R-α-Liponsäure ist
in einer Vielzahl von Pro- und Eukaryonten ein essentieller Cofaktor
bestimmter Multienzymkomplexe. Dabei ist die R-α-Liponsäure jeweils
kovalent an die e-Aminogruppe eines spezifischen Lysin-Rests des
entsprechenden Enzyms gebunden. Auf diese Weise ist die R-α-Liponsäure ein
Teil der E2-Untereinheit der Pyruvat-Dehydrogenase (PDH) [EC 2.3.1.12]
bzw. der a-Ketoglutarat-Dehydrogenase (KGDH)[EC 2.3.1.61] und spielt
dort als Redoxpartner und Acylgruppenüberträger eine entscheidende Rolle bei
der oxidativen Decarboxylierung von α-Ketosäuren. Außerdem fungiert Liponsäure als
Aminomethyl-Carrier
in Glycin-Cleavage Enzymsystemen.
α-Liponsäure ist ein optisch aktives
Molekül
mit einem Chiralitätszentrum
am Kohlenstoffatom C6. Dabei stellt die R-Konfiguration der α-Liponsäure das
natürlich
vorkommende Enantiomer dar. Nur diese Form zeigt physiologische
Aktivität
als Cofaktor der entsprechenden Enzyme. α-Liponsäure kann
sowohl in einer oxidierten (5-[1,2]-Dithiolan-3-yl-Pentansäure) als
auch in einer reduzierten Form (6,8-Dimercapto-Oktansäure) vorkommen.
Im Folgenden sind unter der Bezeichnung "α-Liponsäure" beide
Formen sowie die jeweiligen Salze der α-Liponsäure, wie
z. B. das Calcium-, Kalium-, Magnesium-, Natrium- oder das Ammoniumsalz
zu verstehen.
Die Biosynthese von R-α-Liponsäure wurde
besonders an dem Bakterium Escherichia coli intensiv untersucht
(s. 1). Hier dient Oktansäure, die
an das Acyl-Carrier-Protein (ACP) kovalent gebunden ist, als spezifische
Vorstufe bei der Liponsäure-Synthese.
In einer komplexen Reaktion werden zwei Schwefelatome auf die derart
aktivierte Oktansäure
(Oktanoyl-ACP) übertragen,
wobei R-a-Lipoyl-ACP entsteht. Diese Reaktion wird von der Sulfurtransferase
Liponsäure-Synthase
[EC 2.8.1.-], dem lipA-Genprodukt, katalysiert. Als Schwefeldonor
dient dabei letztendlich die Aminosäure L-Cystein. Der anschließende Transfer
der R-α-Liponsäure
von R-α-Lipoyl-ACP auf die E2-Untereinheit der α-Ketosäure-Dehydrogenasen
wird von der Lipoyl-Protein-Ligase B [EC 6.-.-.-], dem lipB-Genprodukt,
katalysiert, ohne dass dabei jedoch R-α-Lipoyl-ACP oder R-α-Liponsäure als
freie Zwischenprodukte auftreten (Miller et al., 2000, Biochemistry
39: 15166-15178).
Über
die Biosynthese von R-α-Liponsäure in Eukaryonten ist wenig
bekannt. Es wird aber vermutet, dass die R-α-Liponsäure-Synthese sowie der
Transfer auf die entsprechenden Enzyme in den Mitochondrien eukaryontischer
Zellen auf ähnliche
Weise wie in Bakterien erfolgt.
Neben ihrer Relevanz als essentieller
Bestandteil von Enzymen mit einer zentralen Rolle im Stoffwechsel,
wurde schon früh
die Bedeutung der α-Liponsäure für die Pharmakotherapie sowie
für die
Nahrungsmittelergänzung
(Nutraceutical) erkannt: α-Liponsäure besitzt aufgrund ihrer
beiden Thiolgruppen eine ausgeprägte Wirksamkeit
als Antioxidans und kann deshalb den Organismus vor schädlichen
Prozessen, die durch oxidativen Stress induziert werden, schützen. Außerdem ist α-Dihydroliponsäure, die
reduzierte Form der α-Liponsäure, aufgrund ihrer Eigenschaft
als starkes Reduktionsmittel in der Lage, andere oxidierte natürliche Antioxidationsmittel
im Körper
wie Ascorbinsäure
oder α-Tocopherol direkt oder indirekt zu regenerieren
oder bei deren Mangel diese auch zu ersetzen. Entsprechend kommt
der α-Liponsäure
im Zusammenspiel mit Ascorbinsäure, α-Tocopherol
und Glutathion, dem sogenannten "Netzwerk der Antioxidantien", eine
zentrale Bedeutung zu. α-Liponsäure wird außerdem zur Prävention
und Bekämpfung
von Diabetes mellitus Typ II und dessen Folgeschäden, wie z. B. Polyneuropathie,
Cataract oder Kardiovaskularleiden eingesetzt.
