-
Gegenstand der Erfindung ist eine Vorrichtung mit Schulterpelotte zur sicheren Abstützung eines Behinderten in einer Sitzeinrichtungen, insbesondere in einem Rollstuhl, die zugleich ein ungehindertes Hineinsetzen und Herausheben des Behinderten durch Dritte ermöglicht.
-
In
DE 69122268T2 wird neben einer Seiten- und Hüftstütze für Rollstühle eine von oben statisch zustellbare Schulterstütze vorgeschlagen, um besonders Spastiker in einer gewünschten Position zu halten. Eine sichere Abstützung ist jedoch nur in Verbindung mit einer Seitenstütze (Toraxpelotte) optimal wirksam.
-
Mit
DE 10 2013 218 863 B4 wird zur Abstützung eines Behinderten in einer Sitzeinheit, insbesondere in einem Rollstuhl eine Vorrichtung zur Kopf- und/oder Rumpfpositionierung vorgeschlagen, welche zumindest zwei Rückhaltebügeln umfasst, die mechanisch schwenkbar an einer Kopfstütze an gelenkt sind. Formgeometrisch sind die einteiligen Rückhaltebügel anatomisch dem Torax des Behinderten angepasst. Sie sind innerhalb eines vorgebebenen Bereiches zur Kopfstütze relativ schwenk- und arretierbar. Im geschlossenen Zustand werden die Rückhaltebügel durch ein Magnetverschluss miteinander verbunden. Im geöffneter Position werden sie nach oben und seitwärts ausgeschwenkt. Damit kann der Behinderte mit Unterstützung eines Betreuers ungehindert den Rollstuhl verlassen oder im Umkehrschluss in diesem Platz nehmen.
-
Ein Nachteil ergibt sich dadurch, dass eine getrennte Einstellung der Kopfstütze und der Rückhaltebügel bezüglich Höhe und Schulterbreite konstruktiv nicht vorgesehen ist. Auch müssen sie bei Kinder und Jugendlichen während der Wachstumsphase oder bei anatomischen Veränderungen wiederholt angepasst werden.
-
Mit der Erfindung soll zur Toraxabstützung eines Behinderten mit unterschiedlichen Toraxausbildung eine Vorrichtung mit Schulterpelotten entwickelt werden, die unabhängig von der Stellung der Kopfstütze eine individuelle justierbare Einstellung in ihrer Höhe, der Schulterbreite und der Toraxausbildung ermöglicht.
-
Die Einstellung der Schulterpelotten soll einfach und ohne wesentlichen mechanischen Aufwand nach biomechanischen Prinzip erfolgen. Zugleich soll die Schulterpelotte in ihrer Ausgangslage annähernd eine parallel Position zur Sitzebene einnehmen und zum Herausheben und Hineinsetzen in die Sitzeinrichtung bzw. Rollstuhl vertikal verstellbar sein.
-
Erfüllt wird diese Zielstellung mit den in Anspruch 1 und in den zugeordneten Unteransprüchen angeführten Merkmalen.
-
Bevorzugte Ausführungsformen und besondere Aspekte der Erfindung ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen, den Zeichnungen und der vorliegenden Beschreibung.
-
Zur sicheren Abstützung eines auf eine Sitzeinrichtung oder Rollstuhl angewiesenen Behinderten verfügt die Vorrichtung über zwei separate, in Funktion gleichwirkende Schulterpelotte, die unabhängig voneinander von einer horizontal ausgerichteten profilierten Gleitschiene verstellbar getragen werden. Jede dieser Schulterpelotten besteht aus zwei biegeelastische streifenförmige Federblättern konstanter Länge, die am äußeren Ende fest miteinander verbunden sind. Die anderen Enden werden mit gegenseitigen Abstand von einem horizontal auf der Gleitschiene geführtem Stellelement getragen und bilden gemeinsam einen spitzwinkligen Dreiecksverband. Das äußere Federblatt ist fest mit dem Stellelement verbunden. Das innere Federblatt, das die Schulterauflage bildet und die Polsterung trägt, ist mit einem Zahnriemen verlängert, welcher mit einem am Stellelement angeordnetem Rastenverschluss in Wirkungsverbund steht und von diesem geführt wird.
-
Die einzelnen Federblätter bestehen entweder aus thermoplastischem Glasfaser-Verbundwerkstoff (so genannten Organoblech) oder aus massiven Kunststoff oder aus federelastischen Metall. Beide Federblätter sind biomechanisch durch eine offene nahtartige Verschnürung flexible verbunden. Die Verschnürung reicht vom Stellelement bzw. der Zahnriemenbefestigung bis in den Spitzenbereich der verbundenen Federblätter. Sie ist so ausgelegt, dass eine relative Längs- und spiegelgleiche Bewegung der Federblätter zu einander ermöglicht wird. Die Verschnürung kann als einfache Naht mittig oder aus zwei symmetrische zur Mitte der Federblätter ausgeführt Verschnürungen bestehen.
