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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur selektiven Abtrennung von Submikro- oder Mikropartikeln mittels eines biofunktionalisierten Sammlers, ein biofunktionalisierter Sammler umfassend mindestens ein selektiv bindendes Peptid, ein selektiv bindendes Peptid und die Verwendung eines Verfahrens oder eines biofunktionalisierten Sammlers zur Gewinnung oder Rückgewinnung von Submikro- oder Mikropartikeln.
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Aufgrund der rasanten Entwicklung in Technologiefeldern wie der Mikroelektronik, der Informationstechnologie und der regenerativen Energien in den letzten Jahren, die mit der Entwicklung neuer Materialien einhergeht, ist der Bedarf an metallischen Rohstoffen gestiegen. Aufgrund der vorhandenen Probleme bei der Gewinnung und Rückgewinnung von Wertstoffen, insbesondere der Verfügbarkeit, Abbaubarkeit und Umweltverträglichkeit, bestehen große Bestrebungen neue Methoden für die Aufbereitung und das Recycling von Wertstoffen zu entwickeln. Eine Möglichkeit besteht darin, vorhandene Wertstoffe selektiv aus industriellen Rückständen oder Prozesswässern, Partikelgemischen der chemischen und pharmazeutischen Industrie oder Suspensionen der Mineralaufbereitung zu entfernen und einer wirtschaftlichen Verwertung zugänglich zu machen.
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Herkömmliche Verfahren zur Entfernung von Wertstoffen, insbesondere gelösten Metallionen, aus Lösungen weisen allerdings eine Reihe von Nachteilen auf. Die Verfahren sind meist nicht selektiv, die Wertstoffe können nicht oder zu mindestens nicht vollständig entfernt werden und die verwendeten Materialien sind schwer abbaubar (z. B. lonenaustauscherharze) oder toxisch (z. B. organische Lösungsmittel). Insbesondere Wertstoffe mit komplexer Zusammensetzung sind für das Recycling eine Herausforderung.
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DE 697 35 599 T2 offenbart ein Verfahren zur Abtrennung eines Zielmoleküls von einer Probe mittels Ölkörpern, wobei die Ölkörper und das Zielmolekül mittels eines Liganden assoziieren. Bevorzugt sind Ölkör-per und Liganden, insbesondere Proteine, kovalent gebunden. Die Ölkörper können aus Pflanzen erhalten werden. Bevorzugt ist der Ölkörper Oleosin.
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DE 699 26 218 T2 offenbart eine Übertragungsvorrichtung zum Einfangen und Freisetzen von magnetischen oder magnetisierbaren Mikropartikeln umfassend einen Magneten und eine dehnbare Membran aus elastomeren Material und ein Verfahren zur Übertragung magnetischer oder magnetisierbarer Partikel.
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WO 2017/004590 A1 offenbart ein rekombinantes chimäres Metallothionein, eine Anordnung zur Entfernung von Schwermetallen umfassend ein Metallothionein in Lösung oder gebunden an einen festen Träger, bevorzugt ein Harz oder eine Membran, sowie ein Verfahren zur Entfernung von Schwermetallen.
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Eine mögliche, selektive Alternative bietet die Bereitstellung selektiv bindender Moleküle mittels des Phagen-Display-Verfahrens. Das Phagen-Display-Verfahren geht auf Arbeiten von Smith (1985) zurück. Unter Phagen-Display oder Biopanning wird ein biotechnologisches Verfahren verstanden, bei dem aus rekombinanten Bibliotheken Peptide, Proteinteile oder komplette Proteine funktionell auf der Oberfläche von Bakteriophagen präsentiert werden, um geeignete Liganden für bestimmte Zielmoleküle zu isolieren und zu identifizieren. Ausgehend von den sogenannten Phagenbibliotheken, welche zum Teil kommerziell erhältlich sind und deren Anzahl der Phagenvarianten sich über mehrere Größenordnungen erstreckt (typischerweise in der Größenordnung 109), werden in einem mehrstufigen Verfahren die Phagen selektiert, welche eine gute Bindung zum Zielmolekül aufweisen.
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Anfänglich wurde das Phagen-Display-Verfahren besonders zur Identifizierung von Antikörpern bzw. Antikörperteilen verwendet. Neuere Forschungsarbeiten beschreiben das Phagen-Display-Verfahren für die Identifizierung von Peptiden, welche anorganische Materialien binden, zur Herstellung von Biosensoren (Souza et al. 2006) oder zur Verwendung in der Materialsynthese, z. B. als Keimbildner oder zur Partikelgrößenbegrenzung in der Nanopartikelsynthese (Ploss et al. 2014 und
US2005/0064508 ).
