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Die Erfindung betrifft eine Sicherheitseinrichtung für ein Fluggerät, insbesondere für einen senkrecht startenden und landenden, personen- und/oder lasttragenden Multikopter mit einer Mehrzahl verteilt angeordneter und elektrisch angetriebener Rotoren, welche Sicherheitseinrichtung eine Mehrzahl von separaten Sicherheitsvorrichtungen oder Sicherheitsmitteln zur physikalischen Reduzierung eines auftretenden Lastvielfachens umfasst, gemäß Anspruch 1.
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Weiterhin betrifft die Erfindung ein Fluggerät gemäß Anspruch 6, insbesondere in Form eines senkrecht startenden und landenden, personen- und/oder lasttragenden Multikopters mit einer Mehrzahl verteilt angeordneter und elektrisch angetriebener Rotoren, mit einer Sicherheitseinrichtung.
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Schließlich betrifft die Erfindung auch ein Verfahren gemäß Anspruch 7 zum Absichern von Personen und/oder Lasten an Bord eines Fluggeräts, insbesondere in Form eines senkrecht startenden und landenden, personen- und/oder lasttragenden Multikopters mit einer Mehrzahl verteilt angeordneter und elektrisch angetriebener Rotoren, welches Verfahren ein Bereitstellen einer Mehrzahl von separaten Sicherheitsvorrichtungen oder Sicherheitsmitteln zur physikalischen Reduzierung eines auftretenden Lastvielfachens für die Personen und/oder Lasten beinhaltet.
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Hier und im Folgenden werden die Begriffe „Luftfahrzeug“ und „Fluggerät“ synonym verwendet.
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Unter dem Begriff „Lastvielfache“ oder auch „g-Kräfte“ werden Belastungen verstanden, die aufgrund starker Änderung von Größe und/oder Richtung der Geschwindigkeit auf den menschlichen Körper, einen Gebrauchsgegenstand (z.B. eine Nutzlast) oder ein (Luft-)Fahrzeug einwirken. Der Begriff „Lastvielfache“ wird in diesem Zusammenhang speziell bei Belastungen technischer Geräte, wie Flugzeugen (oder allgemein Fluggeräten) oder bei der Angabe von Belastungsgrenzen verwendet. Es handelt sich bei der g-Kraft um eine „Kraft pro Masse“, sie hat daher die Dimension einer Beschleunigung und wird als Vielfaches der Fallbeschleunigung g angegeben. Hohe g-Kräfte treten beispielsweise bei Fahrten mit einer Achterbahn, bei Raketenstarts oder bei Zusammenstößen von Gegenständen auf. Sie können sich negativ auf den menschlichen Körper auswirken, z.B. (und ohne Beschränkung) auf die Wirbelsäule. Entsprechend wird bei diesbezüglichen Studien regelmäßig die sog. „lumbar load“ oder „spinal load“ betrachtet.
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Vorliegend sollen insbesondere beim Betrieb eines Fluggeräts möglicherweise auftretende Notfälle berücksichtigt werden, bei denen es beispielsweise zu einem Absturz des Fluggeräts kommt bzw. kommen kann. Beispielhaft und nicht abschließend seien hier eine harte Ladung oder ein Aufprall auf den Erdboden aufgrund z.B. eines Versagens der Antriebssysteme genannt.
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In der Regel werden bei der Konzeption von Fluggeräten einzuhaltende Sicherheitsanforderungen für das Fluggerät oder für durch das Fluggerät zu transportierende Personen oder Lasten in Form von maximal zulässigen g-Kräften definiert.
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Der (untrainierte) menschliche Körper reagiert abgestuft auf verschiedene (mehrere Minuten andauernde) positive g-Kräfte in z-Richtung, d.h. nach unten in Richtung der Wirbelsäule. Während Belastungen von 1-2 g uneingeschränkt ertragbar sind, führen 2-3 g zu einer Einengung des Gesichtsfeldes, 3-4 g zu einem röhrenförmigen Gesichtsfeld (Greyout), 4-5 g zum Blackout und 5-6 g zur Bewusstlosigkeit.
