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Die Erfindung betrifft eine Kassette für zumindest eine Arbeitswalze in einem Walzgerüst zum Walzen von Walzgut. Darüber hinaus betrifft die Erfindung ein Walzgerüst mit mindestens einer solchen Kassette sowie ein Verfahren zum Anstellen der Anstellzylinder in einer solchen Kassette.
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Hintergrund der vorliegenden Erfindung ist der physikalische Sachverhalt, dass bei konventionellen Walzgerüsten mit vier oder sechs Walzen ohne horizontale Abstützung der Arbeitswalzen der zulässige Arbeitswalzendurchmesser nach unten hin beschränkt ist. Diese Beschränkung ist deshalb gegeben, weil nur Arbeitswalzen mit hinreichend großem Walzendurchmesser auch bei Belastung mit hoher Anstellkraft nicht dazu neigen, sich seitlich bzw. horizontal zu verbiegen.
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Für das Kaltwalzen von hochfestem dünnem Metallband bedarf es jedoch Arbeitswalzen mit einem großen Schlankheitsgrad, um große Anstellkräfte auf das hochfeste dünne Metallband übertragen zu können, ohne dass dabei eine elastische Walzenabplattung auftritt. Um jedoch auch dünne bzw. schlanke Arbeitswalzen in Walzgerüsten mit vier bzw. sechs Walzen verwenden zu können und um damit diese Gerüste auch geeignet auszubilden zum Walzen von dem besagten hochfesten dünnem Metallband ist es im Stand der Technik bekannt, die Arbeitswalzen mit hohem Schlankheitsgrad in den besagten Gerüsten horizontal abzustützen; siehe dazu beispielsweise die nicht vorveröffentlichte deutsche Patentanmeldung
DE 102020203076.6 .
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Diese Patentanmeldung offenbart nicht nur die Verwendung von hydrostatischen Stützschalen für die Arbeitswalze, sondern auch eine Zusammenfassung der kleinen Arbeitswalze und einer ersten Zwischenwalze in Form einer Kassette zum Einschub zwischen die Walzenständer eines Walzgerüstes anstatt der klassischen Einbaustücke mit den ansonsten verwendeten normalen Arbeitswalzen.
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Die aus der besagten deutschen Patentanmeldung bekannte Stützschale ist relativ dünn und schlank; sie ist deshalb auch dann, wenn sie mit einem bedienseitigen und einem antriebsseitigen Anstellzylinder in horizontaler Richtung gegen die Arbeitswalzen gedrückt wird, oftmals nicht geeignet, einer horizontalen Durchbiegung der Arbeitswalze bzw. einer selbstverstärkenden Ausbiegung der Arbeitswalze als Reaktion auf eine große Walzkraft erfolgreich entgegenzuwirken oder gar eine solche Ausbiegung zu verhindern.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine bekannte Kassette für zumindest eine Arbeitswalze in einem Walzgerüst, ein bekanntes Walzgerüst mit der Kassette sowie ein bekanntes Verfahren zum Anstellen der Anstellzylinder in der Kassette dahingehend weiterzubilden, dass eine horizontale Ausbiegung der schlanken Arbeitswalze auch bei hoher Walzkraft wirksam verhindert wird.
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Diese Aufgabe wird bezüglich der Kassette durch den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gelöst. Demnach ist die Biegesteifigkeit der Stützbrücke größer als die Biegesteifigkeit des Anstellmechanismus in Verbindung mit der den Anstellmechanismus aufnehmenden Linksseite des Kassettengrundkörpers
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Anders ausgedrückt: Die Erfindung schlägt vor, die Stützschale bzw. die sie tragende Stützbrücke in sich bereits so steif auszubilden, dass sie auch großen, auf sie von der Arbeitswalze ausgeübten Horizontalkräften nicht nachgibt bzw. sich selber nicht oder nur sehr wenig verbiegt, auch wenn die Stützschale bzw. die Stützbrücke mit zwei Anstellmechanismen, die in größerem Abstand zueinanderstehen, an einer Längsseite der Kassette abgestützt ist. Aufgrund der großen beanspruchten Biegesteifigkeit der Stützbrücke als Träger für die Stützschale wird ein Durchbiegen der Stützschale auch unter Einwirkung großer horizontaler Kräfte durch die Arbeitswalze verhindert, auch wenn die beiden Anstellmechanismen, die die Stützbrücke mit der Stützschale tragen, außermittig weit voneinander beabstandet sind.