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Die Identifizierung von metallionenbindenden Peptiden wurde unter anderem durch Nian et al. anhand von Pb2+-Ionen und Day et al. anhand von Ni2+-Ionen beschrieben (Nian et al. 2010, Day et al. 2013). Die Methode von Nian et al. wird als generelle Methode zur Selektion schwermetallionenbindender Peptide diskutiert und der Einsatz der selektierten Phagen für die Entfernung von toxischen Schwermetallen offenbart.
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Ähnlich der Metallionenaffinitätschromatographie werden zur Selektion von Metallionen bindenden Peptiden oder Proteinen traditionell poröse Materialien, unter anderem funktionalisierte Agarose oder Siliziumdioxid, genutzt (Magdeldin and Moser 2012). Auch nicht poröse Materialien wie Beads werden verwendet, welche eine schnellere Trennung zu Gunsten der geringen Oberflächengröße ermöglichen. Eine Auswahl des Trägermaterials erfolgt anhand der Poren- und Partikelgröße, der mechanischen und chemischen Stabilität.
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Nachteilig beschreibt der Stand der Technik die Verwendung von selektiv bindenden Peptiden oder Proteinen zur Abtrennung von gelösten Metallen oder anorganischen Verbindungen.
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Herkömmliche Verfahren zur Entfernung von Partikeln aus Lösungen sind die Flotation oder die Flockung. Die physikalisch-chemischen Trennverfahren für eine Abtrennung von Partikeln aus einer Lösung aufgrund der unterschiedlichen Oberflächenbenetzbarkeit der Partikel oder der Agglomeration der Partikel weisen eine geringe Selektivität und Effizienz auf und basieren zum Teil auf der Verwendung von teuren und toxischen Hilfsstoffen.
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Yang et al. beschreiben den Einsatz von Nano- oder Mikrokugeln als Hilfsstoffe in der Flotation. Diese Sammler haften an der Oberfläche der zu trennenden Partikel und verändern deren Oberflächeneigenschaften (Yang et al. 2011). Nachteilig zeigen derartige Kunststoffkugeln jedoch keine Selektivität.
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Daher besteht die Aufgabe der vorliegenden Erfindung darin, ein Verfahren zur selektiven Abtrennung von Partikeln aus Lösungen bereitzustellen.
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Erfindungsgemäß wird die Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zur selektiven Abtrennung von Submikro- oder Mikropartikeln umfassend die Schritte:
- a) Bereitstellen eines biofunktionalisierten Sammlers umfassend ein Trägermaterial und mindestens ein selektiv bindendes Peptid, wobei das Trägermaterial ein hydrophobes Material, ein magnetisches oder magnetisierbares Material ist,
- b) Inkontaktbringen des biofunktionalisierten Sammlers mit einer Lösung umfassend ein Zielmaterial bestehend aus Submikro- oder Mikropartikeln, wobei das selektiv bindende Peptid das Zielmaterial selektiv bindet,
- c) Selektive Abtrennung des Zielmaterials aus der Lösung, wobei die selektive Abtrennung des Zielmaterials aus der Lösung mittels Flotation, Selektivflockung und/oder magnetischer Separation erfolgt,
- d) Trennung des Zielmaterials von dem biofunktionalisierten Sammler.
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Vorteilhaft dient das Verfahren zur Abtrennung von Submikro- oder Mikropartikeln aus Lösungen. Weiterhin vorteilhaft erfolgt mittels des Verfahrens die selektive Abtrennung eines Zielmaterials, insbesondere aus Lösungen von komplexen Gemischen. Weiter vorteilhaft kann das Verfahren durch Variation des biofunktionalisierten Sammlers an unterschiedliche Zielmaterialien angepasst werden.
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Erfindungsgemäß erfolgt das Verfahren in der Reihenfolge der Schritte a), b), c) und d).
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Unter einer selektiven Abtrennung wird eine bevorzugte Abtrennung einer bestimmten Komponente aus einem Gemisch von mindestens zwei Komponenten verstanden.
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Unter Submikro- oder Mikropartikeln werden Partikel mit einem mittleren Durchmesser unter einem Millimeter verstanden.
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In einer Ausführungsform weisen die Submikro- oder Mikropartikel einen mittleren Durchmesser im Bereich von 100 nm bis 50 µm, bevorzugt im Bereich von 100 nm bis 10 µm, besonders bevorzugt im Bereich von 100 nm bis 5 µm, auf.
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In einer weiteren Ausführungsform sind die Submikro- oder Mikropartikel sphärische Partikel.
