Nährflüssigkeit
versetzt; dann wurde dieser Nährboden bei den einzelnen Versuchen noch jeweils mit
variablen Komponenten - Proteinen, Kohlehydraten, Alkoholen, Fettsäuren usw. - ergänzt.
Der Verlauf der B12 Produktion während der Fermentation wurde beobachtet und auch
das Verhältnis von Vitamin B12 zu den B12artigen Faktoren jeweils ermittelt, ferner
wurde der Verlauf der Gasentwicklung beobachtet. Es konnte festgestellt werden,
daß eine bedeutende Vitamin B" Ausbeute lediglich bei jenen Versuchen erreicht werden
konnte, bei welchen niedrige Alkohole, vorzugsweise Äthylalkohol, dem synthetischen
Nährboden zugesetzt worden sind, und zwar bei jenen Versuchen, bei welchen auch
Karbonate bzw. C 02 in der Gärflüssigkeit anwesend waren.
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In jenen Versuchen, die mit Zusatz von hochmolekularen Kohlehydraten
(Stärke, Zellulose) durchgeführt wurden, konnte ebenfalls eine erhöhte B12-Produktion
beobachtet werden, die aber in einer späteren Phase der Fermentation eingetreten
ist; dies ist vermutlich auf die Bildung von Alkoholen im Laufe der Vergärung zurückzuführen.
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Diese Versuche führten somit zum Ergebnis, daß die Produktion von
Vitamin B" im Laufe der Methangärung durch die Gegenwart von Alkoholen mit 2 bis
5 Kohlenstoffatomen gefördert wird; als Alkohole können sowohl primäre als auch
sekundäre Alkohole, ferner auch andere Stoffe verwendet werden, die im Laufe der
Methangärung derartige Alkohole bilden. Auch die Gegenwart von Karbonaten bzw.
CO, oder von Stoffen, die im Laufe der Methangärung C 02 bilden können, ist
erforderlich.
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Die Erfindung besteht darin, daß man zur Gewinnung von Vitamin B12
durch anaerobe Gärung unter Methanentwicklung derart verfährt, daß man der Gärflüssigkeit
vor und/oder während der Gärung einen primären oder sekundären Alkohol mit 2 bis
5 C-Atomen und Kohlendioxyd zuführt.
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Es ist selbstverständlich, daß durch die verschieden zusammengesetzten
Nährflüssigkeiten jeweils die Entwicklung bzw. das 1=lberhandnehmen verschiedener
Bakterienarten gefördert worden ist. Insofern diese Umwandlung der Flora von einer
Veränderung der Vitamin B12 Ausbeute begleitet wird, kann man daraus folgern, daß
diese Veränderung von der gesteigerten oder erhöhten B12-Erzeugung des fraglichen
Bakteriums hervorgerufen wird. Die Tatsache, daß das maximale Niveau durch Zusatz
von Alkoholen und CO, erreicht wird, ferner, daß sich im Laufe der Gärung
Methangas bildet, ist für eine
einzige Bakterienart, nämlich für
das Methanobakterium Omelianskii, aus der Gruppe der Kuyver van Niel'schen Methanobakterien,
kennzeichnend (s. Bergey's Manual of Det. Bact., 6. Auflage, 1948; H. Henkelekian,
H. Heinemann, SewageWorks J.,11-426,1939, und H. A. Barker, J. Biol. Chem. 137,
153, 1941). Dies ist um so überraschender, als Methanobakterium Omelianskii
bisher nicht als Vitamin B12-erzeugender Mikroorganismus gegolten hat, obwohl seine
Gegenwart im Faulschlamm nachgewiesen wurde.
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Gemäß der v organgs zitierten Literatur gewinnt das genannte Bakterium
die zum Wachstum erforderliche Energie vorzugsweise aus der Umwandlung von Alkoholen
und C02 in Fettsäuren und Methan z. B. nach der folgenden Gleichung: 2 C2 Hb O H
-f- CO, -f- 2 H,0 -+-
2 CH,COOH -f- CH, -f- 2 H20. Die entstandene
Fettsäure wird dann im weiteren Verlauf der Methangärung von den übrigen, im Faulschlamm
enthaltenen Bakterien zu C02 und CH, zersetzt. So wird durch den Zusatz von
Alkoholen auch das Wachstum der mit dem Methanobakterium Omelianskii symbiontisch
lebenden fettsäurezersetzenden Bakterien des Faulschlammes aufrechterhalten. Diese
Symbiose kann und soll auch nicht vermieden werden, da die säurezersetzenden Mikroorganismen
durch Zersetzung der metabolischen Produkte des Vitamin B12 erzeugenden Methanobakterium
Omelianskii und durch Erzeugung eines Teiles der erforderlichen Kohlensäure für
die Vermehrung desselben förderlich sind.
