Im Gegensatz zu Kunstledern, welche
meist aus einer PVC- oder Polyurethanschicht auf einem Trägergewebe
oder -Vlies bestehen, ist der Hauptbestandteil von Lederfaserstoff
die aus Lederresten gemahlene Lederfaser. Diese wird durch polymere
Bindemittel wie zum Beispiel Naturlatex, Polyacrylate, Polyvinylacetate
sowie deren Copolymere und diversen Zusatzstoffen zusammengehalten.
Die Eigenschaften werden dabei durch die Art der Herstellung, die
Dichte und vor allem durch die Komponenten – Lederfaser und Bindemittel – bestimmt.
Da die Wirkung der Lederfaser ganz im Vordergrund steht, kann man
sagen, dass Lederfaserstoff nicht nur wie Leder aussieht, sondern
auch so riecht und sich so anfühlt. Im
Gegensatz zu Leder sind die Eigenschaften – bedingt durch die übliche Fertigung
als Bahnenware – gleichmäßiger.
Wurde Lederfaserstoff bis zum Ende
der Fünfzigerjahre
noch handwerklich in sogenannten Siebkästen hergestellt, so stellten
in den Sechziger- und Siebzigerjahren die meisten Betriebe auf eine kontinuierliche
Produktion auf modifizierten Langsiebmaschinen, wie man sie aus
der Papierindustrie kennt, um.
Weitere Optimierungen an Rezepturen
und Technologie ermöglichten
einen weiten Bereich in Dicke und Flexibilität abzudecken, von papierdünn, nämlich 0,3
mm bis sperrholzdick, 6 mm. Je nach
Anwendung lässt
sich der Lederfaserstoff knautschen wie manches Leder, oder er ist
steif und fest ähnlich – dem Pressspan.
Dies erlaubt bis jetzt einen Anwendungsbereich von Kalender- und
Bucheinbänden
bis zu Schuhabsätzen
oder auch den Bereich der Autoinnenausstattung.
Aus "Ullmanns Enzyklopädie der technischen Chemie", 4. Aufl. Bd. 16,
S. 174 ist die Verwendung von Lederabfällen bekannt. Hiernach können Lederabfälle zerfasert
werden und lassen sich dann zu Lederfaserwerkstoffen verarbeiten.
Hierunter werden einschichtige Flächengebilde aus Lederfasern und
Bindemitteln verstanden. Danach werden die Lederfaserwerkstoffe
für Täschnerwaren,
vor allem aber in der Schuhfertigung sowie für technische Lederdichtungen
eingesetzt. Die Lederabfälle
werden beispielsweise in Schlagmühlen
nass oder trocken oder aber in Zahnscheibenmühlen und Raffineuren oder auch
in Mahlholländern
nass zerfasert, wobei die Fasern eine Länge von 0,1 bis 15 mm haben
sollten. Als Bindemittel haben sich in Wasser unlösliche, insbesondere
natürliche
oder künstliche
Kautschuklatizes sowie Dispersionen von Acrylester-, Vinylester-
und Isobutylen-Polymerisaten und Mischpolymerisaten bewährt. Die
Menge an Bindemittel beträgt zwischen
8 und 40 %. Bei Lederfaserwerkstoffen mit höheren Anteilen (20 bis 30 %)
an Wasser unlöslichen
Bindemitteln überwiegt
hiernach der Charakter des Bindemittels. Bei Erzeugnissen mit niedrigerem Bindemittelgehalt
(unter 20%) überwiegt
der Fasercharakter; diese Materialien sind saugfähiger und lederähnlicher.
Aus
DE 34 17 369 C2 ist ein Verfahren zur Herstellung
eine spritzgießbaren
Verbundmaterials bekannt, bei der eine Polyester-Baumwoll-Mischfaser aus Stoffabfällen mit
einem Polyolefin verschmolzen wird. Dem so hergestellten Material
fehlt es an der ausreichenden Wasseraufnahmefähigkeit ebenso wie an den ledertypischen
Griffeigenschaften.
Die
DE 21 20 149 A1 beschreibt wetterfeste und
verwindungsfeste Platten, Röhren,
Stäbe und sonstige
Formteile, bestehend aus Bindemitteln und Füllmaterial aus Altmaterial,
unter anderem Abfälle von
Papieren, Kartonage, Trikotagen, Baumwollen, Leinen, Kunstfasern,
Leder, Lumpen, Heu, Stroh, Laub, Gras, Hülsen von Getreide und Früchten, Kerne
und Schalen von Obst und Kartoffeln sowie Metallspäne, -körner, -pulver,
Metalle, Styropor, Abfälle der
Kunststofffertigung, Naturfasern wie Jute, Sisal oder Hanf. Angabe über die
Mengen der eingesetzten Füllmaterialien
sind nicht enthalten.