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Das Zielmaterial im Sinne der Erfindung ist ein Material bestehend aus Submikro- oder Mikropartikeln. Vorteilhaft erfolgt durch das erfindungsgemäße Verfahren eine selektive Abtrennung des Zielmaterials aus einem Gemisch.
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In bevorzugten Ausführungsformen ist das Zielmaterial aus einem Polymer, einem Metall oder einer Metallverbindung und/oder einem Pigment ausgewählt, besonders bevorzugt ist das Zielmaterial ein Metall oder eine Metallverbindung umfassend ein Metall der Seltenen Erden, insbesondere Lanthan, Cer oder Terbium; oder ein Edelmetall, insbesondere Gold oder Platin. Bevorzugt sind Pigmente anorganische Pigmente und/oder metallhaltige Pigmente. Zweckmäßigerweise umfassen Metallverbindungen metallhaltige Minerale.
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Bevorzugt ist das Zielmaterial Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS), LaPO4, LaPO4:Ce,Tb (LAP), LiFePO4, Li(Ni1/3Mn1/3Co1/3)O2 oder CeMgAl11O19:Tb (CAT).
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Unter einem „biofunktionalisierten Sammler“ wird eine Verbindung umfassend ein Biomolekül verstanden, wobei das Biomolekül ein Zielmaterial in einer Lösung selektiv bindet und die Verbindung eine selektive Abtrennung des Zielmaterials aus der Lösung ermöglicht. Erfindungsgemäß umfasst ein biofunktionalisierter Sammler ein Trägermaterial und mindestens ein selektiv bindendes Peptid.
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Erfindungsgemäß ist das mindestens eine selektiv bindende Peptid an der Oberfläche des Trägermaterials gebunden, bevorzugt ist das mindestens eine selektiv bindende Peptid an der Oberfläche des Trägermaterials kovalent gebunden. Unter einem „selektiv bindenden Peptid“ wird ein Peptid verstanden, welches anziehende Wechselwirkungen (elektrostatische Wechselwirkungen, van-der-Waals-Wechselwirkungen, hydrophobe Wechselwirkungen) mit einem Zielmaterial eingeht. Vorteilhaft weist das selektiv bindende Peptid eine hohe Affinität für ein Zielmaterial auf.
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Zweckmäßigerweise umfasst das Bereitstellen eines biofunktionalisierten Sammlers in Schritt a) die Bindung, bevorzugt die kovalente Bindung; mindestens einen selektiv bindenden Peptids an ein Trägermaterial.
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In einer Ausführungsform wird das selektiv bindende Peptid mittels Phagen-Display-Methode gegen das Zielmaterial erhalten. Unter „Phagen-Display-Methode“ wird ein biotechnologisches Verfahren verstanden, bei dem aus rekombinanten Bibliotheken Peptide, Proteinteile oder komplette Proteine funktionell auf der Oberfläche von Bakteriophagen präsentiert werden, um geeignete Liganden für ein Zielmaterial zu isolieren und zu identifizieren.
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In einer weiteren Ausführungsform wird das selektiv bindende Peptid durch Ligation der DNA-Sequenz des selektiv bindenden Peptids in einen Expressionsvektor und Expression als ein Fusionsprotein erhalten. Zweckmäßig umfasst das Fusionsprotein ein Maltosebindeprotein, eine Cellulosebindedomäne, eine Chitinbindedomäne oder eine Proteinsequenz von Bakteriophagen.
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Zweckmäßigerweise ist die Lösung umfassend ein Zielmaterial bestehend aus Submikro- oder Mikropartikeln eine wässrige Lösung. Vorteilhaft wird die Zusammensetzung und Struktur des biofunktionalisierten Sammlers, insbesondere des selektiv bindenden Peptids, durch eine wässrige Lösung nicht beeinflusst.
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In einer Ausführungsform weist die Lösung umfassend ein Zielmaterial bestehend aus Submikro- oder Mikropartikeln eine Konzentration der Submikro- oder Mikropartikel im Bereich von 1 % bis 30 % (m/m) auf.
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Erfindungsgemäß erfolgt die selektive Abtrennung des Zielmaterials aus der Lösung in Schritt c) mittels Flotation, Selektivflockung, magnetischer Separation oder deren Kombinationen, insbesondere einer Kombination aus Flotation und Selektivflockung, Flotation und magnetischer Separation sowie einer Kombination aus Selektivflockung und magnetischer Separation.
