Die Biosynthese von R-α-Liponsäure wurde
besonders an dem Bakterium Escherichia coli intensiv untersucht
(s. 1). Hier dient Oktansäure, die
an das Acyl-Carrier-Protein (ACP) kovalent gebunden ist, als spezifische
Vorstufe bei der Liponsäure-Synthese.
In einer komplexen Reaktion werden zwei Schwefelatome auf die derart
aktivierte Oktansäure
(Oktanoyl-ACP) übertragen,
wobei R-α-Lipoyl-ACP
entsteht. Diese Reaktion wird von der Liponsäure-Synthase [EC 2.8.1.-],
dem lipA-Genprodukt, katalysiert. Als Schwefeldonor dient dabei
letztendlich die Aminosäure
L-Cystein. Der anschließende
Transfer der R-α-Liponsäure von
R-α-Lipoyl-ACP
auf die E2-Untereinheit der α-Ketosäure-Dehydrogenasen
wird von der Lipoyl-Protein-Ligase B [EC 6.-.-.-], dem lipB-Genprodukt,
katalysiert, ohne dass dabei jedoch R-α-Lipoyl-ACP oder R-α-Liponsäure als freie
Zwischenprodukte auftreten (Miller et al., 2000, Biochemistry 39:15166-15178).
E. coli kann aber auch freie R-α-Liponsäure aus
dem umgebenden Medium aufnehmen und für die Bildung funktioneller α-Ketosäure-Dehydrogenasen
verwenden. Dazu wird R-α-Liponsäure zunächst mittels ATP
zu R-α-Lipoyl-AMP
aktiviert und anschließend
auf die entsprechenden Enzym-Untereinheiten übertragen (s. 2). Beide Aktivitäten werden von der Lipoyl-Protein=
Ligase A [EC 6.-.-.-], dem lplA-Genprodukt, katalysiert (Morris
et al., 1994, J. Biol. Chem. 269: 16091-16100). Diese LplA-Aktivität ist für Wildtypstämme von E.
coli allerdings nicht essentiell, wenn die endogene Liponsäure-Synthese
und der Transfer der Lipoyl-Gruppe über den LipA/LipB-Weg erfolgt.
So wurden beispielweise lplA-Mutanten beschrieben, die keine nachweisbare Lipoyl-Protein-Ligase
A-Aktivität
mehr besitzen, deren Phänotyp
aber unter normalen Wachstumsbedingungen nicht von einer Wildtyp-Zelle
zu unterscheiden ist (Morris et al., 1994, J. Biol. Chem. 269: 16091-16100; Morris
et al., 1995, J. Bacteriol. 177: 1-10).
Über
die Biosynthese von R-α-Liponsäure in Eukaryonten
ist wenig bekannt. Es wird aber vermutet, dass die R-α-Liponsäure-Synthese sowie der
Transfer auf die entsprechenden Enzyme in den Mitochondrien eukaryontischer
Zellen auf ähnliche
Weise wie in Bakterien erfolgt.
Neben ihrer Relevanz als essentieller
Bestandteil von Enzymen mit einer zentralen Rolle im Stoffwechsel,
wurde schon früh
die Bedeutung der α-Liponsäure für die Pharmakotherapie
sowie für
die Nahrungsmittelergänzung
(Nutraceutical) erkannt: α-Liponsäure besitzt
aufgrund ihrer beiden Thiolgruppen eine ausgeprägte Wirksamkeit als Antioxidans
und kann deshalb den Organismus vor schädlichen Prozessen, die durch
oxidativen Stress induziert werden, schützen. Außerdem ist α-Dihydroliponsäure, die
reduzierte Form der α-Liponsäure, aufgrund
ihrer Eigenschaft als starkes Reduktionsmittel in der Lage, andere
oxidierte natürliche
Antioxidationsmittel im Körper
wie Ascorbinsäure
oder α-Tocopherol
direkt oder indirekt zu regenerieren oder bei deren Mangel diese
auch zu ersetzen. Entsprechend kommt der α-Liponsäure im Zusammenspiel mit Ascorbinsäure, α-Tocopherol
und Glutathion, dem sogenannten "Netzwerk
der Antioxidantien",
eine zentrale Bedeutung zu. α-Liponsäure wird
außerdem
zur Prävention
und Bekämpfung
von Diabetes mellitus Typ II und dessen Folgeschäden, wie z. 8. Polyneuropathie,
Cataract oder Kardiovaskularleiden eingesetzt.
