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Stand der Technik
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Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Längsführung eines Kraftfahrzeugs, mit einer Sensoreinrichtung zur Ortung von vorausfahrenden Fahrzeugen auf der eigenen Fahrspur und mindestens einer Nebenspur, einem Regler zur Regelung der Geschwindigkeit des eigenen Fahrzeugs auf eine Wunschgeschwindigkeit oder auf einen Sollabstand zu einem der vorausfahrenden Fahrzeuge, und einer Bewertungseinrichtung zur Bewertung des Verkehrs auf der Nebenspur und zum temporären Ersetzen der Wunschgeschwindigkeit durch eine vom Bewertungsergebnis abhängige Zielgeschwindigkeit für die Weiterfahrt auf der eigenen Fahrspur.
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Eine Vorrichtung dieser Art ist beispielsweise aus
WO 00/36 435 A1 bekannt.
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Solche Vorrichtungen werden häufig auch als adaptive Geschwindigkeitsregler oder ACC-Systeme (Adaptive Cruise Control) bezeichnet. Die Sensoreinrichtung wird typischerweise durch einen winkelauflösenden Radarsensor gebildet, der in der Lage ist, die Abstände und Relativgeschwindigkeiten von vorausfahrenden Fahrzeugen zu messen und anhand der Winkeldaten auch zu entscheiden, ob sich ein geortetes Objekt auf der eigenen Fahrspur oder auf einer Nebenspur befindet. Wenn kein vorausfahrendes Fahrzeug auf der eigenen Fahrspur vorhanden ist (Freifahrt) wird auf die vom Fahrer gewählte Wunschgeschwindigkeit geregelt. Befinden sich dagegen vorausfahrende Fahrzeuge auf der eigenen Fahrspur, so wird die Geschwindigkeit des eigenen Fahrzeugs so angepaßt, daß das unmittelbar vorausfahrende Fahrzeug, das Zielobjekt, in einem geeigneten, geschwindigkeitsabhängigen Sicherheitsabstand verfolgt wird (Folgefahrt).
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Aus
DE 101 14 187 A1 ist eine Vorrichtung bekannt, bei der unter bestimmten Bedingungen, nämlich dann, wenn ein Überholwunsch des Fahrers des eigenen Fahrzeugs erkennbar oder absehbar ist, die Geschwindigkeiten der Fahrzeuge auf der linken Nebenspur, also der Überholspur, berücksichtigt werden, um ein Einfädeln in den Verkehr auf der Überholspur zu erleichtern.
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Vorteile der Erfindung
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Die Erfindung mit den in Anspruch 1 angegebenen Merkmalen bietet den Vorteil, daß eine bessere Anpassung der Geschwindigkeit an das jeweilige Verkehrsgeschehen erreicht und damit die Verkehrssicherheit gesteigert und/oder der Verkehrsfluß verbessert wird.
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Nach dem Grundgedanken der Erfindung wird die Geschwindigkeit der Fahrzeuge auf mindestens einer Nebenspur, insbesondere auf der rechten Nebenspur, auch dann berücksichtigt, wenn keine Anzeichen dafür vorliegen, daß der Fahrer des eigenen Fahrzeugs einen Spurwechsel auf diese Nebenspur beabsichtigt.
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Erfahrungsgemäß kommt es auf Autobahnen, insbesondere in der Urlaubszeit, wenn es sich bei einem großen Anteil der Verkehrsteilnehmer um Fahrer handelt, die im Fahren auf der Autobahn relativ unerfahren und ungeübt sind, häufig zu Unfällen, weil Autofahrer die Abstände und Geschwindigkeiten nicht richtig einschätzen und unvorhergesehen von der rechten Fahrbahn auf die Überholspur ausscheren und so den Nachfolgeverkehr auf der Überholspur zu heftigen Bremsmanövern zwingen. Häufig ist es so, daß sich auf der rechten Fahrspur eine größere Anzahl von Fahrzeugen hinter einem besonders langsam fahrenden Fahrzeug sammelt, so daß sich auf der rechten Spur eine längere Kolonne bildet. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Autofahrer unerwartet aus dieser Kolonne ausschert, ist dann besonders hoch, und für Fahrer auf der Überholspur ist es ratsam, die eigene Geschwindigkeit so anzupassen, daß auf ausscherende Fahrzeuge noch rechtzeitig reagiert werden kann. Wenn jedoch andererseits eine solche Kolonne einmal überholt ist, gibt es häufig längere freie Streckenabschnitte, in denen gefahrlos mit einer höheren Geschwindigkeit gefahren werden kann. Die Erfindung ermöglicht es, im Rahmen der adaptiven Geschwindigkeitsregelung auch solchen Situationen Rechnung zu tragen.