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Unter „Flotation“ wird ein Trennverfahren für eine Abtrennung von Partikeln aus einer Lösung aufgrund der unterschiedlichen Oberflächenbenetzbarkeit der Partikel verstanden, wobei eine Anlagerung von Gasblasen an hydrophobe Partikeloberflächen erfolgt, wodurch der Auftrieb der Partikel erhöht wird.
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Unter einer „Flockung“ wird ein Trennverfahren für eine Abtrennung von Partikeln aus einer Lösung verstanden, wobei eine Koagulation der Feinstpartikel und eine Abtrennung der Feinstpartikel durch Sedimentation oder Filtration der Lösung erfolgt. Unter einer „Selektivflockung“ wird eine Flockung verstanden, bei der ein Zielmaterial umfassend Feinstpartikel aus einer Lösung abgetrennt wird.
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Unter „magnetischer Separation“ wird ein Trennverfahren für eine Abtrennung von magnetischen oder magnetisierbaren Partikeln aus einer Lösung mittels der Anziehung durch einen Magneten verstanden.
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Vorteilhaft erfolgt durch die Bindung des biofunktionalisierten Sammlers an das Zielmaterial umfassend Submikro- oder Mikropartikel eine Hydrophobierung des Zielmaterials, wodurch eine Agglomeration der Submikro- oder Mikropartikel erfolgt, oder eine Magnetisierung. Weiterhin vorteilhaft können die agglomerierten Submikro- oder Mikropartikel aus der Lösung mittels Flotation oder Selektivflockung oder die magnetisierten Submikro- oder Mikropartikel aus der Lösung mittels magnetischer Separation abgetrennt werden.
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Bevorzugt erfolgt die selektive Abtrennung des Zielmaterials aus der Lösung in Schritt c) mittels Schaumflotation. Unter „Schaumflotation“ wird eine Flotation verstanden, wobei mindestens eine Verbindung zugesetzt wird, welche die Oberflächenbenetzbarkeit (Hydrophobie) der Partikel modifiziert. Die Abtrennung der hydrophoben Partikel erfolgt durch die Anlagerung an eingeleitete Gasblasen.
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In einer Ausführungsform erfolgt die Trennung des Zielmaterials von dem biofunktionalisierten Sammler in Schritt d) durch eine chemische Elution oder Ultraschall.
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Bevorzugt erfolgt die chemische Elution durch eine Erhöhung der lonenstärke, Verringerung des pH-Werts und/oder Erhöhung der Konzentration an Detergenz. In einer Ausführungsform erfolgt die Erhöhung der lonenstärke auf eine lonenstärke von mindestens 2 mol/l. In einer Ausführungsform erfolgt die Verringerung des pH-Werts auf einen pH-Wert im Bereich von pH 2,0 bis pH 6,0. Besonders bevorzugt erfolgt die chemische Elution durch Kontaktieren mit einer wässrigen L-Glycin-HCI-Lösung mit einem pH-Wert von pH 2,2, einer wässrigen HCI-Lösung mit einer Konzentration im Bereich von 20 mM bis 100 mM, einer wässrigen 100 mM Triethylaminlösung, einer wässrigen 6 M Harnstofflösung, einer wässrigen 50 mM Natriumcitratlösung mit einem pH-Wert im Bereich von pH 2,0 bis pH 6,0, einer wässrigen 500 mM KCI-Lösung mit 10 mM HCl oder einer wässrigen 4 M MgCl2-Lösung.
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In einer Ausführungsform umfasst das Verfahren mindestens einen weiteren Schritt, wobei der mindestens eine weitere Schritt ausgewählt ist aus einer Wiedergewinnung des biofunktionalisierten Sammlers. Unter einer „Wiedergewinnung“ wird eine vollständige Entfernung des Zielmaterials verstanden. Bevorzugt erfolgt die Wiedergewinnung mit der Trennung des Zielmaterials von dem biofunktionalisierten Sammler in Schritt d). In weiteren Ausführungsformen umfasst die Wiedergewinnung ein Aufkonzentrieren und/oder Umpuffern.
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Gegenstand der Erfindung ist auch ein biofunktionalisierter Sammler umfassend ein Trägermaterial und mindestens ein selektiv bindendes Peptid mit einer Länge von 7 bis 50 Aminosäuren umfassend eine der Sequenzen SEQ ID NO. 1 bis SEQ ID NO. 65.
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Vorteilhaft ist der biofunktionalisierte Sammler biologisch abbaubar und kann umweltfreundlich hergestellt werden.
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Zweckmäßig umfasst der biofunktionalisierte Sammler und/oder das Trägermaterial sphärische Partikel oder Fasern.