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Das entscheidende Merkmal um den gesamten Stützmechanismus in eine Kassette einbauen zu können, ist die Verlagerung der Steifigkeit auf die Stützbrücke. Die Nachgiebigkeit der Anstellung wird bewusst in Kauf genommen und durch eine geeignete Regelstrategie, siehe weiter unten, genügend kompensiert.
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Gemäß einem ersten Ausführungsbeispiel weist der Anstellmechanismus mindestens einen Anstellzylinder auf zum Anstellen der Stützbrücke mit der Stützschale gegen die Arbeitswalze.
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Gemäß einem zweiten Ausführungsbeispiel ist mindestens ein Kniehebel vorgesehen zum Anlenken der Stützbrücke mit der Stützschale an eine der Längsseiten des Kassettengrundkörpers. Dies erfolgt über einen ersten Hebelarm des Kniehebels, der mit seinem kniegelenkfernen Ende gelenkig an die Längsseite des Kassettengrundkörpers angelenkt ist. Der zweite Hebelarm des Kniehebels wird durch die Stützbrücke selber gebildet. Beide Hebelarme sind über ein Kniegelenk gelenkig miteinander verbunden. Der Anstellzylinder ist zur Realisierung der Wirkverbindung mit dem Kniehebel entweder an einem der beiden Hebelarme oder an dem Kniegelenk des Kniehebels angelenkt und stützt sich mit seinem anderen Ende an der Längsseite des Kassettengrundkörpers ab.
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Dazu ist der Anstellzylinder vorzugsweise vertikal, oder zumindest mit einer vertikalen Komponente in der Längsseite des Kassettengrundkörpers angelenkt. Bei dieser Konstellation wird der Anstellmechanismus gebildet durch das Kniegelenk, den ersten Hebelarm und den Anstellzylinder. Der zweite Hebelarm des Kniegelenkes in Form der Stützbrücke gehört insofern nicht mehr zum Anstellmechanismus, weil dieser ja gerade dazu dient, die Stützbrücke an die Längsseite des Kassettengrundkörpers anzulenken und gegen die Oberfläche der Arbeitswalze anzustellen. Die Ausbildung des Anstellmechanismus 140' in Form des Kniehebels in Verbindung mit dem zumindest im Wesentlichen vertikal angestellten Anstellzylinders bietet den Vorteil, dass die Kassette in ihren seitlichen Abmessungen schlank gehalten werden kann, insbesondere so schlank, dass sie anstelle der Einbaustücke von klassischen Arbeitswalzen in das Ständerfenster des Walzgerüstes eingeschoben werden kann.
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Gemäß weiteren Ausführungsbeispielen sind den Anstellzylindern Positionsgeber und/oder Kraftsensoren zugeordnet bzw. in sie integriert. Die Positionsgeber dienen zur direkten oder indirekten Erfassung der jeweiligen Anstellposition der Stützschale gegen die Arbeitswalze. Die Kraftsensoren dienen zum Erfassen der Anstellkräfte, mit welchen die Stützschale gegen die Arbeitswalze gedrückt wird.
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Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel ist an jeder der beiden gegenüberliegenden Längsseiten des Kassettengrundkörpers jeweils eine Stützbrücke mit einer Stützschale angelenkt zum Einwirken der Stützschalen auf gegenüberliegende Bereiche der Oberfläche der Arbeitswalze. Die Anlenkung der beiden Stützbrücken an die gegenüberliegenden Längsseiten des Kassettengrundkörpers erfolgt über vorzugsweise jeweils zwei der besagten Anstellmechanismen.
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Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel ist oberhalb oder unterhalb der Arbeitswalze ebenfalls eine Zwischen- oder Stützwalze an den gegenüberliegenden Kurzseiten der Aussparung in dem Kassettengrundkörper drehbar gelagert. Die Zwischen- oder Stützwalze in der Kassette dient zum vertikalen Abstützen der Arbeitswalze. Die Stützbrücke und die Stützschale können einstückig ausgebildet sein. Die Kassette kann als Wechselkassette für ein Walzgerüst ausgebildet sein zum Einschieben in die oder zum Herausziehen aus der Aufnahme für die Einbaustücke der konventionellen Arbeitswalzen mit größerem Durchmesser in den Walzenständern des Walzgerüstes.
