Ausgehend
von den oben beschriebenen Nachteilen im Stand der Technik, war
die Aufgabe der vorliegenden Erfindung daher die Entwicklung neuer
Substanzen mit einer hohen zytostatischen Aktivität und einem
breitem Anwendungsspektrum, bei gleichzeitig günstigem Nebenwirkungsprofil.
Ein Schwerpunkt lag hierbei auf einer minimierten Nephrotoxizität der Verbindungen.
Die
oben beschriebene Aufgabe der vorliegenden Erfindung wird überraschenderweise
durch die hier aufgezeigten neuen Platinkomplexverbindungen, wie
in den beigefügten
Ansprüchen
definiert, gelöst.
Das
zytostatisch aktive System der bereits bekannten methylenverbrückten, doppelten
1-Methylimidazol koordinierenden Liganden wurde zu diesem Zweck
erfolgreich abgeändert
und anschließend
durch Koordination eines entsprechenden Platinsalzes zu einem neuen
Verbindungssystem geführt,
welches zytostatische Eigenschaften aufweist.
Dazu
wurde das bereits existierende Ligandensystem um einen weiteren
aromatischen Rest erweitert, mit dem zum einen aufgrund der spezifischen
sterischen Anforderungen gezielt die DNA beeinflusst werden kann
und es zum anderen möglich
ist, über
geeignete Substituenten am Aromaten die Reaktivität und die
Eigenschaften der jeweiligen Platinkomplexverbindung den Bedürfnissen
nach variieren zu können.
In
einem ersten Aspekt bezieht sich die vorliegende Erfindung auf eine
Platinkomplexverbindung der allgemeinen Formel (I)
wobei
R
1 und
R
2 gleich oder verschieden sein können und
für einen
C
5-C
12 mono- oder
bicyclischen aromatischen Kohlenwasserstoff stehen, wobei wenigstens
ein Kohlenstoffatom durch ein Heteroatom mit einem freien Elektronenpaar
ersetzt ist und der mono- oder bicyclische aromatische Kohlenwasserstoff
optional substituiert sein können,
R
3 eine -(CH
2)
n-C
6-C
12-Arylgruppe
oder eine – (CH
2)
n-C
6-C
12-Heteroarylgruppe
ist, wobei n eine ganze Zahl zwischen 0 und 6 ist und sowohl -(CH
2)
n- als auch die
Arylgruppe bzw. Heteroarylgruppe unabhängig voneinander optional substituiert
sein kann,
R
4 und R
5 gleich
oder verschieden sein können
und schwach koordinierende Abgangsgruppen sind,
R
6 -H
oder eine geradkettige oder verzweigte C
1-C
6-Alkylgruppe
sein kann, und
das Platinmetall in einer Oxidationsstufe von
+II vorliegt und über
die freien Elektronenpaare des Heteroatoms von R
1 und
R
2 koordiniert ist.
Die
Substituenten R1, R2,
R3 und OR6 sind
direkt über
jeweils eine kovalente Bindung an das zentrale Kohlenstoffatom „C" des Ligandensystems
[(R6O)C(R1)(R2)(R3)] , an welches
das zweifach substituierte Platinatom koordiniert ist, gebunden.
Aufgrund der Tatsache, dass das zentrale sp3-hybridisierte
Kohlenstoffatom vierfach koordiniert ist, wird eine tetraedrische
Anordnung der Substituenten um besagtes zentrales Kohlenstoffatom
erreicht.
Die
Substituenten R1 und R2 können gleich
oder verschieden sein, sind aber bevorzugt gleich. Sowohl R1, als auch R2 stehen
jeweils für
einen C5-C12 mono-
oder bicyclischen aromatischen Kohlenwasserstoff, bei dem wenigstens
ein Kohlenstoffatom durch ein Heteroatom ersetzt worden ist.