Die unterschiedliche biologische
Aktivität
beider Enantiomere der α-Liponsäure ist
derzeit Gegenstand intensiver Untersuchungen, wobei sich allerdings
immer mehr herauskristallisiert, dass die Applikation des reinen
R-Enantiomers der α-Liponsäure deutliche
Vorteile gegenüber
der S-Form aufweist. So wurde im in vitro-Versuch gezeigt, dass
nur die natürliche
R-α-Liponsäure zur
Bildung funktioneller α-Ketosäure-Dehydrogenasen
führt.
Das S-Enantiomer hatte dagegen sogar einen inhibierenden Effekt
auf die Stimulierung der Enzymaktivität durch R-α-Liponsäure. Die Reduktion von α-Liponsäure und
damit die Regeneration der antioxidativ wirksamen α-Dihydroliponsäure in den
Mitochondrien ist für
die Zelle von essentieller Bedeutung. Die mitochondriale NADH-abhängige Lipoamid-Reduktase von Säugern zeigt
mit dem R-Enantiomer eine fast 20-fach höhere Aktivität als mit
der S-Form. Des weiteren hat Rα-Liponsäure verglichen
mit dem S-Enantiomer einen deutlich stärkeren Effekt auf die Insulin-vermittelte
Glucose-Aufnahme und den Glucose-Metabolismus von Skelettmuskelzellen
insulinresistenter Ratten. Im Tierversuch zeigte die R-Form außerdem einen
antiphlogistischen Effekt, während
die S-Form eher eine analgetische Wirkung hatte. Um unerwünschte Nebeneffekte zu vermeiden,
ist es daher äußerst wünschenswert, α-Liponsäure jeweils
nur in der enantiomerenreinen Form zu applizieren.
Derzeit erfolgt die großtechnische
Herstellung von α-Liponsäure ausschließlich mittels
chemischer Verfahren, wobei immer das Razemat aus R- und S-Form
als Endprodukt gebildet wird (Yadav et al., 1990, J. Sci. Ind. Res.
49: 400-409). Zur Gewinnung von enantiomerenreiner R-α-Liponsäure wurden
verschiedene Verfahren entwickelt. Beispielsweise kann das Razemat
der α-Liponsäure oder
eines der Syntheseintermediate entweder chemisch mittels chiraler
Hilfssubstanzen (Walton et. al, 1954, J. Amer. Chem. Soc. 76: 4748;
DE 4137773 ) oder enzymatisch
(Adger et al., 1995, J. Chem. Soc., Chem. Commun.: 1563-1564) aufgespalten werden.
In anderen Verfahren unterbleibt die Entstehung eines Razemats aufgrund
eines enantioselektiven Syntheseschritts, wobei das neue Chiralitätszentrum
entweder chemisch (
DE 3629116 ;
DE 19533881 ; Bringmann
et al., 1999, Z. Naturforsch. 54b: 655-661;
DE 10036516 ) oder durch eine stereospezifische
Biotransformation mittels Mikroorganismen eingeführt werden kann (Gopalan und
Jacobs, 1989, Tetrahedron Lett. 30: 5705-5708; Dasaradhi et al.,
1990, J. Chem. Soc., Chem. Commun.: 729-730;
DE 10056025 ). Andere Prozesse wiederum
starten die chemische Synthese von enantiomerenreiner α-Liponsäure mit
einem natürlich
vorkommenden chiralen Edukt wie z. B. S-Maleinsäure oder D-Mannitol (Brookes
und Golding, 1988, J. Chem. Soc. Perkin Trans. I: 9-12; Rama Rao
et al., 1987, Tetrahedron Lett. 28, 2183-2186). Wegen z. T. aufwendiger Syntheseschritte,
geringer Ausbeuten und hoher Materialkosten sind alle bekannten
Methoden zur Herstellung von enantiomerenreiner R-α-Liponsäure derzeit
nicht wirtschaftlich.