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Bezüglich des Walzgerüstes wird die oben genannte Aufgabe der Erfindung durch den Gegenstand des Anspruchs 11 gelöst. Demnach ist das erfindungsgemäße Walzgerüst gekennzeichnet durch mindestens eine Kassette nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei die Arbeitswalze an den Kurzseiten des Kassettengrundkörpers drehbar gelagert ist.
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Die erfindungsgemäße Kassette kann entweder fest zwischen die beiden Walzenständer in das Walzgerüst eingebaut sein oder sie ist als Wechselkassette ausgebildet zum Einschieben in die oder zum Herausziehen aus den Aufnahmen für die Einbaustücke der Arbeitswalzen in den Walzgerüstständern. In dem Walzgerüst kann eine obere Kassette vorgesehen sein zur Aufnahme der oberen Arbeitswalze und vorzugsweise auch eine oberen Zwischenwalze und/oder es kann eine untere Kassette vorgesehen sein zur Aufnahme der unteren Arbeitswalze und vorzugsweise auch einer unteren Zwischenwalze des Walzgerüstes. Ansonsten entsprechen die Vorteile der Lösung für das Walzgerüst den oben mit Bezug auf die Kassette genannten Vorteilen.
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Bezüglich des erfindungsgemäßen Verfahrens wird die oben genannte Aufgabe durch das in Patentanspruch 15 beanspruchte Verfahren gelöst. Das erfindungsgemäße Verfahren betrifft das Anstellen der Anstellzylinder in mindestens einer Kassette nach einem der Ansprüche 1 bis 10 eingebaut in ein Walzgerüst 50 nach einem der vorangegangenen Ansprüche 11 bis 14. Das erfindungsgemäße Verfahren sieht als wesentlichen Verfahrensschritt vor, dass zur Initialisierung vor Beginn des Walzbetriebs alle Anstellzylinder in der Kassette sowohl auf der Biegeseite wie auch auf der gegenüberliegenden Seite auf eine jeweils individuell für jeden der Anstellzylinder vorgegebene Ausgangs-Soll-Position gestellt werden durch geeignete Variation des Druckes in den Anstellzylindern. Dabei entspricht diese Ausgangs-Soll-Position einem Arbeitspunkt. Jeder der Zylinder wird insofern auf seinen jeweils individuellen Arbeitspunkt eingestellt. Ausgehend von dieser Arbeitspunkteinstellung werden dann die Soll-Positionen aller Anstellzylinder auf der Biegeseite solange verändert, insbesondere erhöht, bis die jeweils von den Anstellzylindern auf der Biegeseite individuell aufgebrachten Anstellkräfte jeweils eine vorgegebene Soll-Vorspannkraft Soll Fv erreicht haben. Diese Soll-Vorspannkraft wird vorzugsweise für alle Anstellzylinder auf der Biegeseite einheitlich vorgegeben. Die Soll-Positionen für die Anstellzylinder auf der der Biegeseite gegenüberliegenden Seite innerhalb der Kassette bleiben davon unberührt.
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Mit den bisher beschriebenen Verfahrensschritten sind somit alle Anstellzylinder innerhalb der Kassette vor Beginn des Walzprozesses auf ihre jeweils zugedachte Soll-Position eingestellt.
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Während des Walzbetriebs wird die Differenzkraft von Anstellkräften von innerhalb der Kassette paarweise gegenüberliegend angeordneten Anstellzylindern auf der Biegeseite und der gegenüberliegenden Seite ermittelt und auf einen vorgegebenen Erwartungswert für die Differenzkraft geregelt durch geeignete Variation der Soll-Position bei mindestens einem der jeweils beteiligten gegenüberliegenden Anstellzylinder. Auf diese Weise wird die Stabilität des Walzprozesses kontinuierlich überwacht und eingehalten.
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Weiterhin besteht die Möglichkeit, während des Walzprozesses den Walzspalt zu verändern, eine Schräglage der oberen und unteren Arbeitswalze relativ zueinander einzustellen und/oder auch das Profil des Walzspaltes zu verändern, jeweils alles durch geeignete Ansteuerung der Anstellzylinder in der Kassette.
