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Technisches Gebiet (Technical Field)
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Die Erfindung betrifft ein Stahlflachprodukt mit einer Zugfestigkeit Rm von mindestens 800 MPa, welches mit einem Metallüberzug beschichtet ist sowie ein Verfahren zu seiner Herstellung.
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Technischer Hintergrund
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Aus dem Stand der Technik sind allgemein Stähle mit Metallüberzügen, die aus der Gasphase abgeschieden werden, bekannt, beispielsweise in der deutschen Offenlegungsschrift
DE 1 621 376 A beschrieben. Vergleichbare aus der Gasphase abgeschiedene Metallüberzüge, welche für die Warmumformung bestimmt sind, bei welcher die Stähle respektive die mittels Warmumformung und (Press-)Härtung hergestellten Bauteile eine finale Zugfestigkeit von 1500 MPa und mehr aufweisen, sind aus den deutschen Offenlegungsschriften
DE 10 2014 004 652 A1 und
DE 10 2018 128 131 A1 bekannt.
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Bei höherfesten Mehrphasenstählen, insbesondere bei sogenannten Quench and Partitioning - Stählen (Q&P), kommt es bei zinkhaltigen Metallüberzügen vermehrt zur Rissbildung durch Flüssigmetallversprödung, auch bekannt als liquid metal embrittlement (LME), beim Widerstandspunktschweißen (WPS). Zur LME induzierten Rissbildung während des WPS existieren unzählige Veröffentlichungen, u. a. befassen sich auch die internationalen Offenlegungsschriften
WO 2017/234839 A1 und
WO 2018/234938 A1 mit der LME in Verbindung mit WPS, welche höchstfeste Q&P-Stähle mit Zinküberzügen beschreiben. Aus diesen Veröffentlichungen ist ferner zu entnehmen, dass das Legierungselement Silizium, Chrom und Molybdän mit steigendem Gehalt im Stahlblech die LME begünstigt, so dass hier vorgeschlagen wird, ein Glühen zur Einstellung des Gefüges Q&P in einer Atmosphäre durchzuführen, in welcher über eine gezielte Taupunktsteuerung der Partialdruck des Sauerstoffs derart eingestellt und eine Diffusion von Sauerstoff in das Stahlblech während der Glühphase bezweckt wird, sich dadurch im oberflächennahen Bereich des Stahlblechs u. a. Silizium zu Siliziumdioxid abbindet, und dadurch der Gehalt des elementaren Siliziums unter dem Zinküberzug im Stahlblechs reduziert und dadurch wiederrum die Widerstandsfähigkeit gegen LME erhöht werden kann. Die Lehre dieser Veröffentlichungen zielt auf eine definierte Einstellung der Legierungselemente Silizium, Chrom und Molybdän und damit der entsprechen Struktur im Bereich 0 bis 100 µm des Stahlblechs unter dem Zinküberzug, um einen hohen Widerstand gegen LME an dem mit Zink beschichteten Q&P-Stahl bereitstellen zu können. Nur am Rande ist erwähnt, dass gemäß einer Alternative der Zinküberzug auch aus der Gasphase abscheidbar sei.
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Aus dem Stand der Technik ist des Weiteren bekannt, dass die LME-Sensibilität bei Stählen mit zunehmenden Festigkeiten in Verbindung mit zinkbasierten Überzügen ansteigt und somit beim WPS Probleme infolge von Rissbildung bereiten, dadurch, dass sich während des WPS Zink im Überzug verflüssigt, in das Substrat eindringt und sich an den Korngrenzen des Stahls ablagern kann, wodurch es Sprödbruch anfälliger wird und bei Belastung in der späteren Anwendung zu einem frühzeitigen Versagen kommen kann.
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Weitere Ansätze sind bekannt, über eine Erhöhung der Kontaktflächen der Schweißelektrode respektive durch Modifikation der Material- und Blechdickenkombination das Problem der LME zu unterdrücken, vgl. Patentschrift
US 9 333 588 B2 .