Die unterschiedliche biologische
Aktivität
beider Enantiomere der α-Liponsäure ist derzeit Gegenstand intensiver
Untersuchungen, wobei sich allerdings immer mehr herauskristallisiert,
dass die Applikation des reinen R-Enantiomers der α-Liponsäure deutliche
Vorteile gegenüber
der S-Form aufweist. So wurde im in vitro-Versuch gezeigt, dass
nur die natürliche
R-α-Liponsäure
zur Bildung funktioneller α-Ketosäure-Dehydrogenasen führt. Das
S-Enantiomer hatte dagegen sogar einen inhibierenden Effekt auf
die Stimulierung der Enzymaktivität durch R-α-Liponsäure. Die
Reduktion von α-Liponsäure
und damit die Regeneration der antioxidativ wirksamen α-Dihydroliponsäure in den
Mitochondrien ist für
die Zelle von essentieller Bedeutung. Die mitochondriale NADH-abhängige Lipoamid-Reduktase von Säugern zeigt
mit dem R-Enantiomer eine fast 20-fach höhere Aktivität als mit
der S-Form. Des weiteren hat R-α-Liponsäure verglichen
mit dem S-Enantiomer einen deutlich stärkeren Effekt auf die Insulin-vermittelte
Glucose-Aufnahme und den Glucose-Metabolismus von Skelettmuskelzellen
insulinresistenter Ratten. Im Tierversuch zeigte die R-Form außerdem einen
antiphlogistischen Effekt, während
die S-Form eher eine analgetische Wirkung hatte. Um unerwünschte Nebeneffekte
zu vermeiden, ist es daher äußerst wünschenswert, α-Liponsäure jeweils
nur in der enantiomerenreinen Form zu applizieren.
Derzeit erfolgt die großtechnische
Herstellung von α-Liponsäure ausschließlich mittels
chemischer Verfahren, wobei immer das Razemat aus R- und S-Form
als Endprodukt gebildet wird (Y-adav
et al., 1990, J. Sci. Ind. Res. 49: 400-409). Zur Gewinnung von
enantiomerenreiner R-α-Liponsäure wurden verschiedene Verfahren
entwickelt. Beispielsweise kann das Razemat der α-Liponsäure oder
eines der Syntheseintermediate entweder chemisch mittels chiraler
Hilfssubstanzen (Walton et. al, 1954, J. Amer. Chem. Soc. 76: 4748;
DE 4137773 ) oder enzymatisch
(Adger et al., 1995, J. Chem. Soc., Chem. Commun.: 1563-1564) aufgespalten werden.
In anderen Verfahren unterbleibt die Entstehung eines Razemats aufgrund
eines enantioselektiven Syntheseschritts, wobei das neue Chiralitätszentrum
entweder chemisch (
DE 3629116 ;
DE 19533881 ; Bringmann
et al., 1999, Z. Na turforsch. 54b: 655-661;
DE 10036516 ) oder durch eine stereospezifische
Biotransformation mittels Mikroorganismen eingeführt werden kann (Gopalan und
Jacobs, 1989, Tetrahedron Lett. 30: 5705-5708; Dasaradhi et al.,
1990, J. Chem. Soc., Chem. Commun.: 729-730;
DE 10056025 ). Andere Prozesse wiederum
starten die chemische Synthese von enantiomerenreiner α-Liponsäure mit
einem natürlich
vorkommenden chiralen Edukt wie z. B. S-Maleinsäure oder D-Mannitol (Brookes
und Golding, 1988, J. Chem. Soc. Perkin Trans. I: 9-12; Rama Rao
et al., 1987, Tetrahedron Lett. 28, 2183-2186). Wegen z. T. aufwendiger Syntheseschritte,
geringer Ausbeuten und hoher Materialkosten sind alle bekannten
Methoden zur Herstellung von enantiomerenreiner R-α-Liponsäure derzeit
nicht wirtschaftlich.
