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Die Erfindung betrifft einen splitterbildenden Gefechtskopf
zur Bekämpfung
technischer Ziele mit einer Hauptladung, die gegenläufig zur
Einleitung der detonativen Initiierung mittels zumindest einer weiteren,
mit einer Belegung ausgestatteten Ladung mit niedrigerer Leistung
und mit eigener Zündkette
in ihrer Wirkung verminderbar oder zerstörbar ist.
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Das Einsatzfeld moderner Gefechtsköpfe verändert sich
zunehmend. Es werden immer öfter Ziele
in urbaner Umgebung ausgewählt,
um die gegnerische Infrastruktur zu schwächen. Diese Ziele zeichnen
sich durch extreme Nähe
zu zivilen und anderen Einrichtungen aus, die nicht oder möglichst
nur wenig beschädigt
werden sollen. Da die bevorzugte Wirkrichtung eines Gefechtskopfes
bauartbedingt vorgegeben ist, bietet sich als weitere Möglichkeit
zur Reduzierung von Schäden
in der Zielumgebung nur die Beeinflussung der Leistung des Gefechtskopfes an.
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Aus der älteren Anmeldung
DE 100 08 914 A1 der gleichen
Anmelderin ist das Prinzip bekannt geworden, der Hauptladung eine
weitere Ladung beizufügen,
die im wesentlichen axial zur Hauptladung ausgerichtet ist und deren
Wirkrichtung gegenläufig zur
detonativen Initiierung der Hauptladung ausgerichtet ist. Diese
zusätzliche
Ladung weist eine eigene Zündkette
auf und ist mit einer Belegung versehen, die projektil- oder splitterbildend
ausgelegt ist. Die Leistung der weiteren Ladung ist so ausgelegt, dass
sie eine mechanische Zerstörung
oder eine Deflagration, aber keine Detonation der Hauptladung auslösen kann.
Mittels geeigneter Wahl des Zündzeitpunktes
der weiteren Ladung in Relation zum Zündzeitpunkt der Hauptladung
kann die Leistung der Hauptladung nahezu beliebig eingestellt werden. Somit
ist das Arbeitsprinzip der weiteren Ladung beschrieben. Es ist jedoch
nichts darüber
ausgesagt, wie die weitere Ladung bezüglich der Hauptladung anzuordnen
ist und ob es möglich
ist, die weitere Ladung für
eine zusätzliche
Funktion zu nutzen.
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Es ist deshalb Aufgabe dieser Erfindung,
einen splittererzeugenden Gefechtskopf mit einer weiteren Ladung
auszustatten, deren Anordnung es gestattet, die weitere Ladung für zusätzliche
Funktionen zu nutzen.
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Die Aufgabe wird in einfacher Weise
durch die in Anspruch 1 wiedergegebenen Merkmale gelöst. Vorteilhafte
Ausführungsformen
sind in den nachgeordneten Ansprüchen
beschrieben.
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Die weitere Ladung, die der Hauptladung
des splitterbildenden Gefechtskopfes zugeordnet ist, weist als besonders
vorteilhafte Eigenschaft auf, dass mittels eines Antriebs aus ihrer
ersten Position (Ruheposition), in der sie ebenso wie das oben genannte
Beispiel aus dem Stand der Technik axial auf die Hauptladung ausgerichtet
ist, in wenigstens eine weitere Position bewegt und oder geschwenkt
werden kann. Da die weitere Ladung in ihrer ersten Position mittels
der Belegung an der Hauptladung anliegt, wirkt sie im Fall der alleinigen
Initiierung der Hauptladung leistungssteigernd. Sobald die weitere Ladung
um eine bestimmte Wegstrecke in die zweite Position – von der
Hauptladung weg axial bewegt wurde, kann sie zur mechanischen Zerlegung
der Hauptladung oder zur Auslösung
ihrer Deflagration genutzt werden. Man bezeichnet deshalb die weitere Ladung
auch als Zerlegeladung.
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Wird die weitere Ladung alternativ
zur vorgenannten Situation in einer bestimmten Entfernung zur Hauptladung
drehbar gelagert, so kann sie in ihrer ersten Position zur Leistungssteigerung
der Hauptladung verwendet werden. Nach Verlagerung in die zweite
Position kann sie als Zerlegeladung eingesetzt werden, da sie axial
auf die Hauptladung ausgerichtet ist. Falls eine Leistungsminderung
der Hauptladung nicht notwendig ist, wird die weitere Ladung mittels
eines geeigneten Antriebs in Richtung auf das Ziel geschwenkt und
trägt in
dieser Position mit ihrer Sprengkraft zur Leistungssteigerung des
Gefechtskopfes bei.
