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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Vulkanisierungsmittel umfassend elementaren Schwefel, ein ionisches Co-Vernetzungsmittel, wobei das Co-Vernetzungsmittel eine organische, polymerisierbare Verbindung und ein Metallion aufweist, und mindestens ein Homopolymer aus der Gruppe der (Meth)Acrylate sowie dessen Verwendung zur Vernetzung von flüssigen Kautschukzusammensetzungen.
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Die Vulkanisation ist ein Verfahren, bei dem thermoplastischer Kautschuk in elastomere Kunststoffe überführt wird. Entwickelt im Jahr 1839 von Charles Goodyear blickt die Vulkanisation auf eine lange Tradition zurück und gilt insbesondere im Bereich der Automobilindustrie als unverzichtbar. Bei der Vulkanisation werden Kautschukmischungen bestehend aus Rohkautschuk, Schwefel oder schwefelspenden Stoffen in Gegenwart eines Katalysators erhitzt. Dabei werden die langkettigen Kautschukmoleküle durch Schwefelbrücken vernetzt, wodurch die plastischen Eigenschaften des Kautschuks zugunsten eines elastischen Zustands verloren gehen. Der bei diesem Verfahren entstehende Gummi hat gegenüber dem ursprünglichen Kautschuk dauerelastische Eigenschaften und kehrt bei mechanischer Beanspruchung jeweils wieder in seine Ursprungslage zurück. Darüber hinaus weist der Gummi eine höhere Reißfestigkeit, Dehnung und Beständigkeit gegenüber Alterung und Witterungseinflüssen auf.
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Angesichts ihrer wirtschaftlichen und industriellen Bedeutung werden fortwährend Anstrengungen unternommen, die Vulkanisierung und die darin eingesetzten Katalysatoren weiterzuentwickeln, insbesondere unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit. So besteht beispielsweise weiterhin Bedarf an Katalysatoren, die ihre Aktivität bei niedrigen Temperaturen entfalten oder die Freisetzung von schädlichen Emissionsgasen während der Vulkanisation verhindern oder zumindest minimieren.
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So beschreibt
WO 2017/021093 eine Kautschukzusammensetzung auf Basis mindestens einem Dienelastomer mit einer Glasübergangstemperatur von weniger als -40 °C, einem verstärkenden Füllstoff, ein Vulkanisationssystem und eine Kombination aus Weichmachern, wobei die Kombination von Weichmachern mindestens ein Kohlenwasserstoffharz mit einer Glasübergangstemperatur zwischen -40 °C und 20 °C und mindestens einen komplementären Weichmacher ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Weichmacherölen, Kohlenwasserstoffharzen mit einer Glasübergangstemperatur über 20 °C und Gemischen davon, aufweist.
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DE 10 2016 218 978 beschreibt einen thermisch vulkanisierbaren, schmelzbaren Klebstoff, umfassend ein schmelzbares Polybutadien-Polyurethan, gemahlenen Schwefel und optional einen Vulkanisationsbeschleuniger, einen Füllstoff, ein Epoxidharz, ein Klebrigmacherharz, Bitumen, Weichmacher und weitere Hilfsstoffe. Der Klebstoff ist thermisch innerhalb eines Temperaturbereichs von 130 bis 230 °C vulkanisierbar, so dass er wie auch ein daraus hergestelltes Klebeband in der Automobilindustrie sowohl im Rohbau auf geölten Blechen als auch in der Lackierstraße auf KTL-beschichteten oder anderweitig lackierten Blechen zum Kleben und/oder Dichten verwendet werden kann, zum Beispiel zur Bördelfalzklebung, zur Bördelfalzabdichtung, zur Nahtabdichtung, zur Unterfütterungsklebung oder zum Lochverschluss.
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EP 3 036 298 betrifft verbesserte Bindungs- oder Vulkanisierungszusammensetzungen, die in Verfahren eingesetzt werden, bei denen Polymere an Substrate wie Metall oder Glas gebunden werden. Dabei umfasst die Zusammensetzung ein teilchenförmiges Material umfassend ein festes Trägermaterial und eine Nitrosoverbindung und/oder ein aromatisches Oxim als NitrosoVorstufenverbindung, wobei die Nitrosoverbindung und/oder die Nitrosovorstufenverbindung kovalent an das feste Trägermaterial gebunden ist/sind und wobei es sich bei dem festen Trägermaterial um ein siliciumdioxidhaltiges Material handelt und/oder es sich bei dem teilchenförmigen Trägermaterial um teilchenförmiges Siliciumdioxid handelt.