Die großtechnische Herstellung vieler
niedermolekularer Naturstoffe, wie z.B. Antibiotika, Vitamine oder
Aminosäuren
erfolgt heute oftmals mittels eines fermentativen Verfahrens unter
Verwendung verschiedener Stämme
von Mikroorganismen.
Die Anmeldungen am Deutschen Patent-
und Markenamt mit den Aktenzeichen 10235270.4 und 10245993.2 beschreiben
ein Verfah ren, bei dem die Produktion von enantiomerenreiner R-α-Liponsäure ausschließlich in
einem Fermentationsprozeß erfolgt.
Dabei werden Zellen eingesetzt, die ein Liponsäure-Synthase-Gen bzw. ein Lipoyl-Protein-Ligase
B-Gen einzeln oder auch in Kombination überexprimieren. Die Produktion
von enantiomerenreiner R-α-Liponsäure erfolgt
allerdings in noch sehr beschränktem
Ausmaß,
so dass diese fermentativen Verfahren derzeit noch nicht mit der
chemischen Synthese konkurrieren können.
Nur in seltenen Fällen führt jedoch eine einzige genetische
Manipulation im Zuge des sogenannten "metabolic engineering" eines Wildtypstammes
zur Überproduktion
der gewünschten
Verbindung in ausreichendem Umfang. Vielmehr ist dazu eine Kombination
von gezielten genetischen Manipulationen notwendig, oftmals noch
ergänzt
durch klassische Mutagenese/Screening-Ansätze.
Entsprechend ist es die Aufgabe der
vorliegenden Erfindung, ein leistungsfähigeres Verfahren zur fermentativen
Herstellung von enantiomerenreiner R-α-Liponsäure bereitzustellen.
Diese Aufgabe wird gelöst durch
ein Verfahren, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass eine Zelle, die
eine abgeschwächte
Lipoyl-Protein-Ligase A-Aktivität
aufweist, in einem Kulturmedium kultiviert wird, wobei die Zelle
enantiomerenreine R-α-Liponsäure in freier
Form in das Kulturmedium ausscheidet und die enantiomerenreine R-α-Liponsäure vom
Kulturmedium abgetrennt wird.
Unter einer abgeschwächten Lipoyl-Protein-Ligase
A-Aktivität
ist im Sinne der vorliegenden Erfindung vorzugsweise zu verstehen,
dass die intrazelluläre
Aktivität
des LplA-Proteins in der Zelle im Vergleich zu einer Wildtyp-Zelle
um 25 bis 100 %, besonders bevorzugt um 75 bis 100 % verringert
ist. Ganz besonders bevorzugt ist die intrazelluläre Aktivität des LplA-Proteins völlig ausgeschaltet.
Aus physiologischen und biochemischen
Daten geht hervor, dass Liponsäure
in Wildtyp-Zellen nahezu ausschließlich in gebundener Form vorkommt,
da bereits die Synthese der R-α-Liponsäure vollständig proteingebunden
erfolgt (vgl. 1) (Herbert
und Guest, 1975, Arch. Microbiol. 106: 259-266; Miller et al., 2000, Biochemistry
39:15166-15178). Die Lipoyl-Protein-Ligase A ist nicht an der de
novo-Synthese von R-α-Liponsäure beteiligt,
vielmehr besteht die Aktivität
dieses Enzyms in der Kopplung von freier R-a-Liponsäure an die E2-Untereinheiten
von α-Ketosäure-Dehydrogenasen. Überraschenderweise
wurde nun gefunden, dass eine Verringerung oder die vollständige Ausschaltung
der Lipoyl-Protein-Ligase A-Aktivität in einem Wildtyp-Stamm zur
Anhäufung
freier, enantiomerenreiner R-α-Liponsäure im Kulturmedium
dieser Zellen führt,
obwohl sowohl in einem E. coli Wildtyp-Stamm als auch in einer lplA-Mutante
alle Lipoyl-Bindestellen der E2-Untereinheiten mit R-α-Liponsäure abgesättigt sind
(Packuran et al., 1991, Biochem. J. 277: 153-158; Morris et al.,
1995, J. Bacteriol. 177: 1-10) und somit das Substrat des LplA-Proteins
(eine unbeladene E2-Untereinheit)
fehlt. Darüber
hinaus ist die Expression des lplA-Gens in einem E. coli Wildtyp-Stamm
ohnehin nur äußerst schwach.