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Eine typische Problemsituation entsteht auf Autobahnen dann, wenn sich auf der rechten Nebenspur zwei Fahrzeuge befinden, von denen das vordere, beispielsweise ein LKW, langsamer ist als das nachfolgende Fahrzeug, z. B. ein PKW. In diesem Fall ist absehbar, daß der Fahrer des PKW alsbald zum Überholen ansetzen und auf die Überholspur ausscheren wird. Ein vorausschauender menschlicher Fahrer wird diese Situation dadurch entschärfen, daß er je nach Situation entweder das eigene Fahrzeug verzögert, um dem PKW das Überholen zu ermöglichen, oder die eigene Geschwindigkeit vorübergehend erhöht, um den Überholvorgang schneller abzuschließen, so daß der PKW hinter dem eigenem Fahrzeug ausscheren kann bevor er zu dicht auf den LKW aufgefahren ist und abbremsen muß. Bei der erfindungsgemäßen Vorrichtung wird dieses Verhalten eines menschlichen Fahrers durch das automatische System nachgebildet. Grundsätzlich genügt es dazu, die beiden unmittelbar vorausfahrenden Fahrzeuge auf der rechten Nebenspur zu berücksichtigen. Gemäß einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung können jedoch vergleichbare Situationen auch für noch weiter vorn fahrende Fahrzeuge auf der Nebenspur ausgewertet und berücksichtigt werden.
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Bei drei- oder mehrspurigen Straßen ist es auch möglich, in analoger Weise das Geschehen auf den beiden rechten Nebenspuren zu berücksichtigen, um vorherzusehen, daß ein Fahrzeug auf der äußersten rechten Spur zum Überholen ansetzen und dadurch ein auf der mittleren Spur fahrendes Fahrzeug zwingen wird, seinerseits auf die äußerste linke Spur zu wechseln, wie es insbesondere auf Steigungsstrecken häufig der Fall ist. Entsprechendes gilt auch auf zweispurigen Straßen im Bereich von Beschleunigungsspuren an Autobahnauffahrten.
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Bei dreispurigen Straßen wird der Fahrer des eigenen Fahrzeugs, wenn es sich auf der mittleren Spur befindet, häufig die Möglichkeit haben, auf die linke Nebenspur auszuweichen. Es ist deshalb zweckmäßig, in Situationen, in denen mit einem Ausscheren eines Fahrzeugs von der rechten Spur auf die mittlere Spur zu rechnen ist, dem Fahrer des eigenen Fahrzeugs durch ein optisches oder ein unaufdringliches akustisches Signal eine Hinweis zu geben, bevor die Geschwindigkeit des eigenen Fahrzeugs herabgeregelt wird. Wenn der Fahrer dann auf die linke Spur wechselt oder durch Setzen des linken Blinkers zu erkennen gibt, daß er dies beabsichtigt, kann die ursprüngliche Geschwindigkeit beibehalten oder automatisch wieder aufgenommen werden.
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In vielen Fällen wird es für die Vorrichtung auch erkennbar sein, daß sich das eigene Fahrzeug auf der mittleren Spur einer dreispurigen Straße befindet, beispielsweise weil zu einem nicht allzu weit in der Vergangenheit liegenden früheren Zeitpunkt überholende Fahrzeuge auf der linken Nebenspur geortet wurden. In diesem Fall kann das Verhalten der Vorrichtung davon abhängig sein, ob die derzeit befahrene Fahrspur die linke Spur einer zweispurigen Straße oder die mittlere Spur einer dreispurigen Straße ist.