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Die im Stand der Technik beschriebenen Vulkanisationssysteme weisen den Nachteil auf, dass zum Teil erhebliche Mengen an gesundheitsschädlichen und übelriechenden Gasen während der Vulkanisation freigesetzt werden, was die Qualität der fertigen Produkte beeinträchtigt, insbesondere wenn diese in Innenräumen, beispielsweise als Verkleidung für die Innenräume von Fahrzeugen, verwendet werden sollen. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass die bestehenden Systeme mit neuartigen Fertigungstechniken, wie sie in der Automobilindustrie entwickelt werden, nur schwer kompatibel sind, insbesondere im Zusammenhang mit sogenannten e-coating-Verfahren, bei denen kolloidale Partikel unter Einfluss eines elektrischen Stroms auf einer Elektrode abgeschieden werden. Hier haben sich insbesondere Schwefelrückstände in den Produkten als hinderlich erwiesen, die zu optischen und funktionalen Fehlstellen in der Beschichtung führen können.
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Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Vulkanisierungsmittel zur Verfügung zu stellen, das die Nachteile des Standes der Technik überwindet und es insbesondere erlaubt, die Menge an Schwefel zu reduzieren, ohne dass die mechanischen Eigenschaften der Produkte negativ beeinflusst werden.
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Es wurde überraschend gefunden, dass die Menge an Schwefel, der zur Vernetzung der Kautschukmoleküle benötigt wird, deutlich reduziert werden kann, wenn zusätzlich ein ionisches Co-Vernetzungsmittel verwendet wird.
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Ein erster Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist daher ein Vulkanisierungsmittel umfassend
- a) elementaren Schwefel;
- b) ein ionisches Co-Vernetzungsmittel, wobei das ionische Co-Vernetzungsmittel eine erste organische polymerisierbare Verbindung und ein Metallion umfasst; und
- c) mindestens ein Homopolymer aus der Gruppe der (Meth)Acrylate.
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Es wurde überraschend gefunden, dass durch die Verwendung des Co-Vernetzungsmittels die Menge an elementarem Schwefel herabgesetzt werden konnte, ohne dass die späteren Produkte verminderte mechanische Eigenschaften aufwiesen. Auch konnten die erhaltenen Produkte ohne Einschränkungen in e-coating-Verfahren eingesetzt werden. Ohne an eine bestimmte Theorie gebunden zu sein, wird davon ausgegangen, dass es zu Wechselwirkungen des in den Produkten verbleibenden elementaren Schwefels während der e-coating-Prozesse kommt, was zu Verfärbungen oder Fehlstellen in der Beschichtung führt. Diese Wechselwirkungen konnten durch die geringere Menge des elementaren Schwefels im erfindungsgemäßen Vulkanisierungsmittel reduziert werden, wodurch eine deutliche Qualitätssteigerung der Produkte erreicht werden konnte.
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Das erfindungsgemäße Vulkanisierungsmittel zeichnet sich insbesondere durch eine vergleichsweise geringe Menge an elementarem Schwefel aus, der benötigt wird, um qualitativ hochwertige Produkte zu erhalten. In einer bevorzugten Ausführungsform beträgt die Menge an elementarem Schwefel in dem erfindungsgemäßen Vulkanisierungsmittel daher 0,5 bis 10 Gew.-%, vorzugsweise 1,5 bis 8 Gew.-%, jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht des Vulkanisierungsmittels.
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Die Menge des in dem erfindungsgemäßen Vulkanisierungsmittel enthaltenen Co-Vernetzungsmittels kann wie die Menge an elementarem Schwefel auf den gewünschten Vernetzungsgrad abgestimmt werden und beträgt vorzugsweise 0,1 bis 10 Gew.-%, besonders bevorzugt 0,2 bis 4 Gew.-%, jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht des Vulkanisierungsmittels.