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Ansonsten entsprechen die Vorteile dieses erfindungsgemäßen Verfahrens den oben mit Bezug auf die Kassette genannten Vorteilen.
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Der Beschreibung sind sieben Figuren beigefügt, wobei
- 1 ein Walzgerüst mit der erfindungsgemäßen Kassette in zwei Varianten, jeweils in einem Querschnitt;
- 2 die erfindungsgemäße Kassette in perspektivischer Ansicht;
- 3 die erfindungsgemäße Kassette in einem Längsschnitt;
- 4 die erfindungsgemäße Kassette in einem Querschnitt;
- 5 den Anstellmechanismus gemäß der Erfindung mit der erfindungsgemäßen Stützbrücke als Träger für die Stützschale zu beiden Seiten der Arbeitswalze, einmal in unbelastetem Zustand und einmal im Zustand mit horizontaler Belastung;
- 6 einen erfindungsgemäßen Positionsregelkreis; und
- 7 eine Soll-Wert-Berechnungseinrichtung mit einem Prozessmodell zur umformtechnischen Abbildung des Walzprozesses zur Berechnung diverser Positions- und Kraft-Sollwerte
zeigt.
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Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die genannten Figuren in Form von Ausführungsbeispielen detailliert beschrieben. In allen Figuren sind gleiche technische Elemente mit gleichen Bezugszeichen bezeichnet.
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1 zeigt die schematische Darstellung eines Walzgerüstes in Form der jeweils mehreren in vertikaler Richtung übereinander angeordneten Walzen. Die Arbeitswalzen 10 spannen jeweils einen Walzspalt auf zum Walzen von in der 1 nicht gezeigtem Walzgut, insbesondere Metallband. Bei dem in der linken Abbildung von 1 dargestellten Walzgerüst 50 wird die obere Arbeitswalze 10 in horizontaler Richtung durch Stützschalen 120 abgestützt. Die Stützschalen 120 sind auf biegestreif ausgebildeten Trägern, sogenannten Stützbrücken 130 montiert, die mit Hilfe von Anstellzylindern 142 gegen die Oberfläche der oberen Arbeitswalze drücken. Die obere Arbeitswalze 10 wird durch eine obere Zwischenwalze 20 in vertikaler Richtung abgestützt. Die obere Zwischenwalze 20, die obere Arbeitswalze 10, die Stützschalen 120 mit den Stützbrücken 130 und den Anstellzylindern 142 sind in kompakter Bauweise in einer oberen Kassette 100-o montiert.
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Die Stützschalen 120 drücken nicht direkt auf die Oberfläche der oberen Arbeitswalze 10, sondern nur indirekt über einen Schmierfilm aus Hydrauliköl. Die Zuführung des Hydrauliköls in den Schmierspalt zwischen Arbeitswalze und Stützschale erfolgt durch die in 1 gezeigten Ölleitungen 170, die auch an eine Ölpumpe P angeschlossen sind.
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Während die linke Abbildung in 1 die Verwendung der Kassette 100-o mit der horizontalen Abstützung nur für die obere Arbeitswalze zeigt, ist in der rechten Abbildung von 1 zu erkennen, dass eine analog aufgebaute untere Kassette 100-u auch zur horizontalen Abstützung der unteren Arbeitswalze 10 dienen kann. Gleichermaßen ist natürlich auch die Verwendung der besagten Kassette allein zur Abstützung einer unteren Arbeitswalze theoretisch möglich, wenngleich in 1 nicht gezeigt.
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2 zeigt die aus 1 bekannte Kassette 100. Weil die obere Kassette 100-o und die untere Kassette 100-u von ihrem konstruktiven Aufbau her grundsätzlich gleich bzw. analog aufgebaut sind, wird nachfolgend nicht mehr dazwischen unterschieden, sondern nur noch allgemein von der Kassette 100 gesprochen. Zu erkennen ist in 2, dass die Kassette 100 im Wesentlichen aus einem Kassettengrundkörper 110 besteht, in dem eine längliche Aussparung 112 ausgebildet ist. Die längliche Aussparung 112 ist durch zwei gegenüberliegende Kurzseiten und zwei gegenüberliegende Langseiten aufgespannt. Die in 2 zu erkennende Zwischenwalze 20 ist an den gegenüberliegenden Kurzseiten drehbar gelagert. Die Kassette 100 ist bezüglich ihrer äußeren Abmessungen und insbesondere bezüglich der geometrischen Form ihrer Stirnseiten an den Kurzseiten so geformt, dass sie in die Aufnahmen für Arbeitswalzeneinbaustücke in die Fenster eines Walzenständers eingeschoben werden kann.