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Alle beschriebenen Funktionen können als Standard in die ACC-Funktion aufgenommen werden oder auch nur in vom Fahrer wählbaren Stufen zum Dinstz kommen, z. B. in einer Stufe ”komfort”, aber nicht ein einer Stufe ”sportlich”.
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Zeichnung
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in den Zeichnungen dargestellt und in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert.
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Es zeigen:
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1 ein Blockdiagramm der erfindungsgemäßen Vorrichtung;
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2 und 3 Beispiele für Verkehrssituationen, zur Illustration der Arbeitsweise der Vorrichtung nach 1; und
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4 ein Flußdiagramm zur Erläuterung der Arbeitsweise der Vorrichtung.
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Beschreibung des Ausführungsbeispiels
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1 zeigt eine ACC-Steuereinheit 10, die das Kernstück einer Vorrichtung zur Abstands- und Geschwindigkeitsregelung in einem Kraftfahrzeug bildet und deren Funktionen beispielsweise von einem oder mehreren geeignet programmierten Mikroprozessoren ausgeführt werden. Über eine am Armaturenbrett oder am Lenkrad des Fahrzeugs angeordnete Eingabeeinrichtung 12 kann der Fahrer verschiedene Befehle eingeben, um verschiedene Funktionen der ACC-Steuereinrichtung 10 zu aktivieren oder zu deaktivieren und insbesondere, um eine Wunschgeschwindigkeit Vs für die Geschwindigkeitsregelung im Freifahrtbetrieb einzugeben. Ein Regler 14 vergleicht die Wunschgeschwindigkeit mit der Ist-Geschwindigkeit V des Fahrzeugs, die von einem nicht gezeigten Geschwindigkeitssensor gemessen wird, und greift über eine Ausgabeeinheit 16 in das Antriebssystem 18 und erforderlichenfalls auch in das Bremssystem 20 des Fahrzeugs ein, um die Geschwindigkeit auf die Wunschgeschwindigkeit zu regeln.
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Ein Ortungssystem 22, beispielsweise in der Form eines winkelauflösenden Radarsensors, ortet stehende und bewegliche Objekte im Vorfeld des Fahrzeugs und meldet die gemessenen Abstände, Relativgeschwindigkeiten und Azimutwinkel der georteten Objekte an eine Auswahleinrichtung 24. Anhand der Abstands- und Winkeldaten überprüft die Auswahleinrichtung 24 für jedes Objekt, ob sich das Objekt innerhalb oder außerhalb eines bestimmten Fahrschlauches befindet, der nährungsweise den Verlauf und die Breite der vom eigenen Fahrzeug befahrenden Fahrspur repräsentiert. Wenn mindestens ein bewegliches Objekt innerhalb des Fahrschlauches geortet wird, so wird dieses Objekt, im Fall von mehreren Objekten dasjenige mit dem geringsten Abstand, als Zielobjekt für die Abstandsregelung ausgewählt. Die Abstands- und Relativgeschwindigkeitsdaten dieses Zielobjektes werden an den Regler 14 übermittelt, der anhand dieser Daten die Geschwindigkeit des Fahrzeugs so modifiziert, daß das Zielobjekt in einem bestimmten Sollabstand verfolgt wird. Dabei wird im Regler 14 eine Sollgeschwindigkeit Vacc berechnet, die zur Einhaltung des gewünschten Sollabstands erforderlich ist.
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Die Ortungsdaten von Objekten, die sich auf Nebenspuren befinden und deshalb für die Abstandsregelung an sich nicht relevant sind, werden von der Auswahleinrichtung 24 an eine Bewertungseinrichtung 26 gemeldet. Die Bewertungseinrichtung 26 entscheidet anhand dieser Daten, ob mit einem Ausscheren von langsameren Fahrzeugen von einer der Nebenspuren auf die eigene Fahrspur zu rechnen ist, und ersetzt, wenn diese Bedingung erfüllt ist, die vom Fahrer gewählte Wunschgeschwindigkeit Vs vorübergehend durch eine Zielgeschwindigkeit Vs', die dieser Situation besser Rechnung trägt.