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In bevorzugten Ausführungsformen weisen die sphärischen Partikel einen mittleren Durchmesser im Bereich von 0,2 µm bis 3 mm auf und die Fasern eine Faserlänge im Bereich von 0,1 µm bis 5 µm und/oder einen mittleren Durchmesser im Bereich von 1 nm bis 50 nm auf.
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Besonders bevorzugt umfasst das Trägermaterial sphärische Partikel mit einem mittleren Durchmesser im Bereich von 0,2 µm bis 100 µm oder Cellulosekügelchen mit einem mittleren Durchmesser im Bereich von 10 µm bis 3 mm oder Fasern mit einer Faserlänge im Bereich von 0,2 µm bis 5 µm und einem mittleren Durchmesser im Bereich von 5 nm bis 25 nm.
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Erfindungsgemäß ist das Trägermaterial ein hydrophobes Material, ein magnetisches oder magnetisierbares Material, bevorzugt ein Polymer, insbesondere Polystyrol, Polymethylmethacrylat oder Polyvinylbutyral; ein Biopolymer, insbesondere Nanocellulose, Agarose, Alginat, Chitosan oder Cellulose; oder Polymer-Magnetitnanopartikel-Komposit, insbesondere ein Polystyrol-, ein Polymethylmethacrylat-, ein Polyvinylbutyral- oder ein Nanocellulose-Magnetitnanopartikel-Komposit.
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Unter einem „Komposit“ wird eine Verbindung umfassend mindestens zwei Materialien verstanden.
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In einer Ausführungsform wird ein Polymer-Magnetitnanopartikel-Komposit, insbesondere ein Polymethylmethacrylat- oder ein Polyvinylbutyral-Magnetitnanopartikel-Komposit, entsprechend Kirchberg et al. hergestellt (Kirchberg et al. 2012).
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In einer alternativen Ausführungsform umfasst das Trägermaterial weiterhin mindestens eine Fettsäure.
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In einer weiteren alternativen Ausführungsform ist das Trägermaterial mindestens eine Fettsäure. Unter einer „Fettsäure“ wird eine aliphatische Monocarbonsäure verstanden. Zweckmäßigerweise ist die mindestens eine Fettsäure eine gesättigte oder ungesättigte Fettsäure, bevorzugt eine gesättigte Fettsäure. In einer Ausführungsform weist die mindestens eine Fettsäure mindestens 8 Kohlenstoffatome auf, bevorzugt mindestens 12 Kohlenstaffatome, besonders bevorzugt 12 bis 18 Kohlenstoffatome. Vorteilhaft ist der biofunktionalisierte Sammler umfassend mindestens eine Fettsäure ein amphiphiles Peptid, wodurch eine Anhaftung an Gasblasen möglich ist.
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Besonders bevorzugt ist das Trägermaterial ausgewählt aus Polybeads, Polymilchsäure (PLA)-Beads, carboxylierten, amino- oder hydroxyfunktionalisierten Polystyrolpartikeln, Nanocellulose mit einer Faserlänge im Bereich von 0,2 µm bis 5 µm, Agarose-Beads, Chitosan, Dynabeads, magnetischer Agarose oder magnetischen Cellulosebeads.
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Erfindungsgemäß umfasst der biofunktionalisierte Sammler ein selektiv bindendes Peptid mit einer Länge von 7 bis 50 Aminosäuren umfassend eine der Sequenzen SEQ ID NO. 1 bis SEQ ID NO. 65
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In weiteren Ausführungsformen umfasst der biofunktionalisierte Sammler ein selektiv bindendes Peptid, welches ein Polymer, ein Metall oder eine Metallverbindung und/oder ein Pigment bindet, bevorzugt ein Metall oder eine Metallverbindung umfassend ein Metall der Seltenen Erden oder ein Edelmetall.
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In einer Ausführungsform ist das mindestens eine selektiv bindende Peptid kovalent an das Trägermaterial gebunden.
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In einer weiteren Ausführungsform umfasst der biofunktionalisierte Sammler ein Fusionsprotein umfassend ein selektiv bindendes Peptid. Zweckmäßig umfasst das Fusionsprotein ein Maltosebindeprotein, eine Cellulosebindedomäne, eine Chitinbindedomäne oder eine Proteinsequenz von Bakteriophagen.
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Gegenstand der Erfindung ist auch ein Peptid mit einer Länge von 7 bis 50 Aminosäuren umfassend eine der Sequenzen SEQ ID NO. 1 bis SEQ ID NO. 65.
