-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines dressierten Kaltbands, umfassend folgende Schritte:
- - Vergießen einer eisenhaltigen Schmelze mit einer chemischen Zusammensetzung zur Erzeugung eines Vorprodukts;
- - Warmwalzen des Vorprodukts zur Erzeugung eines Warmbands;
- - Kaltwalzen des Warmbands zur Erzeugung eines Kaltbands;
- - Glühbehandlung des Kaltbands;
- - Dressieren des Kaltbands, wobei das Kaltband zwischen zwei Dressierwalzen eines Walzgerüsts hindurchgeführt wird und mit einer Walzkraft und einer Zugkraft beaufschlagt wird, wobei die auf das Kaltband einwirkenden Dressierwalzen mit einer Oberflächentextur versehen sind, wobei die Walzkraft derart gewählt wird, dass das Kaltband mit einem Dressiergrad >= 0,2% dressiert wird und sich beidseitig auf den Oberflächen des Kaltbands eine Textur abhängig von der Oberflächentextur der Dressierwalzen einstellt, wobei das Kaltband nach dem Dressieren Eigenschaften aufweist, welche in Abhängigkeit von der chemischen Zusammensetzung, von der Glühbehandlung und/oder von der Walzkraft resultieren, wobei zur Einstellung der Eigenschaften die Glühbehandlung und/oder das Dressieren mit einer Walzkraft mit vorgegebenen Soll-Werten durchgeführt wird.
-
Die Herstellung von dressierten Kaltbändern ist seit Jahrzehnten gängige Praxis. Insbesondere werden die Schritte bis zur Erzeugung eines Kaltbands in der Regel bei einem Stahlhersteller umgesetzt, wobei je nach Anwendung und Anforderung eines Weiterverarbeiters ein Dressieren des Kaltbandes entweder auch beim Stahlhersteller oder beim Weiterverarbeiter durchgeführt werden kann.
-
Die Bereitstellung einer definierten Textur an den Oberflächen von dressierten Kaltbändern ist wesentlich für weitere Prozesse, insbesondere in der weiterverarbeitenden Industrie zur Herstellung von Bauteilen für den Fahrzeugbau. Im Zuge der Bauteilherstellung, insbesondere in Umformprozessen, ist es vorteilhaft, wenn verwendete Prozessmedien, wie zum Beispiel Öl und/oder Schmierstoffe, homogen und in notwendiger Auflage an umformprozessrelevanten Stellen vorhanden sind. Um eine möglichst vorteilhafte Oberflächenrauheit auf Kaltbändern für eine spätere Verarbeitung einstellen zu können, wird das Kaltband einem Walzvorgang (Dressieren) unterzogen, in welchem die Rauheit unter Verwendung von oberflächentexturierten Dressierwalzen am Kaltband eingestellt wird. Über das Dressieren können beispielsweise auch Bandwellen beseitigt und/oder kompensiert werden, wenn das Kaltband insbesondere vorher einer thermischen Behandlung (Glühbehandlung etc.) unterzogen worden ist. Das Dressieren bewirkt eine Dickenabnahme und Längung zwischen einlaufendem und auslaufendem Band, was in der Fachwelt als Dressiergrad bezeichnet wird, so dass darüber hinaus u. a. auch die mechanischen Eigenschaften des Kaltbands gezielt auf einen Soll-Wert eingestellt werden können.
-
Bedingt durch die unterschiedlichen Anforderungen an den Dressierprozess ist ein ausgeglichenes Verhältnis der Kräfte im Dressierspalt erforderlich. Bei hohen Reibkräften im Dressierspalt sind, um den geforderten Dressiergrad einstellen zu können, auch hohe (Walz-) Dressierkräfte erforderlich. Diese erhöhen sich zudem mit steigender Festigkeit (Rm) der zu dressierenden Kaltbänder, welche im Wesentlichen von der chemischen Zusammensetzung abhängig ist. Dadurch ist insbesondere ein hoher Übertrag der Rauheit der auf die Kaltbandoberflächen einwirkenden Dressierwalzen möglich. Hohe Kräfte können sich nachteilig auf die Standzeit der Dressierwalzen auswirken, die dadurch schneller verschleißen und somit schneller ersetzt und/oder neu aufgearbeitet werden müssen, was sehr kostenintensiv ist. Zu geringe Walz-/Dressierkräfte können sich nachteilig auf die Planheit des Kaltbands auswirken und/oder den Übertrag der Rauheit von Dressierwalze auf das Kaltband reduzieren.