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Zusammenfassung der Erfindung
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Der Erfindung liegt somit die Aufgabe zu Grunde, ein Stahlflachprodukt mit einer Zugfestigkeit Rm von mindestens 800 MPa in Verbindung mit einem Metallüberzug bereitzustellen sowie ein entsprechendes Verfahren zu seiner Herstellung anzugeben, mit welchem eine LME induzierte Rissneigung während des WPS reduziert werden kann, ohne entsprechende Maßnahmen und/oder Anpassungen in laufenden (Standard-)Prozessen vornehmen zu müssen, wie sie im Stand der Technik beschrieben sind.
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Gelöst wird diese Aufgabe gemäß einem ersten Aspekt der Erfindung durch ein Stahlflachprodukt mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1.
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Erfindungsgemäß ist ein Stahlflachprodukt mit einer Zugfestigkeit Rm von mindestens 800 MPa, welches mit einem Metallüberzug beschichtet ist, vorgesehen, wobei der Metallüberzug aus einem System mit den Elementen Zink und Mangan besteht, welches aus der Gasphase abgeschieden (worden) ist.
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Wesentlich für die Erfindung ist, dass der Metallüberzug aus einem System mit den Elementen Zink und Mangan besteht, wodurch Zink zum kathodischen Korrosionsschutz beiträgt und Mangan einen positiven Einfluss auf die LME Rissneigung des Stahls (Substrats) hat, da durch Anwesenheit von Mangan im System des Metallüberzugs die Schmelztemperatur des Systems erhöht werden kann, was wiederum zu einem reduzierten und/oder verzögertem Aufschmelzen des Systems beim WPS führen kann. Die Sprödbruchanfälligkeit kann dadurch gesenkt werden.
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Des Weiteren ist überraschend festgestellt worden, dass der aus der Gasphase abgeschiedene Metallüberzug verfahrensbedingt typischerweise keinen Wasserstoff bereitstellt, welcher bei anderen Beschichtungsverfahren, insbesondere bei einer elektrolytischen Beschichtung, prozessbedingt entstehen und sich im Metallgitter einlagern kann. Bei Stählen mit Zugfestigkeiten von mindestens 800 MPa und höher kann der eingelagerte Wasserstoff zu wasserstoffinduzierten Sprödbrüchen führen.
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Das Prinzip der Abscheidung aus der Gasphase, beispielsweise CVD- (chemical vapor deposition) oder PVD- (physical vapor deposition) Verfahren, ist Stand der Technik. Bevorzugt ist das PVD-Verfahren. Diese Technologie ist nicht zu verwechseln mit einer Applikation von Überzügen mittels elektrolytischer Beschichtung und auch nicht mit einer Applikation von Überzügen mittels Schmelztauchbeschichtung.
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Das erfindungsgemäße Stahlflachprodukt weist eine Zugfestigkeit Rm von mindestens 800 MPa, insbesondere mindestens 850 MPa, vorzugsweise mindestens 910 MPa, bevorzugt mindestens 950 MPa auf. Die Zugfestigkeit Rm des erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts beträgt maximal 1700 MPa, insbesondere maximal 1600 MPa, vorzugsweise maximal 1520 MPa, bevorzugt maximal 1490 MPa. Die Zugfestigkeit Rm ist im Zugversuch nach DIN EN ISO 6892-1:2017 ermittelbar. Das erfindungsgemäße Stahlflachprodukt kommt ausschließlich für Kaltumformanwendung und nicht für Warmumformanwendungen (einschl. Härtung) zum Einsatz, so dass die entsprechenden Eigenschaften bereits vor dem Kaltumformen im Stahlflachprodukt vorhanden sind.