Die großtechnische Herstellung vieler
niedermolekularer Naturstoffe, wie z.B. Antibiotika, Vitamine oder
Aminosäuren
erfolgt heute oftmals mittels eines fermentativen Verfahrens unter
Verwendung verschiedener Stämme
von Mikroorganismen.
Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung
war es, Zellen zur Verfügung
zu stellen, die enantiomerenreine R-α-Liponsäure in ein
Kulturmedium sekretieren.
Diese Aufgabe wird gelöst durch
Zellen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie ein Liponsäure-Synthase-Gen
(lipA-Gen) überexprimieren.
Unter einer Überexpression ist im Sinne
der vorliegenden Erfindung vorzugsweise zu verstehen, dass das Liponsäure-Synthase-Gen im Vergleich
zur jeweiligen Wildtyp-Zelle, aus der das Liponsäure-Synthase-Gen gewonnen wurde,
mindestens um den Faktor 2, bevorzugt mindestens um den Faktor 5
vermehrt exprimiert wird.
Vorzugsweise handelt es sich bei
dem Liponsäure-Synthase-Gen
um ein Gen mit der Sequenz SEQ ID NO: 1 oder um eine funktionelle
Variante dieses Gens.
Unter einer funktionellen Variante
ist im Sinne der vorliegenden Erfindung eine DNA-Sequenz zu verstehen,
die sich durch Deletion, Insertion oder Substitution von Nukleotiden
aus der in SEQ ID NO: 1 dargestellten Sequenz ableitet, wobei die
enzymatische Aktivität
der durch das Gen codierten Liponsäure-Synthase erhalten bleibt.
Um eine Überexpression des lipA-Gens
in der Zelle zu erreichen, kann die Kopienzahl des lipA-Gens in
einer Zelle erhöht
sein und/oder es kann die Expression des lipA-Gens, vorzugsweise
durch geeignete Promotoren, gesteigert sein.
Durch die Überexpression eines lipA-Gens
ist die Liponsäure-Synthase-Aktivität der Zelle
jeweils um mindestens den gleichen Faktor gesteigert.
Vorzugsweise überexprimiert eine erfindungsgemäße Zelle
ein Liponsäure-Synthase-Gen,
das für
ein Protein umfassend die Sequenz ID NO: 2 oder funktionelle Varianten
mit einer Sequenzhomologie zu SEQ ID NO: 2 größer 40 %, codiert.
Vorzugsweise ist die Sequenzhomologie
zu SEQ ID NO: 2 größer 60 %,
besonders bevorzugt ist die Sequenzhomologie zu SEQ ID NO: 2 größer 80 %.
In der vorliegenden Erfindung beziehen
sich alle erwähnten
Homologiewerte auf Ergebnisse, die mit dem Algorithmus BESTFIT (GCG
Wisconsin Package, Genetics Computer Group (GLG) Madison, Wisconsin) erhalten
werden.
Die Erhöhung der Kopienzahl eines lipA-Gens
in einer Zelle kann mit dem Fachmann bekannten Methoden erreicht
werden. So kann zum Beispiel ein lipA-Gen in einen Plasmid-Vektor
mit mehrfacher Kopienzahl pro Zelle (z.B. pUC19, pBR322, pACYC184
für Escherichia
coli) kloniert und in die Zelle eingebracht werden. Alternativ kann
ein lipA-Gen mehrfach ins Chromosom einer Zelle integriert werden.
Als Integrationsverfahren können
die bekannten Systeme mit temperenten Bakteriophagen, in tegrative
Plasmide oder die Integration über
homologe Rekombination genutzt werden (z.B. Hamilton et al., 1989,
J. Bacteriol. 171: 4617-4622).
Bevorzugt ist die Erhöhung der
Kopienzahl durch Klonierung eines lipA-Gens in einen Plasmid-Vektor unter
Kontrolle eines Promotors. Besonders bevorzugt ist die Erhöhung der
Kopienzahl in Escherichia coli durch Klonierung eines lipA-Gens
in ein pUC-Derivat wie z. B. pASK-IBA3 (IBA, Institut für Bioanalytik,
Göttingen).
Die Erfindung betrifft somit auch ein Plasmid dadurch gekennzeichnet,
dass es ein lipA-Gen unter funktioneller Kontrolle eines Promotors
enthält.