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In einer bevorzugten Ausführungsform besitzt das Peptid eine Länge im Bereich von 7 bis 17 Aminosäuren, besonders bevorzugt im Bereich von 9 bis 12 Aminosäuren.
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Bevorzugt umfasst das Peptid eine der Sequenzen SEQ ID NO. 1 bis SEQ ID NO. 52.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform besteht das Peptid aus einer der Sequenzen SEQ ID NO. 1 bis SEQ ID NO. 65, besonders bevorzugt SEQ ID NO. 1 bis SEQ ID NO. 52.
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In einer Ausführungsform bindet das Peptid mit einer Länge von 7 bis 50 Aminosäuren umfassend eine der Sequenzen SEQ ID NO. 1 bis SEQ ID NO. 27 Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS).
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In einer Ausführungsform bindet das Peptid mit einer Länge von 7 bis 50 Aminosäuren umfassend eine der Sequenzen SEQ ID NO. 28 bis SEQ ID NO. 38 CeMgAl11O19:Tb (CAT).
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In einer Ausführungsform bindet das Peptid mit einer Länge von 7 bis 50 Aminosäuren umfassend eine der Sequenzen SEQ ID NO. 39 bis SEQ ID NO. 65 LaPO4:Ce,Tb (LAP).
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Ein weiterer Aspekt der Erfindung betrifft die Verwendung des Verfahrens oder des biofunktionalisierten Sammlers oder des Peptids zur Gewinnung oder Rückgewinnung von Submikro- oder Mikropartikeln.
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Vorteilhaft können mittels des Verfahrens, des biofunktionalisierten Sammlers und/oder des Peptids selektiv Wertstoffe aus komplexen Lösungen gewonnen oder rückgewonnen werden.
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In bevorzugten Ausführungsformen erfolgt die Verwendung zur Gewinnung oder Rückgewinnung von Submikro- oder Mikropartikeln aus suspendierten Flugstäuben, suspendierten Recyclingstäuben, industriellen Prozesswässern, Partikelgemischen der chemischen und pharmazeutischen Industrie, Suspensionen der Mineralaufbereitung oder Rückständen der Halbleiterindustrie.
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Besonders bevorzugt erfolgt die Verwendung in der Erzaufbereitung und im Materialrecycling. In der Erzaufbereitung wird das Verfahren oder der biofunktionalisierte Sammler zur Separation von mineralischen Partikeln verwendet. Zweckmäßigerweise erfolgt ein Materialrecycling von Flugstäuben aus Aschen, Stäuben aus der Metallverarbeitung, technischen Produkten, insbesondere Lithium-Ionen-Akkus oder Leuchtstofflampen; Kunststoffpartikeln, Pigmenten oder kosmetischen oder pharmazeutischen Produkten.
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In bevorzugten Ausführungsformen erfolgt die Verwendung zur Gewinnung oder Rückgewinnung von Submikro- oder Mikropartikeln ausgewählt aus einem Polymer, einem Metall oder einer Metallverbindung und/oder einem Pigment, besonders bevorzugt ein Metall oder eine Metallverbindung umfassend ein Metall der Seltenen Erden, insbesondere Lanthan, Cer oder Terbium; oder ein Edelmetall, insbesondere Gold oder Platin.
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Bevorzugt erfolgt die Verwendung zur Gewinnung oder Rückgewinnung von Submikro- oder Mikropartikeln aus Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS), LaPO4, LaPO4:Ce,Tb (LAP), LiFePO4, Li(Ni1/3Mn1/3Co1/3)O2 oder CeMgAl11O19:Tb (CAT).
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Für die Realisierung der Erfindung ist es auch zweckmäßig, die vorbeschriebenen Ausführungsformen und Merkmale der Ansprüche zu kombinieren.
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Ausführungsbeispiele
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Nachfolgend soll die Erfindung anhand einiger Ausführungsbeispiele und zugehöriger Figuren eingehender erläutert werden. Die Ausführungsbeispiele sollen dabei die Erfindung beschreiben ohne diese zu beschränken.
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Es zeigen die
- 1 ein Schema eines Verfahrens zur selektiven Abtrennung eines Zielmaterials unter Verwendung eines biofunktionalisierten Sammlers: A Identifizierung eines selektiv bindenden Peptids 1 durch Bindung an das Zielmaterial. B Kovalente Bindung des selektiv bindenden Peptids 1 an ein Trägermaterial 3 zur Synthese eines biofunktionalisierten Sammlers 4. C Selektive Bindung des Zielmaterials 2 durch den biofunktionalisierten Sammler 4.