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Gemäß einer Ausgestaltung weist das System eine Schicht aus einer Zink-Mangan-Legierung auf. Aus der Gasphase wird somit das System in einem Schritt abgeschieden und eine Schicht aus einer Zink-Mangan-Legierung auf dem Stahlflachprodukt erzeugt. Der Metallüberzug auf dem Stahlflachprodukt besteht somit aus einer einschichtigen Legierung aus Zink und Mangan, abgeschieden aus der Gasphase. Insbesondere wird dabei das Abscheiden derart gesteuert, dass in der Zink-Mangan-Legierung ein Zink-Gehalt zwischen 10 und 90 Gew.- % und ein Mangan-Gehalt zwischen 90 und 10 Gew.-% eingestellt wird. Ein Manganhalt von mindestens 10 Gew-% ist erforderlich um eine reduzierte LME Rissneigung während des WPS sicherzustellen, wobei der Gehalt insbesondere mindestens 20 Gew.-%, vorzugsweise mindestens 30 Gew.-%, bevorzugt mindestens 40 Gew.-% betragen kann. Im Umkehrschluss ist der Mangangehalt in der Legierung(sschicht) auf maximal 90 Gew.-% begrenzt, so dass der Metallüberzug respektive das System einen ausreichenden kathodischen Korrosionsschutz mit mindestens 10 Gew.-%, insbesondere mindestens 20 Gew.-%, vorzugsweise mindestens 30 Gew.-%, bevorzugt mindestens 40 Gew.-% Zink gewährleisten kann, da der Metallüberzug bzw. das System aus der Gasphase mit einer Dicke zwischen 0,5 und maximal 20 µm, insbesondere maximal 15 µm, vorzugsweise maximal 10 µm auf dem Stahlflachprodukt appliziert wird. Je höher der Zinkgehalt in dem System respektive in dem (relativ dünnen) Metallüberzug, umso höher ist der kathodische Korrosionsschutz.
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Gemäß einer alternativen Ausgestaltung weist das System eine Schicht aus Mangan und eine Schicht aus Zink auf. Der Metallüberzug ist somit zweischichtig und besteht aus einer Zink- und einer Mangan-Schicht, jeweils abgeschieden aus der Gasphase. Das System wird in zwei Schritten abgeschieden, indem nacheinander zuerst eine Schicht aus Mangan auf dem Stahlflachprodukt und anschließend eine Schicht aus Zink auf der Schicht aus Mangan abgeschieden wird. Somit ist die Schicht aus Mangan auf dem Stahlflachprodukt und die Schicht aus Zink auf der Schicht aus Mangan angeordnet. Beide Schichten können jeweils mit einer Dicke zwischen 0,5 und maximal 20 µm, insbesondere maximal 15 µm, vorzugsweise maximal 10 µm, bevorzugt maximal 7 µm abgeschieden werden.
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Im Vergleich zum einschichtigen System hat das zweischichtige System den Vorteil, dass die äußere Schicht aus Zink einen vollständigen und vollwertigen kathodischen Korrosionsschutz und die innere Schicht aus Mangan eine vollständige Barriere während des WPS bietet. Nachteilig gegenüber dem einschichtigen System ist, dass zwei voneinander getrennte Gasphasen-Stufen durchlaufen werden müssen, um die Schichten sukzessive abzuscheiden.
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Gemäß einer Ausgestaltung kann das Stahlflachprodukt entweder warmgewalzt oder kaltgewalzt sein. Es hängt vom Verwendungszweck ab. Das warmgewalzte Stahlflachprodukt (Warmband) kann eine Dicke zwischen 1,5 und 10 mm aufweisen. Das kaltgewalzte Stahlflachprodukt (Kaltband) kann eine Dicke zwischen 0,5 und 4 mm aufweisen. Der Prozess ausgehend von dem Vergießen einer Schmelze, insbesondere mit einer chemischen Zusammensetzung, welche als bevorzugt im Folgenden angeführt ist, zu einem Vorprodukt, und das Vorprodukt auf eine Temperatur zu erwärmen, so dass es sich zu einem Stahlflachprodukt warmwalzen lässt, ist Stand der Technik. Sollten die geforderten Mindestzugfestigkeiten bereits in dem Warmband eingestellt werden, ist eine entsprechende Verfahrensweise dem Fachmann geläufig. Soll aus dem Warmband ein kaltgewalztes Stahlflachprodukt mit einer Mindestzugfestigkeit von 800 MPa eingestellt werden, so ist auch dies Stand der Technik, das Warmband insbesondere zunächst einem Beizen zu unterziehen, bevor es zu einem Kaltband katgewalzt wird. In einem anschließend Glühprozess werden die gewünschten Eigenschaften eingestellt. Der Kern der Erfindung ist nicht die Herstellung der Stahlflachprodukte mit einer Zugfestigkeit von mindestens 800 MPa, sondern ein geeignetes Überzugskonzept anzugeben, welches bei Stählen in der angegebenen Zugfestigkeitsklasse 800 MPa und höher der besonderen LME-Anfälligkeit dieser Zugfestigkeitsklassen beim WPS entgegenwirken kann.
