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Die Erfindung betrifft ein Kraftfahrzeug aufweisend einen Aktorsystem zur Richtungssteuerung sowie zur Geschwindigkeitssteuerung, ein Sensorsystem zur Überwachung des Umfeldes und eine Steuer- und Auswerteeinheit, wobei die Steuer- und Auswerteeinheit eingerichtet ist, Sensordaten des Sensorsystems auszuwerten, um Ausweichmöglichkeiten für Notsituationen zu erkennen, und in einer Notsituation das Aktorsystem anzusteuern, um eine erkannte Ausweichmöglichkeit zu nutzen. Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Computerprogrammprodukt zur Ausführung eines Verfahrens zum Betrieb eines solchen Kraftfahrzeugs.
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Die Vielfalt an Fahrerassistenzsystemen nimmt ebenso wie die Verbreitung von Fahrerassistenzsystemen von Fahrzeuggeneration zu Fahrzeuggeneration zu. Entsprechende Fahrerassistenzsysteme dienen dabei in manchen Fällen dazu, einen Fahrzeugführer, Fahrer oder Nutzer bei der Führung eines Kraftfahrzeugs, also der Fahrzeugführung, zu unterstützen und zum Beispiel mit für die Fahrzeugführung relevanten Informationen zu versorgen. Andere Fahrerassistenzsysteme sind dazu ausgebildet, eine teilautonome oder vollständig autonome Fahrzeugführung zu ermöglichen und dementsprechend die Führung eines Kraftfahrzeugs teilweise oder vollständig zu übernehmen.
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Hierbei sind auch Fahrerassistenzsysteme bekannt, die helfen sollen, drohende Kollisionen abzuwenden oder die Intensität drohender Kollisionen abzumildern. Zu diesem Zweck greift ein entsprechend ausgebildetes Fahrerassistenzsystem zum Beispiel aktiv in die Fahrzeugführung ein, sodass das Kraftfahrzeug eine Ausweichbewegung ausführt. Ein derart ausgebildetes Fahrerassistenzsystem ist beispielsweise in der
DE 10 2016 203 727 A1 beschrieben.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Kraftfahrzeug mit einer vorteilhaften Fahrerassistenzfunktion anzugeben sowie ein Computerprogrammprodukt zur Realisierung einer solchen vorteilhaften Fahrerassistenzfunktion.
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Diese Aufgabe wird durch ein Kraftfahrzeug mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 und durch ein Computerprogrammprodukt mit den Merkmalen des Patentanspruchs 10 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen mit zweckmäßigen Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Patentansprüchen angegeben. Die im Hinblick auf das Kraftfahrzeug angeführten Vorteile und bevorzugten Ausgestaltungen sind sinngemäß auch auf das Computerprogrammprodukt übertragbar und umgekehrt.
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Das erfindungsgemäße Kraftfahrzeug ist dabei beispielsweise als Personenkraftwagen, Lastkraftwagen, Omnibus oder Motorrad ausgebildet und weist ein Aktorsystem auf, welches eine zumindest zeitweise teilautonome oder zumindest zeitweise vollständig autonome Fahrzeugführung ermöglicht. Teil eines solchen Aktorsystems ist dabei typischerweise zumindest ein Lenkaktor zur Richtungssteuerung des Kraftfahrzeugs sowie zumindest ein Vortriebsaktor zur Geschwindigkeitssteuerung des Kraftfahrzeugs, wobei das Kraftfahrzeug über die Geschwindigkeitssteuerung gezielt beschleunigt oder abgebremst werden kann und zwar wenn notwendig auch mit maximaler Beschleunigung oder maximaler Verzögerung, insbesondere auch durch eine Vollbremsung.
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Weiter weist das Kraftfahrzeug ein Sensorsystem zur Überwachung des Umfeldes des Kraftfahrzeugs auf sowie eine Steuer- und Auswerteeinheit, mit deren Hilfe die zumindest zeitweise teilautonome oder zumindest zeitweise vollständig autonome Fahrzeugführung ermöglicht wird. Hierbei ist das Sensorsystem eingerichtet zur Erfassung von Informationen über das Umfeld des Kraftfahrzeugs und zur Generierung von Sensordaten auf der Basis der erfassten Information. Jenes Sensorsystem ist hierbei beispielsweise als optisches System, als Radarsystem, als Schallsystem oder als Hybrid-System ausgebildet, wobei im Falle eines Hybrid-Systems zumindest zwei unterschiedliche sensorische Einheiten genutzt werden, die auf unterschiedlichen Messprinzipien basieren, also zum Beispiel ein optisches System als eine sensorische Einheit und ein Radarsystem als eine weitere sensorische Einheit des Hybrid-Systems.
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Die Steuer- und Auswerteeinheit wiederum ist eingerichtet zur Umsetzung einer erfindungsgemäßen Fahrerassistenzfunktion Sensordaten des Sensorsystems auszuwerten, um Ausweichmöglichkeiten für Notsituationen zu erkennen. Im Allgemeinen steht der Begriff Ausweichmöglichkeit dabei für eine Möglichkeit die aktuelle Trajektorie des Kraftfahrzeugs, nachfolgend auch erstes Kraftfahrzeug genannt, durch einen Eingriff in die Richtungssteuerung und/oder durch einen Eingriff in die Geschwindigkeitssteuerung anzupassen oder zu verändern, um eine Überschneidung mit einer Trajektorie eines anderen, insbesondere eines zweiten Kraftfahrzeugs zu vermeiden. Durch Nutzung einer solchen Ausweichmöglichkeit, also durch Ausführung eines Ausweichmanövers, wird dann ein Raumbereich, beispielsweise ein Straßenabschnitt, der ausgehend von der aktuellen Trajektorie des ersten Kraftfahrzeugs zu einer bestimmten Zeit in der Zukunft vom ersten Kraftfahrzeug belegt oder besetzt wäre, durch eine Anpassung der Trajektorie des ersten Kraftfahrzeugs für andere Verkehrsteilnehmer für den entsprechenden Zeitraum in der Zukunft freigemacht oder freigeräumt.