-
Für die Walzkraftvorgaben werden konventionell sogenannte Setup-Tabellen erstellt. In diesen Tabellen werden beispielsweise Stahlgüten anhand der jeweiligen Streckgrenzen in Güten-Gruppen eingeteilt, was individuell respektive nach entsprechenden Vorgaben erfolgen kann. Des Weiteren können diese Güten-Gruppen zusätzlich in Dicken- und Breiten-Gruppen unterteilt werden, was ebenfalls individuell respektive nach entsprechenden Vorgaben erfolgen kann. Für die Güten-, Dicken- und Breiten-Gruppen-Einteilung ist das Produktionsspektrum der Anlage von Bedeutung. Die Gruppen bzw. Gruppierungen können Normen und Bedürfnisse beinhalten, welche u. a. Weiterverarbeiter-, interne, nationale, internationale, allgemeine und individuelle Vorgaben berücksichtigen können. In den Normen und Bedürfnissen können für jede Stahl-Güte eine entsprechende Spanne der chemischen Zusammensetzung und der mechanischen Kenngrößen definiert werden. Diese Gruppen/Gruppierung bzw. deren Einteilung sind nicht genormt und werden bei jedem Stahlhersteller individuell umgesetzt.
-
Die Vorgaben in den Setup-Tabellen werden während des Dressierens starr umgesetzt. Auf Schwankungen im Material (prozess- und/der materialbedingt) kann während des Dressierprozesses nicht reagiert werden, so dass die einzustellenden Eigenschaften beispielsweise die mechanischen Kenngrößen unter- oder überschritten werden können. Korrigierend kann beispielsweise durch einen weiteren Glüh- und/oder Dressierprozess (Nachbearbeitung) auf das Material mit den einzustellenden Eigenschaften eingewirkt werden. Andernfalls erfolgt eine Abwertung des Materials. Sowohl eine Abwertung als auch eine Nachbearbeitung ist nicht unbedingt wirtschaftlich.
-
Die Aufgabe der Erfindung ist daher, ein Verfahren zum Herstellen eines dressierten Kaltbandes anzugeben, mit welchem positiv Einfluss auf die einzustellenden Eigenschaften des Kaltbandes genommen werden kann.
-
Die Aufgabe wird mit den Merkmalen des Anspruches 1 gelöst.
-
Insbesondere kann durch die Erfindung eine dynamische Walzkraft am Dressiergerüst abgeschätzt werden, beispielsweise im Wesentlichen ohne Setup-Tabellen bzw. ohne starre Setup-Tabellen. Für individuelle chemische Zusammensetzungen, Vorgaben zu mechanischen Kenngrößen und Prozessschwankungen können optimale Walzkräfte eingestellt werden. Insbesondere durch die situationsbedingten Walzkraftvorgaben können homogene und/oder erwünschte mechanische Kenngrößen am Kaltband eingestellt werden. Zusätzlich können Prozessparameter, z. B. Glühtemperatur des Ofens, (Vor-)Aggregatseinstellungen, chemische Zusammensetzungen und weitere Einstellungen/Parameter optimiert werden. Für eine entsprechende Abschätzung muss die chemische Zusammensetzung des Kaltbands bekannt sein. Zusätzlich wäre die Kenntnis der genauen Glühtemperatur und Glühzeit von Vorteil.