Entsprechend kommen nur wenige Moleküle (< 10) der Lipoyl-Protein-Ligase A in
einer Zelle vor (Green et al., 1995, Biochem. J. 309: 853-862).
Es ist daher umso erstaunlicher, dass nun eine Verringerung oder
vollständige
Ausschaltung der Lipoyl-Protein-Ligase A-Aktivität die Exkretion von R-α-Liponsäure zur
Folge hat.
Die Ausscheidung freier R-α-Liponsäure aus
den Zellen erlaubt eine einfache Isolierung des Produkts aus dem
Kulturmedium nach Abtrennung der Biomasse, ohne dass die Zellen
zuvor aufgebrochen werden müssen,
bzw. ohne dass die R-α-Liponsäure durch
einen aufwendigen und verlustreichen Hydrolyseschritt vom daran
gebundenen Trägerprotein
(ACP oder die E2-Untereinheit der α-Ketosäure-Dehydrogenasen) abgespalten
werden muss.
Unter der vom lplA-Gen codierten
Lipoyl-Protein-Ligase A-Aktivität ist diejenige
Lipoyl-Protein-Ligase-Aktivität
einer Zelle zu verstehen, welche eine deutliche Substratpräferenz für freie
R-α-Liponsäure im Vergleich
zu R-α-Lipoyl-ACP
aufweist. Das LplA-Protein hat mit freier R-α-Liponsäure etwa eine 100-fach höhere Aktivität, als mit
R-α-Lipoyl-ACP.
Damit unterscheidet sich die Lipoyl-Protein-Ligase A-Aktivität einer
Zelle eindeutig von der Lipoyl-Protein-Ligase B-Aktivität, welche
R-α-Lipoyl-ACP
gegenüber
freier R-α-Liponsäure als Substrat
bevorzugt (s. 1 und 2).
Vorzugsweise handelt es sich bei
dem Lipoyl-Protein-Ligase A-Gen
um ein Gen mit der Sequenz SEQ ID NO: 1 oder um eine funktionelle
Variante dieses Gens.
Unter einer funktionellen Variante
ist im Sinne der vorliegenden Erfindung eine DNA-Sequenz zu verstehen,
die sich durch Deletion, Insertion oder Substitution von Nukleotiden
aus der in SEQ ID NO: 1 dargestellten Sequenz ableitet, wobei die
enzymatische Aktivität
und Spezifität
der durch das Gen codierten Lipoyl-Protein-Ligase A erhalten bleibt.
Das Lipoyl-Protein-Ligase A-Gen codiert
für ein
Protein umfassend die Sequenz ID NO: 2 oder funktionelle Varianten
mit einer Sequenzhomologie zu SEQ ID NO: 2 größer 35 %.
Vorzugsweise ist die Sequenzhomologie
zu SEQ ID NO: 2 größer 60 %,
besonders bevorzugt ist die Sequenzhomologie zu SEQ ID NO: 2 größer 80 %.
In der vorliegenden Erfindung beziehen
sich alle erwähnten
Homologiewerte auf Ergebnisse, die mit dem Algorithmus GAP (GCG
Wisconsin Package, Genetics Computer Group (GLG) Madison, Wisconsin)
erhalten werden.