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Ausweichmöglichkeiten sind dabei beispielsweise dann gegeben, wenn um das Kraftfahrzeug, also das erste Kraftfahrzeug, herum freie und somit befahrbare Flächen gegeben sind, die das erste Kraftfahrzeug ausgehend von seiner aktuellen Trajektorie nicht befahren würde und auf die das erste Kraftfahrzeug somit im Bedarfsfall ausweichen könnte. Beispiele für solche freien befahrbaren Flächen sind ein Standstreifen, eine neben einer aktuell befahrenen Fahrspur verlaufende weitere Fahrspur, eine Parkfläche oder auch ein Fußweg oder ein Radweg, sofern derartige befahrbaren Flächen aktuell tatsächlich frei sind, sofern sich dort also keine Hindernisse befinden und auch keine anderen Verkehrsteilnehmer aufhalten.
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Nicht jede Ausweichmöglichkeit ist allerdings mit einem Verlassen des ursprünglich vorgesehenen Fahrweges, also beispielsweise einem Verlassen der befahrenen Fahrspur, verbunden. Stattdessen wird in einigen Fällen bei der Nutzung einer Ausweichmöglichkeit quasi lediglich eine zeitliche Anpassung der Raumbelegung des ersten Kraftfahrzeugs vorgenommen. Zur Nutzung derartiger Ausweichmöglichkeiten erfolgt dann eine Geschwindigkeitsanpassung des ersten Kraftfahrzeugs, also ein Beschleunigen oder Abbremsen des Kraftfahrzeugs.
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Des Weiteren ist die Steuer- und Auswerteeinheit eingerichtet, in einer Notsituation das Aktorsystem des Kraftfahrzeugs anzusteuern, also insbesondere den Lenkaktor und/oder den Vortriebsaktor, um eine erkannte Ausweichmöglichkeit tatsächlich auch zu nutzen. Es erfolgt dann typischerweise eine Anpassung der Trajektorie des Kraftfahrzeugs durch einen Lenkeingriff und/oder durch ein Beschleunigen oder Abbremsen des Kraftfahrzeugs. Hierbei besteht auch die Möglichkeit, dass das Kraftfahrzeug beispielsweise aus dem Stand heraus beschleunigt wird.
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Weiterhin weist das Kraftfahrzeug eine Sende- und Empfangseinrichtung auf, die zum Empfang einer insbesondere gezielt an das erste Kraftfahrzeug gerichteten Ausweichanfrage von einem zweiten Kraftfahrzeug eingerichtet ist und zudem bevorzugt für eine sogenannte „Car2Car“- oder „Car2X“- Kommunikation. Eine solche Ausweichanfrage wird in einer Notsituation vom zweiten Kraftfahrzeug ausgesendet und enthält typischerweise Informationen darüber, welcher Raumbereich zu welchem Zeitpunkt für das zweite Kraftfahrzeug zur Verfügung stehen sollte. Hierbei wird als Bezugssystem für den Raumbereich üblicherweise das Erdsystem gewählt, insbesondere aber ein einheitliches Bezugssystem im ersten Kraftfahrzeug und im zweiten Kraftfahrzeug. Zusätzlich zur Nutzung eines einheitlichen räumlichen Bezugssystems ist auch die Nutzung eines einheitlichen zeitlichen Bezugssystems zweckdienlich. Dabei werden zum Beispiel von allen beteiligten Verkehrsteilnehmern GPS-Daten genutzt.
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Wie bereits zuvor dargelegt, erfolgt die Aussendung eine Ausweichanfrage bevorzugt nur bei Erkennung einer Notsituation, also insbesondere wenn die aktuelle Trajektorie des zweiten Kraftfahrzeugs und die aktuelle Trajektorie des ersten Kraftfahrzeugs auf die Möglichkeit einer Kollision der beiden Kraftfahrzeuge hindeuten. Eine entsprechende Trajektorie ist dabei üblicherweise lediglich bestimmt durch die aktuelle Position, den aktuellen Geschwindigkeitsvektor sowie den aktuellen Beschleunigungsvektor eines Kraftfahrzeugs. Mögliche zukünftige Eingriffe in die Geschwindigkeitssteuerung und/oder die Richtungssteuerung eines Kraftfahrzeugs sind jedoch typischerweise aus einer entsprechenden Trajektorie nicht zu entnehmen und daher werden gemäß einer Ausführungsvariante mit einer Ausweichanfrage zusätzlich auch geplante Aktionen oder geplante Eingriffe in die Fahrzeugsteuerrung des zweiten Kraftfahrzeugs übermittelt.
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Die Steuer- und Auswerteeinheit des ersten Kraftfahrzeugs ist schließlich zudem eingerichtet, die Ausweichanfrage, sofern eine solche über die Sende- und Empfangseinrichtung empfangen wurde, auszuwerten, daraus eine Notsituation abzuleiten, eine an die Ausweichanfrage angepasste Ausweichmöglichkeit auszuwählen und diese durch eine geeignete Ansteuerung des Aktorsystems, also insbesondere des Lenkaktors und/oder des Vortriebsaktors, zu nutzen.
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Schlussendlich bedeutet dies, dass im Kraftfahrzeug, also zumindest im ersten Kraftfahrzeug, ein erfindungsgemäßes Fahrerassistenzsystem vorhanden ist, mittels dessen eine erfindungsgemäße Fahrerassistenzfunktion oder kurz eine Assistenzfunktion realisiert ist. Mithilfe dieser Assistenzfunktion lassen sich drohende oder sich anbahnende Kollisionen zwischen dem Kraftfahrzeug und einem weiteren Kraftfahrzeug, also insbesondere zwischen dem ersten Kraftfahrzeug und dem zweiten Kraftfahrzeug, vermeiden oder es lässt sich zumindest die Schwere der Auswirkungen einer entsprechenden Kollision verringern, was für die beteiligten Personen ebenfalls von Vorteil ist.
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Ein Beispiel für die Funktionsweise der Assistenzfunktion lässt sich dabei angeben für den Fall, dass sich das erste Kraftfahrzeug und das zweite Kraftfahrzeug gemeinsam entlang einer Straße bewegen, wobei das zweite Kraftfahrzeug dem ersten Kraftfahrzeug nachfolgt und hierbei die selbe Fahrspur befährt, wie das erste Kraftfahrzeug. Das zweite Kraftfahrzeug weist dabei ebenso wie das erste Kraftfahrzeug, ein Sensorsystem zur Überwachung des Umfeldes des zweiten Kraftfahrzeugs auf, wobei dieses Sensorsystem insbesondere eingerichtet ist, den Abstand zum vorausfahrenden ersten Kraftfahrzeug zu überwachen.