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Negative g-Kräfte in z-Richtung bewirken einen Blutfluss zum Kopf hin sowie eine Belastung der Wirbelsäule. Sie werden vom Menschen erheblich schlechter ertragen. In x-Richtung (Beschleunigung des sitzenden Menschen nach vorne durch Druckkraft der Sessellehne) werden g-Kräfte besser ertragen, führen aber ab einer Stärke von 20 g zu Atemproblemen. In y-Richtung - quer zum Körper - ist dagegen häufig, wenn der Kopf seitlich nicht gestützt wird, die Überlastung der Nackenmuskulatur das Hauptproblem.)
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Neben dem Fluggerät selbst und etwaigen Passagieren können auch transportierte Nutzlasten durch übermäßige g-Kräfte in Mitleidenschaft gezogen werden.
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Um hier Abhilfe zu schaffen und Passagiere wie auch Nutzlasten vor Schäden zu schützen, sind aus dem Stand der Technik bereits Luftfahrzeuge bekannt, bei welchen im Falle eines Notfalls (Absturz) das Luftfahrzeug als Ganzes oder ein Teil der Passagierzelle (z.B. einzelner Sitz, gesamte Passagierkabine) nach dem Auslösen eines Fallschirms zu Boden gleiten kann, vgl. z.B.
DE 42 39 634 A1 .
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Darüber hinaus existieren Veröffentlichungen, wonach im Notfall ein Luftkissen unterhalb der Flugzeugzelle ausgelöst wird, um die noch vorhandene kinetische Energie bei einem Auftreffen auf den Boden zu reduzieren, vgl. z.B.
DE 60 006 429 T2 .
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Als nachteilig ist bei den vorstehend beschriebenen gängigen Sicherheits-Konzepten anzusehen, dass die eingesetzten Sicherheitssysteme (z.B. der Rettungsfallschirm oder das Luftkissen) in Fluggeräten als alleinstehende Systeme betrachtet werden. Das bedeutet, dass das im Notfall maximal auftretende bzw. angenommene Lastvielfache als Dimensionierungsgrundlage für jedes einzelne Sicherheitssystem verwendet wird. Mit anderen Worten: jedes einzelne Sicherheitssystem ist nach dem Stand der Technik in der Lage, das im Notfall maximal auftretende bzw. angenommene Lastvielfache auf ein für Passagiere (und Nutzlast) erträgliches Maß zu senken. Dies ist vorliegend gleichbedeutend damit, dass eine vorgegebene Sicherheitsanforderung für das Fluggerät oder für durch das Fluggerät transportierte Personen oder Lasten, insbesondere das Einhalten eines vorgegebenen, zulässigen Lastvielfachen, erfüllt oder erfüllbar ist. Diese Betrachtungsweise der Sicherheitssysteme hat zur Folge, dass diese in der Entwicklung bzw. Auslegung jeweils relativ groß und schwer ausfallen.
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Darüber hinaus bedingt diese Betrachtungsweise auch eine niedrige zulässige Ausfallwahrscheinlichkeit jedes einzelnen Sicherheitssystems, da bei einem Ausfall der betreffenden Komponente (also des einzelnen Sicherheitssystems bzw. dessen technischer Ausgestaltung) die gesamte Sicherheitseinrichtung für das Fluggerät versagt. Dies erhöht den Aufwand zusätzlich.