- 2 ein Schema einer Schaumflotation unter Verwendung eines biofunktionalisierten Sammlers: A Bereitstellen einer Lösung umfassend ein Zielmaterial (A) bestehend aus Submikro- oder Mikropartikeln und zwei weitere Komponenten (■ und o). B Inkontaktbringen eines biofunktionalisierten Sammlers umfassend ein Trägermaterial und mindestens ein selektiv bindendes Peptid mit der Lösung umfassend das Zielmaterial, wobei das selektiv bindende Peptid das Zielmaterial selektiv bindet. C Selektive Abtrennung des Zielmaterials aus der Lösung.
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Ausführungsbeispiel 1: Selektive Abtrennung eines Lithium-haltigen Zielmaterials aus Batterien von Elektroautos
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Mittels der Phagen-Display-Methode werden aus einer pVIII Cys4-Peptidbibliothek (Creative Biolabs), welche 109 verschiedene Peptide enthält, Peptide identifiziert, welche mit hoher Selektivität und Affinität an das Zielmaterial Lithium, insbesondere LiFePO4 oder Li(Ni1/3Mn1/3Co1/3)O2, binden. Sämtliche Peptide haben eine Länge von 14 Aminosäuren und enthalten an Position 5 und 10 jeweils ein Cystein, welche die Bildung einer Disulfidbrücke hervorrufen. Die identifizierten Peptide, die noch an einen Bakteriophagen gebunden vorliegen, werden chemisch synthetisiert.
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Anschließend werden die selektiv Lithium, insbesondere LiFePO4 oder Li(Ni1/3Mn1/3Co1/3)O2, bindenden Peptide kovalent an carboxylierte Polystyrolpartikel gebunden und somit die biofunktionalisierten Sammler für das Zielmaterial generiert. Die biofunktionalisierten Sammler werden mit einer Lösung umfassend ein feinkörniges Partikelgemisch aus dem Aktivmaterial der Altbatterien von Elektrofahrzeugen, insbesondere dem Elektrodenbeschichtungsmaterial aus einer Lithiumionenzelle, in Kontakt gebracht, wobei eine Bindung von Lithiumsubmikro- und Mikropartikeln durch den biofunktionalisierten Sammler erfolgt. Eine Bindung von weiteren Bestandteilen des Partikelgemisches erfolgt nicht. Die Lithiumionenzelle enthält 39 % (m/m) Kathodenmaterial (LiMn2O4 (LMO), Li(Ni1/3tv)n1/3Co1/3)O2 (NMC), Li(Ni0,8Co0,15Al0,05)O2 (NCA), Polyvinylidenfluorid (PVDF) und Ruß), 30% (m/m) Anodenmaterial (Graphit, Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR)), 17% (m/m) Gehäuse, 8% (m/m) Elektrolyt (Ethylencarbonat (EC), Dimethylcarbonat (DMC), Ethylmethylcarbonat (EMC) und LiPF6) und 6% (m/m) Separator. Das Elektrodenbeschichtungsmaterial aus der Lithiumionenzelle enthält 36 bis 40% (m/m) Kohlenstoff, 26 bis 34 % (m/m) Kobalt, Nickel und Mangan, 2,6 bis 3,3 % (m/m) Lithium, 1,9 bis 3,8 % (m/m) Aluminium, 1,3 bis 1,4 % (m/m) Kupfer, 0,8 bis 1,0 % (m/m) Eisen und 22 bis 27% (m/m) Sauerstoff, Fluor, Wasserstoff und Phosphor, bestimmt mittels Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP) mittels iCAP 6000 series (Firma Thermo Fisher Scientifb) und Elementaranalyse mittels 2400 Serie II CHNS/O (Firma Perkin Elmer).
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Die biofunktionalisierten Sammler werden im Flotationsprozess nach oben in den Schaum befördert und dort als Konzentrat gewonnen, wodurch eine selektive Abtrennung des Zielmaterials Lithium aus dem Partikelgemisch erfolgt. Durch eine chemische Elution mittels einer wässrigen L-Glycin-Lösung mit einem pH-Wert von pH 2,2 erfolgt eine Trennung des Zielmaterials von dem biofunktionalisierten Sammler.
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Ausführungsbeispiel 2: Selektive Abtrennung eines Selten Erd-haltigen Zielmaterials (LaPO4:Ce,Tb (LAP)) aus Leuchtpulver von Energiesparlampen
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Mittels der Phagen-Display-Methode werden aus einer pVIII Cys4-Peptidbibliothek (Creative Biolabs), welche 109 verschiedene Peptide enthält, Peptide identifiziert, welche mit hoher Selektivität und Affinität an das Zielmaterial LAP binden. Die identifizierten Peptide haben eine Länge von 8 bis 17 Aminosäuren. Die identifizierten Peptide, die noch an einen Bakteriophagen gebunden vorliegen, werden über heterologe Expression hergestellt (SEQ ID NO. 39 bis SEQ ID NO. 65).
