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Die vorliegende Erfindung betrifft isolierte Nukleinsäuren, Proteine oder Peptide, Gen-Cluster, Expressionsvektoren, Wirtszellen, Verfahren zur Biosynthese, gentechnologisches Verfahren zur Optimierung der Produktausbeute, biotechnologisch hergestelltes Collinolacton und seine Derivate, sowie ihre Verwendung zur Herstellung einer pharmazeutischen Zusammensetzung zur Behandlung, Diagnose und / oder Prophylaxe von Krankheiten, insbesondere von neurodegenerativen Erkrankungen.
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Collinolacton ist ein Naturstoff, der aus einem Streptomyces sp. Stamm isoliert und charakterisiert wurde und für den eine Schutzwirkung vor oxidativem Stress gezeigt wurde. Bei der Struktur des Collinolactons handelt es sich um ein tricyclisches Cyclodecatrien-Ringsystem mit zwei Lactonen, einem Sechsring und einem Siebenring, die den Cyclodecatrienring umrahmen (1).
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Eine Substanz mit der gleichen Strukturformel mit dem Namen Rhizolutin wurde isoliert (1) und ihre potentielle Verwendung zur Behandlung oder Prophylaxe neurodegenerativer Erkrankungen, insbesondere von Alzheimer, diskutiert (1).
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Eine chemische Synthese von Collinolacton ist wegen struktureller Komplexität bislang nicht gelungen.
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Eine fermentative Herstellung von Collinolacton mit einer anschließenden Aufreinigung lieferte bislang relativ geringe Produktionsraten von maximal 0,03 mg/l in einem Standardmedium und von maximal 0,3 mg/l in einem optimierten Nährmedium nach Zugabe von Wurzelpulver der Panax ginseng und Olivenöl (1).
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Die Verwendung von Adsorberharz bei der Aufreinigung führte zur Erhöhung der Ausbeute von Collinolacton auf bis zu 20 mg/l (2).
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Die im Stand der Technik beschriebenen Ausbeuten reichen jedoch nicht für die Herstellung von Collinolacton im industriellen Maßstab, um seine Verwendung z.B. im medizinischen Bereich interessant zu machen.
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Es ist daher eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, Mittel und Verfahren bereitzustellen, die eine Herstellung von Collinolacton mit einer höheren als vom Stand der Technik bekannt und für eine wirtschaftliche Verwendung geeignete Produktionsrate ermöglichen.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Protein oder Peptid nach Ansprüchen 1 oder 4, eine Nukleinsäure nach Ansprüchen 2 und 3, ein Gen-Cluster oder Operon nach Anspruch 5 oder 6, einen Expressionsvektor nach Anspruch 7, eine Wirtszelle nach Anspruch 8, ein Verfahren nach Ansprüchen 9 bis 11, Collinolacton oder sein bioaktives Derivat nach Anspruch 12, eine pharmazeutische Zusammensetzung nach Anspruch 13, sowie eine Verwendung nach Anspruch 14. Der Wortlaut sämtlicher Ansprüche wird hiermit durch ausdrückliche Bezugnahme zum Inhalt dieser Beschreibung gemacht.
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Den Erfindern ist es erstmalig gelungen, in einem Bakterienstamm Streptomyces sp. Gene und Proteine zu identifizieren, zu charakterisieren und bereitzustellen, die für die Biosynthese von natürlichem Collinolacton verantwortlich sind.
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Dadurch ist eine im Vergleich zu den bekannten Verfahren zur Isolierung von Collinolacton effizientere Herstellung dieser Substanz, insbesondere in größeren Ausbeuten möglich. Folgende Erfindungsgegenstände bilden hierfür die Grundlage.
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In einem ersten Aspekt betrifft die Erfindung ein isoliertes Protein oder Peptid, das für einen Teilsyntheseschritt der Biosynthese von Collinolacton funktional ist, d. h. die Durchführung eines solchen Teilsyntheseschrittes ermöglicht.
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Der Begriff Biosynthese bedeutet im Sinne der vorliegenden Erfindung nicht nur eine intrazelluläre Synthese, sondern umfasst auch die Aufnahme in eine Zelle sowie Ausschleusung aus einer Zelle über die Zellmembran und / oder Zellwand.
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Der Begriff Protein kann im Sinne der vorliegenden Erfindung nicht nur ein einzelnes erfindungsgemäßes Protein oder Peptid, sondern auch eine Kombination von mehreren verschiedenen erfindungsgemäßen Proteinen bzw. Peptiden bedeuten.
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Ein erfindungsgemäßes Protein oder Peptid kann biotechnologisch oder chemisch hergestellt sein. Alternativ kann ein erfindungsgemäßes Protein oder Peptid aus einem Bakterium, insbesondere aus einem Bakterium der Gattung Streptomyces, stammen bzw. einem solchen Bakterium entnommen sein.
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Das Protein oder Peptid besteht aus einer Aminosäure-Sequenz, die eine Übereinstimmung von mindestens 80%, vorzugsweise mindestens 90%, bevorzugt mindestens 95%, besonders bevorzugt mindestens 98%, insbesondere 99%-100% mit der Aminosäure-Sequenz aufweist, die ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus SEQ ID Nr. 29 bis SEQ ID 55. Die biologischen Aktivitäten einzelner Proteine oder Peptide sind jeweils in den Sequenzprotokollen SEQ ID Nr. 29 bis SEQ ID 55 angegeben.
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Die Erfindung betrifft ferner eine isolierte Nukleinsäure, welche für ein Protein oder Peptid codiert, welches für einen Teilsyntheseschritt der Biosynthese von Collinollacton funktional ist, d. h. die Durchführung eines solchen Teilsyntheseschrittes ermöglicht.
