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Die Erfindung beschreibt die rekombinante
Expression von Polypeptiden mit (R)-Hydroxynitrillyase-Aktivität in Mikroorganismen,
insbesondere in E. coli. Es werden geeignete Polynucleotide bereitgestellt. Die
Erfindung betrifft auch Polypeptide mit (R)-Hydroxynitrillyase-Aktivität sowie
Verfahren zu ihrer Herstellung.
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Oxynitrilasen, auch als Hydroxynitrillyasen
bekannt, sind Enzyme, die die reversible Addition von HCN an Aldehyde
bzw. Ketone katalysieren. Die sich aus einer solchen HCN-Addition ableitenden
Produkte bezeichnet man auch als Cyanhydrine.
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Chirale Cyanhydrine sind von großem Interesse
für die
Herstellung von optisch aktiven Aminoalkoholen, α-Hydroxycarbonsäuren, und
Zwischenprodukten in der Pyrethroidsynthese (Effenberger, 1999).
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Die Gewinnung optisch aktiver (R)-Cyanhydrine
durch die enzymkatalysierte Addition von Blausäure wurde bereits von Eftenberger
et al. beschrieben (Effenberger, 1987; Effenberger, 1990). Die Reaktionen
finden in der Regel in einem Zwei-Phasen-System, bestehend aus Wasser
und einer mit Wasser nicht-mischbaren, wässrig-gesättigten organischen Phase statt
(
EP0276375 ,
EP0547655 ). Dabei kann das Enzym in
löslicher
bzw. immobilisierter Form (
EP0276375 )
oder als Gel-Einschlußverbindung
(
DE10058342 ) zum Einsatz kommen.
Bei der Cyanhydrierungsreaktion kommen im wesentlichen aufgearbeitete
Enzymkonzentrate zum Einsatz. Eine weitere Möglichkeit besteht jedoch auch
in der Verwendung getrockneter Zellen, die die Hydroxynitrillyasen
zuvor überexprimiert
haben (
EP1026256 ).
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Neben dem direkten Einsatz von HCN
als Cyaniddonor gibt es auch alternative Methoden für dessen Bereitstellung.
Bei der Transhydrocyanierung wird durch Zusatz eines preiswerten,
achiralen Cyanhydrins, z.B. Acetoncyanhydrin, HCN in situ generiert
und steht somit der Reaktion unmittelbar zur Verfügung (Ognyanov,
1991).
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Die Gewinnung von Hydroxynitrillyasen
kann entweder aus natürlicher
(Zandbergen, 1991) oder rekombinanter Quelle (Hevea barsiliensis:
WO9830711,
DE19529116 ,
Hasslacher, 1996 und 1997a,b; Manihot esculenta:
EP0799894 , Förster, 1996, Hughes 1994 und
Hughes, 1997; Linum usitatissimum: Trummler, 1998, Breithaupt, 1999)
erfolgen. Für
den industriellen Einsatz sind besonders rekombinante Expressionssysteme von
Bedeutung. Solche Systeme eröffnen
zusätzlich
die Möglichkeit
durch Optimierung Hydroxynitrillyasen gezielt an spezifische Substrate
bzw. Reaktionsbedingungen anzupassen. So konnten bereits unterschiedliche Positionen
im Bereich des aktiven Zentrums von (S)-Hydroxynitrillyasen aus Hevea brasiliensis
bzw. Manihot esculenta substituiert werden, mit dem Resultat einer
verbesserten Substratakzeptanz gegenüber sterisch anspruchsvollen
Carbonylverbindungen (Wajant, 1996;
EP0969095 ).
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Heutzutage kennt man (R)- und (S)-spezifische
Hydroxynitrillyasen, die sich in Größe, Struktur und anderen physikalischen
Eigenschaften grundsätzlich
voneinander unterscheiden (Griengl, 2000; Johnson, 2000). (S)- Hydroxynitrillyasen
besitzen üblicherweise
eine Größe zwischen
25 und 40 kD und haben eine typische Sekundärstruktur (α/β-Hydrolase-Faltung). Verschiedene
Vertreter dieser Gruppe konnten bisher heterolog exprimiert werden
(Johnson, 1999; Griengl, 2000; Johnson, 2000).
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(R)-spezifische Hydroxynitrillyasen,
wie sie sich z.B. in den Gattungen Prunus oder Arabidopsis finden,
haben hingegen eine Größe von ca.