Ein
Heteroatom im Sinne der vorliegenden Erfindung ist jedes Nicht-Kohlenstoffatom,
das ein freies Elektronenpaar, das nicht in das aromatische System
eingegliedert ist, zur Verfügung
stellen kann, um das Platinmetall über besagtes freies Elektronenpaar
zu binden. Dieses Heteroatom ist Teil des cyclischen Systems und
kann bevorzugt entweder N, O oder S sein. Auch kann mehr als ein
Kohlenstoffatom des mono- oder bicyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffs
durch ein Heteroatom ersetzt werden, wobei sowohl der Austausch
der Kohlenstoffatome durch eine Sorte von Heteroatomen möglich ist,
als auch Verbindungen mit unterschiedlichen Heteroatomen, d.h. Verbindungen,
die aus zwei oder mehr N und O, N und S oder O und S bestehen, möglich sind.
Das wenigstens eine Heteroatom des mono- oder bicyclischen aromatischen
Kohlenwasserstoffes besitz wie oben erwähnt ein freies Elektronenpaar,
das sich nicht am Aufbau des cyclischen Systems beteiligt, und welches
es dem Liganden ermöglicht über das
Heteroatom mit dem Platinmetall zu koordinieren, um die entsprechende
erfindungsgemäße Platinkomplexverbindung
zu bilden.
Unter
einem C5-C12 mono-
oder bicyclischen aromatischen Kohlenwasserstoff im Sinne der Erfindung versteht
man jede ungesättigte
cyclische Verbindung mit mindestens 5, höchstens 12 Ringatomen, wobei
insgesamt ein planares aromatisches Ringsystem, bestehend aus einem
oder zwei konjugierten Ringen, ausgebildet wird. Der mono- oder
bicyclische aromatische Kohlenwasserstoff ist über eines seiner Ringatom direkt mit
dem zentralen Kohlenstoffatom des tetraedrischen Ligandensystems
verbunden, wobei diese Bindung nicht über das Heteroatom und dessen
freies Elektronenpaar vollzogen wird, d.h. diese Bindung an das
zentrale Kohlenstoffatom kann über
ein Kohlenstoffatom, aber auch, für den Fall, dass wenigstens
zwei Heteroatome im cyclischen Kohlenwasserstoff vorhanden sind, über eines
der Heteroatome des mono- oder bicyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffs
erfolgen, bevorzugt aber über
eines der Kohlenstoffatome. Bevorzugt wird ein C5-C7 monocyclischer aromatischer Kohlenwasserstoff
verwendet. Beispiele solcher C5-C12 bzw. C5-C7 mono- oder bicyclischer aromatischer Kohlenwasserstoffe
sind Furan, Thiophen, Thiazol, Thiadiazol, Pyridin, Pyrimidin, Imidazol,
Pyrazol, Chinolin und Isochinolin, sowie weitere Verbindungen, die
dem Durchschnittsfachmann bekannt sind.
In
einer weiteren bevorzugten Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung sind R
1 und R
2 gleich und stehen für ein Imidazolrest der allgemeinen
Formel (II)
wobei,
R
7,
R
8 und R
9 gleich
oder verschieden sein können
und -H und/oder eine geradkettige oder verzweigte C
1-C
6-Alkylgruppe sind.
Beispiele
solcher geradkettigen oder verzweigten C1-C6-Alkylgruppen
sind Methyl, Ethyl, n-Propyl, iso-Propyl, n-Butyl, tert.-Butyl, sowie Pentan und
Hexan und Isomere davon.
Bevorzugt
sind R7, R8 und
R9 gleich oder verschieden und sind -H,
Methyl oder Ethyl. In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform
sind R8 und R9 gleich
und R7 eine geradkettige oder verzweigte
C1-C6-Alkylgruppe.
In einer besonders bevorzugten Ausführungsform sind R8 und
R9 -H und R7 ist
Methyl oder Ethyl.