WO 94/02300 beschreibt
Formteile mit lederartigen Oberflächeneigenschaften im Kraftfahrzeugbereich,
umfassend einen thermoplastischen oder elastischen duroplastischen
Kunststoff und gemahlene Lederabfälle in einer Menge von bis
95 Gew.-% bezogen auf das Formteil.
Demgegenüber besteht die Aufgabe der
vorliegenden Erfindung in der Bereitstellung eines Verfahren zu
unmittelbaren Herstellung von dreidimensionalen Formkörpern aus
Lederfasermaterialien.
Die vorgenannte Aufgabe wird gelöst durch ein
Verfahren zur Herstellung dreidimensionaler Formhäute mit
lederartiger Oberfläche,
das dadurch gekennzeichnet ist, dass man die poröse Oberfläche eines Saugwerkzeugs mit
der Geometrie des dreidimensionalen Formkörpers in eine Pulpe einbringt, die
Lederfasern, Suspendiermittel und Bindemittel enthält, auf
der Oberfläche
des Saugwerkzeugs durch Anlegen eines Vakuums im Saugwerkzeug der Pulpe
Lederfasern in einer gewünschten
Schichtdicke abscheidet, anschließend die Oberfläche des Saugwerkzeugs
einem Presswerkzeug zuführt
und die Lederfaserschicht verdichtet, gegebenenfalls oberuflächig profiliert
und gegebenenfalls teilweise oder vollständig trocknet und die Lederfaseroberfläche mit
einer Oberflächenzurichtung
versieht.
Hauptrohstoff sind die Lederfasern.
Sie werden in erster Linie nach der Gerbart unterteilt. Schwerpunkte
sind die Chromgerbung (wet blue) und Vegetabilgerbung, neuerdings
auch Glutardialdehydgerbung (wet white). Die chromgegerbten Fasern stellen
die größte Fraktion
dar. Man erhält
sie beispielsweise von den Gerbereinen in Form von Chromfalzspänen.
Eine Kuhhaut ist ungleichmäßig dick,
meist 4 bis 5 mm, das gewünschte
Leder soll meist um 1 bis 1,5 mm dick sein. Also möchte man
die Haut in mehreren Schichten spalten und diese anschließend mittels
rotierender Messer bezüglich
der Dicke egalisieren. Ungegerbt geht das nicht, da sie zu nachgiebig ist.
Voll gegerbt ist es zu teuer, da dann ein großer Teil der für die Gerbung
eingesetzten Chemikalien mit den Falzspänen wieder verloren geht. Deshalb wird
die Haut vor dem Falzen lediglich vorgegerbt und man erhält eine
Vorstufe des Leders, das wet blue und die Falzspäne. Dies bedeutet, dass die Falzspäne analog
dem Prozess des Gerbers gegerbt, gefettet und eingefärbt werden
müssen.
Da chromgegerbte Leder im Allgemeinen besonders weich und flexibel
sind, lässt
sich aus Chromfalzspänen
auch besonders weicher Lederfaserstoff herstellen.
Vegetabilgegerbte Späne werden
vorwiegend in Form von Stanzgittern erhalten, die nach dem Stanzen
von Schuhsohlen zurückbleiben.
Solche Leder sind voll durchgegerbt, sehr fest, aber auch sehr biegesteif.
Für Teile,
die eine gute Formhaltung aufweisen müssen, der ideale Rohstoff.
Ist dagegen Geschmeidigkeit gewünscht,
muss ein größerer Rezepturaufwand
getrieben werden. Trotzdem ist die Vegetabilgerbung insbesondere
für die
Automobil-Innenverkleidung sehr interessant, denn sie ermöglicht im
Gegensatz zur Chromgerbung ein geringeres Schrumpfen bei großer Temperatureinwirkung. Außerdem ist
die Prägbarkeit
deutlich besser als bei Lederfaserstoff aus chromgegerbten Spänen.
Die Glutardialdehydgerbung wird meist
in Kombination . mit anderen Gerbarten angewandt und liefert chromfreie
Leder mit gutem Wärmeschrumpfverhalten.
Die entsprechenden Falzspäne
sind noch schwächer
als die Chromfalzspäne
gegerbt. Die Herstellung von Lederfaserstoff aus wet white-Spänen ist relativ
aufwendig, die Weichheit, wie wir sie von Chromfalzspänen gewohnt
sind, konnte bisher nicht erreicht werden.
