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Die Offenbarung betrifft ein Fahrerassistenzsystem mit einer Nothaltefunktion für ein Fahrzeug, ein Fahrzeug mit demselben und ein Verfahren zum Nothalten eines Fahrzeugs. Die vorliegende Offenbarung betrifft insbesondere einen risikominimierten Spurwechsel in einer kritischen Situation, wie beispielwiese bei einem plötzlichen medizinischen Notfall des Fahrers.
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Stand der Technik
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Fahrerassistenzsysteme zur Bewältigung kritischer Situationen während der Fahrt gewinnen mit der Entwicklung von (teil-)autonom fahrenden Fahrzeugen stetig an Bedeutung. Beispielsweise ist in der Druckschrift
DE 10 2012 001 312 A1 ein Fahrerassistenzsystem beschrieben, bei dem mittels einer Eingabevorrichtung, wie einem Schalter, ein Bedienbefehl eingebbar ist. Erfolgt eine solche Eingabe, so ist ein autonom durchführbares Fahrmanöver auslösbar. Das Fahrerassistenzsystem ermöglicht einen durch den Fahrer oder einen Beifahrer auslösbaren Nothalt für den Fall einer Fahruntüchtigkeit des Fahrers.
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Ein autonomer Nothalt eines Fahrzeugs, wie beispielsweise bei einem plötzlich auftretenden medizinischen Notfall, ist aufgrund anderer Verkehrsteilnehmer, von Hindernissen und/oder Straßenverhältnissen risikobehaftet. Insbesondere besteht bei einem Nothalt das Risiko, dass es zu unkontrollierbaren Fahrsituationen, wie beispielsweise Kollisionen mit anderen Verkehrsteilnehmern und/oder Hindernissen kommt.
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Offenbarung der Erfindung
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Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Offenbarung, ein Fahrerassistenzsystem mit einer Nothaltefunktion für ein Fahrzeug, ein Fahrzeug mit einem solchen Fahrerassistenzsystem und ein Verfahren zum Nothalten eines Fahrzeugs anzugeben, die einen Nothalt risikominimiert durchführen können. Insbesondere ist es eine Aufgabe der vorliegenden Offenbarung, einen automatisierten, und insbesondere einen autonomen Spurwechsel bei einem Nothaltemanöver des Fahrzeugs mit minimalem Risiko durchzuführen.
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Diese Aufgabe wird durch den Gegenstand der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den Unteransprüchen angegeben.
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Gemäß einem unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Fahrerassistenzsystem mit einer Nothaltefunktion für ein Fahrzeug, insbesondere ein Kraftfahrzeug, angegeben. Das Fahrerassistenzsystem ist eingerichtet, um eine Breite einer Standspur zu bestimmen, wobei das Fahrerassistenzsystem weiter eingerichtet ist, um bei einer Auslösung der Nothaltefunktion einen automatisierten, insbesondere einen autonomen, Spurwechsel durch automatisiertes Fahren von wenigstens einer Fahrspur auf die Standspur auszuführen, wenn die Breite der Standspur gleich oder größer als ein erster Schwellwert ist.
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Vorzugsweise grenzt die Fahrspur unmittelbar an die Standspur an. In einigen Ausführungsformen kann der erfindungsgemäße Gegenstand, und insbesondere das Fahrerassistenzsystem, in einem Fahrsystem eines automatisierten, und insbesondere eines autonom fahrenden Fahrzeugs implementiert sein.
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Gemäß der vorliegenden Offenbarung kann das Fahrzeug beim Auslösen der Nothaltefunktion in einem manuellen, teilautomatisierten oder vollautomatisierten (autonomen) Fahrbetrieb sein. Beispielsweise kann der Fahrer das Fahrzeug manuell steuern und die Nothaltefunktion auslösen, woraufhin das Fahrzeug in den automatisierten Fahrbetrieb wechselt, um das Nothaltemanöver durchzuführen. In einem anderen Beispiel kann sich das Fahrzeug bereits in einem teilautomatisierten oder vollautomatisierten (autonomen) Fahrbetrieb befinden, wenn die Nothaltefunktion durch den Fahrer, einen Beifahrer oder automatisch durch das Fahrzeug ausgelöst wird.