R3 in Formel (I) ist eine -(CH2)n-C6-C12-Arylgruppe
oder eine -(CH2)n-C6-C12-Heteroarylgruppe,
wobei n eine ganze Zahl zwischen 0 und 6 ist und sowohl -(CH2)n- als auch die
Arylgruppe bzw. Heteroarylgruppe unabhängig voneinander optional substituiert
sein kann. Bevorzugt ist R3 eine -(CH2)n-C6-C10-Arylgruppe oder eine -(CH2)n-C6-C10-Heteroarylgruppe,
wobei n eine ganze Zahl zwischen 0 und 6, bevorzugt zwischen 0 und 4
ist, besonders bevorzugt eine -(CH2)n-C6-Arylgruppe oder
eine -(CH2)n-C6-Heteroarylgruppe, wobei n eine ganze Zahl
zwischen 0 und 4, bevorzugt zwischen 0 und 1 ist.
Eine
-(CH2)n-C6-C12-Arylgruppe
im Sinne der Erfindung ist eine optional substituierte aromatische
Verbindung, die wenigstens 6, höchstens
12 Kohlenstoffatome besitzt und aus einem einzelnen aromatischen
Cyclus oder einem konjugierten System bestehen kann und die zwischen
dem zentralen Kohlenstoffatom des Liganden und der aromatischen
Gruppe optional eine geradkettige oder verzweigte, optional substituierte Spacergruppe
-(CH2)n- hat. Beispiele
solcher durch eine optionale Spacergruppe gebundenen C6-C12-Arylgruppen sind Phenyl, Benzyl, Tolyl
oder Naphthyl. Bevorzugt sind Phenyl und Benzyl, besonders bevorzugt
ist Phenyl.
Die
Spacergruppe -(CH2)n-
ermöglicht
es den Abstand zwischen dem zentralen Kohlenstoffatom und der aromatischen
Gruppe nach Bedarf zu variieren. In der Spacergruppe können ein
oder mehrere H-Atome optional substituiert sein. Bevorzugt ist n
zwischen 0 und 4, am bevorzugtesten zwischen 0 und 1.
Des
weiteren versteht man unter einer -(CH2)n-C6-C12-Heteroarylgruppe
eine aromatische cyclische Verbindung, welche wenigstens ein Heteroatom
besitzt und welche optional substituiert sein kann. Die Heteroarylgruppe
hat mindestens 6, höchstens
12 Ringatome, wobei als Heteroatome N, O und S in Betracht kommen.
Die Heteroatome sind teil des aromatischen Ringsystems, wobei sich
mindestens ein Heteroatom im Ring befindet, aber auch Heteroarylgruppen
mit zwei oder mehreren, gleichen oder verschiedenen Heteroatomen
möglich
sind. Zwischen dem zentralen Kohlenstoffatom und der heteroaromatischen
Gruppe kann sich eine geradkettige oder verzweigte Spacergruppe
-(CH2)n-, wie oben
definiert, befinden. Beispiele solcher -(CH2)n-C6-C12-Heteroarylgruppe
sind Pyridin und Pyrimidin.
Die
-(CH2)n-C6-C12-Arylgruppe
und -(CH2)n-C6-C12-Heteroarylgruppe
können
optional substituiert sein. Bevorzugt sind sie mit einer oder mehreren
geradkettigen oder verzweigten C1-C6-Alkylgruppen, Halogen oder einem oder mehreren
Elektronendonatoren substituiert. Der Elektronendonor kann aus der
Gruppe, die aus -NH2, -NHR, -NRxRy, -OH und -OR besteht ausgewählt werden,
wobei R, Rx und Ry gleich
oder verschieden sein können
und eine geradkettige oder verzweigte C1-C6-Alkylgruppe sind. Bevorzugt ist der Elektronendonor aus
-NH2, -OH und -OR ausgewählt, wobei R bevorzugt Methyl
oder Ethyl ist.
Das
Platinatom der vorliegenden Erfindung liegt in Formel (I) in einer
Oxidationsstufe von +II vor, wodurch sich insgesamt nach Komplexierung
mit dem Ligandensystem eine stabile und neutrale Komplexverbindung
ergibt. Zur Erreichung der Absättigung
koordiniert das Platinatom einmal mit den beiden Substituenten R4 und R5, zum anderen über seine
noch freien beiden Koordinationsstellen jeweils über ein freies Elektronenpaar
des jeweiligen Heteroatoms von R1 und R2.