60 kD, besitzen FAD als Cofaktor und sind mehrfach glykosyliert (Schmidt,
1999; Griengl, 2000). Im Zusammenhang mit der vorliegenden Erfindung
werden unter (R)-Hydroxynitrillyasen Enzyme verstanden, die die
(R)-spezifische Addition von Cyanwasserstoff an allgemein Carbonylverbindungen
des Typs „Aldehyd" bzw. „Keton" oder carbonylverwandte
Verbindungen (z.B. Sulfoxide) bzw. deren Umkehrreaktion katalysieren.
(R)-Hydroxynitrillyasen mit dieser Aktivität finden sich z.B. in der Gattung Prunus,
Linum oder Arabidopsis (Suelves, 1998). Die Hydroxynitrillyase aus
Prunus dulcis (Mandel) gilt als die am besten untersuchte (R)-spezifische Hydroxynitrillyase
(Schmidt, 1999). Das 536 Aminosäuren
lange Enzym liegt als N-glycosiliertes Monomer in P. dulcis vor.
Das FAD nimmt zwar bei der Katalysereaktion nicht direkt teil, ist
jedoch eine notwendige Vorraussetzung für die Oxynitrilaseaktivität des Proteins
(Dreveny, 2001). Als natürliches
Substrat dient (R)-Mandelonitril.
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Bisher wurde das glycosilierte Enzym
aus der Mandel zwar kristallisiert (Dreveny, 2001), aber es bestehen
noch immer Unklarheiten über
den Reaktionsmechanismus (Dreveny, 2002). Eine heterologe Expression
der (R)-Hydroxynitrillyasen der Gattungen Prunus oder Arabidopsis,
im Speziellen aus P. dulcis, in Mikroorganismen war bisher nicht
möglich
gewesen. Stand der Technik für
die Gewinnung von (R)-Oxynitrilase für die großtechnische Anwendung ist deshalb
die Isolation dieses Enzyms aus entfettetem Mandelmehl. Obwohl das
Enzym in ausreichenden Mengen isoliert werden kann, gibt es starke
Chargenunterschiede in der Qualität des Enzyms, was auf die Vorbehandlung
des Mandelmehls durch die verarbeitenden Mühlen zurückzuführen ist. Außerdem existieren
in der Mandel verschiedene Isoformen der (R)-Hydroxynitrillyase,
die möglicherweise Einfluß auf die
Enantiomerenüberschüsse der
Synthesereaktionen haben können.
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Eine Aufgabe der Erfindung ist es
daher, eine Quelle für
eine (R)-Hydroxynitrillyase bereitzustellen, die die genannten Nachteile
nicht aufweist.
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Den Erfindern ist es gelungen, erstmals
ein Polypeptid, das von (R)-Hydroxynitrillyasen aus Prunus dulcis
abgeleitet ist und (R)-Hydroxynitrillyase-Aktivität aufweist,
heterolog zu exprimieren.
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Gegenstand der Erfindung sind daher
Polypeptide, die die Aminosäuresequenz
SEQ ID NO:1 umfassen (siehe 2).
Die Polypeptide können
glycosiliert oder nicht glycosiliert sein. Bevorzugt werden die
erfindungsgemäßen Polypeptide
in Bakterien exprimiert. Die Erfindung betrifft daher auch nicht-glycosilierte
Polypeptide, die die Aminosäuresequenz
SEQ ID NO:2 umfassen. Die Aminosäuresequenz
SEQ ID NO:2 entspricht den Aminosäuren 28 bis 559 von (R)-Hydroxynitrillyase
aus P. dulcis (Swissprot 024243) bzw. den Aminosäuren 3 bis 534 von SEQ ID NO:1.
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Weiterhin betrifft die Erfindung
nicht-glycosilierte Polypeptide, die eine Aminosäuresequenz umfassen, die wenigstens
60 % Identität
zu der Aminosäuresequenz
SEQ ID NO:2 aufweist, vorzugsweise wenigstens 80 % Identität, bevorzugter
wenigstens 90 % Identität,
noch bevorzugter wenigstens 95 % Identität, am bevorzugtesten wenigstens
98 % Identität.
Alle Angaben von Sequenzidentitäten
zwischen Aminosäuresequenzen in
der vorliegenden Anmeldung beziehen sich auf folgende Bedingungen:
Der Sequenzvergleich erfolgt mit dem Programm "Blast 2 Sequences version Blastp" (Tatusova et al.