-
Dazu muss mindestens eine Messung am Kaltband nach dem Dressieren durchgeführt und daraus mindestens ein Ist-Wert erzeugt werden, wobei der mindestens eine Ist-Wert mit einem Soll-Wert verglichen wird. Bei einer Abweichung des Ist-Werts zum Soll-Wert wird die Glühbehandlung entsprechend eines zugeordneten theoretischen Soll-Werts und/oder die Walzkraft entsprechend eines zugeordneten theoretischen Soll-Werts angepasst, so dass die am Kaltband einzustellenden Eigenschaften im Wesentlichen erreicht werden, insbesondere homogen im Kaltband eingestellt werden können.
-
Die Messung am Kaltband dient zur Erfassung des Ist-Zustands, mit welcher bei Bedarf regulierend positiv Einfluss auf die einzustellenden Eigenschaften des Kaltbandes genommen werden kann, insbesondere auf die Abschnitte des Kaltbandes, die noch nicht dressiert wurden. Ein Kaltband wird dem Dressierprozess in der Regel in Form eines Coils mit einer endlichen Länge zugeführt. Das Walzgerüst zum Dressieren kann zwischen einem Abhaspler und einem Aufhaspler angeordnet sein, wobei diese Anordnung insbesondere bei einem Weiterverarbeiter zur Anwendung kommen kann. In der Regel ist das Walzgerüst zum Dressieren in einer sogenannten Conti-Glühe vorgesehen, bedeutet, dass nach dem Abhaspler ein Durchlaufofen zur Durchführung einer Glühbehandlung des Kaltbandes, durch welches das Kaltband hindurchgeführt wird, angeordnet ist, in welchem die infolge des Kaltwalzens verzerrte Gitterstruktur innerhalb des Kaltbandes durch Glühbehandlung im Wesentlichen wieder entzerrt bzw. bis zu einem vorgegebenen Soll-Wert entzerrt wird. Dies bedeutet, das Kaltband wird rekristallisierend geglüht. Die einzustellende Temperatur und Dauer der Glühbehandlung ist abhängig von der chemischen Zusammensetzung und optional vom Rekristallisationsgrad. Nach der Glühbehandlung wird das Kaltband dressiert. Standardmäßig ist die Conti-Glühe Teil einer Feuerbeschichtungsanlage, so dass neben der Conti-Glühe eine Beschichtungsvorrichtung in Linie angeschlossen ist, in welcher das geglühte Kaltband durch ein Beschichtungs-Schmelzbad hindurchgeführt, mit einem Überzug beschichtet und anschließend dressiert wird. Abschließend wird das dressierte Kaltband wieder zu einem Coil aufgehaspelt. Alternativ zur Feuerbeschichtungsroute kann das zu einem Coil aufgehaspelte und dressierte Kaltband nach dem Durchlauf durch eine Conti-Glühe auch einer elektrolytischen Beschichtungsanlage zugeführt werden, in welchem das dressierte Kaltband elektrolytisch mit einem Überzug beschichtet wird.
-
Durch die Messung kann somit Einfluss auf die noch nicht dressierten Abschnitte genommen werden, vorzugsweise zur Einstellung der Parameter für die Durchführung der Glühbehandlung und/oder des Dressierens. So können erfindungsgemäß die noch nicht dressierten Abschnitte des Kaltbands vorteilhaft mit anderen Einstellungen der Glühbehandlung und/oder des Dressierens bearbeitet werden, welche die Vorgaben hinsichtlich der gewünschten Eigenschaften erfüllen können. Aus einer eisenhaltigen Schmelze werden ein oder mehrere Vorprodukte erzeugt, aus denen wiederrum mindestens zwei Warmbänder und daraus resultierend mindestens zwei Kaltbänder mit einer chemischen (einheitlichen) Zusammensetzung erzeugt werden können, so dass die Messung beim Dressieren des ersten Kaltbandes die Einstellungen für die weiteren Kaltbänder mit gleicher Zusammensetzung vorgeben kann und dadurch u. a. weniger Ausschuss erzeugt werden kann bzw. der Aufwand einer Nachbearbeitung, wie zum Beispiel einer zusätzlichen Nachglühbehandlung und/oder eines zusätzlichen Nachdressierens, reduziert werden kann.