Die Beimischung von nicht kollagenen
Fasern wie zum Beispiel Zellulose-, Baumwoll- oder Kunststofffasern
wie beispielsweise Polyamidfasern kann zwar Vorteile wie zum Beispiel
eine Erhöhung der
Produktionsgeschwindigkeit oder die Verbesserung mechanischer Eigenschaften
bewirken, jedoch bereiten diese meist längeren Fasern oft Probleme bezüglich der
Oberflächenglätte nach
dem Beschichten. Außerdem
nimmt die Ledercharakteristik mit zunehmendem Gehalt an Fremdfasern
deutlich ab. Dennoch umfasst die vorliegende Erfindung auch den
Einsatz dieser Fremdfasern Die Produktion von Lederfaserstoff ähnelt der
von Papier. Die Lederreste werden beispielsweise in einer Schneidmühle trocken
vorzerkleinert und anschließend
nass auf die gewünschte
Faserlänge,
vorzugsweise 0,1 bis 15 mm, insbesondere 0,2 bis 3 mm gemahlen.
Zu diesem Zeitpunkt werden auch die Farbstoffe und Fettungsmittel
zugegeben. Dem Fettungsmittel kommt dabei ganz besondere Bedeutung
zu. Die Fett-Wasser-Emulsion
muss so stabilisiert sein, dass das Fett komplett auf die Lederfaser
aufzieht und in deren kapillare Zwischenräume eindringt. Durch das Fettungsmittel
wird auch der Flockungsgrad bestimmt. Flocken die Fasern zu fein,
erhält
man zwar einen hervorragenden Formkörper und somit eine hervorragende
Oberfläche,
jedoch wird der Lederfaserstoff zu hart. Eine zu grobe Flockung
ergibt gute Weichheit, aber zuwenig Zusammenhalt der Fasern und
somit eine schlechte Festigkeit. Dass das Fettungsmittel foggingarm
sein sollte, ist selbstverständlich.
Das Bindemittel in der erfindungsgemäß einzusetzenden
Pulpe besteht vorzugsweise aus thermoplastischem und/oder duroplastischem
Material und ist insbesondere ausgewählt aus Naturkautschuk, Polyurethanen,
Polyacrylaten, Dispersionen von Acrylestern-, Vinylestern- und Isobutylen-Polymerisaten
und Mischpolymerisaten oder ein Vinylacetat. Die Pulpe enthält das vorgenannte
Bindemittel, beispielsweise in einer Menge von 10 bis 50 Gew.-%, insbesondere
in einer Menge 15 bis 30 Gew.-%.
Das Bindemittel wird vorzugsweise
als Latex zugegeben. Latex besteht aus winzigen Polymerteilchen,
die in Wasser suspendiert sind. Um eine solche Suspension stabil
zu halten, sind die Latexteilchen meist an der Oberfläche elektrisch
geladen. Dadurch stoßen
sie sich gegenseitig ab; ein Zusammenballen und Ausfällen wird
verhindert. Weisen die Lederfasern nun eine den Latexteilchen entgegengesetzte Ladung
auf, koagulieren diese direkt auf der Faser. Durch eine optimale
Einstellung der Ladungsverhältnisse
ist es möglich,
sehr große
Mengen an Bindemittel einzusetzen, ohne dass diese die Kläranlage belasten.
In die so erhaltene Pulpe wird die
poröse Oberfläche eines
Saugwerkzeugs – welches
sowohl eine Positiv- als auch eine Negativform aufweisen kann – mit der
Geometrie des dreidimensionalen Formkörpers eingebracht. Auf der
Oberfläche
des Saugwerkuzeuges scheiden sich die Lederfasern in einer gewünschten
Schichtdicke ab. Sobald die gewünschte
Menge an Lederfasern auf der Oberfläche des Saugwerkzeuges abgeschieden
worden ist, wird das Saugwerkzeug mit den an der Oberfläche haftenden
Lederfasern einem Presswerkzeug zugeführt und die Lederfaserschicht
entwässert
und verdichtet, gegebenenfalls oberflächig profiliert, dabei oder
in einem separaten Schritt gegebenenfalls teilweise oder vollständig getrocknet
und mit einer Oberflächenzurichtung
versehen. Anschließend
kann die Oberfläche
durch Satinage und Schleifen geglättet werden.
Entwässerung und Trocknung sind
erheblich schwieriger als bei der Papierherstellung. Zum einen gibt
die Lederfaser das Wasser viel langsamer ab, zum anderen müssen Lederfasern
bei sehr viel niedrigeren Temperaturen getrocknet werden. Der Grund liegt
darin, dass Leder sich bei der sogenannten Schrumpfungstemperatur
zusammenzieht und anschließend
an der Oberfläche
durch Hydrolysevorgänge
verhornt.