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Aus den mit Alkoholzusatz erhaltenen B12 Konzentrationen und aus den
mit anderen Nährbodenzusätzen erhaltenen negativen Ergebnissen sowie aus den oben
beschriebenenphysiologischen Eigenschaften des Methanobakterium Omelianskii kann
mit Sicherheit gefolgert werden, daß im Laufe der sogenannten Methangärung das Vitamin
B12-unter den zahlreichen im Faulschlamm vorhandenen Bakterienarten - obwohl nicht
ausschließlich, jedoch hauptsächlich von Methanobakterien und in erster Linie vom
Methanobakterium Omellanskii erzeugt wird.
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Die Bedeutung der Erfindung liegt darin, daß man einerseits in der
Lage ist, den B12-Gehalt des Faulschlammes durch Zusatz geeigneter Nährbodenbestandteile
zu erhöhen, andererseits darin, daß man einen neuen Stamm für die industrielle Fermentation
heranziehen kann, welcher als Vitamin B12-erzeugend unerkannt gewesen ist.
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Die Nährflüssigkeit der Fermentation enthält gemäß der Erfindung neben
den zur Züchtung der Bakterien bekannten, üblichen anorganischen Salzen auch die
zur selektiven Vermehrung des Methanobakterium Omelianskii erforderlichen Alkohole
und CO,.
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Diese beiden Stoffe können jedoch teilweise oder ganz durch Kohlehydrate
ersetzt werden, die durch alkoholische Gärung Alkohol und CO, liefern können,
wie z. B. Melasse. In diesem Falle müssen in der Fermentationslösung auch Mikroorganismen
anwesend sein, die als Erreger der alkoholischen Gärung wirken, was man z. B. durch
Zusatz von Hefe erreichen kann.
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Man kann auch derart verfahren, daß man ein synthetisches Nährsubstrat,
das auch Naturstoffe, wie Hefe, enthält, mit Methanobakterium Omelianskii beimpft.
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Die Fermentation kann in einem einfachen, mit Rührwerk versehenen
geschlossenen Behälter unter septischen Bedingungen durchgeführt werden. Als Impfmaterial
kann Faulschlamm verwendet werden, worauf man zunächst täglich eine gewisse Menge
Nährflüssigkeit zusetzt, bis der Fermentor aufgefüllt ist. Danach wird der normale
kontinuierliche Betrieb des Fermentors derart fortgesetzt, daß gleichzeitig mit
den täglichen Nährbodenzusätzen eine gleiche Menge Fermentationsflüssigkeit abgezogen
wird.
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Beispiel 1 Ein 1000m1-Gefäß wird mit 480m1 gut gärendem Faulschlamm-Bodensatz
(Vitamin B"-Gehalt etwa 0,3 gamma/ml) versetzt. Hierzu werden 120m1 der folgenden
Nährlösung zugesetzt:
Äthylalkohol........................ 1,0 g |
H,NC1 .... ...... . .. . ... .. ... . ...... 0,1 g |
K2 H P O4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . 0,04 g |
MgS04 7 H20 .. . ... .... . .. ... ...... 0,01 g |
CoCL2 6 H20 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,0004
g |
Bierhefe ............................ 0,002 g |
ergänzt mit Wasser auf 100 ml.
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Es werden pro Stunde etwa 200 ml
CO, gleichmäßig eingeleitet
und das Reaktionsgemisch während 150 Tagen bei 28° C und bei einem p$ = 7,0 bis
7,4 gehalten. Nach j e 3 Tagen werden jeweils 120 ml Gärmischung abgezogen und gleichzeitig
eine identische Menge der Nährlösung eingetragen. Vitamin Bit Gehalt der abgezogenen
Proben: 0,5bis0,6 gamma/ml,Trockensubstanzgehalt: 1,1g/100m1. Tägliche Ausbeute:
37 gamma[liter Fermentorvolumen. Beispiel 2 In einem 20-Liter-Gärbottich wird mittels
51 eines gut gärenden Faulschlammes eine Fermentation bei 37° C in Gang gesetzt.
