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Die Erfindung betrifft die Verwendung
von 1-(2-Chlorethyl)-1-nitroso-3-(2-hydroxyethyl)-urea (nachstehend auch "HECNU") zur Behandlung
von Pankreaskarzinomen, Weichteilsarkomen, Hodentumoren, Lymphomen,
Thymomen, Wilms Tumoren, Nierenkarzinomen, Melanomen, Lungentumoren,
intracerebralen Metastasen, Tumoren im Kopf- und Halsbereich, und
Mamma-Karzinomen.
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Es ist bekannt, Bis-(2-chlorethyl)-1-nitroso-urea
(nachstehend auch "BCNU") bei der Behandlung
verschiedener Krebserkrankungen einzusetzen. BCNU ist zwar lipophil,
jedoch wenig wasserlöslich,
so dass zusätzliche
Lösungsmittel
wie Ethanol bei der Applikation verwendet werden müssen.
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Außerdem hat sich herausgestellt,
dass BCNU eine hohe Toxizität
gegenüber
Knochenmark und Lunge hat und zusätzlich Lungenfibrosen verursachen
kann. Daher wurde nach Alternativen zu BCNU gesucht.
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So wurden verschiedene unsymmetrisch
1,3-disubstituierte Nitrosoharnstoffe, wie HECNU, hergestellt, wie
beispielsweise in
DE 26 23 420 und
US 4,150,146 beschrieben.
Auch die Antitumorwirkung dieser Verbindungen wurde in zwei Tiermodellen
(Rattenleukämie
L 5222 und s.c. implantierten Walker Carcinosarkom) getestet.
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Des weiteren wurden klinische Phase
II Studien mit 1-(2-Chloroethyl)-3-(2-Hydroxyethyl)-1-Nitrosourea (HECNU)
in Patienten mit fortgeschrittenem Magen oder Dickdarm-Krebs durchgeführt, wie
in Contrib. Oncol. Vol 37, pp. 157–162 (1989), H.H. Fiebig et
al. beschrieben. Dabei wurde bei der Behandlung von Magenkarzinomen
in 31 % der behandelten Patienten eine partielle Remission beobachtet,
wohingegen im kolorektalen Karzinom nur marginale Aktivitäten und
Responseraten gezeigt werden konnten.
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Außerdem wurden klinische Phase
II Studien mit HECNU zur Behandlung von malignem Hirntumor durchgeführt, wie
in Contrib. Oncol. Vol. 37, pp 163–167 (1989), H. Henss et al.
beschrieben. Signifikante Antitumoraktivität von HECNU in bösartigen
Hirntumoren konnte dabei gezeigt werden.
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Auch wurden klinische Phase II Studien
mit HECNU zur Behandlung von malignen supratentorialen Gliomen durchgeführt, wie
in J. Neuro-Oncology, 6, 211–219
(1988), P. Georges et al. beschrieben. Auch hier zeigte HECNU Aktivität. Betont
wird besonders das günstigere
Toxizitätsprofil
gegenüber
anderen Nitrosoharnstoffen.
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Zusätzlich wurden klinische Phase
II Studien mit HECNU zur Behandlung von malignen, wiederkehrenden
Gliomen durch intra-arterielle und infraophthalmische Infusion durchgeführt, wie
in J. Neuro-Oncology, 8, 255–262
(1990), M. Poisson et al. beschrieben. Auch in dieser Publikation
ist lediglich der Neuroonkologische Bereich beschrieben.
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Es ist somit bekannt, dass HECNU
(1-(2-Chloroethyl)-1-nitroso-3-(2-hydroxyethylharnstoff)) bei den Indikationen
Tumorerkrankungen des CNS, sowie in Tumoren des Magens, eine große Aktivität besitzt.
Ferner ist auch die geringe Wirksamkeit im Kolonkarzinom beschrieben
worden.
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Neben den vorstehend genannten Krebsarten
besteht jedoch ein zunehmender Bedarf, auch andere Krebsarten, nämlich Pankreaskarzinom, Weichteilsarkom,
Hodentumor, Lymphome, Thymome, Wilms Tumoren, Nierenkarzinome, Melanome,
Lungentumore, intracerebrale Metastasen, Tumore im Kopf- und Halsbereich,
und Mamma-Karzinome, erfolgreich zu behandeln.