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Der Spurwechsel auf die Standspur kann dabei zwei oder mehr Spurwechsel (z.B. drei Spurwechsel) umfassen. Beispielsweise kann ein erster Spurwechsel von einer ersten Fahrspur auf eine zweite Fahrspur und ein zweiter Spurwechsel von der zweiten Fahrspur auf die Standspur durchgeführt werden. Die zweite Fahrspur kann eine Fahrspur sein, die unmittelbar an die Standspur angrenzt.
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In einigen Ausführungsformen umfasst das Fahrerassistenzsystem eine Bestimmungsvorrichtung, die zum Bestimmen der Breite der Standspur eingerichtet ist, und eine Steuerung, die eingerichtet ist, um bei der Auslösung der Nothaltefunktion den Spurwechsel von der Fahrspur auf die Standspur auszuführen, wenn die Breite der Standspur gleich oder größer als der erste Schwellwert ist. Die Bestimmungsvorrichtung und die Steuerung können in einem gemeinsamen Software- und/oder Hardware-Modul realisiert sein. Alternativ dazu können die Bestimmungsvorrichtung und die Steuerung in getrennten Software- und/oder Hardware-Modulen realisiert sein.
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Erfindungsgemäß wird die Breite der Standspur bei einem Nothaltemanöver berücksichtigt. Wenn die Standspur breit genug ist, erfolgt ein Spurwechsel, wobei das automatisiert, und insbesondere autonom fahrende Fahrzeug dann abgebremst und auf der Standspur zum Stillstand gebracht wird. Durch die Berücksichtigung der Breite der Standspur kann eine risikominimierte Positionierung des Fahrzeugs erfolgen. Insbesondere kann eine Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer minimiert oder sogar ganz vermieden werden. Anders gesagt kann durch die Berücksichtigung der Breite der Standspur beim Spurwechsel vermieden werden, dass das Fahrzeug ein Gefahrenobjekt für andere Verkehrsteilnehmer darstellt. Damit kann ein risikominimiertes autonomes Nothaltemanöver erfolgen, beispielsweise wenn der Fahrer fahruntüchtig ist.
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In einigen Ausführungsformen umfasst das Fahrerassistenzsystem ein Bedienelement zum Auslösen der Nothaltefunktion durch einen Fahrer oder einen Beifahrer. Das Bedienelement kann darüber hinaus zum Aktivieren einer von der Nothaltefunktion separaten Fahrzeugfunktion dienen. Es kann also zumindest eine Doppelbelegung des Bedienelements zum Aktivieren von zwei verschiedenen Funktionen vorliegen. Beispielsweise umfasst das Fahrzeug eine elektrische Feststellbremse und ein Feststellbremse-Bedienelement zum Aktivieren der elektrischen Feststellbremse im Stand. Das Aktivieren der Feststellbremse entspricht in diesem Fall dem Aktivieren einer separaten Fahrzeugfunktion. Das Feststellbremse-Bedienelement wird in diesem Fall auch als Bedienelement zum Auslösen der Nothaltefunktion verwendet. Es ist dabei von Vorteil, wenn das Fahrerassistenzsystem eingerichtet ist, die Nothaltefunktion erst in Reaktion auf ein Beenden der Betätigung des Feststellbremse-Bedienelements zu aktivieren.