Dem Fachmann sind zur Abschwächung einer
Enzymaktivität
in einer Zelle eine Reihe von Möglichkeiten
bekannt. Eine Abschwächung
kann beispielsweise durch Verminderung der Expression des entsprechenden
Gens erzielt werden oder durch Austausch des chromosomalen Wildtyp-Gens
gegen ein mutiertes Allel, das für
ein Enzym mit einer verminderten Aktivität codiert. Im Extremfall kann
die Enzymaktivität
auch völlig
ausgeschaltet werden.
Die Expression eines Gens kann zum
Beispiel durch folgende Maßnahmen
verringert oder verhindert werden:
- – Abschwächung des
Promotors durch geeignete Basensubstitutionen
- – Inaktivierung/Veränderung
eines für
die Expression nötigen
Transkriptionsaktivators
- – Abschwächung von
Translationsstartsignalen (z. B. Ribosomenbindestelle, Startcodon)
durch geeignete Basensubstitutionen
- – Entfernung
von mRNA-stabilisierenden Regionen des Gens
- – Überexpression
von für
spezifische Antisense-RNA codierenden DNA-Bereichen
- – Deletion
des gesamten Gens oder zumindest eines wichtigen Teils davon
- – Zerstörung des
Gens durch Insertion von beispielsweise einer Antibiotikumsresistenzkassette
Mutierte Allele eines Gens, die für ein Enzym
mit einer verminderten Aktivität
codieren, können
beispielsweise durch folgende Maßnahmen erzeugt werden:
- – Einführung von
Leserasterverschiebungen in das entsprechende Gen aufgrund von Nukleotid-Deletionen oder
-Insertionen
- – Einführung spezifischer
Basensubstitutionen im Gen, welche den Austausch von konservierten
oder von für
die Aktivität
essentiellen Aminosäuren
zur Folge haben
Mutierte Allele des IplA-Gens können mit
Standardmethoden der Molekularbiologie erzeugt werden. Eine bevorzugte
Möglichkeit
dafür besteht
in der Einführung
spezifischer Basensubstitutionen in das Gen. Dies kann beispielsweise
dadurch erfolgen, dass während
der Amplifikation des lplA-Gens mittels der Polymerase-Kettenreaktion
(PCR) durch Verwendung von speziellen mutagenen Primern die Basensequenz
des Gens oder seines Promotors an einer oder mehreren Positionen
spezifisch verändert
werden (ortspezifische Mutagenese).
Besonders bevorzugt ist die Einführung einer
Deletion in das lplA-Gen. Dies kann dadurch erreicht werden, dass
das Gen nach der Amplifikation mittels PCR unter Einsatz von spezifischen
Primern, die das komplette lplA-Gen erfassen, zunächst in
einen Plasmid-Vektor (z.B. pUC18, pBR322, pACYC184) kloniert wird.
Durch Restriktion des so erhaltenen Plasmids mit geeigneten Restriktionsendonukleasen,
die nur im Bereich des lplA-Gens
schneiden, können
interne Regionen des Gens entfernt werden. Auf diese Weise kann nach
Religation des restringierten Plasmids eine interne Deletion in
das lplA-Gen eingeführt
werden. Alternativ zur Religation des im lplA-Gen restringierten
Plasmids kann auch eine Antibiotikumsresistenzkassette in das lplA-Gen
kloniert werden.
Methoden zum Austausch einer beliebigen
chromosomalen DNA-Sequenz
gegen eine zwar homologe, aber durch Baseninsertioneri, -deletionen
oder -substitutionen veränderte
Sequenz sind dem Fachmann bekannt. So kann in Escherichia coli beispielsweise
das von Link et al. (1997, J. Bacteriol. 179: 6228-6237) beschriebene
System verwendet werden, um mittels integrativer Plasmide über den
Mechanismus der homologen Rekombination die chromosomale Wildtyp-Sequenz
des lplA-Gens gegen ein mutiertes lplA-Allel auszutauschen.
In einer bevorzugten Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung werden Zellen eingesetzt, die enantiomerenreine
R-α-Liponsäure in ein
Kulturmedium sekretieren und eine abgeschwächte Lipoyl-Protein-Ligase
A-Aktivität
aufweisen, wobei sie anstelle eines Wildtyp lplA-Gens ein lplA-Allel
besitzen, das eine Basensubstitution im Bereich der Basenpaare 367-465
aufweist, welche dazu führt,
dass das LplA-Protein eine um mindestens 50 % verminderte Aktivität hat oder
eine Deletion im lplA-Gen aufweisen.