(1999) FEMS Microbiol. Lett. 174, 247-250) mit folgenden Parametern:
matrix: BLOSUM62; gap open: 11; gap extension: 1; x_dropoff: 50;
expect: 10; word size: 3; filter: no. Die Länge des Bereichs, auf den sich
der Sequenzvergleich erstreckt, beträgt mindestens 300, bevorzugt
mindestens 400, bevorzugter mindestens 500, am bevorzugtesten mindestens
550 Aminosäuren.
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Ein weiterer Aspekt der Erfindung
sind nicht-glycosilierte Polypeptide, die ein Fragment der Aminosäuresequenz
SEQ ID NO:2, das (R)-Hydroxynitrillyaseaktivität aufweist, umfassen. Vorzugsweise
haben die erfindungsgemäßen Polypeptide
eine (R)-Hydroxynitrillyaseaktivität von mindestens
100 U/mg Protein, bevorzugter mindestens 1000 U/mg Protein, am bevorzugtesten
mindestens 3000 U/mg Protein. Die Aktivität der Polypeptide kann durch
das in Beispiel 2 beschriebene Verfahren bestimmt werden; Aktivitätsangaben
in der vorliegenden Anmeldung beziehen sich auf dieses Verfahren.
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Es ist ebenfalls bevorzugt, daß die Polypeptide
in im wesentlichen reiner Form vorliegen. Das bedeutet, daß die Polypeptide
mindestens 90 %, bevorzugt mindestens 95 %, am bevorzugtesten mindestens
97 % rein sind. Die Polypeptide können aber auch in lediglich
angereicherter Form oder als Rohextrakt vorliegen.
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Dem Fachmann ist bewußt, daß durch
Aminosäure-Deletionen,
-Mutationen und/oder -Additionen die Aktivität der Polypeptide nicht beeinträchtigt sein
muß. Der
Fachmann kann derartige Varianten exprimieren und ihre Aktivität überprüfen, solche
Varianten sind von der Erfindung mit umfaßt. Vorzugsweise sind höchstens
50 Aminosäuren
deletiert, ausgetauscht oder addiert, bevorzugter höchstens
25, noch bevorzugter höchstens
10, am bevorzugtesten höchstens
5.
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In einer besonderen Ausführungsform
der Erfindung umfassen die Polypeptide eine Aminosäuresequenz,
die bei der rekombinanten Expression des Polypeptids zu einer Expression
im Periplasma von Bakterien oder zu einem Ausschleusen des Polypeptids
in das umgebende Kulturmedium führt.
Beispiele für
solche anfusionierten Sequenzen sind TAT-Signalsequenzen, Sec-Signalsequenzen
(z.B. Omp) und ABC-Transporter Signalsequenzen. Diese Fusionsproteine
können
gegebenenfalls durch Spaltung wieder in die reife (R)-Hydroxynitrillyase überführt werden.
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Gemäß einer besonderen Ausführungsform
umfassen die Polypeptide eine Teilsequenz des E. coli-Chaperones
GroES. Die Teilsequenz ist vorzugsweise mit dem N-Terminus fusioniert.
Sie hat eine Mindestlänge
von 10 Aminosäuren,
vorzugsweise 20 Aminosäuren,
am bevorzugtesten 30 Aminosäuren.
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Es werden auch Polynucleotide bereitgestellt,
die zur Expression der erfindungsgemäßen Polypeptide geeignet sind.
Die Erfindung betrifft daher Polynucleotide, die für die Aminosäuresequenz
SEQ ID NO:1 (siehe 2)
kodieren. In einer besonderen Ausführungsform umfassen die Polynucleotide
die Nucleotidsequenz SEQ ID NO:3. Die Nucleotidsequenz SEQ ID NO:3
kodiert für
die Aminosäuresequenz
SEQ ID NO:2.
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Die Erfindung betrifft aber auch
Polynucleotide, die eine Nucleotidsequenz umfassen, die wenigstens 95
% Identität
zu der Sequenz SEQ ID NO:3 aufweist, vorzugsweise wenigstens 97
%, am bevorzugtesten wenigstens 99 %. Alle Angaben von Sequenzidentitäten zwischen
Nucleotidsequenzen der vorliegenden Anmeldung beziehen sich auf
die folgenden Bedingungen: Der Sequenzvergleich erfolgt mit dem
Programm "Blast 2
Sequences version Blastn" (Tatusova
et al. (1999) FEMS Microbiol. Lett. 174, 247-250) mit folgenden
Parametern: reward for a match: 1; penalty for a mismatch: -2; open
gap penalty: 5; extension gap penalty: 2; gap x_dropoff: 50; expect:
10; Word size: 1; filter: no. 3. Die Länge des Bereichs, auf den sich
der Sequenzvergleich erstreckt, beträgt mindestens 900, bevorzugt
mindestens 1200, bevorzugter mindestens 1500, am bevorzugtesten
mindestens 1650 Nucleotide.