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Die Kombination der linearen Verschiebung und
der Verschwenkung der weiteren Ladung ist vorteilhaft nutzbar. Damit
besteht einerseits die Zerlegefunktion zum Zweck der Leistungsminderung
und andererseits die Wahlmöglichkeit
im Rahmen der Leistungssteigerung, ob die Leistung der Hauptladung
direkt erhöht
werden soll oder ob die weitere Ladung unmittelbar auf das Ziel
gerichtet wird. Besonders vorteilhaft ist das Verschwenken der weiteren
Ladung um etwa 180°,
da auf diese Weise das Ziel unmittelbar im Anflug getroffen werden
kann. Falls die weitere Ladung auf das Ziel verschwenkt wird, besteht
zudem die Option, die Hauptladung zu einem geeigneten Zeitpunkt
zu zünden
oder auch nicht zu zünden.
Damit kann ein Bodenziel bekämpft
werden und weitere Ziele in radialer Umgebung können entweder mit Splittern
belegt werden oder verschont bleiben.
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Entsprechend der vorteilhaften Ausgestaltung
weist die weitere Ladung eine Belegung auf, die projektilbildend
oder stachelbildend gestaltet sein kann.
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Um die weitere Ladung zu verschieben
oder zu verschwenken können
verschiedene Antriebe eingesetzt werden. Hierbei zeichnen sich pyrotechnische
Mittel als besonders reaktionsschnell aus. Elektrische Antriebe
und solche, die mit vorgespannten Federn arbeiten, haben sich bewährt.
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Vorteilhafterweise wird die Größe der weiteren
Ladung im Bereich um 20% der Größe der Hauptladung
bemessen, um fallweise die Leistungsminderung und die Leistungssteigerung
zu optimieren.
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Ergänzend ist es vorteilhaft, wenn
die Hülle des
Gefechtskopfes, die im Bereich der Hauptladung zur Bildung ballistisch
wirksamer Splitter vorbereitet ist, in demjenigen Bereich, in dem
die weitere Ladung sich bei ihrer Initiierung befindet, möglichst
dünn gestaltet
ist und möglichst
aus einem Material – wie
beispielsweise Kunststoff – besteht,
das nur ballistisch unwirksame Splitter bildet.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung
sind in der Zeichnung schematisch vereinfacht dargestellt und werden
nachfolgend näher
beschrieben. Es zeigen:
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1:
einen Längsschnitt
durch einen Gefechtskopf mit einer Hauptladung und einer verschiebbaren
Zerlegeladung in einer ersten Position,
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2:
einen Schnitt wie in 1 mit
einer Zerlegeladung in einer zweiten Position,
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3:
einen Längsschnitt
durch einen Gefechtskopf mit einer verschwenkbaren Zerlegeladung in
einer zweiten Position, die derjenigen in 2 entspricht,
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4:
einen Schnitt wie in 3 mit
einer Zerlegeladung nach der Verschwenkung in einer dritten Position.
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Die Integration einer weiteren Ladung 1 bzw. einer
Zerlegeladung zusätzlich
zur konventionellen Hauptladung 3 innerhalb der Hülle 4 eines
Flugkörpers
mit einem Gefechtskopf ist beispielhaft in der 1 dargestellt. Die Hauptladung 3 ist
hierbei in bekannter Weise mit einer eigenen Zündeinrichtung 6 versehen
und befindet sich innerhalb eines Teils 4a der Hülle 4,
der in besonderer Weise für
die Erzeugung von Splittern S vorbereitet ist.
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Eine weitere Ladung 1 schließt in ihrer
in 1 gezeigten ersten
Position A über
ihre Belegung 2 unmittelbar an die der Zündeinrichtung 6 gegenüber liegende
Stirnseite der Hauptladung 3 an. Die Belegung 2 ist
vorteilhafterweise als Metallbelegung ausgeführt, die bei Initiierung der
weiteren Ladung 1 projektilbildend oder stachelbildend
wirkt. Als Projektile kommen hierbei Splitter, Mehrfach-EFP (Explosively
Formed Projektiles) oder Mehrfach-Stachel aus hemisphärischen
Ladungen oder Mehrfach-Hohlladungen in Frage.
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Die Detonation der weiteren Ladung 1 wird durch
eine eigene Zündkette 7 an
der der Belegung 2 gegenüber liegenden Seite der Ladung
ausgelöst. Die
weitere Ladung 1 ist über
einen hier nicht näher dargestellten
Antrieb beweglich ausgestaltet. Dieser Antrieb kann je nach den
vorliegenden Anforderungen unterschiedlich ausgeführt sein.