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Im einfachsten Fall kann die von der Bewertungseinrichtung 26 vorgenommene Bewertung darin bestehen, daß geprüft wird, ob sich eine bestimmte Anzahl (größer oder gleich 2) langsamerer Fahrzeuge auf der rechten Nebenspur befindet. In diesem Fall ist es nicht unwahrscheinlich, daß eines dieser Fahrzeuge auf die eigene Spur ausschert. Die Zielgeschwindigkeit Vs' wird dann abweichend von der ursprünglichen Wunschgeschwindigkeit Vs so gewählt, daß die Kolonne auf der rechten Nebenspur mit einer begrenzten Relativgeschwindigkeit, beispielsweise mit maximal 40 km/h, überholt wird. Diese Relativgeschwindigkeit kann gegebenenfalls vom Fahrer wählbar sein oder nach einer geeigneten Gesetzmäßigkeit von der gewählten Wunschgeschwindigkeit Vs abhängig sein.
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In Ländern mit Rechtsverkehr werden von der Bewertungseinrichtung 26 zumindest die rechten Nebenspuren ausgewertet. Wahlweise können jedoch auch ergänzend etwaige linke Nebenspuren in die Auswertung einbezogen werden, so daß das System auch auf plötzliche Stauungen auf der linken Nebenspur reagieren kann. Dies gilt natürlich insbesondere für Länder, in denen es erlaubt ist, auf der rechten Spur zu überholen. Je nach den geltenden Verkehrsvorschriften kann der Verkehr auf der linken Nebenspur (bei Rechtsverkehr) auch so berücksichtigt werden, daß ein Überholen auf der rechten Spur auf jedem Fall verhindert wird oder – gegebenenfalls unterhalb einer bestimmten Höchstgeschwindigkeit – nur ein Überholen mit einer begrenzten Relativgeschwindigkeit von beispielsweise bis zu 20 km/h ermöglicht wird.
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Eine andere Situation, die von der Bewertungseinrichtung 26 bewertet werden kann, besteht darin, daß sich mindestens ein Fahrzeug auf der rechten Nebenspur befindet (bei Rechtsverkehr) und die vom Fahrer gewählte Wunschgeschwindigkeit Vs nur wenig, beispielsweise nur 1 bis 3 km/h über der Geschwindigkeit des Fahrzeugs auf der Nebenspur liegt. In diesem Fall kann die Bewertungseinrichtung 26 so programmiert sein, daß sie die Wunschgeschwindigkeit Vs durch eine um beispielsweise bis zu 10 km/h höhere Geschwindigkeit ersetzt, damit der Überholvorgang schneller abgeschlossen wird.
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Da die Abstandsregelung auf Fahrzeuge auf der eigenen Spur in jedem Fall Vorrang hat, wird die von der Bewertungseinrichtung 26 bestimmte Zielgeschwindigkeit Vs' im Regler 14 nach dem Prinzip der Minimumauswahl mit der Sollgeschwindigkeit Vacc für die Abstandsregelung verknüpft.
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In dem hier beschriebenen Beispiel ist die Bewertungseinrichtung 26 so programmiert, daß sie bei mindestens zwei Fahrzeugen auf der rechten Nebenspur überprüft, ob eine Konfliktsituation zu erwarten ist, weil sowohl das eigene Fahrzeug als auch das hintere der beiden Fahrzeuge auf der Nebenspur etwa gleichzeitig die Längsposition des vorderen Fahrzeugs auf der Nebenspur erreichen würden, wenn sie ihre derzeitige Geschwindigkeit beibehalten. In einer solchen Situation ist damit zu rechnen, daß das hintere Fahrzeug entweder auf die Überholspur ausschert und das eigene Fahrzeug zu einem – unter Umständen abrupten – Bremsmanöver zwingt oder aber das hintere Fahrzeug auf der rechten Spur bleibt und seinerseits abbremsen muß, weil es auf das vordere Fahrzeug auffährt. Die maßgeblichen Kriterien für die Bewertung solcher Situationen sind die Abstände und Relativgeschwindigkeiten der beteiligten Fahrzeuge. Da diese Größen mit Hilfe des Radarsensors direkt gemessen werden können, lassen sich solche Situationen mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung wesentlich genauer und zuverlässiger bewerten als dies einem menschlichen Fahrer möglich wäre.