R4 und R5 sind schwach
koordinierende Abgangsgruppen, welche direkt mit dem Platinatom
verbunden sind. Unter einer schwach koordinierenden Abgangsgruppe
versteht man eine Abgangsgruppe, die sich unter physiologischen
Bedingungen leicht vom Platinatom lösen kann, um damit zwei Koordinationsstelle
zur Anbindung an die Basen der Ziel-DNA zur Verfügung stellen zu können. R4 und R5 können gleich
oder verschieden sein, sind aber bevorzugt gleich. Sie können z.B.
ein Halogen, -SO4 2–,
-SO3H–, -SCN, -CN oder NO3 – sein oder gemeinsam
eine Dicarbonsäure
in der Form -O-CO-(CH2)m-CO-O- sein, wobei m eine
ganze Zahl zwischen 0 und 4 ist, bevorzugt ist m entweder 0 oder
1. Die -(CH2)m-Gruppe
der Dicarbonsäure
kann optional substituiert sein. Das Halogen wird aus -F, -Cl oder
-Br ausgewählt.
Besonders bevorzugt ist sowohl R4 als auch
R5 -Cl oder R4 und
R5 sind zusammen -O-CO-CO-O- oder -O-CO-(CH2)-CO-O-.
Die
Hydrophobizität
der Platinkomplexverbindung kann über R6 beeinflußt werden.
Definitionsgemäß kann R6 -H oder eine geradkettige oder verzweigte
C1-C6-Alkylgruppe
sein. Je größer der
aliphatische Rest R6 ist, desto stärker sind
die hydrophoben Eigenschaften des Gesamtsystems. Bevorzugt ist R6 -H oder Methyl bzw. Ethyl.
„Optional
substituiert" im
Sinne der vorliegenden Erfindung bedeutet, dass die jeweilige Verbindung weitere
Substituenten außer
-H enthalten kann. Beispiele solcher Substituenten sind geradkettige
oder verzweigte C1-C6-Alkylgruppen,
wie z.B. Methyl, Ethyl, n-Propyl, iso-Propyl, n-Butyl, tert.-Butyl
oder Pentan oder Hexan und Isomere davon, optional substituierte
C6-Arylgruppen, wie z.B. Phenyl oder Benzyl,
C1-C6-Alkoxygruppen,
wie z.B. Methoxy oder Ethoxy, Halogen, wie z.B. -F, -Cl oder -Br,
Amine, wie z.B. -NH2, -NHR oder -NRxRy, wobei R, Rx und Ry gleich oder
verschieden sein können
und eine geradkettige oder verzweigte C1-C6-Alkylgruppe sind, -NO2,
-CN, -OH oder -OR, wobei R wie oben definiert ist.
In
einer besonderen Ausführungsform
umfasst die vorliegenden Erfindung eine Platinkomplexverbindung
der allgemeinen Formel (I)
wobei
R
1 und
R
2 gleich oder verschieden sein können und
für einen
C
5-C
7 mono- oder
bicyclischen aromatischen Kohlenwasserstoff stehen, wobei wenigstens
ein Kohlenstoffatom durch ein Heteroatom mit einem freien Elektronenpaar
ersetzt ist und der cyclische Kohlenwasserstoff optional substituiert
sein kann,
R
3 eine -(CH
2)
n-C
6-C
10-Arylgruppe
oder ein -(CH
2)
n-C
6-C
10-Heteroarylgruppe
ist, wobei n eine ganze Zahl zwischen 0 und 4 ist und sowohl -(CH
2)
n- als auch die
Arylgruppe bzw. Heteroarylgruppe unabhängig voneinander optional substituiert
sein kann,
R
4 und R
5 gleich
oder verschieden sein können
und Halogen sind oder gemeinsam -O-CO-(CH
2)
m-CO-O- sind, wobei m eine ganze Zahl zwischen
0 und 4 ist und -O-CO-(CH
2)
m-CO-O- optional substituiert
sein kann,
R
6 -H oder eine geradkettige
oder verzweigte C
1-C
6-Alkylgruppe sind,
und
das Platinmetall in einer Oxidationsstufe von +II vorliegt
und über
die freien Elektronenpaare des Heteroatoms von R
1 und
R
2 koordiniert ist.