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Anschließend werden die selektiv LAP bindenden Peptide kovalent an carboxylierte Polystyrolpartikel gebunden und somit die biofunktionalisierten Sammler für das Zielmaterial LAP generiert. Die biofunktionalisierten Sammler werden mit einer Lösung umfassend ein feinkörniges Partikelgemisch aus dem Leuchtpulver von Energiesparlampen, welches 5,9 % (m/m) LAP enthält, in Kontakt gebracht, wobei eine Bindung von LAP-Submikro- und Mikropartikeln durch den biofunktionalisierten Sammler erfolgt. Eine Bindung von weiteren Bestandteilen des Partikelgemisches erfolgt nicht. Das feinkörnige Partikelgemisch aus dem Leuchtpulver der Energiesparlampe enthält 27,1% (m/m) BaSi2O5:Eu2+, 5,6% (m/m) BaMgAl10O17:Eu2+ (BAM), 1,5% (m/m) (Ce,Gd)MgB5O10:Tb3+ (CBT), 1,5% (m/m) CeMgAl11O19:Tb3+ (CAT), 5,9% (m/m) LaPO4:Ce3+,Tb3+ (LAP), 9,9% (m/m) Y2O3:Eu3+ (YOE), 9,6% (m/m) Al2O3, 6,3% (m/m) Glas (SiO2, Na2O, CaO), 32,5% (m/m) Halophosphat ((Ca,Sr)5(PO4)3(F,Cl):Sb3+,Mn3+) sowie eine relative Elementzusammensetzung an Selten Erden von 12,1% Yttrium, 3,4% Lanthan, 1,4% Cer, 0,7% Europium, 0,8% Gadolinium, 0,6% Terbium, bestimmt mittels Röntgenfluoreszenz (XRF)-Messung.
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Die biofunktionalisierten Sammler werden im Flotationsprozess nach oben in den Schaum befördert und dort als Konzentrat gewonnen, wodurch eine selektive Abtrennung des Zielmaterials LAP aus dem Partikelgemisch erfolgt. Durch eine chemische Elution mittels einer wässrigen L-Glycin-Lösung mit einem pH-Wert von pH 2,2 erfolgt eine Trennung des Zielmaterials von dem biofunktionalisierten Sammler.
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Zitierte Nichtpatentliteratur
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- Smith GP (1985) Filamentous fusion phage: novel expression vectors that display cloned antigens on the virion surface. Science 228, 1315-17.
- Souza GR, Christianson DR, Staquicini FL, Ozawa MG, Snyder EY, Sidman RL, Miller JH, Arap W, Pasqualini R (2006) Networks of gold nanoparticles and bacteriophage as biological sensors and cell-targeting agents. Proc Natl Acad Sci USA 103, 1215-20.
- Ploss M, Facey SJ, Bruhn C, Zemel L, Hofmann K, Stark RW, Albert B, Hauer B (2014) Selection of peptides binding to metallic borides by screening M13 phage display libraries. BMC Biotechnology 14, 12.
- Nian R, Kim DS, Nguyen T, Tan L, Kim C-W, Yoo I-K, Choe W-S (2010) Chromatographic biopanning for the selection of peptides with high specificity to Pb2+ from phage displayed peptide library. Journal of Chromatography A 1217, 5940-9.
- Day JW, Kim CH, Smider VV, Schultz PG (2013) Identification of metal ion binding peptides containing unnatural amino acids by phage display. Bioorganic & Medicinal Chemistry Letters 23, 2598-600.
- Magdeldin S, Moser A (2012) Affinity Chromatography: Principles and Applications. Affhity Chromatography, ISBN: 978-953-51-0325-7, InTech.
- Yang S, Pelton R, Raegen A, Montgomery M, Dainoki-Veress K (2011) Nanoparticle Flotation Collectors: Mechanisms Behind a New Technology. Langmuir 27, 10438-10446.
- Kirchberg S, Rudolph M, Ziegmann G, Peuker UA (2012) Nanocomposites based on technical polymers and sterically functionalized soft magnetic magnetite nanoparticles: Synthesis, processing, and characterization, Journal of Nanomaterials, DOI:10.1155/2012/670531.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Selektiv bindendes Peptid
- 2
- Zielmaterial
- 3
- Trägermaterial
- 4
- biofunktionalisierter Sammler