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Die einzelnen Sicherheitssysteme haben nach dem Stand der Technik meist auch nur einen sehr engen, klar definierten Funktionsbereich. So benötigt ein Rettungsfallschirm beispielsweise eine minimale Flughöhe, welche wiederum von der Horizontalgeschwindigkeit des Fluggeräts abhängig ist, um seine volle Wirkung zu entfalten, für die er zum Erreichen der vorgegebenen Sicherheitsanforderung für das Fluggerät oder für durch das Fluggerät transportierte Personen oder Lasten ausgelegt ist.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Sicherheitseinrichtung für ein Fluggerät, ein entsprechend ausgerüstetes Fluggerät und ein Verfahren zum Absichern von Personen und/oder Lasten an Bord eines Fluggeräts anzugeben, die/das bei zumindest gleichbleibender Sicherheit im Vergleich zu den genannten herkömmlichen Systemen mit geringerem Gewicht, kleinerem Bauraumbedarf und insgesamt geringerem Aufwand, insbesondere hinsichtlich der zulässigen Ausfallwahrscheinlichkeit, realisierbar ist.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch eine Sicherheitseinrichtung für ein Fluggerät mit den Merkmalen des Anspruchs 1, ein entsprechend ausgerüstetes Fluggerät mit den Merkmalen des Anspruchs 6 und ein Verfahren zum Absichern von Personen und/oder Lasten an Bord eines Fluggeräts mit den Merkmalen des Anspruch 7.
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Eine bevorzugte Verwendung der Erfindung liegt im Bereich von Fluggeräten in Form von senkrecht startenden und landenden, personen- und/oder lasttragenden Multikoptern mit einer Mehrzahl verteilt angeordneter und elektrisch angetriebener Rotoren, ist jedoch keinesfalls hierauf beschränkt.
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Erfindungsgemäß umfasst eine Sicherheitseinrichtung für ein Fluggerät, insbesondere für einen senkrecht startenden und landenden, personen- und/oder lasttragenden Multikopter mit einer Mehrzahl verteilt angeordneter und elektrisch angetriebener Rotoren, eine Mehrzahl von separaten Sicherheitsvorrichtungen oder Sicherheitsmitteln zur physikalischen Reduzierung eines auftretenden Lastvielfachens, wobei zumindest für eine Anzahl der Sicherheitsvorrichtungen oder Sicherheitsmittel jede einzelne Sicherheitsvorrichtung oder jedes einzelne Sicherheitsmittel aus der genannten Mehrzahl derart ausgebildet ist, dass eine vorgegebene Sicherheitsanforderung für das Fluggerät oder für durch das Fluggerät transportierte Personen oder Lasten, insbesondere das Einhalten eines vorgegebenen, zulässigen Lastvielfachen, nur durch ein Zusammenwirken mehrerer dieser Sicherheitsvorrichtungen oder Sicherheitsmittel erfüllt oder erfüllbar ist.
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Durch ein Kombinieren mehrerer Sicherheitssysteme (der Sicherheitsvorrichtungen oder Sicherheitsmittel) kann so eine „Lastminderungs-Kaskade“ erzeugt werden. Dieses Konzept kann auch als „Sicherheitszellen-System“ bezeichnet werden, weil die Sicherheitseinrichtung als Ganze aus mehrere Sicherheitszellen (den einzelnen Sicherheitsvorrichtungen oder Sicherheitsmitteln) zusammengesetzt ist.
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Dies kann auch beinhalten, dass wenigstens eine/s oder mehrere der separaten Sicherheitsvorrichtungen oder Sicherheitsmittel für sich allein genommen hinreichend „groß“ dimensioniert ist, dass es eine vorgegebene Sicherheitsanforderung für das Fluggerät oder für durch das Fluggerät transportierte Personen oder Lasten für sich allein genommen erfüllt. Besonders vorteilhaft ist allerdings, wenn alle separaten Sicherheitsvorrichtungen oder Sicherheitsmittel für sich allein genommen jeweils nicht hinreichend „groß“ dimensioniert sind. Dann entspricht die genannte Anzahl der genannten Mehrzahl, und der erfindungsgemäß erreichbare Effekt wird maximal.