-
Die Parametergruppe zur Durchführung der Glühbehandlung umfasst Kennwerte bzw. Größen zum Betreiben und Steuern/Regeln eines Ofens (Durchlaufofens) mit Blick auf Temperatur und Dauer in Abhängigkeit von der chemischen Zusammensetzung und der Dicke und Breite der Stahlgüte (Kaltband).
-
Die Parametergruppe zur Durchführung des Dressierens umfasst Kennwerte bzw. Größen zum Betreiben und Steuern/Regeln eines Walzgerüsts zum Dressieren mit Blick auf Dressiergrad in Abhängigkeit von der chemischen Zusammensetzung und der Dicke und Breite der Stahlgüte (Kaltband).
-
Im Folgenden wird der Dressiergrad als Summe aus Walzkraft und Zugkraft definiert, wobei die Zugkraft in Einlauf- und Auslaufzug am Walzgerüst zum Dressieren unterteilt wird. Die Mindestzugkraft wird durch die minimale Motorleistung und/oder dem minimalen Materialfluss, welche bei Überschreiten der 0,2%-Dehngrenze (> ReL) und somit plastischer Verformung eintritt, bestimmt. Insbesondere sind in Bandlaufrichtung vor und hinter dem Walzgerüst Doppelrollen, von denen mindestens eine der Doppelrollen über einen Motor aktiv angetrieben wird, angeordnet, die derart zueinander positioniert werden, dass sie dem Band zu einem S-förmigen Verlauf verhelfen und dadurch einen Zug aufbringen können. Die Maximalzugkraft wird durch die maximale Motorleistung und/oder dem maximalen Materialfluss, wobei ein Überschreiten der Zugfestigkeit (=< Rm) des durchgesetzten Bands vermieden werden soll, bestimmt. Der Materialfluss und die damit verbundene Streckgrenze und Zugfestigkeit sind wiederrum abhängig von der chemischen Zusammensetzung des Bands.
-
Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird als Messung eine Längenmessung durchgeführt und die Längung des Kaltbandes wird durch das Dressieren bestimmt. Diese kann beispielsweise mit dem Fachmann gängigen Mitteln bestimmt werden. Insbesondere erfolgt die Längenmessung taktil, beispielsweise über jeweils ein am Einlauf und am Auslauf des Walzgerüstes zum Dressieren mit dem Kaltband in Kontakt stehenden, angeordneten Messrad oder Messrolle, insbesondere mit gleichem Umfang respektive mit gleicher Abmessung, wobei die Längung des Kaltbandes aus dem Quotienten der Winkelgeschwindigkeiten der beiden Messräder oder Messrollen bestimmt werden kann.
-
Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird der Ist-Wert als ein Wert einer mittleren Streckgrenze gesetzt. Vorzugsweise in Abhängigkeit von der erfassten Längung und der chemischen Zusammensetzung des Kaltbandes kann anhand eines Spannungs-Dehnungsdiagramms, welches für jede chemische Zusammensetzung hinterlegt ist bzw. bestimmbar ist, Rückschluss auf den Ist-Wert geschlossen werden, so dass der Ist-Wert mit dem Soll-Wert der aktuellen Einstellungen verglichen wird. Auch der Soll-Wert entspricht einer mittleren Streckgrenze, welcher als Parameter zur Einstellung der Durchführung der Glühbehandlung und/oder des Dressierens hinterlegt und abrufbar ist. Prozessschwankungen der jeweiligen Anlage(n) bzw. (Vor-)Aggregate können anhand der Differenz zwischen diesen mittleren Streckgrenzen kompensiert werden, in dem die Einstellungen, die dem Ist-Wert als Parameter zur Einstellung der Durchführung der Glühbehandlung und/oder des Dressierens hinterlegt sind, abgerufen und der weiteren Bearbeitung als Steuergröße bereitgestellt werden.