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Wenn sich nun das zweite Kraftfahrzeug dem ersten Kraftfahrzeug zu weit und/oder zu schnell annähert, so erkennt eine Steuer- und Auswerteeinheit des zweiten Kraftfahrzeugs eine Problemsituationen und leitet daraufhin automatisch einen Bremsvorgang ein, durch welchen die Geschwindigkeit des zweiten Kraftfahrzeugs verringert wird.
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Wird von der Steuer- und Auswerteeinheit des zweiten Kraftfahrzeugs darüber hinaus ermittelt, dass ausgehend vom Abstand zum ersten Kraftfahrzeug sowie ausgehend von einem mittels des Sensorsystems ermittelten Geschwindigkeitsvektors, der die Bewegung des ersten Kraftfahrzeugs repräsentiert, und ausgehend von der maximal möglichen Verzögerung, die beim zweiten Kraftfahrzeug hervorgerufen werden kann, ein rechtzeitiges und ausreichendes Abbremsen nicht mehr erzielt werden kann und daher eine Kollision mit dem ersten Kraftfahrzeug droht, so wird dies von der Steuer- und Auswerteeinheit des zweiten Kraftfahrzeugs als Notsituation erkannt. Daraufhin wird in der Steuer- und Auswerteeinheit des zweiten Kraftfahrzeugs eine Ausweichanfrage generiert und über eine Sende- und Empfangseinrichtung des zweiten Kraftfahrzeugs ausgesendet.
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Die Ausweichanfrage ist dabei bevorzugt direkt an das erste Kraftfahrzeug gerichtet, also quasi an dieses adressiert, wobei zum Beispiel das Kennzeichen des ersten Kraftfahrzeugs zur Identifizierung des ersten Kraftfahrzeugs nutzbar ist, da dieses zum Beispiel auch mittels eines Kamerasystems, welches gegebenenfalls Teil des Sensorsystems des zweiten Kraftfahrzeugs ist, erfassbar ist. Dabei sind dann zum Beispiel in der Ausweichanfrage das Kennzeichen des ersten Kraftfahrzeugs, GPS-Daten, ein Zeitstempel und/oder eine für das erste Kraftfahrzeug ermittelte Trajektorie sowie eine für das zweite Kraftfahrzeug ermittelte Trajektorie als Informationen enthalten.
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Zudem ist bevorzugt in der Ausweichanfrage eine Art Wunsch für ein Ausweichmanöver des ersten Kraftfahrzeugs enthalten, also zum Beispiel eine Aufforderung zu beschleunigen, um dem zweiten nachfolgenden Kraftfahrzeug mehr Zeit und mehr Wegstrecke zu geben, die eigene Geschwindigkeit weiter abzubauen.
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Das vorausfahrende erste Kraftfahrzeug wiederum empfängt die Ausweichanfrage über seine Sende- und Empfangseinrichtung, woraufhin die Ausweichanfrage in der Steuer- und Auswerteeinheit des ersten Kraftfahrzeugs ausgewertet wird. Auf Basis der Ausweichanfrage erkennt die Steuer- und Auswerteeinheit des ersten Kraftfahrzeugs dann das Vorliegen einer Notsituation, woraufhin diese prüft, welche Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung stehen, indem diese die Sensordaten des Sensorsystems auswertet.
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Stehen mehrere Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung erfolgt eine Auswahl einer Ausweichmöglichkeit, wobei zum Beispiel ein in der Ausweichanfrage enthaltener Wunsch berücksichtigt wird und/oder wobei diejenige Ausweichmöglichkeit ausgewählt wird, die mit den geringsten Risiken und/oder den unbedeutendsten Konsequenzen verbunden ist. Besteht also zum Beispiel die Möglichkeit, durch einen Eingriff in die Geschwindigkeitssteuerung das erste Kraftfahrzeug gefahrlos zu beschleunigen, so steuert die Steuer- und Auswerteeinheit das Aktorsystem entsprechend an, woraufhin das erste Kraftfahrzeug quasi nach vorne flüchtet. Infolgedessen wird dem nachfolgenden zweiten Kraftfahrzeug dann tatsächlich mehr Zeit und mehr Wegstrecke zur Verfügung gestellt, die von diesen für einen zusätzlichen Geschwindigkeitsabbau genutzt wird.
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Im günstigsten Fall wird dann die zunächst drohende Kollision doch noch vermieden. In jedem Fall aber lässt sich auf diese Weise die Schwere der Konsequenzen einer möglichen Kollision weiter reduzieren.
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Das Flüchten oder Davonfahren des ersten Kraftfahrzeugs nach vorn stellt dabei nur eine prinzipielle Möglichkeit dar, dem zweiten nachfolgenden Kraftfahrzeug mehr Zeit und mehr Wegstrecke für eine weitere Reduzierung der Geschwindigkeit zu verschaffen. Dasselbe Ziel lässt sich alternativ auch dadurch erreichen, dass das erste Kraftfahrzeug zur Seite ausweicht, sofern diese Möglichkeit gegeben ist. Das bedeutet, dass das erste Kraftfahrzeug beispielsweise die aktuell befahrene Fahrspur verlässt und auf eine parallel verlaufende weitere Fahrspur wechselt. Hierbei stellt jedoch das Vorhandensein einer solchen weiteren Fahrspur allein noch keine Ausweichmöglichkeit dar. Darüber hinaus darf sich auf der weiteren Fahrspur neben dem ersten Kraftfahrzeug auch kein weiterer Verkehrsteilnehmer befinden.
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Das zuvor beschriebene Prinzip funktioniert dabei jedoch nicht nur in Fällen, in denen zwei Kraftfahrzeuge hintereinander herfahren, sondern beispielsweise auch in Fällen, in denen zwei Kraftfahrzeuge nebeneinander herfahren. Hier liegt dann eine Notsituation vor, wenn sich das zweite Kraftfahrzeug zu weit und/oder zu schnell seitlich dem ersten Kraftfahrzeug nähert. In einem solchen Fall ist es dann vorgesehen, dass das erste Kraftfahrzeug zur Seite ausweicht und/oder durch eine Verringerung oder eine Erhöhung der eigenen Geschwindigkeit dem zweiten Kraftfahrzeug quasi aus dem Weg geht, zumindest sofern die Verkehrssituation und die Streckenbedingungen dies zulassen, sofern also basierend auf den Sensordaten des Sensorsystems die Steuer- und Auswerteeinheit des ersten Kraftfahrzeugs eine freie befahrbare Fläche für ein Ausweichmanöver erkennt.