Die vorliegende Erfindung betrifft
somit auch eine Zelle mit vorgenannten Eigenschaften.
Vorzugsweise ist die Aktivität des LplA-Proteins
um 50 bis 100, besonders bevorzugt um 75% bis 100 vermindert.
In einer besonders bevorzugten Ausführungsform
der erfindungsgemäßen Zellen
führt eine
Basensubstitution in dem genannten Genbereich dazu, dass keine Aktivität des LplA-Proteins
mehr nachweisbar ist.
In einer ganz besonders bevorzugten
Ausführungsform
der erfindungsgemäßen Zellen
befindet sich auf dem Chromosom des Wirtsorganismus nur noch ein
durch eine interne Deletion erzeugtes Fragment des lplA-Gens, welches
nicht mehr für
eine funktionelle Lipoyl-Protein-Ligase A-Aktivität codieren
kann.
Zellen mit abgeschwächter Lipoyl-Protein-Ligase
A-Aktivität
lassen sich dadurch herstellen, dass in eine Ausgangszelle anstelle
des lplA-Wildtyp-Gens ein lplA-Allel codierend für ein Lp1A-Protein mit einer
um mindestens 50 % im Vergleich zum Wildtyp-Protein verminderten
Aktivität
eingebracht wird.
In einer Vielzahl von pro- und eukaryontischen
Zellen bzw. Organismen konnten Gene, die für eine Lipoyl-Protein-Ligase
A codieren sowie Gene, die für
die de novo-Synthese von R-α-Liponsäure benötigt werden (z.B.
lipA, lipB), identifiziert werden. Erfindungsgemäße Zellen lassen sich somit
vorzugsweise aus Zellen von pro- oder eukaryontischen Organismen
herstellen, die in der Lage sind, R-α-Liponsäure selbst zu synthetisieren
(Ausgangszelle), die rekombinanten Verfahren zugänglich sind und die durch Fermentation
kultivierbar sind. Auch pflanzliche oder tierische Zellen, die in
Zellkultur züchtbar
sind, sind somit zur Herstellung erfindungsgemäßer Zellen geeignet.
Zur Herstellung erfindungsgemäßer Zellen
können
Ausgangszellen verwendet werden, die bisher noch keinerlei Manipulation
unterzogen wurden.
Des weiteren ist es jedoch möglich, die
erfindungsgemäßen Zellen
auch mit Maßnahmen
zu kombinieren, die bereits zu einer verbesserten Produktion von
R-α-Liponsäure führen. So
sind beispielsweise solche Zellen besonders geeignet, die durch
eine im Vergleich zum Wildtyp verstärkte Expression des lipA-Gens bereits eine
im Vergleich zum Wildtyp erhöhte
Liponsäure-Synthase-Aktiviät aufweisen
und/oder durch eine im Vergleich zum Wildtyp verstärkte Expression
des lipB-Gens bereits über
eine im Vergleich zum Wildtyp erhöhte Lipoyl-Protein-Ligase B-Aktiviät verfügen. Die
Herstellung von Zellen mit einer im Vergleich zum Wildtyp verstärkten Liponsäure-Synthase-Aktivität und/oder
einer im Vergleich zum Wildtyp verstärkten Lipoyl-Protein-Ligase
B-Aktiviät
sind in den Patentanmeldungen
DE
10235270 und
DE 10245993 beschrieben.
Die Erfindung betrifft somit insbesondere
auch Zellen, die zusätzlich
zur um mindestens 50 % verminderten oder fehlenden Aktivität des LplA-Proteins
durch eine verstärkte
Expression des lipA-Gens, eine erhöhte Liponsäure-Synthase-Aktivität oder durch
eine verstärkte
Expression des lipB-Gens bereits über eine erhöhte Lipoyl-Protein-Ligase
B-Aktivität
verfügen.
