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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung eines Bremssystems
für Kraftfahrzeuge,
gemäß dem Oberbegriff
des Patentanspruches 1.
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Zur
Erzielung möglichst
kurzer Bremswege bei Kraftfahrzeugen werden die Bremssysteme immer
leistungsfähiger
und mit möglichst
kurzen Ansprechzeiten konstruiert, z.B. auch Systeme nach dem brake
by wire Prinzip. Die Bremssysteme sind dabei mit intelligenten Blockierschutzeinrichtunggen (ABS-Regelungen) ausgestattet.
Nur beispielsweise wird auf die gattungsgemäße
EP 0644 836 B1 verwiesen,
die eine wirkungsvolle ABS-Regelung beschreibt.
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Aus
der ebenfalls gattungsgemäßen
DE 199 63 135 A1 ist
ein Verfahren zur Steuerung eines Bremssystems für Kraftfahrzeuge bekannt, welches aus
den gemessenen Radbeschleunigungen und der Fahrzeugbeschleunigung
das Vorliegen der Spitze eines Reibungskoeffizienten schätzt und
bei Vorliegen der Spitze eine Druckabnahmebetriebsart initiiert um
die Funktionsweise des ABS-Systems zu verbessern.
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Aus
der nachveröffentlichten
DE 101 16 755 A1 ist
ein Verfahren zur Steuerung eines Bremssystems bekannt, bei dem
bei einer Vollbrems- oder Notbremssituation vor Erreichen eines
vorgegebenen Grenzwertes für
die Radverzögerung
oder des Radschlupfes der Bremsdruck vermindert wird, um den Bremsweg
zu verkürzen.
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Nachteilig
hierbei ist jedoch, dass beim Abbremsen bei hohen Geschwindigkeiten
hohe rotatorischer Trägheitsmomente
auftreten können.
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Aufgabe
der Erfindung ist es, ein Verfahren der gattungsgemäßen Art
aufzuzeigen, dass mit regelungstechnischen Mitteln die Funktionsweise hochleistungsfähiger Bremssysteme
weiter verbessert.
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Diese
Aufgabe wird erfindungsgemäß mit den
kennzeichnenden Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte
Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind in den
weiteren Patentansprüchen
angeführt.
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Erfindungsgemäß wird vorgeschlagen,
dass der Wert der eingesteuerten Bremskraft und der auftretenden
Radverzögerung
verglichen wird und dass bei Erreichen eines definierten Referenzwertes
die Bremskraft vor Einsetzen der ABS-Regelung vermindert wird.
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Wie
von den Erfindern erkannt wurde, kann bei sehr leistungsfähigen und
kurz ansprechenden Bremssystemen und insbesondere bei hohen Fahrzeuggeschwindigkeiten
ein Überschwingen
der Radverzögerung
vor dem Einsetzen der Bremskraftregelung durch das ABS-System auftreten.
Dieses Überschwingen
kann insbesondere durch die hohen rotatorischen Trägheitsmomente Überbeanspruchungen in
den Radaufhängungselementen,
in Antriebsteilen, etc. bewirken. Dieses Überschwingen bzw. die damit verbundenen
Belastungen vermeidet der erfindungsgemäße Vorschlag.
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Der
besagte Referenzwert kann bevorzugt bereits aus dem zeitlichen Anstieg
bzw. Gradienten der Bremskraft und der anliegenden Radverzögerungswerte
errechnet werden, wodurch kurze Ansprechzeiten des Systems erzielt
und ggf. bereits eine Regelung des errechneten Referenzwertes durch
Druckabsenkung und Wiederanhebung einsetzen können.
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Das Überschwingen
kann aber im Wesentlichen bereits vermieden werden, wenn bei Auftreten des
Referenzwertes der Bremskraftanstieg gestoppt oder verlangsamt wird,
bis die Radverzögerung
den ermittelten maximalen Wert wieder unterschritten hat.
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Der
Referenzwert kann zusätzlich
abhängig von
der Raddrehzahl und/oder der Fahrzeuggeschwindigkeit gebildet werden,
wobei es ggf. ausreichend sein kann, nur bei höheren oder hohen Fahrzeuggeschwindigkeiten
regelungstechnisch diesem Überschwingen
in der Radverzögerung
entgegenzuwirken, während
bei niedrigeren Geschwindigkeiten ein harter Bremseneingriff bevorzugt
wird.