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Vorzugsweise ist das Fahrerassistenzsystem eingerichtet, um keinen Spurwechsel auszuführen, wenn die Breite der Standspur kleiner als der erste Schwellwert ist. Beispielsweise kann das Fahrerassistenzsystem eingerichtet sein, um einen Nothalt auf der Fahrspur, auf der sich das Fahrzeug gerade befindet, auszuführen, wenn die Breite der Standspur kleiner als der erste Schwellwert ist. Hierdurch kann vermieden werden, dass das Fahrzeug nach einem Spurwechsel zu weit in die Fahrspur hineinragt und eine Gefahrenquelle darstellt. Fahrer nachfolgender Fahrzeuge können davon abgehalten werden, eine Fehleinschätzung der verbleibenden Breite der Fahrspur vorzunehmen. Insbesondere kann dem nachfolgenden Verkehr durch das Anhalten auf der Fahrspur unmissverständlich vermittelt werden, dass die Fahrspur blockiert und kein Vorbeikommen ist.
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Gemäß der vorliegenden Offenbarung ist unter einem Spurwechsel zu verstehen, dass das Fahrzeug ausgehend von einer Spur („Eigenspur“ oder „aktuelle Spur“) eine Begrenzung zu einer unmittelbar benachbarten Spur („Zielspur“) überfährt. Dabei kann das Fahrzeug nach dem Spurwechsel vollständig auf der Zielspur positioniert sein. Die vorliegende Offenbarung ist jedoch nicht hierauf begrenzt, und das Fahrzeug kann nach dem Spurwechsel teilweise auf der ersten Spur positioniert sein, und insbesondere teilweise in die erste Spur hineinragen, beispielsweise da das Fahrzeug breiter ist als die Zielspur.
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Vorzugsweise und gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist das Fahrerassistenzsystem eingerichtet, um bei einer Auslösung der Nothaltefunktion einen automatisierten, und insbesondere autonomen Spurwechsel von einer Fahrspur auf die Standspur auszuführen und nach dem Spurwechsel auf die Standspur eine Lenkbewegung in Richtung einer Begrenzung der Standspur auszuführen, beispielsweise wenn das Fahrzeug eine vorbestimmte Geschwindigkeit unterschreitet. Insbesondere kann das Fahrerassistenzsystem das Fahrzeug bei erkannter enger Standspur kurz vor dem Stillstand durch die zusätzliche Lenkbewegung möglichst nahe zum Fahrbahnrand manövrieren und dort zum Stillstand bringen.
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Beispielsweise kann die zusätzliche Lenkbewegung derart ausgeführt werden, dass ein Abstand zwischen dem Fahrzeug und der Begrenzung beim Stillstand des Fahrzeugs 30 cm oder weniger, vorzugsweise 20 cm oder weniger, und noch bevorzugter 10 cm oder weniger beträgt. Hierdurch kann beispielsweise sichergestellt werden, dass die Fahrspur in ihrer Breite frei genug ist, damit nachfolgender Verkehr das stehende Fahrzeug in der Fahrspur passieren kann, ohne eine Spurbegrenzung zu einer benachbarten Fahrspur überfahren zu müssen. Somit kann eine Gefährdung von nachfolgendem Verkehr verhindert werden.
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Die Begrenzung kann eine der Fahrspur abgewandte Begrenzung der Standspur sein. Die Begrenzung kann also eine Außenbegrenzung der Standspur sein. Beispielsweise kann die Standspur eine erste Begrenzung und eine zweite Begrenzung aufweisen, wobei die Standspur zwischen der ersten Begrenzung und der zweiten Begrenzung definiert sein kann. Die erste Begrenzung kann die der Fahrspur abgewandte Begrenzung der Standspur sein, zu der hin die Lenkbewegung zur Feinpositionierung des Fahrzeugs ausgeführt wird. Die zweite Begrenzung kann eine Begrenzung sein, die die Fahrspur von der Standspur trennt. Die erste Begrenzung und/oder die zweite Begrenzung können Fahrbahnmarkierungen sein. Alternative kann die erste Begrenzung eine bauliche Abgrenzung, wie beispielsweise eine Leitplanke oder eine Mauer, sein. Das Fahrerassistenzsystem kann eingerichtet sein, um die erste Begrenzung und die zweite Begrenzung beispielsweise mittels einer Umgebungssensorik, die eine oder mehrere Kameras umfassen kann, zu erfassen und daraus die Breite der Standspur zu berechnen.