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Das in dem erfindungsgemäßen Vulkanisierungsmittel verwendete Co-Vernetzungsmittel umfasst eine organische, polymerisierbare Verbindung und ein Metallion. Bei der organischen, polymerisierbaren Verbindung handelt es sich vorzugsweise um eine Verbindung aus der Gruppe der Acrylate. Das Metallion ist vorzugsweise zweiwertig. In einer besonders bevorzugten Ausführungsform handelt es sich bei dem ionischen Co-Vernetzungsmittel um ein Metallsalz der (Meth)Acrylsäure, insbesondere um ein Zinksalz der (Meth)Acrylsäure.
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Das mindestens eine Homopolymer ist vorzugsweise ausgewählt aus der Gruppe der Alkyl(meth)acrylate und Alkenyl(meth)acrylate, wobei die Alkylgruppe und/oder die Alkenylgruppe vorzugsweise 1 bis 8 Kohlenstoffatome, besonders bevorzugt 2 bis 6 Kohlenstoffatome aufweist.
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Das mindestens eine Homopolymer ist in dem erfindungsgemäßen Vulkanisierungsmittel vorzugsweise in einer Menge von 0,5 bis 10 Gew.-%, besonders bevorzugt 1 bis 8 Gew.-% enthalten, jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht des Vulkanisierungsmittels. In einer besonders bevorzugten Ausführungsform ist das Homopolymer ausgewählt aus ButadienMethacrylat und Isopren-Methacrylat.
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Bemühungen im Stand der Technik die Menge an elementarem Schwefel zu reduzieren, beinhalten unter anderem den vollständigen oder wenigstens teilweisen Ersatz von Schwefel durch alternative Vulkanisierungsmittel wie beispielsweise Peroxide. Diesen weisen allerdings den Nachteil auf, dass die erreichbaren Härte- und Beständigkeitsgrade weit unter denen liegen, die mit schwefelbasierten Systemen erreicht werden. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wurde überraschend gefunden, dass die Menge an Schwefel ohne Einschränkung reduziert werden konnte, ohne dass ein Ersatz mit alternativen Systemen erforderlich wäre. In einer bevorzugten Ausführungsform ist das erfindungsgemäße Vulkanisierungsmittel daher im Wesentlichen frei von Peroxiden. Besonders bevorzugt beträgt der Gehalt an Peroxiden im erfindungsgemäßen Vulkanisierungsmittel weniger als 1 Gew.-%, vorzugsweise weniger als 0,5 Gew.-%, besonders bevorzugt weniger als 0,1 Gew.-% und insbesondere weniger als 0,01 Gew.-%, jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht des Vulkanisierungsmittels.
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Um die Eigenschaften und die Leistung des erfindungsgemäßen Vulkanisierungsmittels an die jeweiligen Erfordernisse anzupassen, hat es sich als vorteilhaft erwiesen, dem Vulkanisierungsmittel weiterhin Additive oder andere Hilfsstoffe zuzusetzen. So kann beispielsweise die Farbe der späteren Produkte durch die Anwesenheit von Pigmenten im Vulkanisierungsmittel angepasst werden. Daher ist eine Ausführungsform bevorzugt, in der das erfindungsgemäße Vulkanisierungsmittel weiterhin Additive aufweist, vorzugweise solche, die ausgewählt sind aus Füllstoffen und/oder Pigmenten. Bei den Pigmenten kann es sich beispielsweise um Ruß, Graphit oder andere färbende Substanzen handeln.
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Die im erfindungsgemäßen Vulkanisierungsmittel enthaltenen Füllstoffe sind vorzugsweise ausgewählt aus Alkali- und/oder Erdalkalisalzen. In einer besonders bevorzugten Ausführungsform handelt es sich bei dem Füllstoff um Calciumcarbonat, vorzugsweise um eine Mischung aus precipitated CaCO3 (PCC) and ground CaCO3 (GCC). In einer besonders bevorzugten Ausführungsform beträgt das Mengenverhältnis von PCC zu GCC vorzugsweise 0,1 bis 0,9, besonders bevorzugt 0,2 bis 0,8.