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Die insoweit geltenden Bewertungskriterien werden anhand der 2 und 3 erläutert.
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2 zeigt eine zweispurige Richtungsfahrbahn 28 mit einer rechten Spur 30 und einer Überholspur 32. Das eigene Fahrzeug 34 fährt mit einer Geschwindigkeit V = 130 km/h auf der Überholspur. Vor diesem Fahrzeug befinden sich auf der rechen Spur ein hinteres Fahrzeug 36 und ein vorderes Fahrzeug 38, die beide mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h fahren. Der Abstand D zwischen den Fahrzeugen 36 und 38 beträgt 100 m. Da die Fahrzeuge 36 und 38 hier mit der gleichen Geschwindigkeit fahren und einen ausreichenden Sicherheitsabstand zueinander aufweisen, besteht nicht die Gefahr, daß das Fahrzeug 36 auf die Überholspur ausscheren wird. Die Bewertungseinrichtung 26 wird deshalb die Situation so bewerten, daß keine Konfliktsituation entsteht, und das eigene Fahrzeug 34 kann daher die Fahrt mit seiner bisherigen Geschwindigkeit von 130 km/h fortsetzen. Diese Geschwindigkeit wird im gezeigten Beispiel die Wunschgeschwindigkeit Vs sein, da sich vor dem Fahrzeug 34 kein weiteres Fahrzeug auf der Überholspur befindet. Bei Folgefahrt, wenn das Fahrzeug 34 ein anderes Fahrzeug auf der Überholspur verfolgt, wäre die aktuelle Geschwindigkeit des Fahrzeugs 34 die Sollgeschwindigkeit Vacc für die Abstandsregelung.
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3 zeigt eine gegenüber 2 leicht modifizierte Situation, in der das vordere Fahrzeug nur mit einer geringeren Geschwindigkeit Vv von 80 km/h fährt, während das hintere Fahrzeug 36 eine höhere Geschwindigkeit Vh von 100 km/h hat, die aber immer noch kleiner ist als die Geschwindigkeit V des eigenen Fahrzeugs 34. Der Abstand D zwischen den Fahrzeugen 36 und 38 beträgt nur noch 70 m und liegt damit in der Nähe des bei dieser Geschwindigkeit angemessenen Sicherheitsabstands. In der Zukunft wird dieser Abstand wegen der Geschwindigkeitsdifferenz weiter abnehmen. Es ist deshalb zu erwarten, daß das Fahrzeug 36 auf die Überholspur ausscheren wird, wie in 3 durch eine punktierte Linie angedeutet wird. In dieser Situation wird deshalb die Bewertungseinrichtung 26 die Zielgeschwindigkeit Vs' auf die Geschwindigkeit des Fahrzeugs 36, also auf 100 km/h oder auf einen Wert zwischen der aktuellen Geschwindigkeit V des eigenen Fahrzeugs (130 km/h) und 100 km/h reduzieren, so daß, falls das Fahrzeug 36 tatsächlich ausschert, nur noch mit komfortabel geringer Verzögerung gebremst zu werden braucht, um eine Kollision zu vermeiden.
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Falls sich im weiteren Verlauf aus der gemessenen Relativgeschwindigkeit des Fahrzeugs 36 ergibt, daß der Fahrer dieses Fahrzeugs seine Geschwindigkeit herabsetzt, so läßt sich darauf schließen, daß er nicht ausscheren will. In diesem Fall kann die Zielgeschwindigkeit wieder auf die ursprüngliche Geschwindigkeit von 130 km/h oder sogar einen etwas höheren Wert erhöht werden, damit der Überholvorgang möglichst schnell abgeschlossen wird. Wenn der Abstand zwischen dem Fahrzeug 36 und dem eigenen Fahrzeug 34 so weit abgenommen hat, daß nicht mehr mit einem Ausscheren des Fahrzeugs 36 zu rechnen ist, wird die Zielgeschwindigkeit ebenfalls wieder auf den ursprünglichen Wert oder einen etwas höheren Wert angehoben, um den Überholvorgang rasch zum Abschluß zu bringen.