Als Kontrollregion für die Expression
eines plasmid-codierten lipA-Gens kann die natürliche Promotor- und Operatorregion
des lipA-Gens dienen, die verstärkte
Expression eines lipA-Gens kann jedoch insbesondere auch mittels
anderer Promotoren erfolgen. Entsprechende Promotorsysteme, die
entweder eine andauernde oder eine kontrollierte, induzierbare Expression
des Liponsäure-Synthase-Gens
ermöglichen
wie beispielsweise in Escherichia coli der konstitutive GAPDH-Promotor
des gapA-Gens oder die induzierbaren lac-, tac-, trc-, lambda-,
ara oder tet-Promotoren, sind dem Fachmann bekannt (Makrides S.
C., 1996, Microbiol. Rev. 60: 512-538). Solche Konstrukte können in
an sich bekannter Weise auf Plasmiden oder chromosomal verwendet
werden.
In einer besonders bevorzugten Ausführungsform
für die
Klonierung eines lipA-Gens wird ein Plasmid verwendet, das bereits
einen Promotor zur verstärkten
Expression enthält,
wie beispielsweise das induzierbare tet-Promotor/Repressorsystem
von Escherichia coli.
Des weiteren kann eine verstärkte Expression
dadurch erreicht werden, daß Translationsstartsignale, wie
z. B. die Ribosomenbindestelle oder das Startcodon des Gens, in
optimierter Sequenz auf dem jeweiligen Konstrukt vorhanden sind,
oder dass gemäß der "codon
usage" seltene Codons gegen häufiger
vorkommende Codons ausgetauscht werden.
Bevorzugt enthalten erfindungsgemäße Zellen
ein Plasmid mit einem lipA-Gen sowie den genannten Modifikationen
der Regulationssignale.
Die Klonierung eines lipA-Gens in
einen Plasmid-Vektor erfolgt beispielsweise durch spezifische Amplifikation
eines lipA-Gens mittels der Polymerase-Ketten-Reaktion unter Einsatz
von spezifischen Primern, die das komplette lipA-Gen erfassen, und
anschließende
Ligation mit Vektor-DNS-Fragmenten.
Erfindungsgemäße Zellen, die eine gegenüber einer
Ausgangszelle erhöhte
Expression eines lipA-Gens und verbunden damit eine gesteigerte
Liponsäure-Synthase
Aktivität
aufweisen, können
mit Standardtechniken der Molekularbiologie aus einer Ausgangszelle
erzeugt werden.
In einer Vielzahl von Zellen konnten
Liponsäure-Synthase-Gene
identifiziert werden. Erfindungsgemäße Zellen lassen sich somit
vorzugsweise aus Zellen von pro- oder eukaryontischen Organismen
herstellen, die in der Lage sind, R-α-Liponsäure selbst
zu synthetisieren (Ausgangszelle), die rekombinanten Verfahren zugänglich sind
und die durch Fermentation kultivierbar sind. Auch pflanzliche oder
tierische Zellen, die in Zellkultur züchtbar sind, sind somit zur
Herstellung erfindungsgemäßer Zellen
geeignet.
Bevorzugt handelt es sich bei den
erfindungsgemäßen Zellen
um Mikroorganismen, wie zum Beispiel Hefe- oder Bakterienstämme. Besonders
bevorzugt handelt es sieh um Bakterienstämme aus der Familie der Enterobacteriaceae,
ganz besonders bevorzugt um Stämme
der Art Escherichia coli.
Durch eine gängige Transformationsmethode
(z.B. Elektroporation) werden die lipA-haltigen Plasmide in eine
Ausgangszelle eingebracht und beispielsweise mittels Antibiotika-Resistenz
auf plasmid-tragende Klone selektiert.
Die Erfindung betrifft somit auch
Verfahren zur Herstellung einer erfindungsgemäßen Zelle, dadurch gekennzeichnet,
dass in eine Ausgangszelle ein erfindungsgemäßes Plasmid eingebracht wird.
Eine weitere Aufgabe der Erfindung
war es, ein Fermentationsverfahren zur Verfügung zu stellen, welches die
Herstellung enantiomerenreiner R-α-Liponsäure ermöglicht.
Diese Aufgabe wird gelöst durch
ein Verfahren, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass eine erfindungsgemäße Zelle
in einem Kulturmedium kultiviert wird, wobei die Zelle enantiomerenreine
R-α-Liponsäure in
freier Form in das Kulturmedium ausscheidet und die enantiomerenreine
R-α-Liponsäure
von dem Kulturmedium abgetrennt wird.