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Die Erfindung betrifft auch Polynucleotide,
die eine mutierte Nucleotidsequenz umfassen, die wenigstens 60%
Identität
zu der Sequenz SEQ ID NO:3 aufweist, vorzugsweise wenigstens 70%
Identität,
bevorzugter wenigstens 80% Identität, bevorzugter wenigstens 90%
Identität,
am bevorzugtesten wenigstens 95% Identität. Eine Nucleotidsequenz ist "mutiert" im Sinne dieser
Anmeldung, wenn sie künstlich
hergestellt wurde und von natürlich
vorkommenden Nucleotidsequenzen verschieden ist. Es ist bevorzugt,
daß sich
durch die Mutationen keine Änderungen
der kodierten Aminosäuren
ergeben. Bevorzugte Mutationen sind somit Variationen der "codon usage". Die Mutationen
können
ein oder mehrere Codons betreffen. Mögliche Variationen der "codon usage" können SEQ
ID NO:3 entnommen werden (durch Vergleich mit der natürlichen
Gensequenz). Von der Erfindung umfaßt sind auch Kombinationen
der hier beschriebenen Ausführungsformen.
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Vorzugsweise kodieren die erfindungsgemäßen Polynucleotide
für Polypeptide,
die (R)-Hydroxynitrillyase-Aktivität besitzen.
Die bevorzugten Aktivitäten
entsprechen den oben für
die Polypeptide angegebenen Aktivitäten.
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Von der Erfindung umfaßt sind
auch Polynucleotide, die komplementär sind zu den oben genannten erfindungsgemäßen Polynucleotiden.
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In einer besonderen Ausführungsform
umfaßt
das Polynucleotid die Nucleotidsequenz SEQ ID NO:4 (siehe 1).
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Ein weiterer Aspekt der Erfindung
ist ein Plasmid oder Vektor, der ein erfindungsgemäßes Polynucleotid
enthält.
Dabei kann es sich um Plasmide handeln, die lediglich der Vermehrung
der DNA dienen oder um Expressionsplasmide. Dementsprechend kann
das Plasmid weitere geeignete Sequenzen enthalten, die dem Fachmann
an sich bekannt sind, beispielsweise Sequenzen für die Replikation des Plasmids,
eine Promotorsequenz, Sequenzen, die die Transkription und/oder
Translation des Genprodukts verbessern können sowie Terminationssignale.
Als Promotor kann z. B. ein lac- oder ein ara-Promotor eingesetzt
werden. Die Plasmide können
beispielsweise von den Plasmiden pBR322, pBAD (Invitrogen) oder
pET23a (Novagen) abgeleitet sein. In dem Plasmid können die
erfindungsgemäßen Polynucleotide
auch mit Nucleotidsequenzen verbunden sein, die für Fusionspartner
eines Fusionsproteins kodieren. Solche Fusionspartner können die
Aufreinigung durch affinitätschromatographische
Methoden erleichtern, es kann sich aber auch um Sequenzen handeln,
die zu einer Expression des Polypeptids im Periplasma von Bakterien
oder zu einem Ausschleusen des Polypeptids in das umgebende Kulturmedium
führen.
Gegebenenfalls können
derartige anfusionierte Aminosäuresequenzen
wieder abgespalten werden, um das reife Enzym zu erhalten.
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Weiter betrifft die Erfindung eine
Zelle enthaltend einen erfindungsgemäßen Vektor oder ein erfindungsgemäßes Plasmid
und/oder ein erfindungsgemäßes Polynucleotid.
Die kodierende Region oder das Genkonstrukt kann temporär oder stabil-genomisch
verankert sein. Dem Fachmann ist bewußt, daß durch den Vorgang des Einbringens
der Nucleinsäure
in die Zellen die Nucleinsäure
verändert
werden kann, insbesondere durch Vorgänge innerhalb der Zelle. Zellen,
die derart modifizierte Nucleinsäuren
enthalten, sind auch Gegenstand der Erfindung.