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Wie bereits zuvor kurz angedeutet, ist es hierbei gemäß einer Ausführungsvariante der Fahrerassistenzfunktion und somit dann auch des Fahrerassistenzsystems sowie des Kraftfahrzeugs vorgesehen, dass die Ausweichanfrage Informationen zu einer Trajektorie des zweiten Kraftfahrzeugs aufweist, welche die zu erwartende Bewegung des zweiten Kraftfahrzeugs beschreibt.
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Es wird somit insbesondere ein Ort, ein Geschwindigkeitsvektor sowie gegebenenfalls ein Beschleunigungsvektor zu einem bestimmten Zeitpunkt mit der Ausweichanfrage übermittelt. Zweckdienlicherweise wird dabei von allen beteiligten Kraftfahrzeugen ein einheitliches Bezugssystem in Raum und Zeit genutzt, zum Beispiel durch Verwendung von GPS-Daten. In vorteilhafter Weiterbildung beinhaltet die Ausweichanfrage zudem Informationen über geplante Manöver des zweiten Kraftfahrzeugs, sofern entsprechende Informationen vorliegen. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn das zweite Kraftfahrzeug für eine zumindest zeitweise teilautonome und/oder zumindest zeitweise vollständig autonome Fahrzeugführung ausgebildet und eingerichtet ist.
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Von Vorteil ist es weiter, wenn die Steuer- und Auswerteeinheit des ersten Kraftfahrzeugs eingerichtet ist, eine Rückmeldung, insbesondere eine gezielt an das zweite Kraftfahrzeug gerichtete Rückmeldung, zu generieren. Eine solche Rückmeldung wird dann mittels der Sende- und Empfangseinrichtung an das zweite Kraftfahrzeug übermittelt, wobei die Rückmeldung insbesondere Informationen über die ausgewählte Ausweichmöglichkeit aufweist. Hierbei enthält die Rückmeldung beispielsweise Informationen über eine die ausgewählte Ausweichmöglichkeit charakterisierende Trajektorie und/oder Informationen über geplante Manöver, also geplante Eingriffe in die Fahrzeugführung des ersten Kraftfahrzeugs.
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Die Generierung und Übermittlung einer solchen Rückmeldung ist dabei insbesondere auch dann von Vorteil, wenn mit der Ausweichanfrage auch ein Wunsch für ein bestimmtes Ausweichmanöver übermittelt wird und wenn diesem Wunsch nicht entsprochen wird, wenn also die Steuer- und Auswerteeinheit des ersten Kraftfahrzeugs eine andere Ausweichmöglichkeit auswählt, beispielsweise weil diese als geeigneter bewertet wird oder weil mit dieser geringere Risiken verbunden sind. In einem solchen Fall wird dann quasi das zweite Kraftfahrzeug gewarnt, dass das gewünschte und somit vom zweiten Kraftfahrzeug erwartete Ausweichmanöver nicht durchgeführt wird, sondern stattdessen ein anderes, sodass sich quasi das zweite Kraftfahrzeug darauf einstellen kann und bei Bedarf darauf reagieren kann.
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In vorteilhafter Weiterbildung ermittelt das erste Kraftfahrzeug eine von der vom zweiten Kraftfahrzeug geforderten oder gewünschten Ausweichroute abweichende Ausweichroute für das erste Kraftfahrzeug und teilt diese dem zweiten Kraftfahrzeug mittels der Rückmeldung mit. Zusätzlich wird vom dem ersten Kraftfahrzeug noch eine mögliche Ausweichroute oder ein mögliches Ausweichmanöver für das zweite Kraftfahrzeug berechnet und an dieses mittels der Rückmeldung übermittelt. Das ist insbesondere dann von Vorteil, wenn das erste Kraftfahrzeug über mehr Informationen verfügt als das zweite Kraftfahrzeug. Wenn also beispielsweise das erste Kraftfahrzeug den Sichtbereich für das zweite Kraftfahrzeug verdeckt und das erste Kraftfahrzeug zum Beispiel ein Hindernis vorauserkennt. Dann wähl das erste Kraftfahrzeug beispielsweise die Ausweichmöglichkeit nach rechts auszuweichen, obwohl das zweite Kraftfahrzeug vorgeschlagen hat, geradeaus zu beschleunigen, und teilt dem zweiten Kraftfahrzeug zusätzlich mit, dass dieses am besten nach links ausweichen sollte.
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Zweckdienlich ist es weiter, wenn auch die Steuer- und Auswerteeinheit des ersten Kraftfahrzeugs eingerichtet ist, eine Ausweichanfrage zu generieren, welche beispielsweise an das zweite Kraftfahrzeug oder an ein drittes Kraftfahrzeug gerichtet ist. Eine solche Ausweichanfrage wird dann mittels der Sende- und Empfangseinrichtung übermittelt. Eine entsprechende Ausweichanfrage wird dabei vom ersten Kraftfahrzeug zum Beispiel dann generiert, wenn die Steuer- und Auswerteeinheit basierend auf den Sensordaten des Sensorsystems ermittelt, dass das erste Kraftfahrzeug selbst ein möglicher Unfallauslöser ist und aus diesem Grund eine Notsituation vorliegt.
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Es ist also von Vorteil, wenn alle in eine Verkehrssituation involvierten Kraftfahrzeuge ein Fahrerassistenzsystem aufweisen, welches dem hier beschriebenen Fahrerassistenzsystem zumindest ähnlich ist und mit dem eine ähnliche Fahrerassistenzfunktion oder eine im wesentlichen identische Fahrerassistenzfunktion realisiert wird. In einem solchen Fall sind dann alle diese Kraftfahrzeuge eingerichtet, im Bedarfsfall eine Ausweichanfrage zu generieren und auszusenden, wenn das eigene Kraftfahrzeug ein möglicher Unfallauslöser ist, wodurch dann die übrigen möglicherweise betroffenen Kraftfahrzeuge gewarnt werden. Diese wiederum können dann die entsprechende Ausweichanfrage verarbeiten und ein Ausweichmanöver durchführen, sofern eine Ausweichmöglichkeit erkannt wird.