Die Gewinnung von R-α-Liponsäure aus
dem Kulturmedium kann nach dem Fachmann bekannten Verfahren, wie
Zentrifugation des Mediums zur Abtrennung der Zellen und durch anschließende Extraktion oder
Präzipitation
des Produkts erfolgen.
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
handelt es sich um das erste Verfahren, bei dem die gesamte Synthese
von R-α-Liponsäure ausschließlich in
einem Fermentationsprozess mit lebenden Zellen erfolgt. Der Vorteil
des erfindungsgemäßen Verfahrens
gegenüber
den herkömmlichen
chemischen Prozessen liegt in der enantiomerenspezifischen Biosynthese
von R-α-Liponsäure, weshalb
eine aufwendige Razemattrennung während oder am Ende der Synthesekette
entfällt.
Des weiteren ist bei dem erfindungsgemäßen Herstellungsverfahren für R-α-Liponsäure die
Umweltbelastung im Vergleich zur chemischen Synthesewesentlich geringer.
Aus physiologischen und biochemischen
Daten geht hervor, dass Liponsäure
in Wildtyp-Zellen nahezu ausschließlich in gebunde ner Form vorkommt,
da bereits die Synthese der R-α-Liponsäure vollständig proteingebunden erfolgt
(vgl. 1) (Herbert und
Guest, 1975, Arch. Microbiol. 106: 259-266; Miller et al., 2000, Biochemistry
39: 15166-15178). Überraschenderweise
wurde jedoch im Rahmen der vorliegenden Erfindung gefunden, dass
die Überexpression
eines Liponsäure-Synthase-Gens
zur Anhäufung
freier, enantiomerenreiner R-α-Liponsäure im Kulturmedium des Wirtsorganismus
führt.
Dies wiederum erlaubt eine einfache Isolierung des Produkts aus
dem Kulturmedium nach Abtrennung der Biomasse, ohne dass die Zellen
zuvor aufgebrochen werden müssen,
bzw. ohne dass die R-α-Liponsäure durch einen aufwendigen
und verlustreichen Hydrolyseschritt vom daran gebundenen Trägerprotein
(ACP oder die E2-Untereinheit der α-Ketosäure-Dehydrogenasen) abgespalten
werden muss.
Die Kultivierung der erfindungsgemäßen Zellen
zur Produktion von R-α-Liponsäure erfolgt vorzugsweise in
einem aus der Literatur bekannten Minimalsalzmedium (Herbert und
Guest, 1970, Meth. Enzymol. 18A, 269-272).
Als Kohlenstoffquelle können prinzipiell
alle verwertbaren Zucker, Zuckeralkohole oder organische Säuren verwendet
werden. Des weiteren können
kurzkettige Fettsäuren
mit einer Kettenlänge
von C2-C8, bevorzugt mit einer Kettenlänge von C6-C8 (Hexan- bzw.
Oktansäure)
als spezifische Vorstufen für
die α-Liponsäure-Synthese
dem Medium zugesetzt werden. Dabei beträgt die Konzentration der zugesetzten
Kohlenstoffquelle vorzugsweise 1-30 g/l.
Die Inkubation der erfindungsgemäßen Zellen
erfolgt vorzugsweise unter aeroben Kultivierungsbedingungen über einen
Zeitraum von 16 – 150
h und im Bereich der für
die jeweiligen Zellen optimalen Wachtumstemperatur.
Als optimaler Temperaturbereich werden
15 – 55 °C bevorzugt.
Besonders bevorzugt ist eine Temperatur zwischen 30 und 37 °C.