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Vorzugsweise handelt es sich um Zellen
von Mikroorganismen, bevorzugter um prokaryontische Zellen, am bevorzugtesten
handelt es sich um E. coli-Zellen. Beispiele für derartige Stämme sind
die Bakterienstämme
Top10, Ori, JM 109, BI21 oder LMG194, bevorzugt sind Protease-defizierte
Stämme,
z.B. CAG 629, CAG 626, CAG 748, ER 2508, KS 1000 und UT 5600. Die
Erfindung umfaßt
dabei Zellen in jeglicher Form, als Kultur, als Sediment, in getrockneter
Form und/oder in gefrorener Form.
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Durch Einsatz derartiger Zellen können die
erfindungsgemäßen Polypeptide
erfolgreich exprimiert werden. Die Erfindung betrifft daher auch
ein Verfahren zur Herstellung eines erfindungsgemäßen Polypeptids, das
umfaßt,
daß man
die genannten Zellen unter geeigneten Bedingungen kultiviert und
gegebenenfalls anschließend
das gewünschte
Polypeptid gewinnt. Die Zellen können
in verschiedenen handelsüblichen
Medien kultiviert werden. Alle handelsüblichen Medien wie z.B. Terrific
Broth (TB), Luria-Bertani (LB), SOB und M9-Minimalmedium können Verwendung
finden. Je nach Beschaffenheit des Genkonstrukts kann dann während der Kultivierung
der Zellen ein Induktionsmittel zu den Zellen gegeben werden. Das
Induktionsmittel kann z. B. Isopropyl-Thiogalactosid (IPTG) oder
L-Arabinose handeln. IPTG wird vorzugsweise in einer Konzentration
von 0,001 bis 100 mM, bevorzugter von 0,01 bis 10 mM, am bevorzugtesten
von 0,1 bis 2 mM eingesetzt. L-Arabinose kann in einem Konzentrationsbereich
von 10–8 bis
5 % (w/v), bevorzugt von 0,01 % bis 10 %, am bevorzugtesten von
0,1 % bis 1 % eingesetzt werden.
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Temperatur, Induktionsdauer und -höhe werden
nach gängigen
Erfahrungen vorteilhaft aufeinander abgestimmt. Die Induktionsdauer
beträgt üblicherweise
0,5 bis 120 Stunden, vorzugsweise ungefähr 2 bis 24 Stunden, am bevorzugtesten
2 bis 10 Stunden. Die Temperatur bei der Kultivierung beträgt zwischen
17 und 40 °C,
bevorzugt zwischen 20 und 37°C.
In einer Ausführungsform
wird die Temperatur nach Zugabe des Induktors gesenkt. Das Verfahren
kann aber auch ohne Zugabe eines Induktors durchgeführt werden
(konstitutive Expression).
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Während
der Kultivierung der Zellen können
Zusätze
im Medium anwesend sein, z. B. Salze, FAD, Redoxsysteme und/oder
Alkohole. Weiter kann die Kultivierung mit erhöhtem oder erniedrigtem Sauerstoffanteil in
der Luft durchgeführt
werden. Die Kultivierung kann auch unter verschiedenen Druckverhältnissen
erfolgen. Die Drücke
können
zwischen 0,05 bar und 5 bar variieren.
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Die Expressionsgeschwindigkeit ist
stark abhängig
von der Kultivierung der Bakterien, weshalb individuelle Anpassungen
und verschiedene Medien Verwendung finden. Vorteilhafte Ausführungsformen
hinsichtlich der Expressionsbedingungen sind auch in den Beispielen
erläutert.
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In einer besonderen Ausgestaltung
des Verfahrens wird das Polypeptid gewonnen, nachdem anfusionierte
Peptide abgespalten wurden. So kann beispielsweise die GroES-Sequenz mit einer
Proteasespaltstelle verbunden werden, so daß das reife Protein die GroES-Sequenz
nicht mehr aufweist. Andere faltungshelfende oder löslichkeitsvermittelnde
Sequenzen (z.B. Maltose-Bindungsprotein oder Glutathiontransferase)
können später wieder
abgespalten werden, man kann ebenso Affinitätstags (z.B. His-tags) nach
der Aufreinigung abspalten, man kann Exportsignalsequenzen abspalten.
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Gegebenenfalls können nach der Expression die
erfindungsgemäßen Polypeptide
angereichert und/oder gereinigt werden. Dazu werden die Zellen geerntet
und nach gängigen
Methoden aufgeschlossen. Der Zellaufschluß kann beispielsweise durch
Ultraschall, aber auch durch mechanische Einwirkung erfolgen. Besonders
vorteilhaft ist eine Anreicherung der Polypeptide durch Gelfiltration.