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3 zeigt die aus 2 bekannte Kassette 100 in einem Längsschnitt. Zu erkennen ist, dass nicht nur die Zwischenwalze 20, sondern auch die Arbeitswalze 10, die von der Stützwalze 20 in vertikaler Richtung abgestützt wird, an den Kurzseiten der Aussparung 112 drehbar gelagert ist.
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4 zeigt die besagte Kassette 100 in einem Querschnitt, ähnlich wie in 1, allerdings hier etwas detailgetreuer. Zu erkennen ist, dass die Mittelpunkte bzw. Drehachsen der Arbeitswalze 10 und der Stützwalze 20 genau übereinanderliegen. In dieser Konstellation besteht ein labiles bzw. nur quasilabiles Gleichgewicht und die Arbeitswalze 10 neigt deshalb leicht zu einer horizontalen Verbiegung, insbesondere wenn die auftretenden vertikalen Walzkräfte besonders groß und ihr Schlankheitsgrad im Vergleich zu dem der Zwischenwalze 20 groß ist. Um eine solche Ausbiegung der Arbeitswalze 10 zu verhindern, wird diese seitlich mit Hilfe der Stützschalen 120 in horizontaler Richtung abgestützt. Die Stützschalen 120 sind ihrerseits jeweils mit einem Träger 130 verbunden, der über einen Anstellmechanismus zusammen mit der verbundenen Stützschale 120 in horizontaler Richtung gegen die Oberfläche der Arbeitswalze angestellt wird. Bei dem Ausführungsbeispiel gemäß 4 wird der Anstellmechanismus gebildet durch den Anstellzylinder 142, durch das Kniegelenk 144 und den ersten Hebelarm 145. Das Kniegelenk 144 bildet zusammen mit dem ersten Hebelarm 145 und der Stützbrücke 130 als zweitem Hebelarm einen Kniehebel 143. Der erste und der zweite Hebelarm 145, 130 sind beide mit ihren kniegelenknahen Enden über das Kniegelenk 144 gelenkig miteinander verbunden. Der erste Hebelarm 145 ist mit seinem kniegelenkfernen Ende gelenkig an die Längsseite des Kassettengrundkörpers 110 angelenkt. Der Anstellzylinder 142 ist in die Längsseite des Kassettengrundkörpers eingebaut oder an die Längsseite angelenkt, zumindest jedoch an dieser einseitig abgestützt. Mit seinem anderen Ende steht der Anstellzylinder 142 mit dem Kniehebel 143 in Wirkverbindung, letzten Endes zum Anstellen der Stützschale 120 gegen die Oberfläche der Arbeitswalze 10. Dabei wird die im Wesentlichen vertikale Bewegung des Anstellzylinders 142 mit Hilfe des Kniehebels 143 in eine horizontale Bewegung bzw. Anstellkraft für die Stützschale umgelenkt. Zur Realisierung der besagten Wirkverbindung zwischen Kniehebel und Anstellzylinder kann der Anstellzylinder 142 grundsätzlich sowohl an einem der beiden Hebelarme 145, 130 wie auch an dem Kniegelenk 144 gelenkig angreifen. Besonders vorteilhaft erscheint im vorliegenden Fall jedoch die in 4 gezeigte Anlenkung des Anstellzylinders 142 direkt am Kniegelenk 144. In 4 ist weiterhin zu erkennen, dass den Anstellzylindern 142 ein Positionsgeber 150 und/oder ein Kraftsensor 160 zugeordnet ist. Der Positionssensor 150, si mit 1 ≤ i ≤ I mit I € N dient zur direkten Erfassung der Position des Anstellzylinders 142 und damit zur indirekten Erfassung auch der Anstellposition der Stützschale gegen die Arbeitswalze. Der Kraftsensor 160 dient zum direkten Erfassen der Andrückkraft des Anstellzylinders 142 gegen den Kniehebel 143 und damit auch zum indirekten Erfassen der Anstellkraft, mit welcher die Stützschale gegen die Arbeitswalze 10 angedrückt wird. Die Umrechnung der Position des Anstellzylinders in die Position der Stützschale erfolgt mit Hilfe von allgemeinen bekannten Umrechnungsformeln aus der Mechanik/Kinematik unter Zugrundelegung des hier verwendeten Kniehebels 143. Analoges gilt für die Umrechnung der Kraft. Die Ausbildung des Anstellmechanismus mit dem hier gezeigten Kniehebel 143 ist keineswegs zwingend; vielmehr sind grundsätzlich auch andere konstruktive Lösungen denkbar und tauglich zum horizontalen Einstellen der Stützschalen.