Der Nachweis und die Quantifizierung
der im erfindungsgemäßen Verfahren
produzierten R-α-Liponsäure
erfolgt beispielsweise mittels eines Bioassays unter Verwendung
eines liponsäureauxotrophen
Indikatorstammes (lipA-Mutante). Diese Art der turbidimetrischen
Quantifizierung von R-α-Liponsäure ist aus der Literatur bekannt
(Herbert und Guest, 1970, Meth. Enzymol. 18A, 269-272). Der im Rahmen
der vorliegenden Erfindung verwendete Indikatorstamm W1485lip2 (ATCC
25645), würde
allerdings auch ohne supplementierte R-α-Liponsäure wachsen,
wenn das Medium neben Glucose auch noch Acetat und Succinat enthält. Um ein falschpositives
Wachstum des Indikatorstammes im Bioassay bei der Bestimmung der
produzierten R-α-Liponsäure
zu vermeiden – beispielsweise
verursacht durch einen Eintrag von Glucose und den vom Produktionsstamm
zusätzlich
zur R-α-Liponsäure
ausgeschiedenen Säuren
Acetat und Succinat – erfolgt
bereits die Anzucht des R-α-Liponsäure-Produzenten bevorzugt mit
Succinat als einziger Kohlenstoffquelle. Dieser Stamm wird mit dem
Kulturüberstand
einer erfindungsgemäßen Zellanzucht
supplementiert; anhand des Wachstums des Indikatorstammes kann dann
der Liponsäure-Gehalt
im Kulturmedium bestimmt werden.
Die folgenden Beispiele dienen der
weiteren Erläuterung
der Erfindung. Der Bakterienstamm Escherichia coli W3110/pASK-IBA3-lipA, der für die Ausführung der
Beispiele verwendet wurde, wurde bei der DSMZ (Deutsche Sammlung
für Mikroorganismen
und Zellkulturen GmbH, D-38142 Braunschweig) unter der Nummer DSM
15104 gemäß Budapester
Vertrag, hinterlegt.
Beispiel 1: Konstruktion
des Vektors pASK-IBA3-lipA
A. Amplifizierung des lipA-Gens
Das lipA-Gen aus E. coli wurde mittels
der Polymerasekettenreaktion (PCR) unter Verwendung der Pwo-DNA-Polymerase
nach gängiger,
dem Fachmann bekannter Praxis amplifiziert. Als Matrize diente die chromosomale
DNA des E. coli-Wildtypstammes W3110 (ATCC 27325). Als Primer wurden
die phosphorothioat geschützten
Oligonukleotide lipAS1, und lipAS2 mit folgenden Sequenzen verwendet:
Das bei der PCR erhaltene DNA-Fragment
mit einer Länge
von ca. 1 kb wurde anschließend
mittels eines DNA-Adsorptionssäulchens
des QIAprep Spin Miniprep Kits (Qiagen, Hilden) nach Herstellerangaben gereinigt.
B. Klonierung des lipA-Gens
in den Vektor pASK-IBA3
In das PCR-Fragment wurden über die
Primer-Sequenzen Schnittstellen für die Restriktionsendonuklease
BsaI (Erkennungssequenz in den Oligonukleotiden unterstrichen) eingeführt. Das
gereinigte PCR-Fragment wurde mit der Restriktionsendonuclease BsaI
unter den vom Hersteller angegebenen Bedingungen geschnitten, anschließend über ein
Agarosegel aufgetrennt und dann mittels des GENECLEAN Kits (BIO
101 Inc., La Jolla, Kalifornien, USA) nach Herstellerangaben aus
dem Agarosegel isoliert.
Der Klonierungs- und Expressionsvektor
pASK-IBA3 (IBA, Institut für
Bioanalytik, Göttingen)
enthält verschiedene
genetische Elemente, die eine kontrollierte Expression eines beliebigen
Gens erlauben. Es handelt sich dabei um einen high-copy Vektor mit
einem von der pUC-Plasmidfamilie abgeleiteten Replikationsursprung.
Die Expression des klonierten Gens wird durch den Tet-Repressor
unterdrückt
und kann durch (Rnhydro)Tetracyclin induziert werden. Des weiteren
enthält
der Vektor noch die sogenannte Strep-tag II-Sequenz, welche bei
der Klonierung direkt an das letzte Codon des klonierten Gens anfusioniert
wird. Die auf diese Weise entstandene Genfusion codiert nun für ein Protein,
das C-terminal um die Aminosäuresequenz des Strep-tag
II (SAWSHPQFEK: SEQ ID NO: 5) verlängert ist. Mit Hilfe dieses
Anhängsels
ist eine einfache Affinitätsreinigung
des Proteins möglich,
da das StrepTagII-Peptid eine Bindung an Streptavidin-Säulen vermittelt.
Zur Klonierung des lipA-Gens wurde
der Vektor pASK-IBA3 mit dem Restriktionsenzym Eco31I (Isoschizomer
von BsaI) unter den vom Hersteller angegebenen Bedingungen geschnitten,
anschließend
durch Behandlung mit Alkalischer Phosphatase an den 5'-Enden dephosphoryliert
und dann wie das PCR-Fragment mittels der GENECLEAN-Methode gereinigt.