Dazu kann der native Extrakt auf entsprechende Gelfiltrations-Säulen aufgetragen
werden. Weitere, dem Fachmann an sich bekannte Verfahren zur Reinigung
von Proteinen können
eingesetzt werden.
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Die Erfindung betrifft weiterhin
ein Verfahren zur Herstellung von Cyanhydrinen, bei dem man eine Carbonylverbindung
oder eine Carbonyl-verwandte Verbindung mit einem Cyanid-Donor und
einem erfindungsgemäßen Polypeptid
in Kontakt bringt. Carbonylverbindungen sind insbesondere Aldehyde
und Ketone, Carbonyl-verwandte Verbindungen sind beispielsweise
Sulfoxide. Als Cyanid-Donoren kommen verschiedene Verbindungen in
Betracht. Am bevorzugtesten ist HCN, es können aber auch achirale Cyanhydrine,
z.B. Aceton-Cyanhydrin eingesetzt werden (Ognyanov, 1991). Gegebenenfalls
kann das hergestellte Cyanhydrin aus dem Reaktionsgemisch abgetrennt
werden. Verfahren zum Abtrennen sind dem Fachmann an sich bekannt. Das
erfindungsgemäße Polypeptid
kann mit der Carbonylverbindung in Kontakt gebracht werden in Form
eines gereinigten Polypeptids, es kann aber auch eine angereicherte
Zusammensetzung, ein Rohextrakt oder sogar das Zellgemisch eingesetzt
werden, das die Zellen enthält,
in denen die erfindungsgemäßen Polypeptide
exprimiert werden. Bei der zuletzt genannten Ausgestaltung muß keine
spezifische Anreicherung oder Reinigung der Polypeptide erfolgen.
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Die vorliegende Erfindung beschreibt
die erfolgreiche Expression von (R)-Hydroxynitrillyase (E.C.4.1.2.10) aus
P. dulcis in E. coli und damit die Möglichkeit, dieses technisch
sehr bedeutende Enzym auch Optimierungen zugänglich zu machen. Gleichzeitig
wird damit das Problem der wechselnden Qualität sowie der Bioverfügbarkeit
aus Mandeln umgangen. Weiterhin ist die gentechnische Optimierung
der Expressionshöhe
und der Aufreinigung durch die vorliegende Erfindung erstmals ermöglicht.
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Das hier beschriebene Verfahren und
die nicht natürliche
Gensequenz der neuen (R)-Hydroxynitrillyase
ermöglichen
zum ersten Mal die Expression dieses Enzyms in einem anderen Organismus
als P. dulcis (heterologe Genexpression). Wesentlich zum Erfolg
trägt dabei
das zuvor durch Gensynthese künstlich
hergestellte, optimierte (R)-Hydroxynitrillyase-Gen
bei. Durch eine zusätzliche
Verkürzung
des natürlichen
Gens wird das reife Protein der Mandel in den Bakterien überraschenderweise
in einer löslichen
und aktiven Form exprimiert. Die Erfindung umfaßt daher ein neu entworfenes,
synthetisch hergestelltes (R)-Hydroxynitrillyasegen, welches exemplarisch
mit verschiedenen N-Termini
versehen und in verschiedene Vektoren integriert ist.
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1 zeigt
die Nucleotidsequenz eines an den Organismus E. coli angepassten
und optimierten synthetischen Gens der (R)-Hydroxynitrillyase aus
Prunus dulcis (SEQ ID NO:4; siehe Beispiel 1).
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2 zeigt
die Aminosäuresequenz
SEQ ID NO:1, die aus der Nucleotidsequenz von 1 abgeleitet ist.
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3 zeigt
eine schematische Darstellung der in den Beispielen 1 und 4 hergestellten
Expressionskonstrukte.
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4 zeigt
die Ergebnisse der Aktivitätsbestimmung
von Beispiel 3. Die Umsetzung von Mandelonitril wurde photometrisch
verfolgt.
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Die nachfolgenden Beispiele erläutern die
Erfindung näher.
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Beispiel 1: Genaufbau
der (R)-Oxynitrilase
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Ein an den Organismus E. coli angepasstes
und optimiertes synthetisches Gen der (R)-Hydroxynitrillyase aus Mandel (Prunus
dulcis) mit der in 1 dargestellten
Sequenz (SEQ ID NO:4) wurde hergestellt.