-
Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das Warmband nach dem Warmwalzen gebeizt, wobei nach dem Beizen das Warmband einen Emissionsgrad aufweist, welcher abhängig von der chemischen Zusammensetzung und der Beschaffenheit der Oberfläche, der Beiztemperatur und/oder der Beizzeit des Warmbands ist. Der Emissionsgrad ist eine Größe, welche angibt, welcher Anteil der theoretisch maximal möglichen Strahlung von der Oberfläche abgestrahlt werden kann und somit zur Messung zur Verfügung steht, welche meist über Pyrometer detektierbar sind. Insbesondere kann auch die Wellenlänge Einfluss nehmen, bei welcher das Pyrometer arbeitet. Der Emissionsgrad kann eine weitere Steuergröße sein, insbesondere, wenn das zu einem aus einem Warmband gewalzte Kaltband einer Glühbehandlung unterzogen wird. Während des Beizens kann es durchaus in Teilbereichen zu einer Überbeizung kommen, so dass die überbeizten Teilbereiche während des Glühprozesses abweichende Tempertaren aufweisen können, da diese Teilbereiche im Vergleich zu den restlichen Bereichen eine andere Oberflächenstruktur aufweisen. Eine im Prozess standardmäßig integrierte Temperaturregelung reagiert auf diese Abweichung und steuert entsprechend gegen, obwohl die Teilbereiche tatsächlich dieselbe wahre Temperatur haben wie die restlichen Bereiche. Durch das Nachregeln erfahren diese Teilbereiche unterschiedliche wahre Temperaturen, werden aber durch die Temperaturmessung als identische Temperaturen angezeigt. Diese Teilbereiche weisen durch dieses Vorgehen nachteilig Unterschiede in den mechanischen Kenngrößen auf, welche erst am Walzgerüst während des Dressierens, sofern eine entsprechende Vorrichtung zur Erfassung integriert ist, oder spätestens beim Weiterverarbeiter detektiert werden. In diesen Teilbereichen müssen daher andere Walzkräfte während des Dressierens aufgebracht werden, um solche Teilbereiche besser zu kompensieren und/oder direkt nachzuregeln, so dass ein Kaltband mit im Wesentlichen homogenen mechanische Kenngrößen/Eigenschaften bereitgestellt werden kann.
-
Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens werden Dressierwalzen verwendet, welche an ihren Dressierwalzenoberflächen derart beschaffen sind, dass sich in Abhängigkeit vom Dressiergrad ein Mittenrauwert Ra zwischen 0,5 und 5 µm an den Oberflächen des Kaltbands einstellt.
-
Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird in Abhängigkeit vom Dressiergrad mindestens 40% der Oberflächentextur der Dressierwalzen auf die Oberflächen des Kaltbands übertragen. Da der Kontaktbereich zwischen den Oberflächen der Dressierwalzen und des Kaltbandes während des Dressierens sehr klein ist, nahezu einem linienförmigen Kontaktbereich entspricht, welcher parallel zur axialen Richtung der Dressierwalzen und in Querrichtung des Kaltbandes verläuft, ist unter Übertrag zu verstehen, dass sich mindestens 40%, insbesondere mindestens 45%, vorzugsweise mindestens 50%, bevorzugt mindestens 55%, besonders bevorzugt mindestens 60% der Oberflächentextur der Dressierwalzen in den Oberflächen des Kaltbands abbildet. Ein 100%er Übertrag ist nicht möglich, da durch die Drehbewegung der Dressierwalzen in Verbindung mit einer höhenveränderlichen Oberflächentextur, insbesondere abhängig von der sogenannten Spitzenzahl, es zu einem Verkanten und somit Stillstand kommen würde, so dass ein maximaler Übertrag auf ca. 90% beschränkt ist. Je nach Art und Ausgestaltung der Oberflächentextur kann der maximale Übertrag auch weniger als 90% betragen, beispielsweise kleiner als 85% sein. Angestrebt wird bevorzugt ein Übertrag zwischen 40% und 85%.