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Vorzugsweise wird die Lenkbewegung für die Feinpositionierung ausgeführt, wenn die Breite der Standspur gleich oder größer als der erste Schwellwert und gleich oder kleiner als ein zweiter Schwellwert, der größer als der erste Schwellwert ist. Wenn die Breite der Standspur jedoch größer als der erste Schwellwert und größer als der zweite Schwellwert ist, kann das Fahrzeug mittig auf der Standspur zum Stillstand gebracht werden. Damit wird das Fahrzeug bei Erfassung einer sehr breiten Standspur mittig auf der Standspur positioniert und nicht möglichst nahe an der Begrenzung. Hierdurch kann beispielsweise sichergestellt werden kann, dass eine Entfernung zur Begrenzung der Standspur hinreichend ist, damit auch ein Beifahrer das Fahrzeug verlassen kann.
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In einigen Ausführungsformen ist das Fahrerassistenzsystem eingerichtet, um eine befahrbare Länge der Standspur zu bestimmen und den Spurwechsel auf die Standspur auszuführen, wenn die Breite der Standspur gleich oder größer als der erste Schwellwert ist und die befahrbare Länge ausreichend ist, um das Fahrzeug zum Stillstand zu bringen (d.h. wenn die befahrbare Länge gleich oder größer als ein Schwellwert ist; der Schwellwert kann dem Bremsweg des Fahrzeugs zuzüglich einem geeigneten Sicherheitspuffer entsprechen). Die befahrbare Länge kann eine Länge ohne Hindernisse sein. Anders gesagt kann der Spurwechsel nur dann durchgeführt werden, wenn die Standspur frei von Hindernissen ist. Zusätzlich oder alternativ kann kein Spurwechsel erfolgen, wenn die Nebenspur der Fahrspur keine Standspur ist, sondern beispielsweise eine Autobahnauffahrt oder eine Autobahnabfahrt.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Verfahren zum Nothalten eines Fahrzeugs angegeben. Das Verfahren umfasst ein Bestimmen einer Breite einer Standspur und ein Durchführen eines automatisierten, insbesondere eines autonomen Spurwechsels von einer Fahrspur auf die Standspur bei einer Auslösung einer Nothaltefunktion, wenn die Breite der Standspur gleich oder größer als ein erster Schwellwert ist. Das Verfahren kann durch das Fahrerassistenzsystem der vorliegenden Offenbarung implementiert werden. Zudem kann das Verfahren die in Bezug auf das Fahrerassistenzsystem beschriebenen Aspekte enthalten bzw. ausführen.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung, der mit den zuvor genannten Aspekten kombiniert werden kann, ist ein Fahrerassistenzsystem mit einer Nothaltefunktion für ein Fahrzeug angegeben, wobei das Fahrerassistenzsystem eingerichtet ist, um bei einer Auslösung der Nothaltefunktion einen automatisierten, insbesondere autonomen Spurwechsel von einer Fahrspur auf eine Standspur auszuführen, und wobei das Fahrerassistenzsystem weiter eingerichtet ist, um nach dem Spurwechsel eine Lenkbewegung in Richtung einer Begrenzung der Standspur auszuführen, beispielsweise wenn das Fahrzeug eine (vorbestimmte) Geschwindigkeit unterschreitet.
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In einigen Ausführungsformen umfasst das Fahrerassistenzsystem eine Steuerung, die eingerichtet ist, um bei der Auslösung der Nothaltefunktion den Spurwechsel von der Fahrspur auf die Standspur auszuführen, und um nach dem Spurwechsel die Lenkbewegung in Richtung der Begrenzung der Standspur auszuführen, wenn das Fahrzeug die vorbestimmte Geschwindigkeit unterschreitet. Die Steuerung kann in einem Software- und/oder Hardware-Modul realisiert sein.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Verfahren zum Nothalten eines Fahrzeugs angegeben, umfassend ein Durchführen eines automatisierten, und insbesondere autonomen Spurwechsels von einer Fahrspur auf eine Standspur bei einer Auslösung einer Nothaltefunktion und ein Ausführen einer Lenkbewegung in Richtung einer Begrenzung der Standspur nach dem Spurwechsel, insbesondere wenn eine Geschwindigkeit des Fahrzeugs einen Schwellwert (z.B. eine vorbestimmte Geschwindigkeit) unterschreitet. Das Verfahren kann durch das Fahrerassistenzsystem der vorliegenden Offenbarung implementiert werden. Zudem kann das Verfahren die in Bezug auf das Fahrerassistenzsystem beschriebenen Aspekte enthalten bzw. ausführen.