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Das erfindungsgemäße Vulkanisierungsmittel zeichnet sich dadurch aus, dass es auch in der Vulkanisation von flüssigen Kautschukzusammensetzungen eingesetzt werden kann. Daher ist ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung die Verwendung des erfindungsgemäßen Vulkanisierungsmittels zur Vernetzung von flüssigen Kautschukzusammensetzungen.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist eine Zusammensetzung umfassend Kautschuk und das erfindungsgemäße Vulkanisierungsmittel. Der Kautschuk ist vorzugsweise ausgewählt aus der Gruppe der natürlichen und synthetischen Kautschuke.
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Die erfindungsgemäße Zusammensetzung kann für verschiedenste Anwendungen verwendet werden. Insbesondere ist die erfindungsgemäße Zusammensetzung als Klebstoff, Beschichtung oder zur Versiegelung einsetzbar. Daher ist ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung die Verwendung der erfindungsgemäßen Zusammensetzung als Klebstoff, Beschichtung oder Versiegelung, insbesondere im Bereich der Automobilindustrie und -fertigung.
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Die vorliegende Erfindung wird anhand der folgenden Beispiele näher erläutert, wobei diese keinesfalls als Einschränkung des Erfindungsgedanken zu verstehen sind.
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Beispiele
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Die Mischungen wurden unter Verwendung von Vulkanisierungsmitteln bei verschiedenen Temperaturen umgesetzt, wobei die Mengenangaben jeweils in Gewichtsprozent sind, bezogen auf das Gesamtgewicht der Mischung:
Tabelle 1
Beispiel | 1 | 2 | 3* | 4 | 5 | 6* |
element. Schwefel | 7 | 3 | 3 | 4,5 | 1,5 | 1,5 |
Co-Vernetzunqsmittel | - | - | 1 | - | - | 0,8 |
Homopolymer | 6 | 2 | 2 | 6 | 4 | 4 |
Polymermischung | 38 | 38 | 38 | 20 | 20 | 20 |
PCC | 15 | 15 | 15 | 9 | 9 | 9 |
GCC | 22 | 30 | 29 | 35 | 40 | 39 |
Graphit | | | | 16 | 16 | 16 |
Additive | 12 | 12 | 12 | 9,5 | 9,5 | 9,5 |
* erfindungsgemäß |
In den Beispielen 1 bis 3 wurde als Co-Vernetzungsmittel Zinkdiacrylat (ZDA) und als Homopolymer Isoprenmethacrylat mit einem mittleren Molekulargewicht M
n von 3000 g/mol verwendet.
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In den Beispielen 4 bis 6 wurde als Co-Vernetzungsmittel Zinkmonomethylacrylat (ZMMA) und als Homopolymer Butadienmethacrylat mit einem mittleren Molekulargewicht Mn von 1200 g/mol verwendet.
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Tabelle 2:
Beispiel | 1 | 2 | 3* | 4 | 5 | 6* |
Shore A Härte [SKT] | 38 | 14 | 36 | 82 | 42 | 75 |
Haftung | ◯ | ◯ | + | ◯ | ◯ | + |
* erfindungsgemäß |
Die Zusammensetzungen der Beispiele 1 bis 3 wurden jeweils für 20 Minuten bei 140 °C behandelt, während für die Zusammensetzungen der Beispiele 4 bis 6 eine Behandlung von 20 bei 180 °C gewählt wurde. Wie aus Tabelle 2 ersichtlich führte eine Reduktion der Menge an elementarem Schwefel zu einer Verschlechterung der Eigenschaften der Produkte, wie beispielhaft an der erreichten Shore A Härte demonstriert. Bei Verwendung des erfindungsgemäßen Vulkanisierungsmittels konnte trotz geringerer Menge an Schwefel keine Beeinträchtigung der optischen oder mechanischen Eigenschaften der Produkte festgestellt werden.
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Weiterhin wurde die Haftung der erhaltenen Produkte auf einem mittels e-coating beschichteten Blech getestet. Dabei zeigten die Produkte, die mit den erfindungsgemäßen Vulkanisierungsmitteln umgesetzt wurden, eine gute Haftung und die Beschichtung war frei von Rissen oder anderen Fehlstellen (+). Im Gegensatz dazu zeigten die Produkte der Beispiele 1, 2, 4 und 5 ein mangelhaftes Erscheinungsbild mit Rissen und Fehlstellen (o).
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2017/021093 [0004]
- DE 102016218978 [0005]
- EP 3036298 [0006]