Dies hängt
im wesentlichen davon ab, mit welcher Geschwindigkeit und damit
in welcher Zeit die weitere Ladung 1 in die gewünschte Position
gebracht werden soll. Sehr schnelle Bewegungen lassen sich pyrotechnisch – z. B.
mit Kraftelementen oder Treibladungen – bewerkstelligen. Steht die
hohe Geschwindigkeit nicht so sehr im Vordergrund, lassen sich auch
elektrische Antriebe – z.
B. Schrittmotoren – oder
Antriebssysteme mit vorgespannten Federn einsetzen.
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In der ersten Position A der weiteren
Ladung 1 ist der gesamte Wirkteilbereich, bestehend aus
der Hauptladung 3 und der weiteren Ladung 1, von
einem splitterbildenden Teil der Hülle 4 umgeben. Die vorzugsweise
aus einem Metall hergestellte Hülle 4 kann
dabei kontinuierlich verlaufend oder vorgeprägt sein, oder aus vorgeformten
Splittern bestehen. Dementsprechend werden bei der Detonation natürliche,
kontrolliert erzeugte oder vorgeformte Splitter gebildet.
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Wird die weitere Ladung 1 – wie in 2 dargestellt – mittels
des Antriebs über
den Weg d in die zweite Position B bewegt, verlässt die weitere Ladung 1 gänzlich den
Bereich des splitterbildenden Teils 4a der Hülle 4.
Der die weitere Position B der weiteren Ladung 1 umgebende
Teil 5 der Hülle 4 ist so
dünn wie
möglich
ausgestaltet und ist zudem aus Materialien oder Schichtwerkstoffen
wie beispielsweise Kunststoffen hergestellt, die nur ballistisch
unwirksame Splitter erzeugen können.
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Bei der Initiierung der Zündkette 7 der
weiteren Ladung 1 in der weiteren Position B gibt diese
einen Partikel- oder Projektil-Schauer P ab, der in der Lage ist,
die gesamte Hauptladung 3 mechanisch zu zerlegen, ohne
dass diese dabei zu einer Detonation oder zu einer anderen höherwertigen
Reaktion angeregt wird. Man spricht deshalb bei der weiteren Ladung 1 auch
von einer Zerlegeladung. Hierbei ist es günstig, wenn die Hauptladung 3 mit
einem leistungsstarken, aber sehr unempfindlichen Sprengstoff ausgestattet
ist. Um die Unempfindlichkeit zu steigern, kann die Hauptladung 3 auch
noch mit einer dünnen Metallplatte
geringer Dichte (beispielsweise einer 5 mm dicken Aluminiumplatte)
stirnseitig zur weiteren Ladung hin belegt sein. Versuche haben
bestätigt, dass
Hauptladungen mit den für
Splitterladungen typischen Abmessungen vollständig mechanisch zerlegt werden
können,
ohne zur Reaktion gebracht zu werden.
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Aufgrund der beschriebenen Ausgestaltung von
Hauptladung und Zerlegeladung ergeben sich folgende Anwendungssituationen.
Wird die gesamte Splitterleistung gefordert, so bleibt die weitere
Ladung 1 in ihrer ersten Position A. Optionalerweise gibt
es dann drei Möglichkeiten
der Initiierung. Es können
jeweils nur die Zündketten 6, 7 der
Hauptladung 3 und der weiteren Ladung 1 gezündet werden. Dadurch
wird der Abgangswinkel der erzeugten Splitter S beeinflusst. Die
Splitter werden hauptsächlich radial,
aber zusätzlich
noch axial und zwar vorzugsweise in die gleiche Richtung wie die
Detonationsfront beschleunigt. Die Belegung 2 der weiteren
Ladung 1 ist für
die Detonationsfront kein Hindernis, sie läuft über Stoßwellen darüber hinweg und initiiert den benachbarten
teil. Außerdem
konzentriert sich die Belegung vorteilhafterweise auf den Mittenbereich, wie
dies in 1 angedeutet
ist. Dadurch wird nicht nur die Durchdetonation über den Sprengladungsring um
die Belegung 2 herum erleichtert, sondern zugleich auch
die peripheren Hüllensplitter
ausreichend beschleunigt, so dass auch dieser geringe Splitteranteil
mit zur Gesamtleistung beiträgt.