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Die vorbestimmte Geschwindigkeit bzw. der Schwellwert bezieht sich dabei auf eine (mittlere) Geschwindigkeitskomponente, mit der sich das Fahrzeug in Längsrichtung, also entlang der Spuren, fortbewegt. Typischerweise ist die vorbestimmte Geschwindigkeit 50 km/h oder weniger, vorzugsweise 40 km/h oder weniger, und noch bevorzugter 30 km/h oder weniger.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Fahrzeug angegeben, umfassend das Fahrerassistenzsystem gemäß den Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung. Der Begriff Fahrzeug umfasst PKW, LKW, Busse, Wohnmobile, Krafträder, etc., die der Beförderung von Personen, Gütern, etc. dienen. Insbesondere umfasst der Begriff Kraftfahrzeuge zur Personenbeförderung.
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Figurenliste
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Ausführungsbeispiele der Offenbarung sind in den Figuren dargestellt und werden im Folgenden näher beschrieben. Es zeigen:
- 1 schematisch ein Fahrerassistenzsystem mit einer Nothaltefunktion für ein Fahrzeug gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung,
- 2 eine Bestimmung einer Breite einer Standspur gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung,
- 3 einen Spurwechsel gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung,
- 4 einen Spurwechsel gemäß weiteren Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung, und
- 5 ein Flussdiagram eines Verfahrens zum Nothalten eines Fahrzeugs gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung.
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Ausführungsformen der Offenbarung
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Im Folgenden werden, sofern nicht anders vermerkt, für gleiche und gleichwirkende Elemente gleiche Bezugszeichen verwendet.
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1 zeigt schematisch ein Fahrerassistenzsystem 100 mit einer Nothaltefunktion für ein Fahrzeug gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung. Das Fahrerassistenzsystem kann auch als „Nothalteassistenzsystem“ bezeichnet werden.
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Typischerweise wird in Abhängigkeit der Betätigung eines Bedienelements 10 eine Nothaltefunktion des Fahrerassistenzsystems 100 aktiviert, im Rahmen dessen das Fahrzeug dann ein automatisiertes Nothaltefahrmanöver zum Nothalten des Fahrzeugs auf der Standspur durchführt. Das Bedienelement 10 kann beispielsweise ein Feststellbremse-Bedienelement zum Aktivieren der elektrischen Feststellbremse im Stand sein. Es kann also zumindest eine Doppelbelegung des Bedienelements 10 zum Aktivieren von zwei verschiedenen Funktionen vorliegen.
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Wenn der Nothalt durch einen Fahrer oder Beifahrer ausgelöst wird, bestimmt des Fahrerassistenzsystem 100 wenigstens die Breite der Standspur und führt basierend auf der bestimmten Breite ein Nothaltefahrmanöver aus. Bei einem solchen automatisierten Nothaltefahrmanöver erfolgt die Längs- und Querführung des Fahrzeugs automatisch. Das Fahrerassistenzsystem 100 übernimmt also die Fahrzeugführung, bis das Fahrzeug zum Stillstand gebracht wird. Hierzu steuert das Fahrerassistenzsystem 100 den Antrieb 20, das Getriebe 22, die hydraulische Betriebsbremse 24 und die Lenkung 26 über nicht dargestellte Zwischeneinheiten.