-
Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann in Abhängigkeit vom Ist-Wert, vom Dressiergrad und von der Beschaffenheit der Dressierwalzenoberflächen eine Einschätzung des resultierenden Mittenrauwerts Ra an den Oberflächen des Kaltbands erfolgen. Insbesondere nimmt die Eindringtiefe bei gleichbleibender Eindringkraft mit zunehmender Materialfestigkeit ab. Ähnlich wie bei einer Härteprüfung (Eindringen eines Prüfkörpers in ein Werkstück) kann die Eindringtiefe gesteuert werden. Der Unterschied ist nur, dass nicht nur eine Spitze in ein Werkstück eindringt (Härteprüfung), sondern beim Dressieren auf einer definierten Strecke mehrere Spitzen (Mittenrauwert/Rauheit), die auf der Dressierwalze aufgebracht wurden, in das Kaltband gleichzeitig eindringen.
-
Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird in Abhängigkeit vom Ist-Wert, vom Dressiergrad und von der Beschaffenheit der Dressierwalzenoberflächen ein Mittenrauwerts Ra an den Oberflächen des Kaltbands eingestellt, welcher mit einem Soll-Mittenrauwerts Ra verglichen und bei Unterschreiten des vorgegebenen Soll-Mittenrauwerts Ra entweder der Dressiergrad erhöht, sofern die mechanischen Kenngrößen des Kaltbands dies zulassen, oder die Dressierwalzen ausgetauscht werden. Kann der Soll-Mittenrauwerts Ra auch durch Erhöhen des Dressiergrades nicht mehr eingestellt werden, ist somit die Verschleißgrenze der Dressierwalzen erreicht, welche ausgetauscht werden müssen, um die Vorgaben wieder zu erzielen. Der Rauheitsabfall der Dressierwalzen während der Standzeit im Walzgerüst kann 50% bis 50% betragen, so dass die natürliche Verschleißgrenze insbesondere durch die Erfindung optimal ausgenutzt werden kann.
-
Im Folgenden werden konkrete Ausgestaltungen der Erfindung mit Bezugnahme auf die Zeichnung im Detail näher erläutert. Die Zeichnung und begleitende Beschreibung der resultierenden Merkmale sind nicht beschränkend auf die jeweiligen Ausgestaltungen zu lesen, dienen jedoch der Illustration beispielhafter Ausgestaltung. Weiterhin können die jeweiligen Merkmale untereinander wie auch mit Merkmalen der obigen Beschreibung genutzt werden für mögliche weitere Entwicklungen und Verbesserungen der Erfindung, speziell bei zusätzlichen Ausgestaltungen, welche nicht dargestellt sind. Gleiche Teile sind stets mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
-
Die Zeichnungen zeigen in
- 1) ein Spannungs-Dehnungs-Diagramm für eine chemische Zusammensetzung und in
- 2) ein Diagramm für unterschiedliche Verläufe der spezifischen Walzkräfte in Abhängigkeit von der Dicke des Kaltbandes.
-
In 1 ist ein Spannungs-Dehnungs-Diagramm für eine chemische Zusammensetzung gezeigt. Daraus sind die typischen Werte wie zum Beispiel die Streckgrenze (ReH), 0,2%-Dehngrenze (ReL) und Zugfestigkeit (Rm) und weitere mechanische Kenngrößen entnehmbar, welche für jede mögliche chemische Zusammensetzung ausgewertet und als Werte in einer Parametergruppe, insbesondere im System hinterlegt sind. Wie aus der 1 zu entnehmen ist, wird der Dressiergrad als Summe aus Walzkraft und Zugkraft definiert, wobei die Zugkraft in Einlauf- und Auslaufzug am Walzgerüst zum Dressieren unterteilt wird. Aufgrund der Längung und der Gewährleistung, dass ein Durchhängen des Kaltbandes am Auslauf des Walzgerüsts zum Dressieren verhindert wird, wird der Auslaufzug höher gewählt als der Einlaufzug.