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Durch die gleichzeitige oder mit
geringer Verzögerungszeit
erfolgende Initiierung beider Zündketten 6, 7 ergibt
sich eine gedachte Ebene (nicht dargestellt) innerhalb der Hauptladung,
in der beide Detonationsfronten aufeinander treffen. Im Bereich
dieser Ebene kommt es durch dieses Aufeinandertreffen zu einer starken
Drucküberhöhung. Deshalb
werden dort die entsprechenden Splitter besonders stark radial beschleunigt,
so dass ihre Leistung erhöht
wird. Somit lässt
sich auch im Fall der vollen Leistungsabgabe die Splitterleistung
beeinflussen und damit auf das Ziel abstimmen.
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Die 2 verdeutlicht
die Situation im Fall der reduzierten Leistung, also einer Dosierung
der Ladungsleistung je nach angetroffener Zielsituation und Art
des Ziels. Die weitere Ladung befindet sich jetzt in ihrer zweiten
Position B in einem Abstand d von der ersten Position A. Durch das
Herausbewegen aus dem splittererzeugenden Bereich der Hülle 4 reduziert
sich die Leistung bereits um diesen Splitteranteil, also wie oben
erwähnt
um etwa 20%. Eine weitere Reduktion erreicht man durch die Initiierung der
Zündkette 7 der
weiteren Ladung 1. Der damit entstehende Partikel- oder
Projektilschauer P zerlegt nun einen Teil 3a der Hauptladung.
Nach einer definierten Zeit wird die Zündkette 6 der Hauptladung
zur Initiierung gebracht. Es detoniert nun nur noch der nicht zerlegte
Teil 3b der Hauptladung und nur dieser trägt zur Gesamtleistung
bei. Über
die Zeitdifferenzen zwischen der Initiierung der Zündketten
der weiteren Ladung 1 und der Hauptladung 3 lässt sich
somit erreichen, dass die Leistung im Bereich zwischen 0% und 100%
kontinuierlich eingestellt werden kann.
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Alternativ zum oben beschriebenen
Beispiel ist in den 3 und 4 eine andere Lösung für die Integration
einer weiteren Ladung bzw. Zerlegeladung 1 dargestellt.
An die Stelle oder zusätzlich
zu der Verschiebbarkeit der weiteren Ladung wie in den 1 und 2 tritt nun die Verschwenkbarkeit mit
Hilfe eines geeigneten Antriebs. Auf die Realisierung des Antriebs
wird im Rahmen dieser Erfindung nicht näher eingegangen. Die Drehung
der weiteren Ladung 1 in nahezu beliebige Richtungen kann beispielsweise über ein
Kardangelenk bewerkstelligt werden. Die weitere Ladung 1 weist
ebenso eine eigene Zündkette
auf, die in den 3 und 4 jedoch nicht dargestellt ist.
Der Schwenkbereich ist so groß,
dass die weitere Ladung um 180°,
also in Flugrichtung, geschwenkt werden kann. Damit ist auch die
unmittelbare Bekämpfung
von Zielen von oben (top attack) möglich.
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Wird bei dieser Konfiguration die
Umsetzung der gesamten Leistung gewünscht, dann wird die weitere
Ladung 1 entsprechend 4 auf
das Ziel ausgerichtet. Damit wird die Leistung der weiteren Ladung 1 auf
das Ziel fokussiert. Die Initiierung beider Zündketten erfolgt gleichzeitig
oder mit zeitlichem Unterschied, je nachdem, welchen Option die
größeren Vorteile
bietet. Beispielsweise kann durch die frühere Zündung der weiteren Ladung die
Zielstruktur aufgerissen werden, um dann bei nachfolgender Zündung der
Hauptladung und Beaufschlagung des vorbelasteten Ziels erhöhte Wirkung
hervorzurufen.
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Beim Einsatz als dosierbare Ladung
ist die Funktionsabfolge analog zu der oben beschriebenen verschiebbaren
Ladung. In der Ausrichtung der weiteren Ladung 1 auf die
Hauptladung erfolgt zunächst die
Initiierung der weiteren Ladung und nach einer definierten Wartezeit,
nach der ein Teil 3a der Hauptladung von den Partikeln
oder Projektilen zerlegt ist, wird die Zündkette der Hauptladung aktiviert,
die den verbleibenden Rest 3b der Hauptladung zur Detonation
bringt.
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Denkbar ist auch eine Kombination
von Verschiebung und Verschwenkung der weiteren Ladung, womit zu
den vorbeschriebenen Funktionen der weiteren Ladung 1 noch
die unmittelbare Anlage der weiteren Ladung 1 über die
Belegung 2 an der Hauptladung 3 realisiert werden
kann. Damit kann die Hauptladung – ähnlich wie bei 1 beschrieben – unterstützt werden und die Splitterabgabe
kann variiert werden.