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Hier und im Folgenden werden die Begriffe „Sicherheitssysteme“ einerseits und „Sicherheitsvorrichtungen“ oder „Sicherheitsmittel“ andererseits synonym verwendet. Der Begriff „Sicherheitseinrichtung“ umfasst die Gesamtheit aller in oder an dem Fluggerät vorhandenen Sicherheitsvorrichtungen oder Sicherheitsmittel bzw. Sicherheitssysteme.
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Dabei ist zumindest keines der im Fluggerät implementierten Sicherheitssysteme aus der genannten Anzahl, vorzugsweise sogar überhaupt keines der vorhandenen Sicherheitssysteme, für sich allein betrachtet derart dimensioniert, dass es für sich allein genommen die im Notfall maximal auftretenden Lastvielfache physikalisch, d.h. messbar auf ein für einen Passagier (oder eine Last) vertretbares Maß reduzieren kann. Das auftretende Lastvielfache wird durch jedes einzelne Sicherheitssystem lediglich reduziert. Wenn alle vorhandenen Sicherheitssysteme entsprechend konzipiert sind, lässt sich eine möglich große Gewichts- und Größenersparnis erreichen. Jede Gewichts- und Größenersparnis senkt den Energiebedarf, vergrößert die Reichweite, erhöht die Nutzlast und/oder verbessert den Passagierkomfort.
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Ein erfindungsgemäßes Fluggerät, insbesondere in Form eines senkrecht startenden und landenden, personen- und/oder lasttragenden Multikopters mit einer Mehrzahl verteilt angeordneter und elektrisch angetriebener Rotoren, verfügt über eine erfindungsgemäße Sicherheitseinrichtung.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Absichern von Personen und/oder Lasten an Bord eines Fluggeräts, insbesondere in Form eines senkrecht startenden und landenden, personen- und/oder lasttragenden Multikopters mit einer Mehrzahl verteilt angeordneter und elektrisch angetriebener Rotoren, beinhaltet ein Bereitstellen einer Mehrzahl von separaten Sicherheitsvorrichtungen oder Sicherheitsmitteln zur physikalischen Reduzierung eines auftretenden Lastvielfachens für die Personen und/oder Lasten, wobei zumindest für eine Anzahl der Sicherheitsvorrichtungen oder Sicherheitsmittel jede einzelne Sicherheitsvorrichtung oder jedes einzelne Sicherheitsmittel derart ausgebildet ist, dass sie zum Erreichen einer vorgegebenen Sicherheitsanforderung für das Fluggerät oder für durch das Fluggerät transportierte Personen oder Lasten, insbesondere das Einhalten eines vorgegebenen, zulässigen Lastvielfachen, miteinander zusammenwirken.
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Bei dem hier beschriebenen Sicherheitszellen-System, bei dem mehrere Sicherheitssysteme kombiniert werden, mindert jedes einzelne Sicherheitssystem das ursprüngliche Lastvielfache teilweise ab, sodass das insgesamt (durch Zusammenwirken aller Sicherheitssysteme) resultierende Lastvielfache auf ein für Passagiere und/oder Last vertretbares Niveau gesenkt wird.
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Eine Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahren sieht entsprechend vor, dass in einem Notfall durch jede einzelne Sicherheitsvorrichtung oder jedes einzelne Sicherheitsmittel aus der genannten Anzahl nur eine Reduzierung des Lastvielfachens auf einen Wert oberhalb der vorgegebenen Sicherheitsanforderung erreicht wird. Vorzugsweise entspricht die genannte Anzahl zahlenmäßig der genannten Mehrzahl, d.h. alle vorhandenen Sicherheitsvorrichtungen oder Sicherheitsmittel sind entsprechend ausgelegt.
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Das Sicherheitszellen-System für ein Fluggerät wird, im Gegensatz zum Stand der Technik, aus mehreren einzelnen Sicherheitssystemen aufgebaut. Diese einzelnen Sicherheitssysteme werden bei ihrer Auslegung und Dimensionierung nicht einzeln, sondern als Teil eines Gesamtsystems in Form der oben definierten Sicherheitseinrichtung für ein Fluggerät betrachtet.