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Die Stützschalen 120 sind typischerweise an die Stützbrücken anmontiert; sie können jedoch auch einstückig mit diesen ausgebildet sind. Erfindungsgemäß ist es von zentraler Bedeutung, dass die Stützbrücken 130 eine Biegesteifigkeit aufweisen, die größer ist als die Biegesteifigkeit des Anstellmechanismus 140 in Verbindung mit der den Anstellmechanismus aufnehmenden bzw. abstützenden Längsseiten des Kassettengrundkörpers. Anders ausgedrückt muss die Stützbrücke als solche so biegesteif sein, dass sie einer Ausbiegung der Arbeitswalzen in horizontale Richtung nicht nachgibt, d. h. sich auch unter Belastung durch die Horizontalkräfte auf die Arbeitswalze insbesondere nicht selber verbiegt. Die notwendigen Kräfte zum Gegenhalten der Stützschale mit der Stützbrücke gegen die zur Ausbiegung tendierende Arbeitswalze müssen von dem Kniehebel 143 und den Anstellzylindern sowie der diese aufnehmende bzw. abstützende Längsseite des Kassettengrundkörpers aufgenommen werden.
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5 zeigt einen Horizontalschnitt durch die Kassette 100, eingebaut in ein Walzgerüst. Zu erkennen ist, dass sich die Stützschale mit der Stützbrücke 130 über vorzugsweise die gesamte Länge der Arbeitswalze 10, zumindest jedoch über einen großen Teil von deren Länge erstreckt. Weiterhin ist zu erkennen, dass vorzugsweise zwei Anstellmechanismen pro Stützbrücke und Stützschale, d. h. vier Anstellmechanismen pro Kassette vorhanden sind, um die Stützbrücken 130 und Stützschalen in horizontaler Richtung gegen die Arbeitswalze 10 anzustellen.
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Die Anstellmechanismen könnten im einfachsten Fall auch nur in Form jeweils eines Anstellzylinders 143 - ohne Kniehebel - ausgebildet sein, der die Stützbrücke 130 unter Abstützung gegen die Längsseite des Kassettengrundkörpers in horizontaler Richtung gegen die Arbeitswalze 10 andrückt, wie in 5 gezeigt. Diese konstruktive Ausgestaltung hat jedoch den Nachteil, dass sie vergleichsweise breit baut, d. h. viel Platz in Breitenrichtung beansprucht. Insbesondere deshalb ist stattdessen die Ausgestaltung gemäß dem in 4 gezeigten Ausführungsbeispiel zu bevorzugen, bei dem der Anstellzylinder sich nicht in horizontaler Richtung erstreckt, sondern vertikal eingebaut ist und dann über den gezeigten Kniehebel 143 auf die Stützbrücke 130 drückt. Insofern bietet das in 4 gezeigte Ausführungsbeispiel des Anstellmechanismus gegenüber dem in 5 gezeigten Ausführungsbeispiel den Vorteil, dass es in Breitenrichtung kompakter baut und insofern den gewünschten Einschub der Kassette in die Aufnahmen der recht schmalen Ständerfenster eines Walzgerüstes erlaubt.