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Gemäß einer Ausgestaltung enthält das Stahlflachprodukt mindestens zwei unterschiedliche Phasen im Gefüge. Das Gefüge enthält somit mindestens zwei Bestandteile aus Ferrit, Perlit, Martensit, Bainit, Austenit, Restaustenit und/oder Zementit sowie herstellungsbedingte unvermeidbare Gefügebestandteile. Dazu zählen beispielsweise Dualphasenstähle (DP-Stähle), welche ein Gefüge aus einer Mischung von harten, beispielsweise Martensit, und weichen, beispielsweise Ferrit, Phasen haben. Complexphasenstähle (CP-Stähle) enthalten überwiegend Phasen mit einer mittleren Härte, wie Bainit und/oder (angelassenem) Martensit, optional in Verbindung mit einer Ausscheidungshärtung. Quench&Partitioning (QP-Stähle) enthalten überwiegend Martensit (inkl. angelassener Martensit) und Restaustenit. Es können alternativ oder zusätzlich Ausscheidungen im Gefüge vorhanden sein.
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Gemäß einer Ausgestaltung enthält das Stahlflachprodukt neben Fe und herstellungsbedingt unvermeidbaren Verunreinigungen in Gew.-%
C: | 0,001 bis 0,50 %, |
Mn: | 0,10 bis 3,0 %, |
Si: | 0,01 bis 2,0 %, |
AI: | 0,002 bis 1,5 %, |
P: | bis 0,020 %, |
S: | bis 0,020 %, |
N: | bis 0,020 %, |
optional eines oder mehrere Legierungselemente aus der Gruppe (Ti, Nb, V, Cr, Mo, W, Ca, B, Cu, Ni, Sn, As, Co, O, H) mit
Ti: | bis 0,20 %, |
Nb: | bis 0,20 %, |
V: | bis 0,20 %, |
Cr: | bis 2,0 %, |
Mo: | bis 2,0 %, |
W: | bis 1,0 %, |
Ca: | bis 0,050 %, |
B: | bis 0,10 %, |
Cu: | bis 1,0 %, |
Ni: | bis 1,0 %, |
Sn: | bis 0,050 %, |
As: | bis 0,020 %, |
Co: | bis 0,50 %, |
O: | bis 0,0050 %, |
H: | bis 0,0010 %. |
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Gelöst wird die Aufgabe gemäß einem zweiten Aspekt der Erfindung durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 9.
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Das Verfahren zur Herstellung eines mit einem Metallüberzug beschichteten Stahlflachprodukts mit einer Zugfestigkeit Rm von mindestens 800 MPa umfasst die Schritte:
- - Bereitstellen eines warmgewalzten oder kaltgewalzten Stahlflachprodukts;
- - Beschichten des Stahlflachprodukts mit einem Metallüberzug.
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Erfindungsgemäß besteht der Metallüberzug aus einem System mit den Elementen Zink und Mangan und wird aus der Gasphase auf dem Stahlflachprodukt abgeschieden.
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Beschreibung der bevorzugten Ausführungsformen
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Eine Beurteilung, inwieweit die Risse schädlich für die Bauteilfunktion sind, kann bei der Betrachtung eines WPS-Fügepunktes nicht genau vorgenommen werden. Die Vermeidung oder zumindest eine deutliche Reduzierung der Risse beim WPS ist daher von großer Bedeutung für die Anwendung.