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Die Nukleinsäure besteht aus einer Nukleinsäure-Sequenz, die eine Übereinstimmung von mindestens 80%, vorzugsweise mindestens 90%, bevorzugt mindestens 95%, besonders bevorzugt mindestens 98%, insbesondere 99%-100% mit der Nukleinsäure-Sequenz aufweist, welche ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus SEQ ID Nr. 2 bis SEQ ID Nr. 28 oder SEQ ID Nr. 56.
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Der Begriff Nukleinsäure kann im Sinne der vorliegenden Erfindung nicht nur eine einzelne Nukleinsäure, sondern auch eine Kombination von mehreren verschiedenen Nukleinsäuren bedeuten. Weiterhin kann der Begriff Nukleinsäure im Sinne der vorliegenden Erfindung eine DNA oder eine RNA bedeuten und kann insbesondere ausgewählt sein aus der Gruppe bestehend aus Gen bzw. offenes Leseraster (Open Reading Frame, ORF), cDNA und mRNA. Eine erfindungsgemäße Nukleinsäure kann chemisch oder rekombinant, d. h. gentechnologisch, hergestellt sein.
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Alternativ kann eine erfindungsgemäße Nukleinsäure aus einem Bakterium, insbesondere aus einem Bakterium der Gattung Streptomyces stammen bzw. einem solchen Bakterium entnommen sein.
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In einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung eine isolierte Nukleinsäure, welche vorzugsweise für ein Protein oder Peptid codiert, welches für einen Teilsyntheseschritt der Biosynthese von Collinolacton funktional ist, d. h. die Durchführung eines solchen Teilsyntheseschrittes ermöglicht, wobei die Nukleinsäure aus einer Nukleinsäure-Sequenz besteht, die eine Übereinstimmung von mindestens 80%, vorzugsweise mindestens 90%, bevorzugt mindestens 95%, besonders bevorzugt mindestens 98%, insbesondere 99%-100% mit der Nukleinsäure-Sequenz aufweist, die ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus SEQ ID Nr. 2 bis SEQ ID Nr. 28 oder SEQ ID Nr. 56.
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Die oben genannten Nukleinsäure-Sequenzen codieren bevorzugt wie folgt:
- SEQ ID Nr. 2 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 29,
- SEQ ID Nr. 3 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 30,
- SEQ ID Nr. 4 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 31,
- SEQ ID Nr. 5 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 32,
- SEQ ID Nr. 6 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 33,
- SEQ ID Nr. 7 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 34,
- SEQ ID Nr. 8 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 35,
- SEQ ID Nr. 9 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 36,
- SEQ ID Nr. 10 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 37,
- SEQ ID Nr. 11 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 38,
- SEQ ID Nr. 12 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 39,
- SEQ ID Nr. 13 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 40,
- SEQ ID Nr. 14 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 41,
- SEQ ID Nr. 15 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 42,
- SEQ ID Nr. 16 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 43,
- SEQ ID Nr. 17 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 44,
- SEQ ID Nr. 18 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 45,
- SEQ ID Nr. 19 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 46,
- SEQ ID Nr. 20 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 47,
- SEQ ID Nr. 21 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 48,
- SEQ ID Nr. 22 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 49,
- SEQ ID Nr. 23 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 50,
- SEQ ID Nr. 24 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 51,
- SEQ ID Nr. 25 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 52,
- SEQ ID Nr. 26 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 53,
- SEQ ID Nr. 27 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 54,
- SEQ ID Nr. 28 für eine Aminosäure-Sequenz gemäß SEQ ID Nr. 55.
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In einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung ein isoliertes Protein oder Peptid, welches vorzugsweise funktional ist für einen Teilsyntheseschritt der Biosynthese von Collinolacton, d. h. die Durchführung eines solchen Teilsyntheseschrittes ermöglicht, wobei das Protein bzw. Peptid mittels Expression eines Gens bzw. offenen Leserasters hergestellt ist und das Gen bzw. offene Leseraster aus einer Nukleinsäure-Sequenz besteht, die eine Übereinstimmung von mindestens 80%, vorzugsweise mindestens 90%, bevorzugt mindestens 95%, besonders bevorzugt mindestens 98%, insbesondere 99%-100% mit der Nukleinsäure-Sequenz aufweist, die ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus SEQ ID Nr. 2 bis SEQ ID Nr. 28 oder SEQ ID Nr. 56.
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Die Erfindung umfasst des Weiteren ein isoliertes Gen-Cluster, welches vorzugsweise für die Biosynthese von Collinolacton funktional ist, d. h. die Durchführung einer solchen Biosynthese ermöglicht (3).
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Der Begriff Gen-Cluster bedeutet eine Funktionseinheit der DNA von Prokaryoten und manchen Eukaryoten, die sie zur Regulation von solchen Genen anwenden, deren Produkte (Proteine oder Peptide) an zusammenhängenden Prozessen, beispielsweise einer Biosynthese einer Substanz, beteiligt sind. Derartige Gene liegen vor allem bei Bakterien auf einem einzelnen Chromosom in Strukturen, die als Gen-Cluster bezeichnet werden, nebeneinander und können zusammen unter der Kontrolle einer oder mehrerer regulatorischer Sequenzen transkribiert werden. Ein Gen-Cluster kann grundsätzlich aber auch mehrere Promotoren und Operons enthalten und auch von mehreren Regulatoren kontrolliert werden.
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Das oben erwähnte Gen-Cluster enthält in der Regel ferner einen Promotor sowie einen oder mehrere Operatoren. Insbesondere kann das Gen-Cluster mindestens einen in Streptomyces stark wirkenden Promotor enthalten, z.B. einen Promotor aus der Familie kasOp, bevorzugt einen kasOp* Promotor.