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Durch
die Erfassung weiterer Regelparameter des Bremssystems wie auftretender
Radschlupf, Folgebremshistorie, etc. kann der Referenzwert im Fahrbetrieb
bei einer aktiven Regelung ständig
modifiziert werden, wodurch eine Re dundanz und Selbstkontrolle des
Systems durch Plausibilitätsprüfungen durchführbar ist
und darüber
hinaus z. B. Fahrbahnverhältnisse,
Systemveränderungen,
etc. berücksichtigt
werden können.
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Die
eingesteuerte Bremskraft kann bei hydraulischen oder elektrohydraulischen
Bremssystemen mittels Drucksensoren an den Bremszuspannorganen erfasst
werden. Bei rein elektrischen Bremszuspannorganen kann ferner die
Bremskraft durch die Stromaufnahme gemessen und entsprechend ausgewertet
werden.
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Schließlich können in
baulich vorteilhafter Weise die Raddrehzahlen und deren Ableitungen (Verzögerung und
Beschleunigung) unmittelbar über die
Drehzahlsensoren der ABS-Regelung des Kraftfahrzeuges erfasst werden.
Gleiches gilt ggf. für
die Steuerung der Bremskraft, die ebenfalls über die Steuereinheit der ABS-Regelung
oder einer Fahrdynamikregelung des Kraftfahrzeuges (z. B. ESP) entsprechend
gesteuert werden könnte.
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Ein
Ausführungsbeispiel
des erfindungsgemäßen Verfahrens
ist nachfolgend anhand zweier Grafiken näher beschrieben. Dabei zeigt
die
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1 einen
relevanten Bremskraftverlauf P eines Bremssystems für ein Kraftfahrzeug über der Zeit
t, und die
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2 die
gleichzeitig erfolgende Radverzögerung ω über der
Zeit t.
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Es
wird ausgegangen von einem „brake
by wire" Bremssystem
mit einer an einem Bremspedal des Kraftfahrzeuges angeordnetem elektrischen
Gebereinheit, mit einer elektronischen Steuereinheit, mit einer
elektrohydraulischen Druckerzeugereinheit und mit auf die Räder des
Kraftfahrzeuges wirkenden elektrohydraulischen Zuspannorganen. Es
versteht sich, dass das Bremssys tem – das soweit nicht beschrieben
bekannter Auslegung sein kann – zur
Erzielung der zu fordernden Betriebssicherheit entsprechend redundand
bzw. ausfallsicher ausgelegt ist.
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Wird
bei dem Bremssystem über
die Gebereinheit eine Bremskraft P eingesteuert, so wird dieser Signalwert
in der Steuereinheit verarbeitet und über die Druckerzeugereinheit
und die Bremszuspannorgane eine Bremskraft auf die Räder des
Kraftfahrzeuges zur Erzielung der gewünschten Radverzögerung ω erzeugt.
Die Raddrehzahlen und deren Ableitungen bzw. Radverzögerung und
Wiederbeschleunigung werden mittels an den Rädern des Kraftfahrzeuges angeordneten
Radsensoren gemessen und der elektronischen Steuereinheit übermittelt.
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Übersteigt
die Radverzögerung ω einen definierten
Wert oder tritt ein unzulässiger
Radschlupf auf, so setzt über
die Steuereinheit und die Druckerzeugereinheit eine Druckabsenkung
und Wiederanhebung an den Bremszuspannorganen nach bekannten Regelalgorythmen
ein.
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Die 1 zeigt
in durchgezogener Linie den Bremskraftverlauf bei einer hohen Geschwindigkeit des
Kraftfahrzeuges und einer über
die vorgenannte Gebereinheit eingeleiteten hohen Bremskraft P.
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Bei
dieser daraus resultierenden hohen Radverzögerung (negative Beschleunigung) ω gemäß 2 überlagern
sich hohe rotatorische Massenträgheitsmomente,
die zu einem Überschwingen
mit entsprechender starker Belastung an dem Antriebs- und/oder Radführungssystem
des Kraftfahrzeuges führen
kann (vgl. Kurvenverlauf oberhalb – 1 – bzw. unterhalb – 2 – der gestrichelt
eingezeichneten Linie).