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4 ist ein Flußdiagramm, das die oben beschriebene Arbeitsweise der Vorrichtung näher illustriert. In Schritt S1 überprüft die Bewertungseinrichtung 26, ob sich mindestens zwei Fahrzeuge auf der rechten Nebenspur befinden. Falls sich mehr als zwei Fahrzeuge auf der rechten Nebenspur befinden, werden zunächst nur die beiden Fahrzeuge mit dem geringsten Abstand berücksichtigt. Wenn sich nur ein oder gar kein Fahrzeug auf der rechten Nebenspur befindet, erfolgt in Schritt S2 eine Freigabe der Geschwindigkeit, d. h., die Geschwindigkeitsregelung im Regler 14 erfolgt allein nach Maßgabe der vom Fahrer gewählten Wunschgeschwindigkeit Vs oder nach Maßgabe des Abstands zu einem auf der eigenen Fahrspur vorausfahrenden Fahrzeug. Im Anschluß an den Schritt S2 erfolgt ein Rücksprung zu Schritt S1 für einen neuen Bewertungszyklus.
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Wenn in Schritt S1 mindestens zwei Fahrzeuge auf der rechten Spur 30 festgestellt werden, wie in 3, so berechnet die Bewertungseinrichtung 26 in Schritt S3 anhand der Abstands- und Geschwindigkeitsdaten der Fahrzeuge 36, 38 zwei Geschwindigkeiten V+ und V–. Dazu wird zunächst berechnet, zu welchem Zeitpunkt das Fahrzeug 36 das Fahrzeug 38 überholen wird, falls beide Fahrzeuge ihre Geschwindigkeit unverändert beibehalten. Diesen Zeitpunkt erhält man, indem man den Abstand D (70 m) zwischen den Fahrzeugen 36 und 38 zuzüglich eines Sicherheitsabstands durch die Relativgeschwindigkeit von 20 km/h dividiert. Zu diesem Zeitpunkt werden sich also voraussichtlich die Fahrzeuge 36 und 38 auf etwa gleicher Höhe befinden, das Fahrzeug 38 auf der rechten Spur und das Fahrzeug 36 auf der Überholspur. Das eigene Fahrzeug 34 muß deshalb zu diesem Zeitpunkt entweder bereits beide Fahrzeuge 36 und 38 überholt haben oder aber sich in einem ausreichendem Sicherheitsabstand hinter dem Fahrzeug 36 befinden. V+ ist definiert als die Geschwindigkeit, die das eigene Fahrzeug 34 mindestens haben muß, damit der Überholvorgang für beide Fahrzeuge 36 und 38 zu dem errechneten Zeitpunkt bereits abgeschlossen ist. V– ist definiert als die Geschwindigkeit, die das eigene Fahrzeug 34 höchstens haben darf, damit es sich zu dem errechneten Zeitpunkt in einem ausreichenden Sicherheitsabstand hinter dem Fahrzeug 36 befindet.
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In Schritt S4 wird die aktuelle Geschwindigkeit V des eigenen Fahrzeugs 34 mit den berechneten Geschwindigkeiten V– und V+ verglichen, um festzustellen, ob eine Konfliktsitution eintreten wird, d. h., ob V in dem Intervall zwischen V– und V+ liegt. Wenn dies nicht der Fall ist, so ist keine Konfliktsituation zu erwarten, und es erfolgt ein Rücksprung über den Freigabeschritt S2 zu Schritt S1. Andernfalls wird in Schritt S5 geprüft, ob eine Freifahrtsituation vorliegt, d. h., ob die Überholspur 32 vor dem eigenen Fahrzeug 34 frei ist, so daß das eigene Fahrzeug bei Bedarf auch beschleunigen könnte. Wenn dies der Fall ist, wird in Schritt S6 geprüft, ob die Geschwindigkeit V des eigenen Fahrzeugs größer ist als der Mittelwert von V+ und V–. Außerdem wird geprüft, ob V+ die vom Fahrer gewählte Wunschgeschwindigkeit Vs um nicht mehr als 10 km/h überschreitet. Wenn diese beiden Bedingungen erfüllt sind, so bedeutet dies, daß das eigene Fahrzeug 34 bei geringfügig erhöhter Geschwindigkeit, die um höchstens 10 km/h über der vom Fahrer gewählten Wunschgeschwindigkeit liegt, beide Fahrzeuge 36 und 38 überholen kann, um die Situation zu entschärfen. In diesem Fall wird in Schritt S7 die Zielgeschwindigkeit Vs' auf V+ gesetzt, und das eigene Fahrzeug wird entsprechend beschleunigt. Wenn dagegen in Schritt S5 festgestellt wird, daß keine Freifahrtsituation vorliegt oder wenn die in Schritt S6 abgefragten Bedingungen nicht erfüllt sind, wird in Schritt S7 die Zielgeschwindigkeit Vs' auf V– gesetzt, und das eigene Fahrzeug wird entsprechend verzögert. Der Fahrer des Fahrzeugs 36 erhält so die Möglichkeit, noch vor dem eigenen Fahrzeug 34 auf die Überholspur zu wechseln, um das Fahrzeug 38 zu überholen.