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Das Gen-Cluster besteht aus wenigstens zwei Nukleinsäure-Sequenzen, deren Genprodukte eine Übereinstimmung von mindestens 80%, vorzugsweise mindestens 90%, bevorzugt mindestens 95%, besonders bevorzugt mindestens 98%, insbesondere 99%-100% mit der Aminosäure-Sequenz aufweist, welche ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus SEQ ID Nr. 29 bis SEQ ID Nr. 55 und Kombinationen davon.
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Das Gen-Cluster kann insbesondere aus allen der im vorherigen Absatz genannten Nukleinsäure-Sequenzen bestehen.
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Alternativ kann das Gen-Cluster insbesondere aus einer Nukleinsäure-Sequenz bestehen, die eine Übereinstimmung von mindestens 80%, vorzugsweise mindestens 90%, bevorzugt mindestens 95%, besonders bevorzugt mindestens 98%, insbesondere 99%-100% mit der Nukleinsäure-Sequenz SEQ ID Nr. 1 aufweist. Die Nukleinsäure-Sequenz SEQ ID Nr. 1 wurde von den Erfindern als das Gen-Cluster identifiziert und charakterisiert, welches in einem Bakterium der Gattung Streptomyces für die Collinolacton-Biosynthese zuständig ist.
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In einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung einen artifiziellen bzw. rekombinanten, d. h. gentechnologisch hergestellten, Expressionsvektor, d. h. ein Vehikel zur Übertragung wenigstens einer Nukleinsäure in eine Empfänger- oder Wirtszelle, die dann im Rahmen einer Genexpression wenigstens ein Protein bzw. Peptid, für welches die wenigstens eine Nukleinsäure codiert, exprimiert. Der Expressionsvektor enthält wenigstens eine erfindungsgemäße, oben beschriebene Nukleinsäure.
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Alternativ kann der Expressionsvektor ein erfindungsgemäßes, oben beschriebenes Gen-Cluster enthalten. Bei dem Expressionsvektor kann es sich grundsätzlich um ein Plasmid oder ein Cosmid handeln. Bevorzugt ist ein Plasmid bzw. Cosmid, das in das Chromosom von Bakterien der Gattung Streptomyces integrieren kann oder als replikatives Plasmid, Cosmid, Fosmid oder „Bacterial Artificial Chromosome“ in der Zelle existiert und native oder entsprechend konstitutive oder induzierbare (regulierbaren) Promotoren enthält.
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Der erfindungsgemäße Expressionsvektor eignet sich sowohl zur Durchführung einer homologen Expression als auch zur Durchführung einer heterologen Expression.
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In einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung eine artifizielle bzw. rekombinante, d. h. biotechnologisch hergestellte, Collinolacton-produzierende Wirtszelle. Die Wirtszelle zeichnet sich dadurch aus, dass sie alternativ oder in Kombination wenigstens eine der erfindungsgemäßen Nukleinsäuren, wenigstens eines der erfindungsgemäßen Proteine oder Peptide, ein erfindungsgemäßes Gen-Cluster, oder einen erfindungsgemäßen Expressionsvektor enthält.
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Bei der Wirtszelle kann es sich grundsätzlich um eine eukaryotische oder prokaryotische Zelle handeln, die insbesondere aus der Gruppe bestehend aus Bakterienzelle, Hefezelle und Pilzzelle ausgewählt sein kann. Besonders bevorzugt als Wirtszelle ist ein Bakterium der Gattung Streptomyces. Des Weiteren kann es sich bei der Wirtszelle um eine homologe oder heterologe Wirtszelle handeln.
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Die Wirtszelle kann in einer weiteren Ausführungsform mittels Transformation, Transduktion, Transfektion oder Konjugation, insbesondere unter Verwendung eines erfindungsgemäßen Expressionsvektors, hergestellt oder herstellbar sein.
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In einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung ein Verfahren für die Biosynthese von Collinolacton, umfassend die Schritte: a) Kultivieren einer Collinolactonproduzierenden erfindungsgemäßen Wirtszelle und b) Aufreinigung von Collinolacton aus der Zelle, einem zum Kultivieren verwendeten Kulturmedium oder der Reaktionslösung.
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Zur Steigerung der Produktionsausbeute von Collinolacton können erfindungsgemäß folgende Kultivierungsparameter einzeln oder in Kombination folgendermaßen verändert werden: a) Hinzuzufügen wenigstens einer Vorläuferverbindung für die Biosynthese von Collinolacton dem Kulturmedium oder der Reaktionslösung, die insbesondere ausgewählt aus der Gruppe bestehend beispielhaft, jedoch nicht ausschließlich aus Alkinsäure, Alkensäure, Dicarbonsäure, deren Ester und Thioester sowie deren Salze, insbesondere Acetat, Propionat und Malonat; b) Hinzufügen von einem Adsorbens, bevorzugt einem Adsorberharz dem Kulturmedium bereits beim Kultivieren der Wirtszelle oder der Reaktionslösung bei der Reaktion und nicht erst bei der anschließenden Aufreinigung von Collinolacton zugegeben; c) In die Produktionskultur das Einfügen der Schritte (einfach bis mehrfach, bevorzugt dreifach) des zirkulierenden Produktionsmediums gegen die Volumina mit Nährmedium oder Verdünnerlösung des vorhergehenden Schrittes und Volumina mit Verdünnerlösung, oder in die chemische und chemisch-enzymatische Reaktion das Einfügen der Schritte (einfach bis mehrfach, bevorzugt dreifach) der zirkulierenden Reaktionslösung oder Verdünnerlösung des vorhergehenden Schrittes gegen die Volumina des Reaktionsgefäßes gegen die Volumina mit Verdünnerlösung im Dialyseverfahren mit semipermeablen Membranen, bevorzugt unterschiedlicher Porengrößen. Das Zielprodukt kann aus Verdünnerlösungen gewonnen werden, bevorzugt aus der in Reihenfolge dritten Verdünnerlösung.