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Insbesondere da eine Ausweichanfrage typischerweise gezielt an ein bestimmtes Kraftfahrzeug gerichtet ist und dementsprechend beispielsweise eine Adressierung aufweist, ist die Steuer- und Auswerteeinheit vorzugsweise zudem eingerichtet, eine eigene gezielt an ein drittes Kraftfahrzeug gerichtete Ausweichanfrage zu generieren und mittels der Sende- und Empfangseinrichtung an dieses dritte Kraftfahrzeug zu übermitteln, auch wenn das erste Kraftfahrzeug kein möglicher Unfallauslöser ist. Eine solche Ausweichanfrage wird dann stattdessen beispielsweise als Reaktion auf eine eingegangene und ausgewertete Ausweichanfrage von dem zweiten Kraftfahrzeug generiert, um die Erzeugung einer Ausweichmöglichkeit für das erste Kraftfahrzeug durch das dritte Kraftfahrzeug zu initiieren, insbesondere dann, wenn dem ersten Kraftfahrzeug keine Ausweichmöglichkeit zur Verfügung steht, die es dem ersten Kraftfahrzeug ermöglicht, dem zweiten Kraftfahrzeug auszuweichen. Auf diese Weise wird dann eine Art Kettenreaktion ermöglicht, was die Effizienz der Fahrerassistenzfunktion steigert und weitere Möglichkeiten zur Kollisionsvermeidung eröffnet.
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Das Prinzip einer entsprechenden Kettenreaktion lässt sich relativ einfach nachvollziehen für den Fall, dass drei Kraftfahrzeuge gemeinsam eine Fahrspur auf einer Straße befahren, wobei das zweite Kraftfahrzeug dem ersten Kraftfahrzeug nachfolgt und wobei das dritte Kraftfahrzeug vor dem ersten Kraftfahrzeug herfährt. In diesem Beispiel stellt weiter das zweite ganz hinten fahrende Kraftfahrzeug einen möglichen Unfallauslöser dar, weil sich dieses dem ersten Kraftfahrzeug zu weit und/oder zu schnell nähert.
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Das zweite Kraftfahrzeug erkennt nun die daraus resultierende Notsituation und generiert eine Ausweichanfrage, die an das vorausfahrende erste Kraftfahrzeug gerichtet ist und an dieses übermittelt wird. Das erste Kraftfahrzeug empfängt diese Ausweichanfrage und wertet diese aus. In diesem Ausführungsbeispiel wird jedoch vom ersten Kraftfahrzeug keine Ausweichmöglichkeit oder keine ausreichende Ausweichmöglichkeit ermittelt, sodass das erste Kraftfahrzeug allein durch ein eigenes Ausweichmanöver die drohende Kollision zwischen dem ersten Kraftfahrzeug dem zweiten Kraftfahrzeug nicht verhindern kann. Daher übermittelt das erste Kraftfahrzeug seinerseits eine Ausweichanfrage, wobei diese Ausweichanfrage an das vorausfahrende dritte Kraftfahrzeug gerichtet ist, und an dieses übermittelt wird.
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Das dritte Kraftfahrzeug wiederum wertet die vom ersten Kraftfahrzeug übermittelte Ausweichanfrage aus und erkennt eine Ausweichmöglichkeit, genau gesagt die Möglichkeit zu beschleunigen und auf diese Weise den beiden nachfolgenden Kraftfahrzeugen mehr Zeit und mehr Raum für deren Manöver zu schaffen. Weiter übermittelt das dritte Kraftfahrzeug dann eine positive Rückmeldung an das nachfolgende erste Kraftfahrzeug, welche die Beschleunigung des dritten Kraftfahrzeugs ankündigt. Basierend auf der Rückmeldung und/oder aufgrund des Erkennens einer durch das Beschleunigen des dritten Kraftfahrzeugs entstehenden Ausweichmöglichkeit für das erste Kraftfahrzeug beschleunigt das erste Kraftfahrzeug seinerseits und schafft somit wiederum zusätzliche Zeit und/oder zusätzliche Wegstrecke für das zweite Kraftfahrzeug, welche das zweite Kraftfahrzeug für einen zusätzlichen Geschwindigkeitsabbau nutzt.
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Dieses Konzept der Kettenreaktion lässt sich wiederum auch auf Verkehrssituation übertragen, bei denen mehrere Kraftfahrzeuge seitlich versetzt zueinander nebeneinander herfahren oder auf andere Weise relativ zueinander positioniert sind und sich relativ zueinander bewegen.
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Weisen nun also mehrere Kraftfahrzeuge ein zuvor beschriebenes Fahrerassistenzsystem auf, so wird dadurch die Möglichkeit geschaffen, dass sich die Kraftfahrzeuge in einer Notsituation untereinander austauschen, um Wege zu finden, eine drohende Kollision noch abzuwenden oder zumindest deren Folgen abzumildern. Dabei ist dann bevorzugt jedes Kraftfahrzeug befähigt, Ausweichanfragen zu generieren und auszusenden, aber auch entsprechende Ausweichanfragen auszuwerten und darauf zu reagieren.
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Bevorzugt sind die Kraftfahrzeuge dabei eingerichtet, sich quasi nicht auf eine Rückmeldung auf eine Ausgleichanfrage zu verlassen, sondern für die Planung der eigenen Fahrzeugsteuerung die Sensordaten des eigenen Sensorsystems zurate zu ziehen, insbesondere auch was das Erkennen von Ausweichmöglichkeiten und was das Auswählen einer erkannten Ausweichmöglichkeit angeht. D. h. insbesondere, dass Rückmeldungen, die zum Beispiel geplante Manöver ankündigen, tendenziell nicht genutzt werden, um daran angepasst in die eigene Fahrzeugsteuerung einzugreifen. Bevorzugt werden die Rückmeldungen jedoch genutzt, um beispielsweise daran angepasste Manöver zumindest vorzubereiten und zum Beispiel hierfür notwendige Berechnungen vorzunehmen. Die tatsächliche Ausführung eines entsprechenden Manövers erfolgt dann aber bevorzugt erst, wenn aus den Sensordaten des eigenen Sensorsystems erkennbar ist, dass eine in der Rückmeldung gemachte Ankündigung auch umgesetzt wird oder ist.
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Eine der zuvor beschriebenen Varianten der erfindungsgemäßen Fahrerassistenzfunktion ist nun, wie zuvor bereits angedeutet, in einem erfindungsgemäßen Kraftfahrzeug realisiert und somit nutzbar. Die Fahrerassistenzfunktion ist hierbei bevorzugt durch einen Bediener oder Nutzer aktivierbar und deaktivierbar, beispielsweise über einen Schalter oder ein Bedienmenü. Bei der Ausführung der Fahrerassistenzfunktion wird das Kraftfahrzeug dabei gemäß einem bestimmten Verfahren und somit in einem bestimmten Betriebsmodus betrieben, wobei insbesondere die Steuer- und Auswerteeinheit das Verfahren mit Hilfe des Sensorsystems, der Sende- und Empfangseinheit sowie des Aktorsystems ausführt.