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Zur Planung und Durchführung des Nothaltefahrmanövers wird Umfeldinformation einer Umfeldsensorik, die das Fahrzeugumfeld beobachtet, vom Fahrerassistenzsystem 100 entgegengenommen. Insbesondere kann das Fahrzeug wenigstens einen Umgebungssensor 12 umfassen, der zur Aufnahme von Umgebungsdaten, die das Fahrzeugumfeld angeben, eingerichtet ist. Der wenigstens eine Umgebungssensor 12 kann beispielsweise ein LiDAR-System, ein oder mehrere Radar-Systeme und/oder eine oder mehrere Kameras umfassen. Die erfassten Umgebungsdaten können ausgewertet werden, um die Breite der Standspur zu bestimmen.
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2 zeigt eine Bestimmung einer Breite b einer Standspur B gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung. In der 2 sind die Fahrspur A und die Standspur B, auf die ein potentieller Spurwechsel erfolgen könnte, dargestellt. Die Fahrspur A und die Standspur B können auch als „Eigenspur“ bzw. „Nebenspur“ bezeichnet werden.
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Das Fahrzeug 1 umfasst gemäß Ausführungsformen die Umgebungssensorik, die zur Aufnahme von Umgebungsdaten in einem Überwachungsbereich 200 eingerichtet ist. Die erfassten Umgebungsdaten können ausgewertet werden, um die Breite b der Standspur zu bestimmen. Vorzugsweise kann das Fahrerassistenzsystem eingerichtet sein, um die Breite b der Standspur B basierend auf erkannten Fahrbahnmarkierungen 210 und/oder baulichen Abgrenzungen, wie beispielsweise Leitplanken, zu bestimmen. Die Breite b kann dabei im Wesentlichen senkrecht zu einer Längserstreckung der Standspur B bzw. einer Fahrtrichtung des Fahrzeugs 1 definiert sein.
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Zusätzlich oder alternativ können die Umgebungsdaten eine Verkehrssituation und/oder Hindernisse auf der Nebenspur erfassen. Beispielsweise kann eine befahrbare Länge der Standspur B bestimmt werden und der Spurwechsel auf die Standspur B ausgeführt werden, wenn die befahrbare Länge ausreichend ist, um das Fahrzeug 1 zum Stillstand zu bringen. Die befahrbare Länge kann eine Länge ohne Hindernisse sein. Anders gesagt kann der Spurwechsel nur dann durchgeführt werden, wenn der Standspur frei von Hindernissen ist.
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Zusätzlich oder alternativ kann kein Spurwechsel erfolgen, wenn die Nebenspur der Fahrspur A keine Standspur ist, sondern beispielsweise eine Autobahnauffahrt oder eine Autobahnabfahrt. Das Vorhandensein einer Autobahnauffahrt oder Autobahnabfahrt kann beispielsweise aus Kartendaten eines Navigationssystems des Fahrzeugs 1 abgeleitet werden. Die Kartendaten können in Kombination mit den Umgebungsdaten der Umgebungssensorik verwendet werden, um zuverlässig zu ermitteln, ob das Risiko für einen Spurwechsel vertretbar ist.
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Wenn die ermittelte Breite b der Standspur B kleiner als der erste Schwellwert ist, wird kein Spurwechsel von der Fahrspur A auf die Standspur B durchgeführt. Beispielsweise kann das Fahrerassistenzsystem eingerichtet sein, um dann einen Nothalt auf der Fahrspur A auszuführen. Hierdurch kann vermieden werden, dass das Fahrzeug 1 nach einem Spurwechsel zu weit in die Fahrspur hineinragt. Fahrer nachfolgender Fahrzeuge können davon abgehalten werden, eine Fehleinschätzung der verbleibenden Breite der Fahrspur vorzunehmen.
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Wenn die ermittelte Breite b der Standspur B gleich oder größer als der erste Schwellwert ist, wird ein Spurwechsel von der Fahrspur A auf die Standspur B durchgeführt, wie es in den nachfolgenden 3 und 4 illustriert ist. In einigen Ausführungsformen kann der erste Schwellwert in etwa der Breite des Fahrzeugs 1 entsprechen.