Die Ligation des PCR-Fragments mit
dem geschnittenen und dephosphorylierten Vektor erfolgte nach Herstellerangaben
unter Verwendung der T4-DNA-Ligase. Die Transformation von E. coli-Zellen
des Stammes DH5a mit dem Ligationsansatz wurde mittels Elektroporation
in einer dem Fachmann bekannten Art und Weise durchgeführt. Der
Transformationsansatz wurde auf LB-Ampicillin-Agarplatten (10 g/l
Trypton, 5 g/l Hefeextrakt, 10 g/l NaCl, 15 g/l Agar, 100 mg/l Ampicillin)
ausgebracht und über
Nacht bei 37 °C
inkubiert.
Die gewünschten Transformanden wurden
nach einer Plasmidisolierung mittels eines QIAprep Spin Miniprep
Kit (Qiagen, Hilden) durch eine Restriktionsanalyse identifiziert.
Im dem auf diese Weise erhaltenen
Plasmid pASK-IBA3-lipA ( 2)
ist wie oben beschrieben an das letzte Codon des lipA-Gens die Strep-tag
II-Sequenz anfusioniert. Diese C-terminale Verlängerung ist allerdings für die Erfindung
nicht relevant, da sie auf die Aktivität des LipA-Proteins und damit
auf die R-α-Liponsäure-Produktionsleistung
des erfindungsgemäßen Wirtsorganismus
keinen signifikanten Einfluss hat.
Beispiel 2: Herstellung
eines Produzenten von R-α-Liponsäure
Das in Beispiel 1 beschriebene Plasmid
pASK-IBA3-lipR wurde mittels Elektroporation in den E. coli-Stamm
W3110 transformiert und nach Selektion auf LB-Agarplatten mit 100
mg/l Ampicillin wurde das Plasmid aus einer der Transformanden reisoliert,
mit Restriktionsendonucleasen gespalten und überprüft. Mit dem Kontrollplasmid
pASK-IBA3 wurde in analoger Weise verfahren.
Beispiel 3: Fermentative
Produktion von R-α-Liponsäure
Für
die fermentative Produktion von R-α-Liponsäure wurde
der Stamm W3110/pASK-IBA3-lipA verwendet. Als Vergleich diente der
Stamm W3110 mit dem Plasmid pASK-IBA3, der unter exakt denselben
Bedingungen kultiviert wurde.
Als Vorkultur für die Produktionsanzucht wurden
zunächst
5 ml LB-Flüssigmedium,
das 100 mg/l Ampicillin enthielt, mit dem jeweiligen Stamm beimpft
und für
16 h bei 37 °C
und 160 rpm auf einem Schüttler
inkubiert. Anschließend
wurden die Zellen durch Zentrifugation geerntet und zweimal mit
dem entsprechenden Volumen steriler Saline (0,9 % NaCl) gewaschen.
Mit den auf diese Weise vorbereiteten Zellen wurden schließlich 15
ml BS-Medium (7 g/l K
2HPO
4;
3 g/l K
2HPO
4; 1
g/l (NH
4)
2SO
4; 0, 1 g/l MgSO
4 × 7 H
2O; 0,5 g/l Na
3Citrat × 3 H
2O; 0,2% säurehydrolysiertes Casein (vitaminfrei);
13,5 g/l Na
2Succinat × 6 H
2O;
pH 6,8 mit HCl eingestellt), das außerdem 100 mg/l Ampicillin
enthielt, im Verhältnis
1:100 angeimpft. Die Inkubation der Produktionskulturen erfolgte
bei 37 °C
und 160 rpm auf einem Schüttler
für 48
h. Die Expression des Liponsäure-Synthase-Gens wurde durch
Zugabe von 0,2 mg/l Anhydrotetracyclin nach ca. 4 h Inkubation induziert.
Nach 24 h und 48 h wurden Proben entnommen und die Zellen durch
Zentrifugation vom Kulturmedium abgetrennt. Die darin enthaltene
R-α-Liponsäure
wurde mittels des bekannten turbidimetrischen Bioassays (Herbert
und Guest, 1970, Meth. Enzymol. 18A, 269-272) quantifiziert. Tabelle
1 zeigt die erzielten Gehalte freier R-α-Liponsäure im jeweiligen
Kulturüberstand: Tabelle
1
SEQUENCE
LISTING