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Die gestellte Aufgabe wird somit auch gelöst durch ein Verfahren zum Betrieb eines zuvor beschriebenen Kraftfahrzeugs, welches eine Sende- und Empfangseinrichtung zum Empfang einer Ausweichanfrage von einem zweiten Kraftfahrzeug, ein Aktorsystem zur Richtungssteuerung sowie zur Geschwindigkeitssteuerung, ein Sensorsystem zur Überwachung des Umfeldes und eine Steuer- und Auswerteeinheit aufweist, bei dem Sensordaten des Sensorsystems mittels der Steuer- und Auswerteeinheit ausgewertet werden, um Ausweichmöglichkeiten für Notsituationen zu erkennen, bei dem das Aktorsystem in einer Notsituation durch die Steuer- und Auswerteeinheit angesteuert wird, um eine erkannte Ausweichmöglichkeit zu nutzen, bei dem die Ausweichanfrage durch die Steuer- und Auswerteeinheit ausgewertet wird, bei dem daraus eine Notsituation abgeleitet wird, bei dem eine an die Ausweichanfrage angepasste Ausweichmöglichkeit ausgewählt wird und bei dem diese durch eine Ansteuerung des Aktorsystems durch die Steuer- und Auswerteeinheit genutzt wird.
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Das Verfahren wird dabei typischerweise mit Hilfe eines ausführbaren Programms automatisch ausgeführt, zumindest wenn die Fahrerassistenzfunktion aktiviert und somit aktiv ist. Das Programm wird dabei beispielsweise in einem Computerprogrammprodukt zu Verfügung gestellt, also zum Beispiel als Datei auf einem Datenträger. Das Programm wird dann typischerweise im Kraftfahrzeug und insbesondere in der Steuer- und Auswerteeinheit installiert.
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Als vorteilhaft wird es zudem angesehen, wenn das erste Kraftfahrzeug einen Innenraum sowie ein Innenraum-Sensorsystem zur Überwachung des Innenraums aufweist und wenn die Steuer- und Auswerteeinheit eingerichtet ist, Sensordaten des Innenraums-Sensorsystems zur Ermittlung einer Innenraumsituation auszuwerten und die Nutzungsweise einer ausgewählten Ausweichmöglichkeit an die ermittelte Innenraumsituation anzupassen und/oder die Kriterien anzupassen, nach denen eine Ausweichmöglichkeit ausgewählt wird.
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Wenn also im ersten Kraftfahrzeug eine Notsituation ermittelt wurde, beispielsweise weil ein nachfolgendes Kraftfahrzeug droht aufzufahren, und eine Ausweichmöglichkeit ermittelt wurde, so wird zudem noch durch die Steuer- und Auswerteeinheit geprüft, was für eine Situation im Innenraum des ersten Kraftfahrzeugs vorherrscht und welche Konsequenzen ein mit der Ausweichmöglichkeit verknüpftes Manöver insbesondere für die Insassen im Innenraum mit sich bringen würde, wenn eine erkannte Ausweichmöglichkeit tatsächlich genutzt wird.
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Hierzu weist das Innenraum-Sensorsystem beispielsweise ein Kamerasystem oder ein anderes optisches System auf und die Steuer- und Auswerteeinheit ist beispielsweise dazu eingerichtet, zu erfassen, ob die Insassen angeschnallt sind und/oder ob die Insassen etwas in der Hand halten.
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Dabei wird dann insbesondere geprüft, ob eine für die Insassen unerwartete Beschleunigung des Kraftfahrzeugs zu einer Verletzung der Insassen führen könnte, beispielsweise durch umherfliegende Gegenstände oder durch eine aus der Beschleunigung des Kraftfahrzeugs resultierenden Beschleunigung der Insassen. Basierend auf der erkannten Innenraumsituation wird dann aus einer Anzahl erkannter Ausweichmöglichkeiten die geeignetste Ausweichmöglichkeit ausgewählt und/oder es wird die Nutzungsweise der ausgewählten Ausweichmöglichkeit oder der infrage kommenden Ausweichmöglichkeiten angepasst.
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D. h., dass beispielsweise ausgehend von der ermittelten Innenraumsituation ein Maximalwert für die Beschleunigung festgelegt wird und/oder dass ein zulässiger Richtungsbereich für eine zulässige Richtung für die Beschleunigung festgelegt wird.
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Wenn also zum Beispiel erkannt wird, dass eine Notsituation vorliegt und mehrere Ausweichmöglichkeiten ermittelt werden, zum Beispiel ein Ausweichmanöver nach links, ein Ausweichmanöver nach rechts und ein Bremsmanöver, und zudem ermittelt wird, dass sich der Kopf eines Insassen in Fahrtrichtung gesehen zu nah an der linken Innenwand im Innenraum des Kraftfahrzeugs befindet, so wird das Ausweichmanöver nach rechts von der Auswahlliste für die Ausweichmöglichkeiten quasi gestrichen und dementsprechend nicht ausgewählt und nicht genutzt, um zu vermeiden, dass der Kopf des Insassen an die Innenwand anschlägt. In anderen Situationen wird dagegen lediglich ein Maximalwert für die Beschleunigung festgelegt oder für verschiedene Beschleunigungsrichtungen verschiedene Maximalwerte.
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Das Konzept der Innenraumüberwachung und Berücksichtigung der Innenraumsituation bei der Auswahl und/oder der Nutzungsweise von Ausweichmöglichkeiten in einer Notsituation wird dabei als eigenständiger erfinderische Ansatz angesehen und daher bleibt eine Einreichung einer darauf gerichteten Teilanmeldung ausdrücklich vorbehalten.
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Jenes Prinzip funktioniert dabei insbesondere auch unabhängig von einer möglichen Kommunikation zwischen Kraftfahrzeugen, also insbesondere auch dann, wenn das erste Kraftfahrzeug nicht für den Empfang und/oder die Verarbeitung einer Ausweichanfrage ausgebildet ist. Ein derartiges Kraftfahrzeug erkennt, dann beispielsweise eine Notsituation allein mithilfe des eigenen Sensorsystems und somit durch eine eigene Überwachung des Umfeldes mittels des Sensorsystems sowie mittels der Steuer- und Auswerteeinheit. Ein solches Kraftfahrzeug weist dann bevorzugt die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 auf sowie die Merkmale des Anspruchs 9.