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Daher liegt der Erfindung die Aufgabe
zugrunde, Pankreaskarzinome, Weichteilsarkome, Hodentumore, Lymphome,
Thymome, Wilms Tumore, Melanome, Lungentumore, intracerebrale Metastasen,
Tumore im Kopf- und Halsbereich, und Mamma-Karzinome zu behandeln.
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Überraschend
hat sich nunmehr herausgestellt, dass HECNU zur Verwendung zur Behandlung
von Pankreaskarzinomen, Weichteilsarkomen, Hodentumoren, Lymphomen,
Thymonen, Wilms Tumoren, Melanomen, Lungentumoren, intracerebralen
Metastasen, Tumoren im Kopf- und Halsbereich, und Mamma-Karzinomen
geeignet ist. In In-vitro-Experimenten, in Tierversuchen, sowie
in klinischen Studien, konnte gezeigt werden, dass HECNU bei der
Behandlung dieser Krebserkrankungen ebenfalls eine große Aktivität besitzt. HECNU
hat die folgende Strukturformel
und ist, wie vorstehend beschrieben, nach Verfahren,
wie in
DE 26 23 420 und
US 4,150,146 beschrieben, herstellbar.
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HECNU zeigt – im Vergleich zu BCNU – eine deutlich
verringerte Knochenmark-, Lungen und Nierentoxizität. Es wird
angenommen, dass dies darauf zurückzuführen ist,
dass bei der Verwendung von HECNU keine Carbamoylierungsreaktionen
im Körper
stattfinden können,
da bei dessen Abbau im Körper
kein carbamoylierender Metabolit gebildet wird. Außerdem hemmt
HECNU die Glutathionreduktase in der Lunge nicht. Ferner ist es
im Vergleich zu BCNU ein sehr viel schwächeres Karzinogen.
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Wegen der guten Wasserlöslichkeit
von HECNU kann die Verbindung auch durch einfache Injektion verabreicht
werden.
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Des weiteren zeigt HECNU nur eine
geringe gastrointestinale Toxizität und verursacht damit in Patienten
nur geringe Übelkeit
und wenig Erbrechen und hat eine bessere Verträglichkeit.
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Die Erfindung betrifft auch die Verwendung
von HECNU zur Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung von
Pankreaskarzinomen, Weichteilsarkomen, Hodentumoren, Lymphomen,
Thymomen, Wilms Tumoren, Nierenkarzinomen, Melanomen, Lungentumoren,
intracerebralen Metastasen, Tumoren im Kopf- und Halsbereich, und
Mamma-Karzinomen Zur Behandlung der vorstehend genannten Krebserkrankungen
wird HECNU besonders bevorzugt intravenös, aber auch intramuskulär, intraperitoneal,
subkutan oder peroral verabreicht. Auch eine äußerliche Applikation ist möglich. Bevorzugt
ist die Verabreichung durch intravenöse Injektion oder intravenöse Infusion.
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Die erfindungsgemäße Verwendung von HECNU kann
in jeder geeigneten Formulierung durchgeführt werden unter der Voraussetzung,
dass die Ausbildung bzw. Aufrechterhaltung von ausreichenden Wirkstoffpegeln
gewährleistet
ist. Das kann beispielsweise durch orale oder parenterale Gabe in
geeigneten Dosen erreicht werden. Vorteilhafterweise liegt die pharmazeutische
Zubereitung des Wirkstoffs in Form von Einheitsdosen vor, die auf
die gewünschte
Verabreichung abgestimmt sind. Eine Einheitsdosis kann zum Beispiel
eine Tablette, ein Dragee, eine Kapsel, ein Suppositorium oder eine
gemessene Volumenmenge eines Pulvers, eines Granulates, einer Lösung, einer
Emulsion oder einer Suspension sein.
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Unter "Einheitsdosis" im Sinne der vorliegenden Erfindung
wird eine physikalisch bestimmte Einheit verstanden, die eine individuelle
Menge des aktiven Bestandteils in Kombination mit einem pharmazeutischen Trägerstoff
enthält
und deren Wirkstoffgehalt einem Bruchteil oder Vielfachen einer
therapeutischen Einzeldosis entspricht. Eine Einzeldosis enthält vorzugsweise
die Menge Wirkstoff, die bei einer Applikation verabreicht wird
und die gewöhnlich
einer ganzen, einer halben, einer drittel oder einer viertel Tagesdosis
entspricht. Wenn für
eine einzelne therapeutische Verabreichung nur ein Bruchteil, wie
die Hälfte
oder ein Viertel der Einheitsdosis benötigt wird, ist die Einheitsdosis
vorteilhafterweise teilbar, z.B. in Form einer Tablette mit Bruchkerbe.