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Aus einer Schmelze bestehend neben Fe und herstellungsbedingt unvermeidbaren Verunreinigungen in Gew.-% aus C = 0,25 %, Si = 1,5 %, Mn = 2,2 %, Al = 0,03 %, Cr = 0,7 %, P = 0,005 % wurde ein Vorprodukt gegossen, welches zu einem Stahlflachprodukt zunächst warm- und anschließend auf eine Dicke von 1,5 mm kaltgewalzt wurde. Das kaltgewalzte Stahlflachprodukt wurde einem Q&P-Prozess unterzogen, in welchem ein Gefüge im Wesentlichen aus Martensit (inkl. angelassenem Martensit) / Bainit und 9 % Restaustenit (RA) sowie herstellungsbedingt unvermeidbaren Gefügebestandteilen eingestellt wurde. Aus dem so erzeugten Stahlflachprodukt wurden Proben entnommen,
- - welche a) unbeschichtet belassen wurden,
- - welche b) mit einer Zinkbeschichtung (Z) beidseitig mit jeweils 7 µm schmelztauchbeschichtet wurden, wobei der RA auf 7 % sank, von denen ein Teil der Proben b1) einer zusätzlichen Wärmebehandlung (ZF) mit ca. 630 °C für ca. 15 s unterzogen wurden, und aufgrund der Wärmebehandlung/Diffusion der RA weiter auf 3 % sank,
- - welche c) mit einer Zinkbeschichtung (ZE) beidseitig mit 6 µm elektrolytisch beschichtet wurden,
- - welche d) mit einer Zink-Mangan-Legierung (ZnMn-PVD) über die Gasphase gleichzeitig mit Zink und Mangan beidseitig mit 6 µm abgeschieden wurde, wobei die Abscheidung derart gesteuert wurde, dass sich ein einschichtiges System mit 60 Gew.-% Zink und 40 Gew.-% Mangan ergab,
- - welche e) zunächst mit einer Schicht aus Mangan (Mn-PVD) über die Gasphase beidseitig mit 2 µm abgeschieden wurde und anschließend auf der Schicht aus Mangan mit einer Schicht aus Zink (Zn-PVD) über die Gasphase beidseitig mit 4 µm abgeschieden wurde, woraus ein zweischichtiges System mit einer Mn-Zn-PVD-Beschichtung auf den Proben resultierte.
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Eine weitere Probe wurde aus dem Stahlflachprodukt entnommen und der Zugprüfung nach DIN EN ISO 6892-1:2017 zugeführt. Es wurde eine Zugfestigkeit Rm von 1183 MPa ermittelt. Die Stahlflachprodukte respektive Proben wurden zwar im Labormaßstab aber mit den Parametern der Großserie mit dem jeweiligen beschriebenen Metallüberzüge b) bis e) beschichtet.
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Bedingt durch die natürliche auftretende Streuung bei WPS-Untersuchungen zur LME induzierten Rissbildung müssten in der Regel große Materialmengen in vielen Messreihen aufgewendet werden. Durch die schlechte Quantifizierbarkeit der LME assoziierten Messgrößen können innerhalb von WPS-Untersuchungen lediglich qualitative Aussagen zur LME-Sensitivität von Stählen ermittelt werden. Der hohe Materialbedarf würde die Prüfung nach bisherigem Stand für eine Anwendung im Labor disqualifizieren. Daher wurde ein im Labormaßstab geeignetes Prüf- und Optimierungskonzept in Form eines „LME-Gleeble-Warmzugversuchs“ entwickelt. Die Prüfung erfolgte an einer handelsüblichen Prüfvorrichtung Gleeble3500. Die verwendeten Prozessführungsgrößen entsprachen den beim WPS wirkenden thermomechanischen Belastungen im Bereich der Rissentstehung. Die verwendete Zuggeschwindigkeit betrug bei einer Messlänge von 10 mm einheitlich 3 mm/s. Um die realen Dehnwerte im Messbereich der Proben zu ermitteln, erfolgte die Dehnungsmessung kontaktlos durch einen Laser. Die Aufheizrate betrug 1000 K/s. Als Temperaturintervall wurde die Liquidusphase von Zink zwischen 500 und 900 °C in 100 °C Schritten verwendet.
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Es wurden für alle Proben a) bis e) Warmzugversuche durchgeführt. Nach dem Einspannen in der Prüfvorrichtung wurde die Prüfkammer geschlossen und ein im Vorfeld programmiertes Skript wie folgt ausgeführt. Die Messfrequenz während der Warmzugversuche betrug dabei mindestens 5.000 Hz. Die Probenerwärmung erfolgte konduktiv und nach Erreichen der Prüftemperatur der Probe in dem vorgenannten Temperaturfenster zwischen 500 und 900 °C erfolgte eine Probenreckung bis zum Probenversagen mit der angegebenen Zuggeschwindigkeit. Die erhobenen Messdaten wurden anschließend mit der Analysesoftware Origin auf ihre Güte überprüft. Die Auswerteroutine der Warmzugversuche orientierte sich an der Norm des Zugversuchs [DIN EN ISO 6892-1:2017]. Die Rohdaten erfolgreich durchgeführter Warmzugversuche wurden computergestützt in eine kubische Funktion überführt. Die notwendigen Stützstellen und der technische Versagenszeitpunkt der Proben wurden vom Anlagenoperator in ein Auswertemodul eingetragen.