-
Einflussfaktoren beim Dressieren können neben dem Dressiergrad, welcher sich aus der Summe der Walzkraft und der Zugkraft bestimmen lässt, und der Dicke und der Breite des Kaltbands auch die Dressierwalzengeometrie, insbesondere der Dressierwalzenradius, und die Verwendung einer Dressieremulsion sein. Des Weiteren spielt die chemische Zusammensetzung des Kaltbandes eine entscheidende Rolle, wobei ein optionaler Überzug auf dem Kaltband kaum bis gar nicht ins Gewicht fällt.
-
2 zeigt ein Diagramm mit unterschiedlichen Verläufen der spezifischen Walzkräfte in Abhängigkeit von der Dicke der Kaltbänder für alle in Tabelle 1 genannten Gruppen. Da der Dressiergrad respektive die Walzkraft nicht nur von der Dicke des Kaltbands sondern auch von dessen Breite abhängig ist, wird eine spezifische Walzkraft mit [kN/mm] angegeben, so dass diese auf jede beliebige Breite durch Multiplikation mit der spezifischen Walzkraft berechenbar respektive bestimmbar ist bzw. für die Setup-Tabellen genutzt werden kann.
-
Tabelle 1 zeigt beispielhaft eine typische Zuordnung (Walz-Gruppen-Einteilung) der einzelnen Stahlgüten respektive Kaltbandgüten mit entsprechenden hinterlegten chemischen Zusammensetzungen, wie sie konventionell bisher zur Anwendung kamen und dressiert wurden. Tabelle 1
Walz-Gruppe | Güten-Gruppe | R eH nach Dressiergerüst N/mm 2 |
1 | Stahl 1 | 150 |
2 | Stahl 2 | 200 |
3 | Stahl 3 | 250 |
4 | Stahl 4 | 350 |
5 | Stahl 5 | 450 |
6 | Stahl 6 | 550 |
7 | Stahl 7 | 650 |
-
Die Einteilung kann nach Belieben erweitert und/oder verfeinert werden, je nach Bedürfnissen und/oder Vorgaben. Die Güten-Einteilung kann ebenfalls für die Einlauf- und Auslaufzüge genutzt werden. Zusätzlich können die Gruppen je nach Abmessungsspektrum der Anlage in Dicken. Und Breiten-Gruppen unterteilt werden. Aus diesen Daten/Parameter werden Setup-Tabellen je nach Anlagenbedürfnissen erstellt.
-
Erfindungsgemäß wird zur Abschätzung der dynamischen Walzkraft der Güten Einteilung beispielsweise nach VDA 239-100, ein Auszug daraus vgl. beispielhaft https://www.esb-group.com/wp-content/uploads/2020/01/ESB-Qualitv-Guide-V1.1-VDA239-100.pdf, die Mischkristallverfestigung genutzt und die entsprechenden Güten erzeugt. Was unter Mischkristallverfestigung zu verstehen ist, ist dem Fachmann bzw. dem Stahlhersteller geläufig.
-
Beispiel 1: Würden beispielsweise für den CR2 (vgl. VDA 239-100) zwei Schmelzen erzeugt werden, beispielsweise eine mit maximaler chemischer Zusammensetzung und eine mit minimaler chemischer Zusammensetzung, wobei an allen Vor- und Nachaggregaten konstante Parameter eingestellt werden würden, würden die Kaltbänder aus beiden Schmelzen unterschiedliche mechanische Werte aufweisen. Bei einer Bandtemperatur von 830°C im Durchlaufglühöfen würden sich beim Kaltband mit maximaler chemischer Zusammensetzung eine Streckgrenze von ca. 226 MPa und beim Kaltband mit minimaler chemischer Zusammensetzung eine Streckgrenze von ca. 140 MPa einstellen. Die mechanischen Unterschiede beider Kaltbänder könnten sogar durch Temperaturschwankungen im Durchlaufglühofen verstärkt werden. Gemäß konventioneller Setup-Tabelle würden beide Materialien in die Walz-Gruppe 2 eingeordnet und mit gleicher Walzkraft bzw. gleichen Dressiergerüst-Vorgaben behandelt werden. Auf die Min-Max-Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung würde nicht eingegangen werden, so dass erst am Ende der Prozesskette, bei der Fertigstellung, die mechanischen Werte ermittelt und die Unterschiede deutlich werden. Je nach Ermessensspielraum können Nachbehandlungen vorgegeben werden bzw. das Material müsste abgewertet werden.