In
einer besonders bevorzugten Ausführungsform
umfasst die vorliegenden Erfindung eine Platinkomplexverbindung
der allgemeinen Formel (I)
wobei
R
1 und
R
2 gleich sind und für einen Imidazolrest der allgemeinen
Formel (II) stehen
R
3 eine
-(CH
2)
n-C
6-Arylgruppe oder -(CH
2)
n-C
6-Heteroarylgruppe
ist, wobei n eine ganze Zahl zwischen 0 und 1 ist und sowohl -(CH
2)
n- als auch die
Arylgruppe bzw. Heteroarylgruppe unabhängig voneinander optional substituiert
sein kann,
R
9 und R
5 -Cl
sind,
R
6, R
8 und
R
9 -H, Methyl oder Ethyl sind,
R
7 Methyl oder Ethyl ist, und
das Platinmetall
in einer Oxidationsstufe von +II vorliegt und über die freien Stickstoffatome
der Imidazolreste koordiniert ist.
Des
weiteren umfasst die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Herstellung
der oben beschriebenen Platinkomplexverbindungen. Das Verfahren
umfasst alle Schritte, die zur Darstellung des gewünschten Platinkomplexes
notwendig sind, d.h. die Synthese des Ligandsystems, als auch die
anschließende
Komplexierung mit einer entsprechenden Platinverbindung.
In
einer bevorzugten Ausführungsform
kann die Platinkomplexverbindung der vorliegenden Erfindung durch
ein Verfahren hergestellt werden, welches die folgenden Schritte
umfasst:
- a) Umsetzen von R3COOH
mit einem Alkohol und einer konz. Säure
- b) Umsetzen von zwei Äquivalenten
eines Imidazols R1 und/oder R2 der
allgemeinen Formel (II) mit einer organischen Base
und einem Äquivalent
der Verbindung aus Schritt a)
- c) Umsetzen der Verbindung aus Schritt b) mit einem Äquivalent
[K2Pt(R4 4-p)(#R5 p)
wobei
R3 eine -(CH2)n-C6-C12-Arylgruppe
ist, welche mit einer oder mehreren -NH2,
-NHR, -N(Rx)(Ry)
, -OH, Halogen und/oder -OR Gruppen substituiert ist,
R4 und R5 gleich oder
verschieden sein können
und Halogen sind,
R8 und R9 gleich
oder verschieden sein können
und -H und/oder eine geradkettige oder verzweigte C1-C6-Alkylgruppe sind,
R, R7,
Rx und Ry eine geradkettige
und/oder verzweigte C1-C6-Alkylgruppe
sind,
n eine ganze Zahl zwischen 0 und 1 ist, und
p eine
ganze Zahl zwischen 0 und 4 ist.
Im
ersten Schritt des bevorzugten Verfahrens wird eine aromatische
Carbonsäure
mit einer konzentrierten Säure
in einem Alkohol umgesetzt. Die dabei verwendete aromatische Carbonsäure R3COOH kann gemäß der oben genannten Definitionen
von R3 z.B. Benzoesäure (R3 =
Phenyl), Naphthoesäure
(R3 = Napthyl), Phenylessigsäure (R3 = Benzyl) oder o-, m-, p-Methylcarbonsäure (R3 = Tolyl) sein, wobei alle mit einer oder mehreren
-NH2, -NHR, -N(Rx)(Ry) und/oder -OR Gruppen substituiert sein
können.
Bevorzugt sind Benzoesäure
und Naphthoesäure,
besonders bevorzugt Benzoesäure.