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Aus den einzelnen Messdaten wurden die Änderungen der mechanischen Eigenschaften und des Bruchverhaltens temperaturabhängig erfasst. Zur besseren Vergleichbarkeit des Einflusses der unterschiedlichen Metallüberzüge wurden aus den absoluten Messwerten so genannte relative Änderungskurven erzeugt. Die Bezugsgrößen der Änderungskurven waren dabei grundsätzlich die Messergebnisse der unbeschichteten Proben a). Die Größe der Änderungen durch die jeweiligen Metallüberzüge wurden temperaturabhängig bestimmt und als Maß für die Intensität des LME-Effektes verwendet.
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Für die Proben b) mit Z wurde eine starke Reduktion des technischen Bruchpunktes für alle Prüftemperaturen ermittelt. Insbesondere wurde der Dehnwert des technischen Bruchpunkts im Vergleich zu den Proben a) um > 85 % reduziert. Die Proben b1) mit ZF zeigten bei den Prüftemperaturen 500 und 600 °C keine wesentlichen Änderungen des technischen Bruchpunktes. Diese Reduktion war bei den restlichen Prüftemperaturen (700-900 °C) sehr ausgeprägt. Die Proben c) mit ZE wiesen ein vergleichbares Verhalten wie die Proben b) auf. Bei den Proben d) mit Zn/Mn-Legierung-PVD wurde kein signifikanter Dehnwert des technischen Bruchpunktes für alle Prüftemperaturen ermittelt, wobei der technische Bruchpunkt im Vergleich zu den Proben a) um ca. <10 % geringer war. Die Proben e) mit Mn-Zn-PVD lagen das Ergebnis in der Größenordnung der Proben d).
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Die Änderung des plastischen Energieaufnahmevermögens zeigte ähnliche Ergebnisse, wie die Änderung des technischen Bruchpunktes. Die Ergebnisse bestätigten die negativen Einflüsse durch Z der Proben b). Analog zeigte ZF der Proben b1) bei den Prüftemperaturen 500 und 600 °C keine Einschränkungen des plastischen Energieaufnahmevermögens. Diese Reduktion war auch hier bei den restlichen Prüftemperaturen zwischen 700 und 900 °C sehr ausgeprägt. Die Proben c) zeigten ein vergleichbares Verhalten wie die Proben b). Bei den Proben d) war bei den Prüftemperaturen zwischen 600 und 800 °C eine leichte Reduktion des plastischen Energieaufnahmevermögens erkennbar. Die restlichen Prüftemperaturen zeigten kaum eine Beeinflussung durch den Metallüberzug. Auch die Proben e) lagen in der Größenordnung der Proben d).
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Die Änderung der Brucheinschnürung zeigte ebenfalls ähnliche Ergebnisse, wie die Änderung des technischen Bruchpunktes und des plastischen Energieaufnahmevermögens. Bei der Betrachtung der Brucheinschnürung ist anzumerken, dass es sich im Gegensatz zum technischen Probenversagen und des plastischen Energieaufnahmevermögens um eine lokale Messgröße handelt.
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Die Ergebnisse bestätigen die negative Beeinflussung durch Z der Proben b) der Brucheinschnürung durch spröde Bruchflächen durchgehend für alle Prüftemperaturen. Bei ZF der Proben b1) traten bei den Prüftemperaturen 500 und 600 °C keine Einschränkungen der Brucheinschnürung auf. Ab einer Prüftemperatur von 700 °C wurde jedoch ein starkes Sprödbruchverhalten an der Bruchfläche nachgewiesen. Auch hier zeigten die Proben c) mit ZE ein ähnliches verhalten wie die Proben b). Bei den Proben d) mit Zn/Mn-PVD war bei einer Prüftemperatur von 800 °C eine leichte Reduktion der Brucheinschnürung erkennbar. Für die Prüftemperaturen 600, 800 und 900 °C wurden Risse hinter der eigentlichen Bruchfläche nachgewiesen. Die Proben e) mit Mn-Zn-PVD zeigten vergleichbare Ergebnisse zu den Proben d) auf.