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Ein entsprechend weitergebildetes erfindungsgemäßes Fluggerät bzw. die Sicherheitseinrichtung kann beispielsweise über folgende einzelne Sicherheitssysteme in beliebiger Kombination verfügen:
- - Landewerk mit energieabsorbierenden Elementen, z.B. einem (irreversibel) deformierbaren Crashelement und/oder Stoßdämpfern;
- - Sitze mit energieabsorbierenden Elementen;
- - Rettungsfallschirm;
- - Energieabsorber, z.B. Elastomer-, Gummi- oder Schaumelemente zwischen strukturellen Bestandteilen des Fluggeräts;
- - Luftkissen;
und/oder vergleichbare Sicherheitsvorrichtungen oder Sicherheitsmittel. Alle diese Mittel sind auf die eine oder andere Art geeignet, die oben exemplarisch beschriebenen Belastungen des menschlichen Körpers im Notfall zu reduzieren. Grundsätzlich ist angestrebt, die Belastungen auf ein Maß zu reduzieren, das vom Passagier/Pilot überlebt werden kann. Dabei ist neben einer Angabe der g-Last auch die Zeit der Einwirkung zu berücksichtigen. Hierauf wird weiter unten noch genauer eingegangen.
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Die genannten Sitze mit energieabsorbierenden Elementen können metallische Elemente an ihrer Rückseite aufweisen, welche wiederum in einer metallischen Schiene eingesetzt sein können. Die Schiene ist vorzugsweise derart ausgelegt, sodass sich der Sitz bei normalen Gebrauchsbedingungen/-Iasten nicht bewegt bzw. starr wirkt. Im Falle einer „harten Landung“ führen die auftretenden hohen Lastvielfache dazu, dass ein sog. Schieber samt Sitz in der Schiene hinabgleitet. Dabei kommt es zu einer plastischen Verformung der Schiene durch den Schieber, wodurch Energie absorbiert (oder „vernichtet“) wird. Das auf den Passagier wirkende Lastvielfache wird so reduziert.
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Im Notfall reduziert jedes einzelne Sicherheitssystem das maximal auftretende Lastvielfache eventuell und je nach konkreter Auslegung bzw. der Art des Notfalls nur wenig. Entsprechend sieht eine Weiterbildung der erfindungsgemäßen Sicherheitseinrichtung vor, dass jede einzelne Sicherheitsvorrichtung oder jedes einzelne Sicherheitsmittel aus der genannten Mehrzahl lediglich für eine Reduzierung des Lastvielfachens auf einen Wert oberhalb der vorgegebenen Sicherheitsanforderung ausgebildet ist. Durch die gesamtheitliche Betrachtungsweise bzw. das erfindungsgemäße Zusammenwirken zumindest einer Anzahl von Sicherheitsvorrichtungen oder Sicherheitsmitteln wird jedoch das maximal auftretende Lastvielfache auf ein für Passagiere und/oder Last vertretbares Niveau gesenkt.
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Durch diese Betrachtungsweise können die einzelnen Sicherheitssysteme im Vergleich zum Stand der Technik deutlich kleiner dimensioniert werden, was wiederum ein geringeres Gesamtgewicht für die Sicherheitseinrichtung und für das Fluggerät zur Folge hat.
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Eine entsprechende Weiterbildung der erfindungsgemäßen Sicherheitseinrichtung sieht vor, dass ein Gesamtgewicht der Sicherheitseinrichtung gegenüber einem Gesamtgewicht einer herkömmlichen Sicherheitseinrichtung mit gleicher physikalischer Reduzierung eines auftretenden Lastvielfachens reduziert ist.