Bei der Zurichtung wird dem Lederfaserstoff das
gleiche Erscheinungsbild wie dem von Leder verliehen. Beschichtung,
Farbgebung, Druck und Prägung
erfolgen vorzugsweise mit den gleichen Rezepturen und zum Teil nach
den gleichen Verfahren wie bei Leder.
Besonders bevorzugt im Sinne der
vorliegenden Erfindung wird die poröse Oberfläche eines gesinterten Pulvermetalls,
einer Keramik, eines Metallschaums, eines Kunststoffschaums oder
eines Siebes zur Herstellung des Formkörpers eingesetzt. Diese poröse Oberfläche hat
die Geometrie des dreidimensionalen Formkörpers, beispielsweise eine Armlehne
oder eines Armaturenbretts eines Kraftfahrzeuges.
Obwohl prinzipiell Lederfasern in
beliebigen Suspensions-Medien eingesetzt werden können, wird
erfindungsgemäß besonders
bevorzugt eine wässrige
Pulpe eingesetzt.
Besonders bevorzugt im Sinne der
vorliegenden Erfindung wird eine Pulpe eingesetzt, die Lederfasern
in einer Menge von 0,1 bis 10 Gew.-%, insbesondere in einer Menge
von 0,5 bis 2 Gew.-% enthält.
Die gewünschten Oberflächeneigenschaften der
herzustellenden Formteile können
nach an sich bekannten Verfahren des Prägens, des Schleifens, der Plasmabehandlung,
der Coronabehandlung, durch Sandstrahlen oder Kugelstrahlen hergestellt werden.
Besonders bevorzugt ist das erfindungsgemäße Verfahren
dergestalt, dass man die Lederfasern in einer Trockenschichtdicke
von 0,1 bis 6 mm, insbesondere 0,1 bis 2 mm, besonders 0,3 bis 0,6 mm
aufbringt. Für
den Fachmann ist offensichtlich, dass die Lederfasern feucht aus
der Lederfaserpulpe in einer größeren Dichte
aufgebracht werden muss, das diese nach dem Trocknen um einiges
schrumpfen. Der Begriff Trockenschichtdicke umfasst naturgemäß solche
Formkörper,
die noch einen geringen Restfeuchtegehalt von etwa beispielsweise
15 – 30 %
aufweisen, nachdem diese beispielsweise bei 70 °C im Verlauf von 2 Minuten getrocknet
wurden.
Bei der Trocknung erfolgt die Filmbildung des
Bindemittels. Dabei kann das Bindemittel polymerisiert, polykondensiert
und/oder vernetzt werden. Hierbei werden naturgemäß auch die
Kollagenfasern gegebenenfalls auch vorhandene Fremdfasern miteinander
durch das Bindemittel vernetzt.
Zur Herstellung von Formkörpern mit
komplizierter Geometrie ist es möglich,
ein Presswerkzeug mit beweglichen Schiebern zu Ausformung von Hinterschnitten
einzusetzen. Dies ist eine, insbesondere . im Automobilbereich übliche Technik
zur Herstellung von entsprechenden Formkörpern aus thermoplastischen
und/oder duroplastischen Kunststoffmaterialien.
Nach der Ausformung und insbesondere Entformung
aus dem Presswerkzeug ist es beispielsweise möglich, den Formkörper zu
hinterschäumen oder
zu hinterspritzen.
Die Zurichtung kann auf die getrocknete
Lederfaserschicht in an sich bekannter Weise aufgebracht werden.
Hier bietet sich beispielsweise das Aufstreichen oder Aufsprühen auf
die Lederfaserschicht nach dem Trocknen und/oder die Presswerkzeugoberfläche vor
dem Verdichten an.
Mit Hilfe der vorliegenden Erfindung
ist es möglich,
eine Reihe von dreidimensionalen Formkörpern mit lederartiger Oberfläche herzustellen.
Besonders bevorzugt im Sinne der
vorliegenden Erfindung umfassen die Formkörper mit lederartiger Oberfläche Möbel, Bekleidungsstücke, Accessoires,
Anlagenteile, Verblendungen und Verkleidungen, insbesondere für den Fahrzeugbereich.
Im Fahrzeugbereich sind hierbei insbesondere Bodenverkleidungen,
Kofferraumauskleidungen, Dachauskleidungen, Armaturenbrettverkleidungen,
Schalter, Schalthebelgriffe, Türgriffe
und/oder Lenkradumhüllungen
ebenso geeignet wie Sitzpolster, Sitzlehnen oder Hutablagen etc..
Praktisch können die Lederfasern überall dort
eingesetzt werden, wo die optischen Eigenschaften eine wesentliche
Rolle spielen. Darüber
hinaus ist jedoch auch ein schalldämmender Effekt von Bedeutung.