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Die Untersuchung des Einflusses der unterschiedlichen Metallüberzüge des technischen Bruchpunktes, des plastischen Energieaufnahmevermögens und der Brucheinschnürung zeigen, dass LME induzierte Rissbildung bei zinkhaltigen Metallüberzügen pauschal nicht ausgeschlossen werden darf.
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In dem Warmzugversuch wurden die Proben b) bis e) mit den unterschiedlichsten Metallüberzügen auf ihre „LME-Empfindlichkeit“ untersucht. Als Referenz dienten die unbeschichteten Proben a). Losgelöst davon können auch weitere hier nicht genannte Beschichtungen wie auch andere Stahlkonzepte untersucht werden, ohne aufwendige und quantitative WPS-Untersuchungen durchlaufen zu müssen. Insbesondere können hier alle LME sensiblen Stahlwerkstoffe mit Zugfestigkeit Rm von mindestens 800 MPa untersucht werden.
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Eine Vermeidung oder Reduzierung der Risshäufigkeit, Risstiefe und Risslänge wird prognostiziert, wenn die Änderung des technischen Bruchpunktes über den Temperaturbereich von 500 bis 900 °C gilt:
oder wenn im Prüfbereich von 500 bis 900 °C bei der Verwendung einer einheitlichen Temperaturschrittweite im Prüfintervall gilt:
oder wenn für die Summe aller Messwerte im Temperaturbereich von 500 bis 900 °C bei der Verwendung einer einheitlichen Temperaturschrittweite im Prüfintervall:
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In den experimentellen WPS-Untersuchungen werden u. a. Prozessparameter und Werkstoff-Dicken-Kombinationen verwendet, die bei der zinkbeschichteten Probe mit hoher Wahrscheinlichkeit und guter Reproduzierbarkeit zu LME-Rissen führen. Die im Gleeble-Verfahren applizierten thermomechanischen Belastungen bilden dabei die mittleren wirkenden thermomechanischen Belastungen der WPS-Experimente ab.
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Die Validierung wird als erfolgreich angesehen, wenn die „LME-Empfindlichkeit“ im Gleeble-Verfahren vergleichsweise gering ist und in den WPS-Untersuchungen signifikant reduzierte Risshäufigkeiten und geringere Risstiefen (oder gar keine Risse) nachgewiesen werden.
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An den Proben a) bis e) wurden experimentelle WPS-Untersuchungen durchgeführt. Die Parameter der WPS-Untersuchungen sind in der Tabelle 1 aufgeführt. Die Fertigung der Probenserien für die WPS-Untersuchungen erfolgte unmittelbar nachdem die notwendige Stromstärke zur Erreichung des Soll-Punktdurchmessers ermittelt wurde. Die Schweißelektroden wurden anschließend mithilfe eines mobilen Kappenfräsgerätes innerhalb der Schweißmaschine gefräst und mit drei Schweißungen konditioniert. Proben bei denen Schweißspritzer aufgetreten sind, wurden verworfen. Die Schweißergebnisse wurden aufgrund der einheitlichen Punktdurchmesser, Stromstärken und Prozessführungsgrößen als gut vergleichbar bewertet. Tabelle 1
Referenzserie |
Probenanzahl pro Serie | n=10 |
LME-Prüfling Proben b) bis e) | Proben b) bis e) (t=1,5 mm) |
Fügepartner | DX56D + Z100 (t=2,0 mm) |
Stromstärke [A] | Auf Punktdurchmesservorgabe angepasst. |
Elektrodenform | F-1-5,5 |
Vorhaltezeit [ms] | 1000 ms |
Nachhaltezeit [ms] | 300 ms |
Serienanzahl | 2 |
Serie 1 |
Elektrodenkraft [kN] | 4,5 kN |
Schweißzeit [ms] | 600 ms |
Soll-Punktdurchmesser [mm] | 6,4 ±0,3 mm |
Blechanzahl | 2 |
Serie 2 |
Elektrodenkraft [kN] | 5,2 kN |
Schweißzeit [ms] | 900 ms |
Soll-Punktdurchmesser [mm] | 7,6 ±0,3 mm |
Blechanzahl | 3 |