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Des Weiteren betrifft die Erfindung die Substanz Collinolacton oder ein bioaktives Derivat davon, hergestellt oder herstellbar unter Verwendung von oben beschriebenen Proteinen oder Peptiden, Nukleinsäuren, Gen-Cluster, Expressionsvektor, Wirtszelle oder Verfahren.
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Die von den Erfindern vorgenommenen NMR und Kristallstrukturanalyse der nach dem oben beschriebenen Verfahren hergestellten Substanz zeigten überraschenderweise eine abweichende Strereochemie des Collinolacton-Moleküls, als die im Stand der Technik (1) beschriebene (1). Das in der vorliegenden Erfindung charakterisierte Collinolacton unterscheidet sich vom Rhizolutin demnach in der Stereochemie an den Kohlenstoffatomen C-5, C-10, C-12 und C-14.
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In einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung eine pharmazeutische Zusammensetzung, die das erfindungsgemäß hergestellte oder herstellbare Collinolacton oder mindestens eines seiner bioaktiven Derivate enthält.
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Schließlich betrifft die Erfindung eine Verwendung des erfindungsgemäß hergestellten oder herstellbaren Collinolactons oder mindestens eines bioaktiven Derivats zur Herstellung einer pharmazeutischen Zusammensetzung zur Behandlung, Diagnose und / oder Prophylaxe von Krankheiten, bevorzugt von neurodegenerativen Erkrankungen, insbesondere von Alzheimer oder Demenz.
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Weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den nachfolgenden Beispielen in Verbindung mit den Figuren und Unteransprüchen.
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Figurenliste
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- 1. Struktur von Collinolacton im Vergleich zur aus dem Stand der Technik bekannten Stereochemie des Rhizolutins.
- 2. Postulierte Biosynthese von Collinolacton über einen Typ I PKS Weg, abgeleitet durch 13C-isotopenmarkierte Vorstufen-Fütterungsexperimente.
- 3. Das identifizierte und charakterisierte Gen-Cluster, welches für die Biosynthese von Collinolacton zuständig ist. Funktionen einzelner Gene des erfindungsgemäßen Gen-Clusters für die Collinolacton-Biosynthese:
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Gene |
Genfunktion |
colA
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Positiver Transkriptionsregulator (luxR Familie) |
colB
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Unbekanntes Protein |
colC
colD
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Asparaginsynthetase Flavinreductase |
colE
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Anthranilate 3-monooxygenase (4-Hydroxyphenylacetate 3-monooxygenase) |
colF
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Methyltransferase |
colG
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DNA-Bindeprotein |
colH
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Purin-Efflux-Pumpe PbuE |
colI
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Luziferase-ähnliche Monooxygenase |
colJ
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Protein der Class-II DAHP Synthetase Familie |
colK
|
Methylenetetrahyd rofolat-Red uctase |
colL
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T1 PKS Untereinheit |
colM
|
T1 PKS Untereinheit |
colN
|
T1PKS Untereinheit |
colO
|
Polyketidcyclase (SnoaL Familie |
colP
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Chaperonprotein HtpG |
colQ
|
Unbekanntes Protein |
colR
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Methylmalonyl-Co-A Mutase (assoziiert mit GTPase MeaB) |
colS
|
Methylmalonyl-Co-A Mutase |
colT
|
Methylmalonyl-Co-A Mutase (Untereinheit beta) |
colU
|
Membranprotein |
colV
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Zellzeilungsprotein SepF |
colW
|
bldA-requliertes Nucleotidebindungsprotein |
colX
|
Nucleotide-Pyrophosphohydrolase |
colY
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Unbekanntes Protein |
colZ
|
Unbekanntes Protein |
colZA
|
Luziferase-ähnliche Monooxygenase |
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4. A: Fermentationskurve des Wiltyp Streptomyces Gö 40/10 und des Überproduzentenstamm Streptomyces Gö 40/10 pKC1218-KasOp_luxR. B: Produktion des Wildtyp Stamm Streptomyces Gö 40/10 (links) um Vergleich zum Kontrollstamm Streptomyces Gö mit dem Hygromycin-Resistenzplasmid pKC1218 (Mitte) und dem Überproduzentenstamm Streptomyces Gö 40/10 pKC1218-KasOp_IuxR.
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5. Testung von neuroprotektiven Eigenschaften von erfindungsgemäß hergestellten Collinolacton. Collinolacton wurde in Konzentrationen von 1 - 25 µM hinsichtlich seiner neuroprotektiven Eigenschaften gegen Glutamat-induzierten oxidativen intrazellulären Stress gegen HT22 Zellen getestet. Das Ergebnis des MTT-Tests ist als Mittelwert ± Standardabweichung dargestellt von jeweils drei unabhängigen Replikaten in sechsfacher Wiederholung. Unbehandelte Zellen wurden auf 100 % normiert. Signifikanzniveau: *p < 0,05; **p < 0,01; ***p < 0,001; #p < 0,05; ##p < 0,01; ###p < 0,001.
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Ausführungsbeispiele
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Zur Aufklärung der Collinolacton-Biosynthese wurde der Bakterienstamm Streptomyces Gö 40/10 verwendet, der in (9) beschrieben ist.