Die eingesetzt Säure
ist eine anorganische Säure, die
in konzentrierter Form verwendet wird. Mögliche Säuren sind Salzsäure, Salpetersäure oder
Schwefelsäure,
bevorzugt ist Schwefelsäure.
Die Umsetzung wird in einem Alkohol, der sowohl Lösungsmittel,
als auch Reaktionspartner zur Veresterung der Säure ist, durchgeführt. Der
Alkohol kann aus der Gruppe von Methanol, Ethanol oder Propanol
ausgewählt
werden und ist bevorzugt Ethanol.
Das
in Schritt a) erhaltene Produkt wird im Anschluß zunächst mit einer organischen
Base zur Reaktion gebracht. Die organische Base ist dabei z.B. n-BuLi,
tert-BuLi, PhLi oder LDA, wobei Buthyllithium bevorzugt verwendet
wird. Das so deprotonierte Imidazol wird im folgenden mit einem Äquivalent
der Verbindung aus Schritt a) umgesetzt.
Der
so erhaltene, optional substituierte Ligand wird in einem dritten
Schritt c) mit einer äquimolaren Menge
[K2Pt (R4 4-p)(R5 p)]
umgesetzt. [K2Pt(R4 4-p)(R5 p)]
ist bevorzugt ein Kaliumtetra-halogeno-platinat-(II), wobei R9 und R5 gleich oder
verschieden sein können,
besonders bevorzugt gleich sind. Besonders bevorzugt ist ein Tetrachloroplatinat,
wobei R4 und R5 beide
-Cl sind.
Weitere
Verfahren, die dem Durchschnittsfachmann geläufig sind, sind zur Darstellung
der Platinkomplexverbindungen möglich.
Die
Platinkomplexverbindungen der vorliegenden Erfindung können als
pharmazeutischer Wirkstoff zur Behandlung von Krebserkrankungen
eingesetzt werden, d.h. sie finden als Anti-Tumor und Anti-Metastase-Medikament
Verwendung. Sie besitzen hohe zytostatische Aktivität und ein
breites Anwendungsspektrum bei günstigem
Nebenwirkungsprofil, wobei ein Schwerpunkt auf minimaler Nephrotoxizität liegt.
Die
Verbindungen der vorliegenden Erfindung können zur Prävention und/oder Kontrolle
des Fortschreitens primärer
und sekundärer
Tumore im Säugetier,
als auch zur chronischen Behandlung verwendet werden.
Durch
den Einbau eines zusätzlichen
aromatischen Systems am zentralen Kohlenstoffatom, das durch optionale
Substitution am Aromaten noch weiter variiert und erweitert werden
kann, ergeben sich beträchtliche Vorteile
gegenüber
den im Stand der Technik bekannten und verwendeten Platinsystemen.
Im
zentralen Wirkmechanismus der Chemotherapeutika auf Platinbasis
stellt die Koordination des Metallatoms an die DNA-Nukleobasen den
entscheidenden Schritt zur Zerstörung
der Tumorzelle dar. Das verwendete Ligandensystem ist innerhalb
dieses Anbindungsschrittes von zentraler Bedeutung, da eine perfektionierte
Passform des Gesamtkomplexes die Annäherung an die DNA-Nukleobasen
stark vereinfachen kann. Eine sterisch angepasste Stellung des Komplexes
zur DNA führt
damit sowohl zu einer schnelleren Koordination, als auch zu optimierten
Wechselwirkungen aller funktionellen Gruppen des Ligandensystems
mit der DNA-Helix.
Die
Erweiterung des Bisimidazol-Ligandensystems von Bloemink et al.
durch ein zusätzliches
substituiertes aromatisches System kann in diesem Zusammenhang durch
das Auftreten sekundärer
Wechselwirkungen und synergistischer Effekte die funktionellen Eigenschaften
des Platin-Komplexes stark verbessern.