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Im Gegensatz zu einzelnen Sicherheitssystemen, die nur in einem klar und eng definierten Operationsbereich voll funktionsfähig sind, kann ein Sicherheitszellen-System einen deutlich größeren Operationsbereich abdecken. Die Defizite eines jedes einzelnen Sicherheitssystems können so durch eines oder mehrere andere Sicherheitssysteme kompensiert werden. Beispielsweise kann bei geringer Absturzhöhe der Rettungsfallschirm allein nicht ausreichen, um die Belastung der Passagiere genügend zu reduzieren. Anstatt nun den Rettungsfallschirm größer und schwerer auszubilden, kann im Rahmen der Erfindung die Belastung zusätzlich durch ein Luftkissen, gefederte Sitze und ein Landewerk mit Stoßdämpfern weiter reduziert werden, sodass sich insgesamt ein akzeptabler Wert ergibt.
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Darüber hinaus kann bei dem Sicherheitszellen-System eine höhere Ausfallwahrscheinlichkeit der einzelnen Sicherheitssysteme akzeptiert werden. Denn bei einem Versagen einer einzelnen Komponente (eines einzelnen Sicherheitssystems) versagt nicht unmittelbar die gesamte Sicherheitseinrichtung, sondern das auftretende Lastvielfache wird lediglich etwas weniger stark reduziert. Die Ausfallwahrscheinlichkeit der Gesamt-Funktion „Passagierschutz“ ist entsprechend geringer, weil es mehrere redundante Sicherheitssysteme gibt.
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Eine entsprechende Weiterbildung der erfindungsgemäßen Sicherheitseinrichtung sieht also vor, dass für jede einzelne Sicherheitsvorrichtung oder jedes einzelne Sicherheitsmittel aus der genannten Anzahl eine Ausfallwahrscheinlichkeit gegenüber vergleichbaren herkömmlichen Sicherheitsvorrichtungen oder Sicherheitsmitteln erhöht ist.
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Ein konkreter Vorteil ergibt sich durch das hier beschriebene Sicherheitszellen-System dadurch, dass bereits bei geringen Flughöhen im Falle eines Absturzes eine Abschwächung des Lastvielfaches auf einen Passagier und/oder eine Last erreicht wird, insbesondere durch das Landewerk, den Sitz sowie weitere energieabsorbierenden Elemente (wie z.B. Elastomer-, Gummi- oder Schaumelemente). Bei geringen Flughöhen kann es nämlich sein, dass ein Rettungsfallschirm allein sich gar nicht oder nicht ausreichend entfaltet und somit keine oder nur eine geringe Bremswirkung auf das Fluggerät auswirken kann, was nicht ausreichen würde, um eine nötige vorgegebene Sicherheitsanforderung für das Fluggerät oder für durch das Fluggerät transportierte Personen oder Lasten einzuhalten.
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Die von der EASA herausgegebenen Certification Specifications CS 27.561 (b) (3): Emergency Landing Conditions, fordern z.B., dass die Struktur des Fluggeräts so ausgebildet sein muss, dass für jeden Insassen eine reelle Chance besteht, eine Bruchladung ohne gravierende Verletzungen zu überstehen. In diesem Zusammenhang werden folgende Grenzwerte für zulässige g-Kräfte genannt:
- • aufwärts - 4 g
- • vorwärts - 16 g
- • seitwärts - 8 g
- • abwärts - 20 g
- • rückwärts - 1,5 g
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Diese Grenzwerte gelten für „Small Rotorcraft“. Für senkrecht startende und landende Fluggeräte mit mehr als zwei Antriebseinheiten fehlen bislang eindeutige Definitionen.
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Weitere Eigenschaften und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den nachfolgend anhand der Zeichnung beschriebenen Ausführungsbeispiele.
- 1 zeigt schematisch ein erfindungsgemäßes Fluggerät mit erfindungsgemäßer Sicherheitseinrichtung;
- 2 zeigt die Funktion einer erfindungsgemäßen Sicherheitseinrichtung anhand eines zeitlichen Verlaufs des Lastvielfachens; und
- 3 zeigt ein Ablaufdiagramm eines erfindungsgemäßen Verfahrens.