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Aufbewahrung von Streptomyces Gö 40/10
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Die Aufbewahrung der Stämme erfolgte in Form von Glycerol-Stocks bei - 80 °C. Zur Herstellung der Cryo-Stocks wurde der jeweilige Stamm auf einer SM-Agarplatte angeimpft und für 7 Tage bei 28 °C inkubiert. Die dicht bewachsene Platte wurde anschließend mit 5 ml einer sterilen 50 % Glycerol-Wassermischung benetzt und der Sporenrasen mit einer Impföse von der Plattenoberfläche geschabt. Die Suspension wurde durch Baumwolle filtriert und die Sporen durch Zentrifugation pelletiert. Der Überstand wurde abgenommen und das Pellet anschließend in 25 % Glycerol-Wassermischung aufgenommen und gründlich gevortext. Die Lösung wurde in ein Cryo-Röhrchen überführt und bei -80 °C eingefroren.
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Herstellung von SM-Agarplatten: fettarmes Sojamehl 20 g/l, D-Mannit 20 g/l, 20 g/l Agar, deionisiertes Wasser, pH = 7,0 durch Zugabe von 1 N NaOH). Autoklavieren bei 121 °C für 20 min. Für die Kultivierung von Streptomyces Gö 40/10 pKC1218 und Streptomyces Gö 40/10 pKC1218-KasOp_luxR wurden vor dem Gießen 50 µg/ml Hygromycin B zugegeben.
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Fütterungsexperimente und biosynthetische Vorarbeiten
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Die chemische Struktur von Collinolacton legt nahe, dass dieses ein Produkt aus einer Polyketidbiosynthese ist. Entsprechend wurden die typischen Bausteine für diesen Biosyntheseweg, Acetat und Propionat, isotopenmarkiert zugefüttert, das Produkt Collinolacton isoliert (Verfahren siehe unten) und der Einbau ins Kohlenstoffskelett mittels 13C-NMR Spektroskopie untersucht. Dabei konnte bestimmt werden, dass Collinolacton aus 6 Acetat- bzw. Malonateinheiten, sowie 3 Propionat- bzw. Methylmalonateinheiten aufgebaut wird.
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Der Einbau von molekularem Sauerstoff konnte zudem über die Kultivierung unter 18O-Atomosphäre bestätigt werden. Die Tatsache, dass die biosynthetische Zwischenstufe Collinoketon ebenfalls isoliert werden kann, liefert Informationen über den Ablauf der Biosynthese (2). Zuerst wird das Gerüst aus den Einheiten aufgebaut, abschließend erfolgt der Einbau von Sauerstoff.
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Diese Erkenntnisse wurden herangezogen, um die Auswahl der in Frage kommenden Gencluster, die verantwortlich für die Collinolacton-Produktion sind, einzugrenzen. Mit diesem Wissen wurden weiterhin die Bedingungen für die Fermentation und Aufarbeitung entsprechend optimiert.
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Aufklärung der Biosynthese von Collinolacton
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Basierend auf den Fütterungsstudien und der Komplexität des Collinolactons kann von einer Biosynthese nach dem Typ I Polyketid-Mechanismus ausgegangen werden. Dieser Biosynthesemechanismus zeichnet sich normalerweise darüber aus, dass das Kohlenstoffgerüst solcher Polyketide über modular-aufgebaute Polyketid-Synthase (PKS) Enzyme gebildet wird. Der modulare Aufbau der Enzyme entspricht im Normalfall (z.B. Erythromycin) der Struktur ihrer Biosyntheseprodukte und wird daher auch als „kollinear“ bezeichnet.
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Um das Collinolacton Biosynthese-Gencluster zu identifizieren, wurden deshalb in der Gesamt-Genomsequenz des Produzentenstamms mit der Software antiSMASH (3) gezielt nach Typ I Polyketid-Synthase codierenden Genclustern gesucht. Überraschenderweise konnte bei keinem der identifizierten Typ I PKS-Genclustern eine Kollinearität mit der Collinolacton-Struktur gefunden werden. Dies deutet klar auf einen atypischen PKS-Biosyntheseweg hin.
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Um zu untersuchen, ob eine der in antiSMASH identifizierten Genom-Regionen mit Typ I PKS BGCs an der Collinolacton-Biosynthese beteiligt ist, wurden mit Hilfe der CRISPR-BEST Methode (4, 5) STOP-Codons in PKS-Gene der in antiSMASH identifizierten Regionen 1, 23, 31 eingefügt.
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Hierzu wurden, wie in (4) Tong et al, 2020 beschrieben, sgRNAs abgeleitet mit der Software CRISpy-web (6) (Tabelle S1), in den pCRISPR-BEST-Vektor kloniert und individuell über Interspezies-Konjugation über E. coli ET12567 pUZ8007 in S. sp. Gö 40/10 transferiert (7) und via Nalidixinsäure (30 µg/ml) und Apramycin (50 µg/ml) auf Klone mit übertragenem Plasmid selektiert.
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Um zu überprüfen, dass ein korrektes Editing der Zielgene erfolgt ist, wurden mittels Kolonie-PCR 780-1049 bp-Fragmente, die die jeweiligen Editing-Targets überspannen, mit Hilfe der Primer aus Tabelle S2 amplifiziert, mittels konventioneller Sanger-Methode sequenziert und auf das Editing überprüft. Für ein detailliertes Protokoll siehe Tong et al, 2020.