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Von Vorteil ist es schließlich darüber hinaus, wenn alle an einer Verkehrssituation beteiligten Kraftfahrzeuge all ihre Informationen insbesondere zentral sammeln und z.B. an einen externen Rechner übermitteln.
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Hierdurch ist es dann möglich für alle beteiligten Kraftfahrzeuge mit dieser Gesamtmenge an Information mittels des externen Rechners günstige Ausweichrouten oder Ausweichmöglichkeiten zu berechnen und an die Kraftfahrzeuge zu übermitteln. Alternativ wird dieses Gesamtoptimierungsproblem nicht mittels des externen Rechners gelöst sondern verteilt auf den Fahrzeugenrechnern berechnet, also beispielsweise mittels der Steuer- und Auswerteeinheiten der beteiligten Kraftfahrzeuge, und die daraus resultierenden Informationen werden dann geeignet ausgetauscht, je nachdem wo was berechnet wird.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus den Ansprüchen, der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsformen sowie anhand der schematischen Zeichnungen. Dabei zeigen:
- 1 in einer Blockschaltbilddarstellung ein Kraftfahrzeug, und
- 2 in einer Draufsicht das Kraftfahrzeug und zwei weitere Kraftfahrzeuge in einer Verkehrssituation.
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Ein nachfolgend exemplarisch beschriebenes und in 1 in einer Blockschaltbilddarstellung gezeigtes erstes Kraftfahrzeug 2 ist beispielsweise als Personenkraftwagen, Lastkraftwagen, Omnibus oder Motorrad ausgebildet und eingerichtet, in zumindest einem Betriebsmodus eine erfindungsgemäße Fahrerassistenzfunktion zu realisieren.
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Dazu weist das erste Kraftfahrzeug ein Aktorsystem 4 auf, welches eine zumindest zeitweise teilautonome oder zumindest zeitweise vollständig autonome Fahrzeugführung ermöglicht. Teil eines solchen Aktorsystems 4 ist dabei typischerweise zumindest ein Lenkaktor zur Richtungssteuerung des ersten Kraftfahrzeugs 2 sowie zumindest ein Vortriebsaktor zur Geschwindigkeitssteuerung des ersten Kraftfahrzeugs 2, wobei das erste Kraftfahrzeug 2 über die Geschwindigkeitssteuerung gezielt beschleunigt oder abgebremst werden kann und zwar wenn notwendig auch mit maximaler Beschleunigung oder maximaler Verzögerung, insbesondere auch durch eine Vollbremsung.
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Weiter weist das erste Kraftfahrzeug 2 ein Sensorsystem 6 zur Überwachung des Umfeldes des ersten Kraftfahrzeugs 2 auf, sowie eine Steuer- und Auswerteeinheit 8. Hierbei ist das Sensorsystem eingerichtet zur Erfassung von Informationen über das Umfeld des ersten Kraftfahrzeugs 2 und zur Generierung von Sensordaten auf der Basis der erfassten Informationen. Jenes Sensorsystem 6 ist hierbei beispielsweise als optisches System, als Radarsystem, als Schallsystem oder als Hybrid-System ausgebildet, wobei im Falle eines Hybrid-Systems zumindest zwei unterschiedliche sensorische Einheiten genutzt werden, die auf unterschiedlichen Messprinzipien basieren, also zum Beispiel ein optisches System als eine sensorische Einheit und ein Radarsystem als eine weitere sensorische Einheit des Hybrid-Systems.
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Die Steuer- und Auswerteeinheit 8 wiederum ist eingerichtet, zur Umsetzung der erfindungsgemäßen Fahrerassistenzfunktion Sensordaten des Sensorsystems 6 auszuwerten, um Ausweichmöglichkeiten für Notsituationen zu erkennen und diese dann auch zu nutzen, wenn eine Notsituation von der Steuer- und Auswerteeinheit 8 erkannt wird. D. h., dass die Steuer- und Auswerteeinheit 8 nach Erkennen einer Notsituation das Aktorsystem 4 derart ansteuert, dass eine ausgewählte Ausweichmöglichkeit genutzt wird und das Kraftfahrzeug 2 automatisch ein mit der Ausweichmöglichkeit verknüpftes Ausweichmanöver ausführt.
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Im Allgemeinen steht der Begriff Ausweichmöglichkeit dabei für eine Möglichkeit die aktuelle Trajektorie des ersten Kraftfahrzeugs 2 durch einen Eingriff in die Richtungssteuerung und/oder durch einen Eingriff in die Geschwindigkeitssteuerung anzupassen oder zu verändern, um eine Überschneidung mit einer Trajektorie eines anderen, insbesondere eines zweiten Kraftfahrzeugs 10 zu vermeiden. Durch Nutzung einer solchen Ausweichmöglichkeit wird dann ein Raumbereich, beispielsweise ein Straßenabschnitt, der ausgehend von der aktuellen Trajektorie des ersten Kraftfahrzeugs 2 zu einer bestimmten Zeit in der Zukunft vom ersten Kraftfahrzeug 2 belegt oder besetzt wäre, durch eine Anpassung der Trajektorie des ersten Kraftfahrzeugs 2 für andere Verkehrsteilnehmer für den entsprechenden Zeitraum in der Zukunft freigemacht oder freigeräumt.
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Das dahinter stehende Prinzip lässt sich relativ einfach nachvollziehen für einen in 2 skizzierten Fall, bei dem drei Kraftfahrzeuge 2, 10 12 gemeinsam eine Fahrspur 14 auf einer Straße 16 befahren, wobei das zweite Kraftfahrzeug 10 dem ersten Kraftfahrzeug 2 nachfolgt und wobei ein drittes Kraftfahrzeug 12 vor dem ersten Kraftfahrzeug 2 herfährt. In diesem Beispiel stellt weiter das zweite ganz hinten fahrende Kraftfahrzeug 10 einen möglichen Unfallauslöser dar, weil sich dieses dem ersten Kraftfahrzeug 2 zu weit und/oder zu schnell nähert.