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Die erfindungsgemäßen Verwendung von HECNU in
einem geeigneten Arzneimittel kann, wenn sie in Einheitsdosen durchgeführt wird
und für
Applikationen z.B. am Menschen bestimmt ist, mit etwa 0,1 bis 500 mg,
bevorzugt 10 bis 200 mg und insbesondere 50 bis 150 mg Wirkstoff
erfolgen.
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Im allgemeinen werden in der Humanmedizin
der oder die Wirkstoffe in einer Tagesdosis von 0,1 bis 5, vorzugsweise
1 bis 3 mg/kg Körpergewicht,
gegebenenfalls in Form mehrerer, vorzugsweise 1 bis 3 Einzelgaben
zur Erzielung der gewünschten
Ergebnisse verabreicht. Eine Einzelgabe enthält den oder die Wirkstoffe in
Mengen von 0,1 bis 5, vorzugsweise 1 bis 3 mg/kg Körpergewicht.
Bei einer oralen Behandlung können ähnliche
Dosierungen zur Anwendung kommen.
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Die erfindungsgemäße therapeutische Verwendung
von HECNU in einem Arzneimittel kann 1 bis 4 mal am Tage zu festgelegten
oder variierenden Zeitpunkten erfolgen, z.B. jeweils vor den Mahlzeiten
und/oder am Abend.
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Es kann jedoch erforderlich sein,
von den genannten Dosierungen abzuweichen, und zwar in Abhängigkeit
von der Art, dem Körpergewicht
und dem Alter der zu behandelnden Individuen, der Art und Schwere der
Erkrankung, der Art der Zubereitung und der Applikation der Arzneimittel,
sowie dem Zeitraum bzw. Intervall, innerhalb welchem die Verabreichung
erfolgt. So kann es in einigen Fällen
ausreichend sein, mit weniger als der oben genannten Menge Wirkstoff
auszukommen, während
in anderen Fällen
die oben angeführte
Wirkstoffmenge überschritten
werden muss. Es kann sich auch als zweckmäßig erweisen, die Arzneimittel
nur einmalig oder im Abstand von mehreren Tagen zu verabreichen.
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Die Festlegung der erforderlichen
optimalen Dosierung und Applikationsart von HECNU kann durch jeden
Fachmann aufgrund seines Fachwissens erfolgen.
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Die dem Patienten verabreichte Dosis
von HECNU beträgt
besonders bevorzugt 60 bis 200 mg/m2 (bezogen
auf die Körperoberfläche des
Patienten), vorzugsweise etwa 80 bis etwa 150 mg/m2,
besonders bevorzugt, etwa 100 bis etwa 120 mg/m2.
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Die erfindungsgemäße Verwendung von HCNU kann
in Form von Arzneimitteln erfolgen, die in der Regel HECNU und nichttoxische,
pharmazeutisch verträgliche
Arzneimittelträger
umfassen, die als Zumischung oder Verdünnungsmittel, beispielsweise
in fester, halbfester oder flüssiger
Form oder als Umhüllungsmittel, beispielsweise
in Form einer Kapsel, eines Tablettenüberzugs, eines Beutels oder
eines anderen Behältnisses für den therapeutisch
aktiven Bestandteil in Anwendung kommen. Ein Trägerstoff kann z.B. als Vermittler
für die
Arzneimittelaufnahme durch den Körper,
als Formulierungshilfsmittel, als Süßungsmittel, als Geschmackskorrigens,
als Farbstoff oder als Konservierungsmittel dienen.
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Zur oralen Anwendung können z.B.
Tabletten Dragees, harte und weiche Kapseln, z.B. aus Gelatine, dispergierbare
Pulver, Granulate, wässrige
und ölige
Suspensionen, Emulsionen, Lösungen
oder Sirupe kommen.