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Für Regionen 3 und 39 wurde ein alternativer Ansatz gewählt, bei dem ein internes Fragment der Gene LLPMBPKK_00537 (Region 3) und LLPMBPKK_07936 (Region 39) PCR-amplifiziert mit Template genomischer DNA aus S. sp. Gö 40/10 und den Primern GoR3_0537_R_Fw, GoR3_0537_R_Rv bzw. GoR39_07936_R_Fw und GoR39_07936_R_Rv. Die Primer enthalten Restriktions-Schnittstellen für EcoRI und Hindlll, über die das PCR-Fragment mit dem 3.0 kb EcoRI-Hindlll Fragment des Plasmids pSOK201, welches einen ColE1-Repliationsursprung, oriT und ein Apramycin-Resistenzgen enthält (8), kloniert wurden. Beide Plasmide wurden wie oben beschrieben über interspezifische Konjugation in S. sp. Gö 40/10 übertragen. Table S1. CRISPR-Protospacer-Sequenzen zum Einfügen von STOP-Codons via CRISPR-BEST Methode
Name | Sequenz (5'-3') | Zielgen / Zielregion |
GoR1_0314 | CGGTTGGTAGGATCGACGGCTTCCAGGAGAAGGGCAGGCGGTT TTAGAGCTAGAAATAGA | LLPMBPKK_00314, Region 1 |
GoR3_0542 | CGGTTGGTAGGATCGACGGCGAGGTCCAGGAACGCCAGATGTTT TAGAGCTAGAAATAGA | LLPMBPKK_00542, Region 3 |
GoR23_colL | CGGTTGGTAGGATCGACGGCCAGGCCCAGCTGTGGGGACTGTT TTAGAGCTAGAAATAGA | LLPMBPKK_coIL, Region 23 |
GoR31_06915 | CGGTTGGTAGGATCGACGGCGGGTCTCAACGGGCTGGTATGTTT TAGAGCTAGAAATAGA | LLPMBPKK_06915. Region 31 |
Table S2. Liste von Oligonukleotid-Primern zur Validierung des CRISPR-BEST Editings und Amplifikation der internen Genbereiche zur Geninaktivierung von Region 3 und 39.
Name | Sequenz (5'-3') | Einsatzzweck |
GoR1_0314_Fw | GTCCAGGTCGTTGCGTAG | Screening der KO Mutante, LLPMBPKK_00314 |
GoR1_0314_Rv | GTGTATGCGGGTGGTGTG | Screening der KO Mutante, LLPMBPKK_00314 |
GoR3_0542_Fw | TGCAGGGCGATGAGGTAGA | Screening der KO Mutante, LLPMBPKK_00542 |
GoR3_0542_Rv | GAGAGCATGAGCGACGAAGA | Screening der KO Mutante, LLPMBPKK_00542 |
GoR23_colL_Fw | CCTGCTGTCCCGTTGGTA | Screening der KO Mutante LLPMBPKK_colL |
GoR23_colL_Rv | CCGGTATCGCGGCGAGTA | Screening der KO Mutante LLPMBPKK_colL |
GoR31_06915_Fw | GCGCACGTCATCCTGGAA | Screening der KO Mutante LLPMBPKK_06915 |
GoR31_06915_Rv | CAAGTCCACACCGTCACC | Screening der KO Mutante LLPMBPKK_06915 |
GoR3_0537_R_Fw | GTCAAAGCTTCATGAAGACGAGT TCGGT | Konstruktion des pSOK201- GoR3_0537_R Plasmids |
GoR3_0537_R_Rv | GTCAGAATTCGCTGTTCGAGAAG TTCCC | Konstruktion des pSOK201- GoR3_0537_R Plasmids |
GoR39_07936_R_Fw | GTCAAAGCTTCTCGGTTCCTGGG GGATA | Konstruktion des pSOK201- GoR3_07936_R Plasmids |
GoR39_07936_R_Rv | GTCAGAATTCTAGTGCTGGTGCT GGAAG | Konstruktion des pSOK201- GoR3_07936_R Plasmids |
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Während die Geninaktivierung der BGC Regionen 1, 3, 31 und 39 keinen Einfluss auf die Collinolacton-Produktion hatte, führte das Einsetzen eines Stop-Codons in das colL-Gen (SEQ ID Nr. 13), welches einen Vorzeitigen Translations-Abbruch des Polypeptids SEQ ID Nr. 40 zur Folge und damit zum Ausfall dessen Biosynthese-Funktion hat, zu einem vollständigen Verlust der Collinolacton-Produktion. Damit wurde gezeigt, dass das Gen colL (SEQ ID Nr. 13) und damit vermutlich das gesamte BGC (SEQ ID Nr. 1), in dem colL codiert ist, an der Collinolacton-Produktion beteiligt ist.
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Die identifizierte genomische Region 23 (SEQ ID Nr. 1) codiert für drei Gene, die für putative Typ I Polyketidsynthasen codieren (colL, colM, colN, SEQ ID Nr. 13-15). Es wird vermutet, dass im Zusammenspiel dieser Gene/Genprodukte das Kohlenstoff-Rückgrat des Collinolactons gebildet wird. Ebenfall in SEQ ID Nr. 1 enthalten sind drei Gene, die Ähnlichkeiten zu Monooxygenasen aufweisen, die an der postulierten Baeyer-Villiger-Oxidationsreaktion beteiligt sin können (colD, coll, colZA; SEQ ID Nr. 5, 10, 28). Mit colA (SEQ ID Nr. 2) enthält das BGC weiterhin ein Gen, das für einen potentiellen Transkriptionsaktivator der LuxR-Familie codiert sowie mit colH (SEQ ID Nr. 9) ein putatives Transportergen.
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Erzeugung eines Collinolacton-Produktionsstamms
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Das Collinolacton BGC codiert mit colA (SEQ ID Nr. 2) für einen putativen positiven Regulator der LuxR-Familie. Ein DNA-Fragment bestehend aus dem kasOp* Promotor und dem co/A-Gen (SEQ ID Nr. 2), flankiert von einer Hindlll und Xbal Restriktionsschnittstelle, wurde synthetisiert (Genscript Biotech, Leiden, NL) (SEQ ID Nr. 56) und kloniert im Vektor pUC57 geliefert. Das Hindlll/Xbal-Fragment wurde anschließend über diese Restriktionsschnittstellen in den Vektor pKC1218 kloniert. Zum Transfer in S. sp. Gö 40/10, wurde anschließend E. coli ET12567 pUZ8002 mit diesem pKC1218 kasOp*-colA Konstrukt transformiert und zur Konjugation eingesetzt mit Standardprotokoll (7). Nach Selektion mit Nalidixinsäure (30 µg/ml) und Hygromycin (50 µg/ml) wurden Einzelkolonien gewonnen und für die weiteren Experimente eingesetzt.