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In 5 sind weiterhin die Begrifflichkeiten „Antriebsseite“ und „Bedienseite“ veranschaulicht. Die Antriebsseite bezeichnet die Seite, auf welcher ein Antrieb für die Arbeitswalze typischerweise vorgesehen ist und die Bedienseite bezeichnet die Seite ohne Antrieb, von wo aus typischerweise ein Walzenwechsel erfolgt. Die linke Abbildung in 5 zeigt die Kassette bzw. das Walzgerüst 50 in einem unbelasteten Zustand, d. h., in einem Zustand, in dem insbesondere keine horizontalen Kräfte auf die Arbeitswalze einwirken. Die rechte Abbildung in 5 zeigt dagegen den horizontalen Belastungszustand. Die ursprünglich vertikal wirkende Walzkraft bewirkt bei leicht unsymmetrischer vertikaler Lagerung von Zwischenwalze 20 und Arbeitswalze 10, insbesondere auch bei hohem Schlankheitsgrad der Arbeitswalze 10 mitunter eine horizontale Kraft, welche die in der rechten Abbildung von 5 gezeigte horizontale Ausbiegung der Arbeitswalze 10 bewirkt. Um genau diese horizontale Ausbiegung zu verhindern, sieht die Erfindung vor, die Stützbrücke 130, wie gesagt, mit einer größeren Biegesteifigkeit auszubilden, als die Biegesteifigkeit des mindestens einen Anstellmechanismus in Verbindung mit der den Anstellmechanismus aufnehmenden Längsseite des Kassettengrundkörpers 110.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zum Anstellen der Anstellzylinder 142 in der Kassette 100 wird nachfolgend beschrieben:
- Es beginnt vor dem Walzbetrieb mit folgenden Schritten: Feststellen der Biegeseite als derjenigen Längsseite des Kassettengrundkörpers 110 zu der hin eine horizontale Biegung der Arbeitswalze 10 erwartet wird und Regeln aller Anstellzylinder 142 in der Kassette 100 sowohl auf der Biegeseite wie auch auf der gegenüberliegenden Seite auf eine jeweils individuell für jeden der Anstellzylinder 142 vorgegebene Ausgangs-Soll-Position s1 soll ... s4soll durch geeignete Variation des Druckes in den Anstellzylindern. Diese Einstellung entspricht einer Art Arbeitspunkteinstellung. Ein entsprechender Regelkreis ist schematisch in 6 dargestellt.
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Ebenfalls noch vor Beginn des Walzbetriebes werden dann die Soll-Positionen aller Anstellzylinder 142 auf der Biegeseite - typischerweise ausgehend von den Ausgangs-Soll-Positionen - solange verändert, insbesondere erhöht, bis die jeweils von den Anstellzylindern 142 auf der Biegeseite 120 individuell aufgebrachten Anstellkräfte jeweils eine - vorzugsweise für alle Anstellzylinder auf der Biegeseite einheitlich - vorgegebene Soll-Vorspannkraft Fv erreicht haben.
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Während des Walzbetriebs wird zunächst die Differenz der Anstellkräfte F3-F1, F4-F2 von mindestens einem Paar der gegenüberliegend angeordneten Anstellzylinder auf die gegenüberliegenden Stützschalen ermittelt. Es folgt ein Regeln der Differenz auf einen vorgegebenen Erwartungswert für die Differenzkraft durch geeignete Variation der Soll-Positionen von mindestens einem der beteiligten gegenüberliegenden Anstellzylinder S3, S1; S4,S2. Der im Vergleich zum Stand der Technik weniger biegesteif ausgebildete Anstellmechanismus 140 wird durch diese Regelung zumindest teilweise kompensiert.
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Die zuvor erwähnten Ausgangs-Soll-Positionswerte für die Anstellzylinder s1 soll ... s4soll, der Sollwert für die Vorspannkraft Fv und/oder die Sollwerte des Erwartungswertes für die Differenzkraft ΔF werden mit Hilfe eines Prozessmodells auf Basis von zumindest einer der folgenden Eingangsgrößen berechnet: einer vorausberechneten Walzkraft, einem vorausberechneten Walzmoment, vorausberechneten Bandzügen auf von dem Walzgerüst zu walzendes Walzgut, der Geometrie der Stützschale 120, dem Verschleißzustand der Stützschale, dem Walzendurchmesser, dem Sollwert für den Fluiddruck p zwischen der Stützschale 120 und der Arbeitswalze; siehe 7.