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In 1 bezeichnet das Bezugszeichen 1 ein Fluggerät, insbesondere in Form eines senkrecht startenden und landenden, personen- und/oder lasttragenden Multikopters mit einer Mehrzahl verteilt angeordneter und elektrisch angetriebener Rotoren, beispielsweise und ohne Beschränkung ein Fluggerät der Marke Volocopter® aus dem Hause der Anmelderin. Nur ein Rotor 1a und der zugehörige (Elektro-)Motor 1b ist explizit bezeichnet. Die Rotoren und Motoren sind - ohne Beschränkung hierauf - in bzw. an oder auf einer gemeinsamen Rotorebene 1c angeordnet. Bezugszeichen 2 bezeichnet eine Person bzw. einen Passagier, der in einer (Passagier-)Zelle 3 auf einem Sitz 4 Platz genommen hat. Der Sitz ist in dem gezeigten Ausführungsbeispiel mit energieabsorbierenden Elementen 4a ausgerüstet, z.B. Feder- oder Elastomerelementen, von denen in der Figur nur eines unterhalb der Sitzfläche 4b exemplarisch dargestellt ist. Die energieabsorbierenden Elemente 4a fungieren als ein Sicherheitssystem (oder Sicherheitsmittel) im Sinne der Erfindung. Der Sitz 4 ist über Energieabsorber 5, z.B. aus einem Elastomermaterial, zwischen seiner Rückenlehne 4c und einem strukturellen Bestandteil des Fluggeräts 1 in Form eines (Rücken-)Spants 6 in der Zelle 3 befestigt. Die Energieabsorber 5 fungieren als ein weiteres Sicherheitssystem (oder Sicherheitsmittel) im Sinne der Erfindung.
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Bei Bezugszeichen 7 weist das Fluggerät 1 ein Landewerk mit symbolisch dargestellten Stoßdämpfern 7a (z.B. Federbeinen) auf, welches unterhalb der Zelle 3 montiert ist. Das Landewerk 7 bzw. die Stoßdämpfer 7a fungieren als ein weiteres Sicherheitssystem (oder Sicherheitsmittel) im Sinne der Erfindung.
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Außerdem weist das Fluggerät 1 bei Bezugszeichen 8 einen Rettungsfallschirm auf, der exemplarisch in seinem aufgefalteten (Notfall-)Zustand dargestellt ist. Auch der Rettungsfallschirm 8 fungiert als ein weiteres Sicherheitssystem (oder Sicherheitsmittel) im Sinne der Erfindung.
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Es können weitere Sicherheitsmittel oder -Systeme vorhanden sein, z.B. ein Luftkissen oder Airbag, die in der Figur nicht dargestellt sind. Auch können Teile des Fluggeräts 1 selbst derart ausgebildet sein, z.B. durch geeignete Materialauswahl, dass sie im Notfall (bei einem Absturz) durch Verformung Energie aufnehmen und somit die insbesondere auf die Person 2 einwirkenden g-Kräfte reduzieren.
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Alle genannten Sicherheitsmittel oder -Systeme gemeinsam bilden eine erfindungsgemäße Sicherheitseinrichtung. Obwohl vorzugsweise keines der Sicherheitsmittel oder -Systeme für sich allein genommen in der Lage wäre, eine vorgegebene Sicherheitsanforderung für das Fluggerät 1 oder für durch das Fluggerät 1 transportierte Personen 2 oder Lasten zu erfüllen, gelingt dies vorliegend durch ein Zusammenwirken aller genannten Sicherheitsvorrichtungen oder Sicherheitsmittel.