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Überproduktion von Gö 40/10 pKC1218-KasOp luxR
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Um eine Produktionssteigerung von Collinolacton in der Mutante Streptomyces Gö 40/10 pKC1218-KasOp_luxR nachzuweisen, wurde dieser unter Standardbedingungen fermentiert und der Überstand nach Zentrifugation mit Hilfe der LC-DAD-MS analysiert. Als Negativ-Kontrollen diente Kulturen von Streptomyces Gö 40/10 (Wild Typ) und Streptomyces Gö 40/10 pKC1218, die zeitgleich unter identischen Bedingungen kultiviert, aufgearbeitet und analysiert wurde.
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Die Anzucht erfolgte ausgehend von Cryo-Stocks der jeweiligen Stämme. Um eine reproduzierbare und vergleichbare Menge an Sporen zum Animpfen zu erhalten, wurde vorher ein Colony-Forming-Unit Test durchgeführt. Dazu wurde eine definierte Menge (100 µl) Sporensuspension entnommen und schrittweise in sterilisiertem Wasser verdünnt (jeweils 1:10 pro Verdünnungsschritt). Die einzelnen Verdünnungen wurden auf SM-Agarplatten (siehe Aufbewahrung) ausgestrichen und für 72 Stunden bei 28 °C inkubiert. Die Anzahl der gebildeten Kolonien wurde durch manuelle Auszählung bestimmt.
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Dieselbe Menge an Sporen wurde zum Animpfen der Flüssigkulturen verwendet. Alle Experimente wurden in Triplikaten durchgeführt.
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Herstellung Flüssigkulturen: 250 ml Schüttelkolben mit drei Bodenschikanen, fettarmes Sojamehl 20 g/l, D-Mannit 20 g/l, deionisiertes Wasser, pH = 7,0 durch Zugabe von 1 N NaOH). Autoklavieren bei 121 °C für 20 min. Für die Kultivierung von Streptomyces Gö 40/10 pKC1218 und Streptomyces Gö 40/10 pKC1218-KasOp_luxR wurden nach dem Autoklavieren und Abkühlen 50 µg/ml Hygromycin B zugegeben.
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Als Verdünnerlösungen wurde demineralisiertes Wasser mit 5% Dimethylsulfoxid im Dialyseverfahren verwendet.
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Die Inkubation wurde bei 28 °C und 165 rpm für insgesamt 144 Stunden durchgeführt. Alle 24 Stunden wurde jeweils 1 ml Kultur entnommen, zentrifugiert und der Überstand mittels LC-DAD-MS analysiert.
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LC-DAD-MS-Analyse (Gerätespezifikation: HPLC: Thermo Fisher Scientific Dionex Ultimate 3000 HPLC; Säule: Macherey-Nagel Nucleoshell® EC RP-C18 (150 x 2 mm, 2,7µm); MS: Bruker MaXis 4G ESI-QTOF wurde mit folgendem Gradientensystem durchgeführt (Lösungsmittel A - Wasser mit 0,1% Ameisensäure, B - Methanol mit 0,1 % Ameisensäure): 10 % A auf 100 % B in 20 min, Flussrate: 0,3 ml/min.
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Zur Datenauswertung wurde die vom Hersteller bereitgestellte Software Bruker DataAnalysis 4.2 verwendet. Extracted Ion Chromatograms (ElCs) für Collinolacton (m/z = 361,2010 ± 0,005 Da) wurden erzeugt und die Peakflächen automatisch integriert.
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Die Produktion des Überproduzentenstamm Streptomyces Gö 40/10 pKC1218-KasOp_luxR liegt um das 7-fache über der Produktion des Wildtyp-Stamm Streptomyces Gö (4B). Da das produzierte Produkt Collinolacton wieder abgebaut wird (4A) wurde eine spezielle Fermentationsmethode entwickelt, um das bereits produzierte Collinolacton aus der Kulturbrühe zu entziehen und so den Abbau zu verhindern.
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Die Produktion des Überproduzentenstamm Streptomyces Gö 40/10 pKC1218-KasOp _luxR liegt um das 7-fache über der Produktion des Wildtyp-Stamm Streptomyces Gö (4B). Da das produzierte Produkt Collinolacton wieder abgebaut wird (4A), wurde eine spezielle Fermentationsmethode entwickelt, um das bereits produzierte Collinolacton aus der Kulturbrühe zu entziehen und so den Abbau zu verhindern.
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Zugabe von XAD-16 zur Fermentation
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Durch Zugabe von Amberlite XAD-16 Resin, eine polymerbasierten Adsorberharz wird der Kulturbrühe permanent Collinolacton entzogen. Um die Verträglichkeit des Harzes für den Bakterienstamm zu erhöhen, ist es notwendig, alle zugegebenen Additive wie Bindemittel, Trocknungsmittel und Bakterizide vorher zu entfernen. Dazu wird das Adsorberharz wie folgt vorbereitet:
- I. Quellen in 1 N HCl-Lösung in Methanol für 30 min, danach abfiltrieren.
- II. Der Rückstand wird in Aceton aufgenommen und für 30 min quellen gelassen, danach erneut abfiltriert.
- III. Der Rückstand wird in 1 N wässriger Natriumhydroxidlösung aufgenommen und erneut quellen gelassen für 30 min. Abschließend wird erneut filtriert.
- IV. Das Harz wird mit Wasser so lange gewaschen, bis sich der Geruch des Acetons vollkommen verflüchtigt hat.