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3 zeigt einen Spurwechsel auf eine Standspur B gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung.
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In dieser Ausführungsform wird das Fahrzeug 1 mittig auf der Standspur B zum Stillstand gebracht, wenn die Breite b der Standspur B gleich oder größer als der erste Schwellwert und gleich oder größer als ein zweiter Schwellwert ist. Der zweite Schwellwert ist größer als der erste Schwellwert. Insbesondere kann der erste Schwellwert größer als eine Breite des Fahrzeugs sein. Zusätzlich oder alternativ kann der zweite Schwellwert wenigstens das 1,1-fache, vorzugsweise wenigstens das 1,3-fache, und noch bevorzugter wenigstens das 1,5-fache des ersten Schwellwerts sein. Damit kann das Fahrzeug 1 bei Erfassung einer sehr breiten Standspur mittig auf der Standspur B positioniert werden. Hierdurch kann beispielsweise sichergestellt werden kann, dass eine Entfernung zur Begrenzung der Standspur B hinreichend ist, damit auch ein Beifahrer das Fahrzeug 1 verlassen kann.
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Obwohl in der 3 lediglich ein einziger Spurwechsel zum Erreichen der Standspur B gezeigt ist, ist die vorliegende Offenbarung nicht hierauf begrenzt und es können zwei oder mehr (z.B. drei oder vier) Spurwechsel zum Erreichen der Standspur B durchgeführt werden. Beispielsweise kann auf ein Auslösen der Nothaltefunktion hin ein erster Spurwechsel von einer ersten Fahrspur auf eine zweite Fahrspur und ein zweiter Spurwechsel von der zweiten Fahrspur auf die Standspur durchgeführt werden.
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4 zeigt eine Sequenz eines Spurwechsels auf eine Standspur gemäß weiteren Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung.
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Vorzugsweise und gemäß einem unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist das Fahrerassistenzsystem eingerichtet, um nach dem Spurwechsel auf die Standspur B eine Lenkbewegung in Richtung einer Begrenzung 310 der Standspur B auszuführen, wenn eine Geschwindigkeit des Fahrzeugs 1 einen Schwellwert oder eine vorbestimmte Geschwindigkeit unterschreitet. Typischerweise ist die vorbestimmte Geschwindigkeit 50 km/h oder weniger, vorzugsweise 40 km/h oder weniger, und noch bevorzugter 30 km/h oder weniger. Der Spurwechsel ist in 4(a) dargestellt, und die Lenkbewegung ist in 4(b) durch den geknickten Pfeil dargestellt. 4(c) zeigt die Endposition des Fahrzeugs 1 nach der Lenkbewegung.
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Insbesondere kann das Fahrerassistenzsystem das Fahrzeug 1 bei erkannter enger, aber hinreichend breiter Standspur kurz vor dem Stillstand durch die zusätzliche Lenkbewegung möglichst nahe zum Fahrbahnrand 310 manövrieren und dort zum Stillstand bringen. Hierdurch kann beispielsweise sichergestellt werden, dass die Fahrspur A in ihrer Breite frei genug ist, damit nachfolgender Verkehr das stehende Fahrzeug 1 in der Fahrspur A passieren kann, ohne eine Spurbegrenzung zu einer benachbarten Fahrspur überfahren zu müssen. Hierdurch kann eine Gefährdung von nachfolgendem Verkehr verhindert werden.
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Vorzugsweise wird die Lenkbewegung ausgeführt, wenn die Breite b2 der Standspur gleich oder größer als der erste Schwellwert und kleiner als der zweite Schwellwert ist. Beispielsweise kann das Fahrzeug nur minimal oder gar nicht in die Fahrspur A hineinragen, so dass die Fahrspur A in ihrer Breite frei genug ist, damit nachfolgender Verkehr das stehende Fahrzeug 1 in der Fahrspur A passieren kann.