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Wahlweise ist auch eine Strategie denkbar, bei der die Zielgeschwindigkeit Vs' in jedem Fall auf V– reduziert wird. Das hier vorgeschlagene Verfahren hat jedoch den Vorteil, daß eine zu starke Verzögerung des eigenen Fahrzeugs vermieden wird und die Entscheidung zwischen Überholen und Einfädelnlassen so getroffen wird, daß die Geschwindigkeit des eigenen Fahrzeugs 34 so wenig wie möglich von der aktuellen Geschwindigkeit bzw. der Wunschgeschwindigkeit abweicht.
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Im Anschluß an den Schritt S6 oder S7 erfolgt jeweils ein Rücksprung zu Schritt S1, und es beginnt ein neuer Bewertungszyklus.
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Das in Schritt S1 abgefragte Kriterium ist so ausgelegt, daß Fahrzeuge auf der Nebenspur ignoriert werden, die sich in so geringem Abstand vor dem eigenem Fahrzeug 34 befinden, daß ein Wechsel auf die Überholspur unter normalen Umständen nicht mehr zu erwarten ist. Wenn also das eigene Fahrzeug 34 bereits sehr dicht an das Fahrzeug 36 herangekommen ist, hat die Abfrage in Schritt S1 ein negatives Ergebnis, und es erfolgt eine Freigabe der Geschwindigkeit in Schritt S2. Weiterhin kann das Kriterium in Schritt S1 auch so ausgelegt sein, daß eine Freigabe in Schritt S2 erfolgt, wenn die Relativgeschwindigkeit des Fahrzeugs 36 abgenommen hat und somit zu erkennen ist, daß der Fahrer dieses Fahrzeugs nicht überholen wird.
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In einer modifizierten Ausführungsform wird die Zielgeschwindigkeit Vs' in Schritt S7 nicht auf V– gesetzt, sondern nach folgender Formel berechnet: Vs' = (1 – P)·V + P·V–.
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Darin ist V die aktuelle Geschwindigkeit des eigenen Fahrzeugs 34, und P ist ein Parameter zwischen 0 und 1, der die Wahrscheinlichkeit dafür angibt, daß das Fahrzeug 36 ausscheren wird. Dieser Parameter wird nach einem geeigneten Algorithmus aus dem Abstand D und der Geschwindigkeitsdifferenz der Fahrzeuge 36 und 38 berechnet und ist um so größer, je größer die Geschwindigkeitsdifferenz und je kleiner der Abstand D ist. Vs' ist dann um so kleiner, je näher der Parameter P bei 1 liegt. Außerdem kann P auf 1 gesetzt weren, wenn das Fahrzeug 36 beschleunigt, und auf 0 oder nahezu 0, wenn das Fahrzeug 36 langsamer wird. Die Ermittlung von P kann auch durch Vergleich der Bahen der Fahrzeuge 36 und 38 getützt werden. Wenn die Bahn des Fahrzeugs 36 sich zunehmend von der Bahn des Fahrzeugs 38 entfernt (weil das Fahrzeug 36 zum Überholen ansetzt), kann auf ein höheres P geschlossen werden.