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In 1 sind
die Schnittstellen Xho I und Kpn I fett gedruckt dargestellt. Insgesamt
wurden 9,1 % der Tripletts im Vergleich zum natürlichen Gen (Swissprot entry
024243) verändert,
entfernt oder zugefügt,
um eine optimale tRNA-Nutzung in E. coli zu gewährleisten bzw. eine Expression
zu ermöglichen.
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Der Aufbau des Gens erfolgte über eine
klassische, in einzelnen Stufen ablaufende Schnittstellenklonierung
mit hybridisierten Oligonukleotiden (80-100 mere), die teils schon
außerhalb
eines Plasmides durch 4-Basen-Überhänge hybridisiert
und ligiert wurden. Unterstrichen sind die verwendeten Schnittstellen
dargestellt (1).
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Daraus abgeleitet ergibt sich die
in 2 dargestellte Aminosäuresequenz
(SEQ ID NO:1).
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Der lac-Promotor des gängigen Plasmids
pUC19 wurde mit den zwei folgenden Primern durch PCR (50°C Hybridisierung,
30 sec. Verlängerungszeit),
amplifiziert:
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Das Amplifikat wurde mit EcoR I und
Hind III verdaut und in das ebenso geöffnete und dephosphorylierte
Plasmid pBR322 ligiert. Der entstandene Vektor wurde mit Xho I und
Kpn I verdaut und dephosphoryliert, so dass obige Sequenz der (R)-Hydroxynitrillyase,
ebenso mit Xho I und Kpn I geschnitten, eingebracht werden konnte.
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Beispiel 2: Expression
der (R)-Hydroxynitrillyase (RO-lac)
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Das Plasmid aus Beispiel 1 (RO-lac)
wurde in den E. coli-Expressionsstamm Top10 (Invitrogen) transformiert.
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Die neuen Stämme wurden unter verschiedenen
Expressionsbedingungen analysiert.
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Die Bakterien wurden z.B. in 3 l
eines handelsüblichen
Mediums (LB-Medium mit 200 μg/ml
Carbenicillin) bei 37 °C
bis zu einer optischen Dichte bei 600 nm (ODsoo) von 0,8 hochgezogen.
Anschließend
wurden sie mit einer gängigen
Konzentration (2 mM) an Isopropyl-Thiogalactosid (IPTG) für 14 Stunden
induziert, oder ohne IPTG-Zusatz weiter kultiviert.
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Nach der Produktionsphase wurden
die Zellen sedimentiert (5.000 g, 15 min.), in 20 mM Phosphatpuffer
pH 7,5 gelöst
(5 ml/l Kulturmedium) und durch eine Ultraschallbehandlung (30 min.,
70%, auf Eis) aufgeschlossen. Anschließend wurde die Zelldebris sedimentiert
(10.000 g, 45 min.) und in dem gewonnenen, nativ extrahierten Überstand
die Aktivität
der (R)-Hydroxynitrillyase bestimmt.
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Der Aktivitätstest wurde in 80 mM Natrium-Citrat
pH 4,8 durchgeführt.
Als Substrat wurde 1 mM Mandelonitril eingesetzt. Zur Aktivitätsbestimmung
wurden üblicherweise
5 μl des sogenannten
nativ extrahierten Überstandes
eingesetzt. Die Umsetzung des Mandelonitrils kann bei 250 nm photometrisch
verfolgt werden. Aus der Anfangssteigung der Extinktionsänderung
können
mit dem Extinktionskoeffizienten (εBenzaldehyd
250 nm: 13.2 × 103/mol × cm)
die erhaltenen Enzymaktivitäten
berechnet werden. 4 zeigt
den Umsatz von Mandelonitril von der bakteriellen (R)-Hydroxynitrillyase
(5 μl, ca.
10 μg Gesamtprotein
= Probe 1 im Vergleich zur Spontanhydrolyse von Mandelonitril =
Nullwert).
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Besonders gute Expressionsraten des
RO-lac Konstruktes können
bei einer Induktionsdauer von 14 Stunden bei 37 °C mit einer IPTG-Konzentration
von 2 mM in LB-Medium
erreicht werden.
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Unter diesen Bedingungen wurden in
einem 3 l-Fermenter üblicherweise
zwischen 7000 und 10.000 Units/l
1) an (R)-Hydroxynitrillyase
gewonnen. Im Folgenden sind tabellarisch verschiedene Fermentationen und
Aktivitäten
pro Liter Kulturmedium angegeben. Tabelle
1: Expression von (R)-Hydroxynitrillyase
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Beispiel 3: Aufreinigung
von (R)-Hydroxynitrillyase
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Die (R)-Hydroxynitrillyase kann aus
dem nativen Extrakt durch Gelfiltration angereichert werden.