Bevorzugt handelt es sich bei den
Zellen um Mikroorganismen, wie zum Beispiel Hefe- oder Bakterienstämme. Besonders
bevorzugt handelt es sich um Bakterienstämme aus der Familie der Enterobacteriaceae,
ganz besonders bevorzugt um Stämme
der Art Escherichia coli.
Die Gewinnung von R-α-Liponsäure aus
dem Kulturmedium kann nach dem Fachmann bekannten Verfahren, wie
beispielsweise Zentrifugation des zellhaltigen Kulturmediums zur
Abtrennung der Zellen und durch anschließende Extraktion und/oder Präzipitation
des Produkts erfolgen.
Die Kultivierung der erfindungsgemäßen Zellen
zur Produktion von R-α-Liponsäure erfolgt
vorzugsweise in einem aus der Literatur bekannten Minimalsalzmedium
(Herbert und Guest, 1970, Meth. Enzymol. 18A, 269-272).
Als Kohlenstoffquelle können prinzipiell
alle verwertbaren Zucker, Zuckeralkohole oder organische Säuren bzw.
deren Salze verwendet werden. Dabei werden bevorzugt Asparaginsäure, Äpfelsäure, Bernsteinsäure, Brenztraubensäure, Fumarsäure, Glutaminsäure, Glucose,
Glycerin oder Oxalessigsäure
eingesetzt. Besonders bevorzugt sind Bernsteinsäure und Oxalessigsäure. Auch
ist eine kombinierte Fütterung
mehrerer verschiedener Kohlenstoffquellen möglich. Des weiteren können kurzkettige
Fettsäuren
mit einer Kettenlänge von
C2-C8, bevorzugt mit einer Kettenlänge von C6-C8 (Hexan- bzw.
Oktavsäure)
als spezifische Vorstufen für
die a-Liponsäure-Synthese
dem Medium zugesetzt werden. Dabei beträgt die Konzentration der zugesetzten
Kohlenstoffquelle vorzugsweise 0,1-30 g/l.
Die Inkubation der erfindungsgemäßen Zellen
erfolgt vorzugsweise unter aeroben Kultivierungsbedingungen über einen
Zeitraum von 16 – 150
h und im Bereich der für
die jeweiligen Zellen optimalen Wachtumstemperatur.
Als optimaler Temperaturbereich werden
15 – 55 °C bevorzugt.
Besonders bevorzugt ist eine Temperatur zwischen 30 und 37 °C.
Der Nachweis und die Quantifizierung
der im erfindungsgemäßen Verfahren
produzierten R-α-Liponsäure erfolgt
beispielsweise mittels eines Bioassays unter Verwendung eines liponsäureauxotrophen
Indikatorstammes (lipA-Mutante). Diese Art der turbidimetrischen
Quantifizierung von R-α-Liponsäure ist
aus der Literatur bekannt (Herbert und Guest, 1970, Meth. Enzymol.
18A, 269-272). Der im Rahmen der vorliegenden Erfindung verwendete
Indikatorstamm W1485lip2 (ATCC 25645), würde allerdings auch ohne supplementierte R-α-Liponsäure wachsen,
wenn das Medium neben Glucose auch noch Acetat und Succinat enthält. Um ein falschpositives
Wachstum des Indikatorstammes im Bioassay bei der Bestimmung der
produzierten R-α-Liponsäure zu vermeiden – beispielsweise
verursacht durch einen Eintrag von Glucose und den vom Produktionsstamm
zusätzlich
zur R-α-Liponsäure ausgeschiedenen
Säuren
Acetat und Succinat – erfolgt
bereits die Anzucht des R-α-Liponsäure-Produzenten
bevorzugt mit Succinat als einziger Kohlenstoffquelle. Dieser Stamm wird
mit dem Kulturüberstand
einer erfindungsgemäßen Zellanzucht
supplementiert; anhand des Wachstums des Indikatorstammes kann dann
der Liponsäure-Gehalt
im Kulturmedium bestimmt werden.