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Die Begrenzung kann eine der Fahrspur A abgewandte Begrenzung der Standspur B sein. Beispielsweise kann die Standspur B eine erste Begrenzung 310 und eine zweite Begrenzung 312 aufweisen, wobei die Standspur B zwischen der ersten Begrenzung 310 und der zweiten Begrenzung 312 definiert sein kann. Die erste Begrenzung 310 kann die der Fahrspur abgewandte Begrenzung der Standspur B sein, zu der hin die Lenkbewegung ausgeführt wird (also eine Außenbegrenzung der Standspur B). Die zweite Begrenzung 312 kann eine Begrenzung sein, die die Fahrspur A von der Standspur B trennt (also eine Innenbegrenzung der Standspur B).
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Die erste Begrenzung 310 und/oder die zweite Begrenzung 312 können Fahrbahnmarkierungen sein. Alternative kann die erste Begrenzung 310 eine bauliche Abgrenzung, wie beispielsweise eine Leitplanke oder eine Mauer, sein. Das Fahrerassistenzsystem kann eingerichtet sein, um die erste Begrenzung 310 und optional die zweite Begrenzung 312 beispielsweise mittels einer Umgebungssensorik zu erfassen. Die Umgebungssensorik kann beispielsweise ein LiDAR-System, ein oder mehrere Radar-Systeme und/oder eine oder mehrere Kameras umfassen.
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5 zeigt ein Flussdiagram eines Verfahrens 500 zum Nothalten eines Fahrzeugs gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung.
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Das Verfahren 500 umfasst im Block 510 auf ein Auslösen der Nothaltefunktion hin ein Bestimmen einer Breite einer Standspur. Wenn im Block 520 bestimmt wird, dass die Breite der Standspur kleiner als ein erster (vorbestimmter) Schwellwert ist („zu enge Standspur“), wird im Block 522 ohne Spurwechsel ein Nothalt auf der Fahrspur ausgeführt. Wenn im Block 520 bestimmt wird, dass die Breite der Standspur gleich oder größer als der erste Schwellwert ist, wird die bestimmte Breite im Block 530 mit einem zweiten (vorbestimmten) Schwellwert verglichen, der größer als der erste Schwellwert ist.
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Wenn die Breite kleiner als der zweite Schwellwert ist („enge Standspur“), wird im Block 532 der Spurwechsel auf die Standspur durchgeführt und kurz vor dem Stillstand des Fahrzeugs eine zusätzliche Lenkbewegung hin zu einer Außenbegrenzung der Standspur ausgeführt, um das Fahrzeug möglichst nahe am Fahrbahnrand zu positionieren. Die Lenkbewegung kann durchgeführt werden, sobald das Fahrzeug einen Schwellwert oder eine vorbestimmte Geschwindigkeit unterschreitet, wie beispielsweise 40 km/h oder 30 km/h.
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Wenn die Breite gleich oder größer als der zweite Schwellwert ist („breite Standspur“), wird im Block 540 der Spurwechsel auf die Standspur durchgeführt und das Fahrzeugs mittig auf der Standspur positioniert.
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Erfindungsgemäß wird also die Breite der Standspur bei einem Nothaltemanöver berücksichtigt. Wenn die Standspur breit genug ist, erfolgt ein Spurwechsel, wobei das Fahrzeug dann abgebremst und auf der Standspur zum Stillstand gebracht wird. Durch die Berücksichtigung der Breite der Standspur kann eine risikominimierte Positionierung des Fahrzeugs erfolgen. Insbesondere kann eine Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer minimiert oder sogar ganz vermieden werden. Anders gesagt kann durch die Berücksichtigung der Breite der Standspur beim Spurwechsel vermieden werden, dass das Fahrzeug ein Gefahrenobjekt für andere Verkehrsteilnehmer darstellt. Damit kann ein risikominimiertes autonomes Nothaltemanöver erfolgen, beispielsweise wenn der Fahrer fahruntüchtig ist.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102012001312 A1 [0002]