-
Beispiel 2: Auch Schwankungen innerhalb des Materials können beim konventionellen Vorgehen am Dressiergerüst mit Setup-Tabellen negativ verstärkt werden. Beispielsweise wird ein Kaltband mit einem optimalen Setup-Wert für eine vorgegebene Streckgrenze bei einem bestimmten Dressiergrad dressiert. Dieser Setup-Wert ist für eine bestimmte Walzkraft bei dem jeweiligen Dressiergrad in der Setup-Tabelle festgelegt und wird mit der Dressiergradregelung geregelt. Durch die Schwankungen werden diese Schwankungen verstärkt, da die Dressiergradregelung den Dressiergrad regelt. An festeren Bereichen am Kaltband wird für die Umformung mehr Walzkraft benötigt, um die Läng- /Streckung für den Dressiergrad einzuhalten, bei den weicheren Bereichen hingegen entsprechend weniger. Somit werden die Schwankungen der mechanischen Werte verstärkt. Würde die Walzkraftregelung genutzt werden, dann würde eine definierte Walzkraft aufgebracht und die Läng-/ Streckung bzw. der Dressiergrad ignoriert werden. Die zu festen Bereichen würden weniger und die weichen Bereiche stärker dressiert werden.
-
In der Praxis wird somit ein Temperaturfenster für die Einhaltung der mechanischen Kenngrößen definiert, z.B. für CR2 (vgl. VDA 239-100) wird eine minimale Streckgrenze von 140 N/
mm 2 und eine maximale Streckgrenze von 240 N/
mm 2 gefordert. Mit der zugehörigen chemischen Zusammensetzung kann bei Einhaltung der (Vor-)Aggregat-Einstellungen ein Temperaturfenster definiert werden, in der die einzustellende Eigenschaft eingehalten werden kann. Hier wird bei einer Glühbehandlung beispielhaft 820°C als Soll-Wert angegeben mit +/-20K und die jeweiligen zu erwartenden mechanischen Kenngrößen (kalkuliert) berücksichtigt, s. Tabelle 2. Tabelle 2
Glühtemperatur [°C] | 770 | 780 | 790 | 800 | 810 | 820 | 830 | 840 | 850 |
kalk. Streckgrenze [N/mm2] | 310 | 286 | 263 | 239 | 215 | 191 | 167 | 143 | 119 |
-
Diese Abschätzung der mechanischen Kenngrößen wird erfindungsgemäß als Basis für die Walzkraftkalkulation genutzt. Dazu wird in der Betrachtung angenommen, dass eine mittlere Streckgrenze von 100 N/mm 2 einer spezifischen Walzkraft von 1 kN/mm entspricht.
-
Anhand der aufgebrachten Walzkräfte können die tatsächlichen aktuellen mechanischen Werte abgeschätzt werden.
-
Durch diese Art der Walzkraftabschätzung kann positiv Einfluss auf homogenere mechanische Kenngrößen genommen werden. Zusätzlich können die einzuhaltenden Ofentemperaturen besser optimiert werden. Jegliche Temperaturschwankungen können durch diese Betrachtung besser kompensiert werden.
-
Insbesondere kann der Dressiergrad individuell nach Bedarf und an jede Situation, wie beispielsweise eine erforderliche Streckgrenze, Temperatur in der Glühbehandlung und weiteren Einflussgrößen, angepasst werden, wobei auch auf Streckgrenzen-Schwankungen, insbesondere bedingt durch Temperatur-Schwankungen, vorzugsweise durch die Dynamik der Walzkräfte ausgeglichen werden können.