Der Schlamm enthält 0,44 gamma/ ml Vitamin B12, bei einem Trockensubstanzgehalt
von 2,7 g/100 ml. Zu Beginn der Fermentation wird zweitägig eine Nährlösung folgender
Zusammensetzung zugesetzt
Äthylalkohol........................ 5,6 ml |
CaCO3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . 0,5 g |
H4NCL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 0,5 g |
K,HP04 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
..... 0,2 g |
M9S04 7 H20 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,05
g |
Co (N 0,) , 6 HZ 0 . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . 0,003 g |
gemahlene Rübenschnitzel (ausgelaugt) 2,8 g |
mit Wasser auf 560 ml ergänzt.
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Nach der Auffüllung des Fermentors entnimmt man (stets nach Verrühren
des Bodensatzes) täglich 560 ml Fermentsaft und ergänzt den Inhalt des Fermentors
mit der gleichen Menge der obigen Nährlösung. Der Vitamingehalt der abgezogenen
Proben wird nach Ablauf von 2 Wochen konstant, 0,6 gamma/inl, bei einem Trockensubstanzgehalt
von 1,2 g(100 ml. Gebildete Gasmenge: täglich etwa 7 bis 9000 ml. Ausbeute: täglich
22 gamma Vitamin B12 pro Liter Fermentorvolumen.
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Beispiel 3 Man beschickt einen 800m3 Fermentor mit 680m3 Faulschlamm
mit einem B12 Gehalt von 0,18 gamma/ml, und setzt 120 m3 Nährlösung folgender Zusammensetzung
zu:
Alkohol ............................ 1,0% |
Nag C 03 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . 0,401, |
und die üblichen Nährsalze gemäß den vorangehenden Beispielen. Vom dritten Tage
an werden nach Durchrühren des Fermentorinhalts täglich 40 m3 Fermentationsflüssigkeit
abgezogen und gleichzeitig das gleiche
Volumen der obigen Nährlösung
eingetragen. Die abgezogene Flüssigkeit wird immer klarer und ihr Vitamin-Gehalt
entsprechend höher. Nach 20 bis 25 Tagen wird der Saft gleichmäßig klar und enthält
im Durchschnitt 4,35 gamma/ml Vitamin B12 bei einem Trockensubstanzgehalt von 0,54
g(100 ml. Ausbeute: täglich 17 gamma, berechnet auf 1 Liter Fermentor-Volumen.
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Die täglich abgezogene Fermentationsflüssigkeit kann zur Gewinnung
des Vitamin B12 in üblicher Weise aufgearbeitet werden. Da der gebildete Wirkstoff
in Bakterienkörper eingelagert ist, bringt man vorzugsweise lediglich ,die durch
Filtrieren oder Sedimentation getrennten Bakterienkörper zur Weiterverarbeitung.
Beispiel 4 In einem 200-Liter-Fermentor wird als Methanobakterium-Impfmaterial 100
Liter nach dem Beispiel 2 hergestellte Fermentationsflüssigkeit eingesetzt. Die
Fermentationsflüssigkeit wurde mit 500 ml einer auf einem Melasse-Nährboden in üblicher
Weise hergestellten Saccharomyces-Kultur beimpft, und danach setzt man zwei- bis
viertägig 201 Nährlösung folgender Zusammensetzung zu:
0 |
Nag C 03 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 0,40[,) |
Melasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 1,0()/, |
Co C12 6H20 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,00010/0 |
Sobald das Volumen 2001 erreicht hat, werden täglich 121 Fermentationsflüssigkeit
abgezogen und die gleiche Menge Nährlösung eingetragen. Die entnommenen Anteile
enthalten 0,80 gamma/ml Vitamin B12, die tägliche Ausbeute beträgt pro Liter Fermentor
48 gamma. Aus den nach den Beispielen erhaltenen Rohprodukten kann die aktive Substanz
mittels bekannter Methoden gewonnen werden.
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Die Fermentation mittels Methanobakterium Omelianskii kann auch mit
anderen alkoholbildenden Bakterien, wie z. B. mit butylogenen Clostridien, auf einem
stärkehaltigen Nährboden verbunden werden oder mit zellulosezersetzenden Bakterien
auf einem zellulosehaltigen industriellen Abfallmaterial. Die symbiontische Funktion
dieser Stämme ermöglicht die Verwendung billiger Nährbodenquellen; andererseits
können, wie bekannt, einzelne dieser Stämme, wie z. B. die butylogenen Clostridien,
das B12 Niveau erhöhen.