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Pro Schüttelkolben mit Medium werden 15 g des noch feuchten Adsorberharz zugegeben und anschließend zusammen autoklaviert.
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Die Zugabe des Adsorberharzes hat zudem den Vorteil, dass bei der Aufarbeitung der Kulturen das durch Zentrifugation erhaltene Filtrat verworfen werden kann, während sich das Collinolacton vollständig im Harz/Pellet Gemisch befindet.
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Fermentation und Aufarbeitung von Collinolacton-Produzenten
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In der erstellten Fermentationsprotokoll für die Collinolacton-Produzentenstämme und die Aufarbeitung wurden alle erworbenen Kenntnisse mit einbezogen.
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Basierend auf dem Sojamehl-Mannit-Medium wurde ein optimiertes Medium zusammengestellt, welches folgende Bestandteile beinhaltet: fettarmes Sojamehl 20 g/l, D-Mannit 20 g/l, 20 g/l Kartoffelstärke (löslich), 10 g/l D-Glucose, 5 g/l Hefeextrakt, 1 g/l Calciumcarbonat, deionisiertes Wasser, pH = 7,0 durch Zugabe von 1 N NaOH). Zugabe von 75 g/l frisch äquilibriertes XAD-16 (siehe oben) und anschließendes Autoklavieren bei 121 °C für 20 min. Für die Kultivierung von Streptomyces Gö 40/10 pKC1218 und Streptomyces Gö 40/10 pKC1218-KasOp_luxR wurden nach dem Autoklavieren und Abkühlen 50 µg/ml Hygromycin B zugegeben.
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Die Kulturen wurden mit 10 ml einer 48 Stunden alten Vorkultur angeimpft.
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Herstellung der Vorkultur: 250 ml Schüttelkolben mit drei Bodenschikanen, fettarmes Sojamehl 20 g/l, D-Mannit 20 g/l, deionisiertes Wasser, pH = 7,0 durch Zugabe von 1 N NaOH). Autoklavieren bei 121 °C für 20 min. Für die Kultivierung von Streptomyces Gö 40/10 pKC1218 und Streptomyces Gö 40/10 pKC1218-KasOp_luxR wurden nach dem Autoklavieren und Abkühlen 50 µg/ml Hygromycin B zugegeben. Die Vorkulturen wurden ausgehend von einem Cryo-Stock angeimpft.
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Um die Produktion weiter zu steigern, wurde eine sterilfiltrierte Lösung von Natriumpropionat und Malonsäure (jeweils 500 mg/l Kultur) mit einem pH-Wert von 7 (durch Zugabe von NaOH eingestellt) 8 Stunden nach Fermentationsbeginn zugegeben.
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Die Kultivierung und Produktion kann entweder in Schüttelkolben oder im Fermenter erfolgen.
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Die Aufarbeitung erfolgt im Falle des Wildtyps Streptomyces Gö 40/10 nach 48 Stunden bzw. nach 96 Stunden für Streptomyces Gö 40/10 pKC1218-KasOp_luxR. Dazu wird die Kultur zentrifugiert und der Überstand verworfen. Dieser enthält aufgrund des zugegebenen XAD-16 kein Collinolacton. Der erhaltene Rückstand wird drei Mal unter Rühren mit je 2 I Aceton extrahiert, bis das erhaltene Extrakt nahezu farblos ist. Das Lösungsmittel der vereinigten Extrakte wird entfernt und der Rückstand in 300 ml Wasser aufgenommen bevor dieser drei Mal mit 200 ml Toluol extrahiert wird.
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Die Verdünnerlösungen aus Produkt im demineralisierten Wasser mit 5% Dimethylsulfoxid werden in der Kälte lyophilisiert bis ein trockener Rückstand erhalten wird. Der erhaltene Rückstand wird drei Mal unter Rühren mit je 2 l Aceton extrahiert, bis das erhaltene Extrakt nahezu farblos ist. Das Lösungsmittel der vereinigten Extrakte wird entfernt und der Rückstand in 300 ml Wasser aufgenommen bevor dieser drei Mal mit 200 ml Toluol extrahiert wird.
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Das Lösungsmittel wird wiederum entfernt und der erhaltene ölige Rückstand säulenchromatographisch aufgereinigt:
- I. Schwerkraftsäule Kieselgel, Cyclohexan/Aceton 3:2;
- II: Flash-Chromatographie: A: Diisopropylether, B: Aceton mit 20 ml/min. Die einzelnen Gradienten-Schritte sind wie folgt: 5 min 2 % B, 10 min 8 % B, 20 min 8 % B, 25 min 16 % B, 35 min 16 % B, 40 min 20 % B, 45 min 20 % B.
- III: Präparative HPLC: Säule: Dr. Maisch Kromasil 100 C18, 34 % Acetonitril/Wasser, Flussrate 17,5 ml/min. Das Produkt eluiert bei Rt = 25 - 27 min.
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Durch die Aufarbeitung konnten Ausbeuten an Collinolacton von 75 mg/l erhalten werden.
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Testung von neuroprotektiven Eigenschaften von Collinolacton
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Das nach dem oben beschriebenen Verfahren produziertes Collinolacton wurde in Konzentrationen von 1 - 25 µM hinsichtlich seiner neuroprotektiven Eigenschaften gegen Glutamat-induzierten oxidativen intrazellulären Stress gegen HT22 Zellen getestet.
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Das Ergebnis des MTT-Tests ist als Mittelwert ± Standardabweichung dargestellt von jeweils drei unabhängigen Replikaten in sechsfacher Wiederholung (5). Unbehandelte Zellen wurden auf 100 % normiert. Signifikanzniveau: *p < 0,05; **p < 0,01; ***p < 0,001; #p < 0,05; ##p < 0,01; ###p < 0,001.
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Referenzen
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SEQUENCE LISTING
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