Die
zusätzliche
Einbeziehung eines aromatischen Systems in der erfindungsgemäßen Platinkomplexverbindung
hat dabei mehrere Vorteile für
den Wirkmechanismus als Anti-Tumorverbindung.
Aufgrund
des flachen, sterisch wenig gehinderten aromatischen Systems ist
die räumliche
Anforderung des Platinkomplexes minimiert und somit liegt keine
zusätzliche
sterische Hinderung der Umgebung des Metallkomplexes vor, die eine
Wechselwirkung und letztendliche Anbindung an die DNA erschweren
oder verhindern könnte.
Dabei kann das flache, sterisch ungehinderte aromatische System
bei einer starken Annäherung
an die DNA zwischen die Nukleobasen interkalieren und somit die
Stabilität
der Helix zusätzlich
schwächen.
Zusätzliche
funktionellen Gruppen am Aromaten können aus ihrer Position heraus
Wasserstoffbrücken zu
weiteren Bauteilen der DNA ausbilden und das Komplex-DNA-Addukt
stabilisieren.
Ein
weiterer entscheidender Vorteil dieses zusätzlichen aromatischen Systems
im Platinkomplex liegt zudem in den ausgeprägten elektronischen Eigenschaften
des hinzugefügten
Aromaten.
Obwohl
sich das erweiterte aromatische System in der zweiten Koordinationssphäre des Metallatoms befindet,
ist aufgrund seiner engen Verknüpfung
mit den aromatischen Systemen der koordinierenden Imidazole mit
elektronischen Wechselwirkungen und Effekten zwischen den Aromaten
zu rechnen. Die wird durch die beobachteten Unterschiede der funktionellen
Eigenschaften bei Variation der Aromatensubstitution bestätigt, da
im zentralen Wirkmechanismus der entscheidende Schritt der Anbindung
des Komplexes an die DNA aufgrund dieser ausgeprägten elektronischen Eigenschaften
stark positiv beeinflusst wird.
Zudem
können
elektronenziehende und elektronenschiebende Substituenten sich letztendlich
durch ihren Einfluss auf die koordinierenden Heterozyklen auch auf
die Stärke
der Bindungen zischen dem Platinatom und der jeweiligen Abgangsgruppen
auswirken. Da erst durch die Abspaltung der Abgangsgruppen der Metallkomplex
in seine zytostatisch aktive Form überführt wird, ist eine Einflussnahme,
die nun über
das zusätzliche
aromatische System ausgeübt
werden kann, von großem
Vorteil.
Des
weiteren kommt es durch die Einführung
des Aromaten zu einer sterischen, d.h. räumlichen Veränderung
in der unmittelbaren Nähe
des Metallzentrums. Der neu eingeführte aromatische Rest bedingt
aufgrund seiner Größe, dass
die gesamte Koordinationssphäre
des Systems verändert
wird. Zusätzlich
kann durch weitere, optionale Substitution die Koordinationssphäre weiter
modifiziert und den Bedürfnissen
angepasst werden. Dadurch ist das zusätzliche aromatische System
in der Lage, das Metallzentrum großflächig gegen Reaktionen mit intrazellulären Biomolekülen abzuschirmen,
abhängig
von der Anzahl und Größe der verwendeten
Substituenten am Aromaten. Eine Vielzahl der während der Chemotherapie auftretenden
Nebenwirkungen wird mit dieser Art von Reaktionen in Verbindung
gebracht, indem die Platinkomplexverbindung, bevor sie mit der DNA
in Wechselwirkung treten kann, durch solche intrazellulären Biomoleküle inaktiviert
wird. Die entscheidende Verbesserung der toxikologischen Eigenschaften
ist daher ein wesentliches Hauptmerkmal der neuen Verbindungen.
Es ist dadurch ebenfalls möglich,
eine modifizierte DNA-Anbindung zu erreichen.
Eine
Platinkomplexierung von diesem weiterentwickelten Ligandensystem
ist gänzlich
neu, und demzufolge bisher nicht als potenzielles Zytostatikum diskutiert
worden.