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Das zweite Kraftfahrzeug 10 erkennt nun die daraus resultierende Notsituation und generiert eine Ausweichanfrage, die an das vorausfahrende erste Kraftfahrzeug 2 gerichtet ist und an dieses übermittelt wird. Das erste Kraftfahrzeug 2 empfängt diese Ausweichanfrage mittels einer Sende- und Empfangseinrichtung 18 und wertet diese mittels der Steuer- und Auswerteeinheit 8 aus. In diesem Ausführungsbeispiel wird jedoch vom ersten Kraftfahrzeug 2 keine Ausweichmöglichkeit, keine zulässige oder keine ausreichende Ausweichmöglichkeit ermittelt, sodass das erste Kraftfahrzeug 2 allein durch ein eigenes Ausweichmanöver die drohende Kollision zwischen dem ersten Kraftfahrzeug 2 den zweiten Kraftfahrzeug 10 nicht verhindern kann. Daher generiert das erste Kraftfahrzeug 2 mittels der Steuer- und Auswerteeinheit 8 seinerseits eine an das dritte Kraftfahrtzeug 12 gerichtete Ausweichanfrage und übermittelt diese mittels der Sende- und Empfangseinrichtung 18 an das vorausfahrende dritte Kraftfahrzeug 12.
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Das dritte Kraftfahrzeug 12 wiederum wertet die vom ersten Kraftfahrzeug 2 übermittelte Ausweichanfrage aus und erkennt eine Ausweichmöglichkeit, genau gesagt die Möglichkeit zu beschleunigen und auf diese Weise den beiden nachfolgenden Kraftfahrzeugen 2, 10 mehr Zeit und mehr Wegstrecke für deren Manöver zu schaffen. Weiter übermittelt das dritte Kraftfahrzeug 12 dann eine positive Rückmeldung an das nachfolgende erste Kraftfahrzeug 2, welche die Beschleunigung des dritten Kraftfahrzeugs 12 ankündigt.
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Basierend auf der Rückmeldung werden dann in der Steuer- und Auswerteeinheit 8 des ersten Kraftfahrzeuges 2 bereits Berechnungen für die Ausnutzung einer durch das Beschleunigen des dritten Kraftfahrzeugs 12 entstehenden Ausweichmöglichkeit für das erste Kraftfahrzeug 2 vorgenommen. Sobald die Steuer- und Auswerteeinheit 8 durch Auswertung der Sensordaten des Sensorsystems 6 erkennt, dass die Ankündigung tatsächlich auch umgesetzt wird und sich so eine Ausweichmöglichkeit ergibt, steuert die Steuer- und Auswerteeinheit 8 des ersten Kraftfahrzeuges 2 das Aktorsystem 4 derart an, dass das erste Kraftfahrzeug 2 seinerseits beschleunigt wird. Auf diese Weise schafft das erste Kraftfahrzeug 2 wiederum zusätzliche Zeit und/oder zusätzliche Wegstrecke für das zweite Kraftfahrzeug 10, welche das zweite Kraftfahrzeug 10 für einen zusätzlichen Geschwindigkeitsabbau nutzt.
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Das Prinzip lässt sich auch auf Verkehrssituation übertragen, bei denen mehrere Kraftfahrzeuge 2, 10, 12 seitlich versetzt zueinander nebeneinander herfahren oder auf andere Weise relativ zueinander positioniert sind und sich relativ zueinander bewegen.
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Als vorteilhaft wird es zu dem angesehen, wenn das erste Kraftfahrzeug 2 einen Innenraum 20 sowie ein Innenraum-Sensorsystem 22 zur Überwachung des Innenraums 20 aufweist und wenn die Steuer- und Auswerteeinheit 8 eingerichtet ist, Sensordaten des Innenraums-Sensorsystems 22 zur Ermittlung einer Innenraumsituation auszuwerten und die Nutzungsweise einer ausgewählten Ausweichmöglichkeit an die ermittelte Innenraumsituation anzupassen und/oder die Kriterien anzupassen, nach denen eine Ausweichmöglichkeit ausgewählt wird.
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Hierzu weist das Innenraum-Sensorsystem 22 beispielsweise ein Kamerasystem oder ein anderes optisches System auf und die Steuer- und Auswerteeinheit 8 ist beispielsweise dazu eingerichtet, zu erfassen, ob die Insassen angeschnallt sind und/oder ob die Insassen etwas in der Hand halten. Dabei wird dann insbesondere geprüft, ob eine für die Insassen unerwartete Beschleunigung des ersten Kraftfahrzeugs 2 zu einer Verletzung der Insassen führen könnte, beispielsweise durch umherfliegende Gegenstände oder durch eine aus der Beschleunigung des ersten Kraftfahrzeugs 2 resultierenden Beschleunigung der Insassen. Basierend auf der erkannten Innenraumsituation wird dann aus einer Anzahl anerkannter Ausweichmöglichkeiten die geeignetste Ausweichmöglichkeit ausgewählt und/oder es wird die Nutzungsweise der ausgewählten Ausweichmöglichkeit oder der infrage kommenden Ausweichmöglichkeiten angepasst.
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D. h., dass beispielsweise ausgehend von der ermittelten Innenraumsituation ein Maximalwert für die Beschleunigung festgelegt wird und/oder ein zulässiger Richtungsbereich für eine zulässige Richtung für die Beschleunigung festgelegt wird. Wenn also zum Beispiel erkannt wird, dass eine Notsituation vorliegt und mehrere Ausweichmöglichkeiten ermittelt werden, zum Beispiel ein Ausweichmanöver nach links, ein Ausweichmanöver nach rechts und ein Bremsmanöver, und zudem ermittelt wird, dass sich der Kopf eines Insassen in Fahrtrichtung gesehen zu nah an der linken Innenwand im Innenraum 20 des ersten Kraftfahrzeugs 2 befindet, so wird das Ausweichmanöver nach rechts von der Auswahlliste für die Ausweichmöglichkeiten quasi gestrichen und dementsprechend nicht ausgewählt und nicht genutzt, um zu vermeiden, dass der Kopf des Insassen an die Wandlung anschlägt. In anderen Situationen wird dagegen lediglich ein Maximalwert für die Beschleunigung festgelegt oder für verschiedene Beschleunigungsrichtungen verschiedene Maximalwerte.
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Bezugszeichenliste
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- 2
- erstes Kraftfahrzeug
- 4
- Aktorsystem
- 6
- Sensorsystem
- 8
- Steuer- und Auswerteeinheit
- 10
- zweites Kraftfahrzeug
- 12
- drittes Kraftfahrzeug
- 14
- Fahrspur
- 16
- Straße
- 18
- Sende- und Empfangseinrichtung
- 20
- Innenraum
- 22
- Innenraum-Sensorsystem
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102016203727 A1 [0003]