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Nachfolgend werden einige besondere Fahrweisen für das Walzgerüst beschrieben, wobei davon ausgegangen wird, dass in dem Walzgerüst sowohl eine obere wie auch eine untere erfindungsgemäße Kassette 100-o, 100-u eingebaut ist. Jede der beiden Kassetten ist mit einem bedienseitigen und einem antriebsseitigen Anstellzylinder 142 jeweils auf der Biegeseite und der Nicht-Biegeseite ausgestattet. Zumindest die Anstellzylinder 142 auf den Nicht-Biegeseiten sind auf ihre ursprüngliche Ausgangs-Soll-Position s1 soll - s4soll als Arbeitspunkte eingestellt.
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Zum Realisieren einer Vergrößerung oder einer Verkleinerung des von den Arbeitswalzen 20 aufgespannten Walzspaltes werden die Soll-Positionen aller vier Anstellzylinder 142 auf den Nicht-Biegeseiten der beiden Kassetten 100-o, 100-u gegenüber ihren Ausgangs-Soll-Positionen um einen vorzugsweise gleichen Betrag erhöht oder abgesenkt. Beim Walzen resultiert daraus eine jeweils gewünschte Dickenabnahme des Walzgutes.
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Zum Realisieren einer Schräglage der oberen und unteren Arbeitswalze relativ zueinander werden die Soll-Positionen der bedienseitigen Anstellzylinder 142 der oberen und der unteren Kassette - jeweils auf der Nicht-Biegeseite - relativ zu den Soll-Positionen der antriebsseitigen Anstellzylinder 142 der oberen und unteren Kassetten - ebenfalls jeweils auf der Nicht-Biegeseite - verändert. Beispielsweise werden die Soll-Positionen der beiden bedienseitigen Anstellzylinder der oberen und unteren Kassette - jeweils auf der Nicht-Biegeseite - um +Δs geändert. Vorzugsweise werden dann die Soll-Positionen der beiden antriebsseitigen Anstellzylinder 142 der oberen und der unteren Kassette - jeweils auf der Nicht-Biegeseite - um -Δs geändert.
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Zum Realisieren einer Änderung des Profils des von den Arbeitswalzen aufgespannten Walzspaltes werden zum einen die Soll-Positionen des bedienseitigen Anstellzylinders der oberen Kassette und des antriebsseitigen Anstellzylinders der unteren Kassette jeweils auf der Nicht-Biegeseite gegenüber Ihren Ausgangs-Soll-Positionen jeweils um einen vorzugsweise gleichen Betrag erhöht oder abgesenkt. Zum anderen werden die Soll-Positionen des antriebsseitigen Anstellzylinders der oberen Kassette und des bedienseitigen Anstellzylinders der unteren Kassette jeweils auf der Nicht-Biegeseite jeweils gegenüber ihren Ausgangs-Soll-Positionen um vorzugsweise den gleichen Betrag abgesenkt oder erhöht.
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Bei den erwähnten Änderungs-Beträgen Δs handelt es sich jeweils um Stellgrößen, die durch Dicken- bzw. Planheitsregelsysteme vorgegeben werden können, beispielsweise in Kombination mit Banddickenmessgeräten bzw. Planheitsmessrollen. Vorteilhaft ist der direktere Durchgriff in größerer Nähe des Metallbandes im Vergleich zur Hauptanstellung, die mit einer größeren Hysterese verbunden ist.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Arbeitswalze
- 20
- Stütz- oder Zwischenwalze
- 50
- Walzgerüst
- 100
- Kassette
- 100-o
- Obere Kassette
- 100-u
- Untere Kassette
- 110
- Kassettengrundkörper
- 112
- längliche Aussparung in dem Kassettengrundkörper
- 120
- Stützschale
- 130
- Stützbrücke = zweiter Hebelarm
- 140
- Anstellmechanismus
- 142
- Anstellzylinder
- 143
- Kniehebel
- 144
- Kniegelenk
- 145
- erster Hebelarm
- 150
- Positionsgeber
- 160
- Kraftsensor
- 170
- Ölleitungen
- F
- Anstellkraft auf die Arbeitswalze (=Walzkraft)
- F, Fi
- Soll-Anstellkraft der Stützschale gegen die Arbeitswalze
- Soll-Fv
- Soll-Vorspannkraft
- p
- Sollwert Fluiddruck
- si
- Soll-Position der Stützschale
- P
- Pumpe
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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