Bisher
wurde das Vorhandensein einer NH-Einheit als notwendige Voraussetzung
für H-Bindungs-Wechselwirkungen
mit der DNA angesehen, wobei die Rolle dieser NH-Gruppe noch nicht
genau verstanden wird. Kürzlich
hat sich jedoch gezeigt, dass das Vorhandensein einer NH-Einheit
für Anti-Tumor-Aktivität nicht
unbedingt erforderlich ist, was durch die Ergebnisse der vorliegenden
Erfindung unterstützt
wird.
Die
neuen Platinkomplexverbindungen vereinen sehr gute zytostatische
Aktivität
mit extrem geringer, experimentell nachgewiesener Epitheltoxizität. Die Verwendung
von tertiären
Aminen zur Platinkoordination innerhalb des neuen Ligandensystems
soll zusätzlich
zu einer Aktivität
in Cisplatin resistenten Zellinien führen.
Die
zytostatische Aktivität
der neuen Komplexe wurde durch einen MTT-Assay an HeLa-Zellen (Zellline
aus Gebärmutterhalskrebs)
belegt. Die epitheltoxischen Wirkungen wurden an einem intakten
Nierenepithel als Indikator untersucht. Dieses System ermöglicht funktionelle
Untersuchungen der komplexen Interaktionen zwischen Zytostatika
und Epithel. Als exakt zu quantifizierender, sensitiver Parameter
für die
epitheltoxische Aktivität
wurde dabei der elektrische transepitheliale Widerstand verwendet.
Die
neuen Platinkomplexverbindungen Pt(HL6)Cl2 und
Pt(Hb)Cl2 (siehe Beispiele) weisen z.B.
bei analoger zytostatischer Aktivität zum Oxaliplatin eine deutlich
geringere epitheltoxische Wirkungen auf. Die epitheltoxischen Wirkungen
sind ebenfalls deutlich geringer als bei dem bisher als am verträglichsten
geltenden Carboplatin. Die zytostatische Aktivität liegt bei den neuen Komplexen
jedoch deutlich höher
als die von Carboplatin.
Die
ephiteltoxischen Wirkungen der neuen Platinkomplexverbindungen wurden
in einem Modellsystem untersucht. Dazu werden Madin-Darby-Canine-Kindey-Zellen
(MDCK) auf einer Filtermembran kultiviert und der transepitheliale
Widerstand wird bestimmt. Nach Zugabe der entsprechenden Platinverbindung
kann ein mehr oder weniger starker Abfall des transepithelialen
Widerstandes beobachtet werden, der durch ein Zugrundegehen der
Zellen und Aufbrechen der Zell-Zell-Verbindungen verursacht wird.
Unter
Zugrundelegung der bislang geltenden klassischen Struktur-Aktivitätsbeziehung
gelten die hier beschriebenen neuen Komplexe als Komplexe der sogenannten
Dritten Generation. Diese Komplexverbindungen zeichnen sich durch
die Verwendung tertiärer
Amine zur Platinkoordination aus und versprechen dadurch eine zusätzliche
zytostatische Aktivität
in resistenten Tumorzellen.
Die
neuen Platinkomplexverbindungen können für die Herstellung einer pharmazeutischen
Zusammensetzung bei Tumorerkrankungen verwendet werden. Optional
kann die pharmazeutische Zusammensetzung der vorliegenden Erfindung
zusätzlich
mindestens ein weiteres Anti-Tumormittel enthalten.
Besagte
pharmazeutische Zusammensetzung enthält als aktiven Bestandteil
eine der Platinkomplexverbindungen der vorliegenden Erfindung. Zusätzlich kann
die pharmazeutische Zusammensetzung neben der aktiven Platinkomplexverbindungen
noch weitere pharmazeutisch geeignete Zusatzstoffe oder Verdünnungsmittel
enthalten.
Die
folgenden Beispiele sollen die vorliegende Erfindung weiter erläutern, ohne
allerdings ihren Umfang auf irgendeinen Art und Weise einzuschränken.