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In 2 ist beispielhaft die Funktion einer erfindungsgemäßen Sicherheitseinrichtung graphisch dargestellt. Gezeigt ist für vier Lastfälle (Kurven K1 bis K4) jeweils der zeitliche Verlauf der g-Kraft n [m/s2].
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Kurve K1 hat ihr Maximum bei 30-40 g. Dies entspricht einem Lastvielfachen bei ungebremstem Fall, also ohne ein aktiviertes Sicherheitssystem.
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Kurve K2 hat ihr Maximum bei 10-15 g. Dies entspricht einem Lastvielfachen bei einem einzelnen aktivierten Sicherheitssystem.
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Kurve K3 hat ihr Maximum bei 8-9 g. Dies entspricht einem Lastvielfachen bei zwei aktivierten Sicherheitssystemen.
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Kurve K4 hat ihr Maximum bei 4-6 g: Dies entspricht einem Lastvielfachen bei mehr als zwei aktivierten Sicherheitssystemen. Kurve K4 zeigt eine für Passagiere akzeptables Lastbeanspruchung.
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Neben der absoluten Reduktion der g-Kraft von Kurve K1 nach Kurve K4 ist auch ersichtlich, dass das zeitliche Verhalten der Krafteinwirkung ebenfalls verändert wird: Die Krafteinwirkung erfolgt über einen von Kurve K1 zu Kurve K4 immer längeren Zeitraum, was zu einer verbesserten Verträglichkeit für den menschlichen Organismus beiträgt.
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In 3 ist beispielhaft ein Verfahren zum Absichern von Personen und/oder Lasten an Bord eines Fluggeräts, insbesondere in Form eines senkrecht startenden und landenden, personen- und/oder lasttragenden Multikopters mit einer Mehrzahl verteilt angeordneter und elektrisch angetriebener Rotoren gemäß 1, dargestellt.
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Das Verfahren beginnt mit Schritt S1. In Schritt S2 wird eine zu erreichende Sicherheitsanforderung für das Fluggerät oder für durch das Fluggerät transportierte Personen oder Lasten, insbesondere das Einhalten eines bestimmten Lastvielfachen (eines Vielfachen der Erdbeschleunigung g) definiert, insbesondere unter Rückgriff auf einschlägige Vorschriften, wie symbolisch bei Bezugszeichen D dargestellt. In Schritt S3 wird ein (erstes) Sicherheitsmittel oder -System definiert und konzipiert bzw. realisiert, welches im Notfall eine Reduzierung des auf die Personen oder Lasten einwirkenden Lastvielfachen bewirken kann. In Schritt S4 erfolgt dann eine Überprüfung, ob mittels dieses Sicherheitsmittels oder -Systems die Sicherheitsanforderung bereits erfüllbar oder erfüllt ist. Falls nicht (n), kehrt das Verfahren nach Schritt S3 zurück, und es wird ein (zweites bzw. weiteres) Sicherheitsmittel oder -System definiert und konzipiert bzw. realisiert. Dann erfolgt in Schritt S4 erneut die Überprüfung, ob mittels dieses zusätzlichen Sicherheitsmittels oder -Systems, d.h. mittels der gesamten Sicherheitseinrichtung, die alle bislang vorhandenen Sicherheitsmittel oder -Systeme umfasst, die Sicherheitsanforderung erfüllbar ist. Dieser Ablauf wiederholt sich so lange, bis die Überprüfung in Schritt S4 positives Ergebnis liefert (j). Die Sicherheitseinrichtung kann somit die Sicherheitsanforderung erfüllen, weil zum Erreichen der vorgegebenen Sicherheitsanforderung für das Fluggerät oder für durch das Fluggerät transportierte Personen oder Lasten, insbesondere das Einhalten eines vorgegebenen, zulässigen Lastvielfachen, die vorhandenen Sicherheitsmittel oder -Systeme miteinander zusammenwirken. Das Verfahren endet mit Schritt S5.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 4239634 A1 [0011]
- DE 60006429 T2 [0012]