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Durch
die sich auswirkende Überlagerung der
rotatorischen Massenträgheitsmomente
aufgrund des sehr steilen Bremskraftanstiegs setzt die durch Radschlupfwerte
und die Radverzögerung
gesteuerte Blockierregelung der ABS-Regelung (abgesenkter wellenförmiger Druckverlauf
P) erst nach dem beschriebenen Überschwingen
des Bremskraftverlaufes P ein und führt dann zu der entsprechend eingezeichneten
Druckabsenkung und Wiederanhebung über der Zeit t.
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Abweichend
vom Stand der Technik wird nun so verfahren, dass in der elektronischen
Steuereinheit der Wert bzw. der Gradient der eingesteuerten Bremskraft
P und der auftretenden Radverzögerung ω verglichen
wird und dass bei oberhalb eines definierten Referenzwertes die
Bremskraft P vor Einsetzen der ABS-Regelung vermindert wird (vgl.
in den 1 und 2 gestrichelt eingezeichneter
Kurvenverlauf).
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Dementsprechend
wird also bei Auftreten des Referenzwertes der Bremskraftanstieg
bevorzugt gestoppt und auf einem niedrigeren Wert gehalten, bis
die Radverzögerung ω den ermittelten
maximalen Wert wieder unterschritten hat.
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Das
Erreichen des Referenzwertes ist zusätzlich abhängig von der Raddrehzahl und
der Fahrzeuggeschwindigkeit, da die rotatorischen Massenträgheitsmomente
insbesondere bei hohen Fahrzeuggeschwindigkeiten extrem hohe Werte
annehmen können.
Daraus resultierend erfolgt die dargestellte Druckverminderung nur
bei hohen Geschwindigkeiten, während
bei niedrigen Fahrzeuggeschwindigkeiten z. B. unter 50 Km/h keine
Druckverminderung gesteuert wird. Der besagte Referenzwert kann gleitend
an die Geschwindigkeit angepasst sein. Ferner kann durch Erfassung
weiterer Regelparameter des Bremssystems wie auftretender Radschlupf,
Folgebremshistorie, etc. der besagte Referenzwert aktiv verschoben
werden (Anpassung an Fahrbahnverhältnisse, Witterungsbedingungen,
etc.).
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Zur
Ermittlung des besagten Referenzwertes wird die eingesteuerte Bremskraft über nicht
dargestellte Drucksensoren verzögerungsfrei
an den Bremszuspannorganen ermittelt. Ferner werden die Raddrehzahl
und deren Ableitungen unmittelbar über die bereits vorhandenen
Drehzahlsensoren der ABS-Regelung des Kraftfahrzeuges erfasst. Gleiches
gilt für
die bereits vorhandene elektronische Steuereinheit, insbesondere
wenn die Druckvermin-derung durch eine geeignete Drucksteuerung
an den Bremszuspannorganen geregelt werden soll (nicht dargestellt).
Dann sind in der entsprechend modifizierten Steuereinheit auch die
besagten Referenzwerte sowie die erforderlichen Regelalgorythmen
zusätzlich
abgelegt.
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Bei
einer Regelung kann bereits vor Erreichen der maximalen Radverzögerung ω die zur
maximalen Radverzögerung
zugehörige
Bremskraft P prognostiziert werden. Dazu wird aus dem Gradienten
der Bremskraft P und der zu diesem Zeitpunkt t anliegenden Radverzögerung ω die kritische
Bremskraft errechnet.
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Überschreitet
die Radverzögerung ω den vorher
festgelegten Referenzwert, wird die Bremskraft P verringert, bis
die Radverzögerung ω wieder den
Referenzwert unterschreitet. Jetzt wird die Bremskraft P wieder
erhöht,
bis das Abregelkriterium wieder erreicht ist. Dieser Regelvorgang
wiederholt sich analog der ABS-Regelung mit dem Ziel, die Radverzögerung ω an der
maximal möglichen
Verzögerungsgrenze
ohne unzulässige
Bauteilbelastungen zu halten.
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Die
beschriebene Druckverminderung der Bremskraft P oder deren alternative
Regelung erfolgt unbeachtet der bekannten Blockierschutzregelung bzw.
ABS-Regelung, die
in bekannter Weise bei Eintreten definierter Radschlupfsignale in
bekannter Weise einsetzt.
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Die
Bremskraft P kann anstelle der Erfassung über Drucksensoren auch durch
Messung der Stromaufnahme der Bremszuspannorgane ermittelt werden,
insbesondere wenn diese rein elektrisch betätigt sind.