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Die Ergebnisse aus den WPS-Untersuchungen stimmten gut mit den Prognosen der Gleeble-Warmzugversuche überein, konnten aber aufgrund der WPS-prozessbedingten Streuung der Untersuchungsergebnisse nicht vollständig quantitativ korreliert werden. Zur Verbesserung der Genauigkeit der Rissprüfung wurden alle geschweißten Proben vor der Risscharakterisierung entschichtet. Die Risscharakterisierung erfolgte für alle Proben auf der Oberseite des LME-Prüflings unter Verwendung eines Makroskops. Dabei wurde die Risshäufigkeit einer Probenserie anhand der binären Klassifikation (Riss/kein Riss) ermittelt. Für die Analyse der Rissmorphologie erfolgte eine digitale Vermessung und Zählung der LME-Risse anhand von drei ausgewählten Proben pro Probenserie. Zur Ermittlung der Risstiefe wurden mindestens drei metallographische Schliffe angefertigt. Die Schlifflage wurde auf der Probe markiert und führte mittig durch den längsten Riss auf der Fügepunktoberfläche. Des Weiteren war auch die Ermittlung der mittleren Risstiefe notwendig, um einen erfolgreichen qualitativen Übertrag der Gleeble-Erkenntnisse zu bestätigen.
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Die höchste Risshäufigkeit und die tiefsten und längsten Risse wurden für die mit Z beschichteten Proben b) erwartet. Durch die hohen wirkenden Belastungen in den definierten Referenzschweißaufgaben wurde keine Besserung der Risshäufigkeit durch die mit ZF beschichteten Proben b1) prognostiziert, da die ermittelte kritische Temperatur von 700 °C während des Schweißprozesses an vielen Stellen der Fügepunktoberfläche überschritten werden kann. Die höchste Risshäufigkeit und die längsten Risse wurden bei den geschweißten Proben b) und b1) festgestellt, wobei bei b1) der Serie 2 die Risshäufigkeit am höchsten war, aber die mittlere Risslänge kleiner ausfiel als bei den Proben b1) der Serie 1 und den Proben b) der Serien 1 und 2. Diese Ergebnisse stimmten gut mit dem nachgewiesenen, starken LME-Effekt im Gleeble-Verfahren überein. Auch bei den Proben c) sah das Ergebnis ähnlich wie bei den Proben b) aus. In den Schweißergebnissen sowohl der Proben d) und e) wurden in der Serie 1 keine Risse nachgewiesen. In der Serie 2 wurden lediglich bei den Proben e) kleine Risse im Bereich des Elektrodeneindrucks festgestellt. Eine Erklärung dafür wäre, dass die eindringende Schweißelektrode die Manganschicht in diesen Bereichen aufgebrochen und ein Eindringen des flüssigen Zinks ermöglicht hat. Bei den Proben d), die im System des Metallüberzugs einen geringen Anteil an flüssigen Zinkphasen aufwies, traten auch in der Serie 2 keine Risse auf. Somit wurde basierend auf den Ergebnissen für Proben d) und e) eine signifikant reduzierte Risshäufigkeit und -ausprägung in den WPS-Schweißversuchen prognostiziert. Die Ergebnisse aus den WPS-Versuchen stimmen gut mit den Prognosen der Gleeble-Versuche überein, können aber aufgrund der WPS-prozessbedingten Streuung der Untersuchungsergebnisse nicht vollständig quantitativ korreliert werden.
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Die WPS-Ergebnisse insbesondere der Proben e) der Serie 2 zeigten, dass LME-Rissbildung beim Schweißen eines LME-sensiblen Substratwerkstoffs mit einer zinkhaltigen Beschichtung nicht ausgeschlossen werden kann, jedoch die Anzahl und Ausprägung der Risse gegenüber Reinzinkschichten signifikant reduziert werden kann.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 1621376 A [0002]
- DE 102014004652 A1 [0002]
- DE 102018128131 A1 [0002]
- WO 2017/234839 A1 [0003]
- WO 2018/234938 A1 [0003]
- US 9333588 B2 [0005]