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Im Einzelnen wurden 5 ml des nativen
Extraktes auf eine HiLoad 16/60 Superdex G200 prep grade Gelfiltrationssäule (Amersham
Biosciences) aufgetragen. Die Proteine wurden mit PBS (50 mM NaHP2O4 pH 7,5, 110 mM
NaCl, 2 mM KCl) eluiert und die deutlich gelben Fraktionen (je 5
ml) auf ihre Aktivität
hin untersucht. Die rekombinante (R)-Hydroxynitrillyase wurde nach dem gleichen
Retentionsvolumen wie die natürliche
(R)-Hydroxynitrillyase
aus Mandel eluiert.
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Darüber hinaus zeigten beide Enzyme
((R)-Hydroxynitrillyase aus Mandel und aus E. coli) eine sehr hohe
Stabilität
gegenüber
Harnstoffdenaturierung. Die bakterielle (R)-Hydroxynitrillyase wurde über Gelfiltration
aufgereinigt, für
2 Stunden bei 23° C
mit unterschiedlichen Konzentrationen an Harnstoff inkubiert. Anschließend wurde
die Aktivität
vermessen. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Tabelle
2: Aktivität
in Gegenwart von Harnstoff
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Beispiel 4: Konstruktion
von pBAD-LRO
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Das optimierte und adaptierte Gen
der (R)-Hydroxynitrillyase aus Beispiel 1 wurde in den handelsüblichen
Vektor pBAD/HisA (Invitrogen) über
die Xho I und Kpn I-Schnittstellen ligiert (pBAD-RO).
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Das Plasmid wurde durch die Restriktionsenzyme
Xho I und Nco I wieder geöffnet
und anschließend dephosphoryliert.
Ein doppelsträngiger
Linker wurde eingesetzt, und das durch das Plasmid vorgegebene His-tag
und der Rest der vorhandenen Sequenz zwischen den beiden Schnittstellen
damit ersetzt (pBAD-LRO). Der hybridisierte Linker hat folgende
Sequenz:
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Fett gedruckt sind die Basen, die
die Nco I und die Xho I-Schnittstellen darstellen. Der Linker kodiert eine
Teilsequenz des E. coli Chaperones GroES. Der N-Terminus sollte
die Löslichkeit
des Proteins erhöhen und
den Translationsbeginn vereinfachen.
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Im Einzelnen wurden die zwei synthetischen
Oligonukleotide mit den Sequenzen SEQ ID NO:7 und SEQ ID NO:8 in
Wasser in einer Konzentration von 100 μM gelöst. Anschließend wurden
sie 1:10 in T4 Polynukleotidkinase-Puffer (50 mM Tris pH 7,5, 10
mM MgCl2, 10 mM Dithiothreitol, 1 mM ATP,
25 μg/ml
Rinderserumalbumin) verdünnt
und mit 1 μl
T4-Polynukleotidkinase (400.000 units/ml (New England Biolabs, NEB) für eine Stunde
bei 37 °C
inkubiert. Anschließend
wurden beide Oligonukleotide vereinigt, aufgekocht und langsam auf
Raumtemperatur abgekühlt.
Der so hybridisierte Linker wurde mit dem geschnittenen und dephosphorylierten
Plasmid mit T4-Ligase (NEB) unter Standardbedingungen (s. Hersteller-Anleitung)
ligiert.
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Beispiel 5: Expression
der (R)-Hydroxynitrillyase (pBAD-LRO)
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Der Vektor aus Beispiel 4 (pBAD-LRO)
wurde in den Expressionsstamm Top 10 transformiert. Die Expression
der (R)-Hydroxynitrillyase wurde wieder unter verschiedenen Bedingungen
(sh. Beispiel 2) untersucht.
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Der Vektor pBAD enthält einen
Arabinosepromotor, weshalb in Beispiel 5 mit L-Arabinose induziert wird.
Alle anderen Parameter können
wie in Beispiel 2 gewählt
werden. In der folgenden Tabelle sind einige Expressionsstudien
mit den erzielten Enzymaktivitäten
pro Liter Kulturmedium aufgeführt. Tabelle
3: Enzymaktivitäten
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Wird die N-terminate Sequenz durch
die in Beispiel 4 beschriebene ausgetauscht, so wird ein lösliches Protein
mit der Aktivität
der (R)-Hydroxynitrillyase exprimiert.
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