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Tabletten können inerte Verdünnungsmittel,
z.B. Calciumcarbonat, Calciumphosphat, Natriumphosphat oder Laktose;
Granulierungs- und Verteilungsmittel, z.B. Maisstärke oder
Alginate; Bindemittel, z.B. Stärke,
Gelatine oder Akaziengummi; und Gleitmittel, z.B. Aluminium- oder
Magnesiumstearat, Talkum oder Silikonöl, enthalten. Sie können zusätzlich mit
einem Überzug
versehen sein, der auch so beschaffen sein kann, dass er eine verzögerte Auflösung und
Resorption der Arzneimittelzubereitung im Gastrointestinaltrakt
bewirkt, so dass z.B. eine bessere Verträglichkeit, Protahierung oder
Retardierung erreicht wird. Gelatinekapseln können den Arzneistoff vermischt
mit einem festen, z.B. Calciumcarbonat oder Kaolin, oder einem öligen, z.B.
Oliven-, Erdnuss-, oder Paraffinöl,
Verdünnungsmittel
enthalten.
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Wässrige
Suspensionen können
Suspendiermittel, z.B. Natriumcarboxymethylcellulose, Methylcellulose,
Hydroxypropylcellulose, Natriumalginat, Polyvinylpyrrolidon, Traganthgummi
oder Akaziengummi; Dispergier- und Benetzungsmittel, z.B. Polyoxyethylenstearat,
Heptadecaethylenoxycatanol, Polyoxyethylensorbitolmonooleat oder
Lecithin; Konservierungsmittel, z.B. Methyl- oder Propylhydroxybenzoate;
Geschmacksmittel; Süßungsmittel,
z.B. Saccharose, Laktose, Natriumcyclamat, Dextrose, Invertzuckersirup,
enthalten.
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Ölige
Suspensionen können
z.B. Erdnuss-, Oliven-, Sesam-, Kokos- oder Paraffinöl und Verdickungsmittel,
wie z.B. Bienenwachs, Hartparaffin oder Cetylalkohol, enthalten;
ferner Süßungsmittel,
Geschmacksmittel und Antioxidantien.
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In Wasser dispergierbare Pulver und
Granulate können
bei der erfindungsgemäßen Verwendung
von HECNU in Mischung mit Dispergier-, Benetzungs- und Suspendiermitteln,
z.B. den oben genannten, sowie mit Süßungsmitteln, Geschmacksmitteln
und Farbstoffen enthalten.
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Emulsionen können z.B. Oliven-, Erdnuss-,
oder Paraffinöl
neben Emulgiermitteln, wie z.B. Akaziengummi, Traganthgummi, Phosphatiden,
Sorbitanmonooleat, Polyoxyethylensorbitanmonooleat, und Süßungs- und
Geschmacksmittel enthalten.
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Wässrige
Lösungen
können
Konservierungsmittel, z.B. Methyl- oder Propylhydroxybenzoate; Verdickungsmittel;
Geschmacksmittel; Süßungsmittel,
z.B. Saccharose, Laktose, Natriumcyclamat, Dextrose, Invertzuckersirup,
sowie Geschmacksmittel und Farbstoffe enthalten.
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Zur parenteralen Anwendung der Arzneistoffe
dienen steril injizierbare, wässrige
Lösungen,
isotonische Salzlösungen
oder sonstige Lösungen.
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Die Erfindung wird nachstehend anhand
von Beispielen erläutert.
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Beispiele
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Pankreaskarzinom: Klinische
Studie: Phase
II: 1/4 PR (44 W) +1 MR(23W)
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In einer klinischen Phase II Studie
konnte in einem von vier behandelten Patienten mit dem Pankreaskarzinom
eine partielle Remission beobachtet werden. In einem weiteren Patienten
wurde eine Minor Response festgestellt.
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Auch in In-vitro-Experimenten, die
mit verschiedenen Pankreaslinien durchgeführt worden sind, wurden Hemmwirkungen
im niedrigen μg/mL-Bereich festgestellt,
wobei eine Hemmwirkung normalerweise schon bei einer HECNU-Konzentration
von unter 10 μg/mL
erreicht werden konnte.
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Auch für Tumore des Halses und des
Kopfes konnte in In-vitro-Experimenten
eine Hemmwirkung erreicht werden.
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Ferner wurde die Aktivität von HECNU
in einer Reihe von sub-cutan implantierten humanen Tumor-Xenograftmodellen
in der Nacktmaus untersucht. An diesen humanen Xenograft-Tumormodellen
in der Nacktmaus konnte in einem repräsentativen Spektrum von Tumoren
gute bis sehr gute Hemmwirkung des Tumorwachstums festgestellt werden.
Darunter waren Weichteilsarkome, Hodentumore, Thymome, Melanome, Mamma-Karzinome,
Tumore der Lunge, Wilms Tumore und Nierenkarzinome.