-
Beide Schulterpelotten sind einzeln aus einer annähernd gestreckten Nullstellung in eine aktive Stellung als Pelotte einstell- und fixierbar. Das wird erreicht, in dem am Zahnriemen des inneren Federblattes ein Zugkraft angreift und so die Bezugslänge gegenüber dem Stellelement als Festpunkt verkürzt. Durch die feste Verbindung mit dem äusseren Federblatt, das fest am Stellelement eingespannt ist, und die Verschnürung werden beide Federblätter in Richtung des verkürzten Federblattes in eine bogenartige Krümmung gezwungen und als Schulterpelotte funktionswirksam. Das innere, die Polsterung tragende Federblatt erfasst über den Schulterbereich den Torax des Behinderten und fixiert diesen. Die Sicherung der erreichten Zustellposition erfolgt automatisch durch den Zahnriemen in Zusammenwirken mit dem Rastenverschluss. Die Einstellung der Schulterpelotten richtet sich nach den anatomischen Gegebenheiten des Behinderten. Um zugleich einem Verdrehen, seitliches Ausweichen oder wegdrücken der Schulterpelotten zu vermeiden, sind die Pelotten mit einem Spannschloss ausgestattet. Es wird geschlossen, wenn die Pelotten den Torax voll erfasst haben.
-
Die Freigabe und Öffnen der Schulterpelotte erfolgt mit dem Lösen des Spannschlosses und dem Entriegeln des Rastenverschlusses. Mit der Freigabe des Zahnriemen werden die Federblätter durch ihre Eigenspannung und soweit erforderlich, durch ein zurückschieben des Zahnriemen in ihre Ausgangslage annähernd parallel zur Sitzebene zurückgestellt. Die Verschnürung zwischen beiden Federblättern ist dabei locker und entspannt.
-
Zur Einstellung der Höhe und des Neigungswinkels der Schulterpelotten in ihrer Ausgangsstellung ist an der Gleitschiene mittig ein feststellbares Gelenkscharnier mit Spannhülse angeordnet. In die Spannhülse greift die Rollstuhlhalterung bzw. der Sitzeinheit ein und ermöglicht die Justierung der Höhe der kompletten Vorrichtung.
-
Die Einstellung des Neigungswinkel der Schulterpelotte erfolgt durch ein Verdrehen der Gleitschiene im Gelenkscharnier. Die Justierung der Schulterpelotten bezüglich der Schulterbreite des Behinderten erfolgt individuell mittels der auf der Gleitschiene geführten Stellelemente.
-
Zum Umstellen der Schulterpelotten aus einer parallelen Ausgangsstellung gegenüber der Sitzebene in eine vertikale Stellung ist die Gleitschiene an beiden Enden der Gleitschiene verstellbare federelastisch gespannte Lagerbolzen mit Anschlag eingesetzt. Vorzugsweise sind die Lagerbolzen durch eine gemeinsame Zugfeder verbunden. Der Anschlag selbst ist gleichzeitig als Griff ausgeführt.
-
Ist die Schulterpelotte aus ihrer Ausgangsstellung in eine vertikale Position umzustellen, so wird das Stellelement mit der betreffenden Schulterpelotte auf der Gleitschiene gegen den Anschlag und unter Federspannung stehenden Lagerbolzen geschoben, bis das Stellelement vollständig vom Lagerbolzen getragen wird. Nachfolgende wird das Stellelement mit Schulterpelotte durch eine 90-Graddrehung in die Vertikale umgestellt und vom unter Federspannung stehenden Lagerbolzen auf die Gleitschiene bis zum Anschlag zurückgeschoben. Danach wird das Stellelement mit der Schulterpelotte auf der Gleitschiene entsprechend positioniert und fest verspannt.
-
Das Zurückstellen der Schulterpelotte in die Ausgangsstellung erfolgt in umgekehrter Reihenfolge.
-
Die erfindungsgemäße Lösung wird nachfolgend an Einzelteilen eines Funktionsmuster nochmals verdeutlicht.
- 1 zeigt eine aktivierte Schulterpelotte in Seitenansicht ohne Gleitschiene,
- 2 zeigt im Einzelnen das Stellelement mit Rastenverschlusses,
- 3 zeigt einen Abschnitt der Gleitschiene mit Scharniergelenk und Spannhülse zur Befestigung an der Sitzeinheit oder Rollstuhlhalterung.
-
Wie in 1 dargestellt, besteht die Schulterpelotte aus zwei biegeelastische streifenförmige Federblättern 2 und 3 konstanter Länge. Am vorderen Ende laufen diese zusammen und sind fest miteinander verbunden. An den anderen Enden werden sie von einem Stellelement 1 getragen und bilden gemeinsam ein spitzwinkliges Dreieck. Die Lagerung des Stellelementes 1 erfolgt auf einer horizontal ausgerichteten Gleitschiene 8, die vorzugsweise aus einem korrosionsbeständigen Vierkantrohr besteht. Unabhängig davon sind auch andere Profilformen vorstellbar.
-
Das äußere Federblatt 2 ist fest mit dem Stellelement 1 verbunden. Das innere Federblatt 3, das zugleich die Schulterauflage bildet und die Polsterung (hier nicht dargestellt) trägt, ist mit einem Zahnriemen 5 verlängert, welcher mit einem am Stellelement 1 angeordnetem Rastenverschluss 6 in Wirkungsverbund steht und von diesem geführt wird. Die einzelnen Federblätter 2 und 3 bestehen entweder aus thermoplastischem Glasfaser-Verbundwerkstoff (so genannten Organoblech) oder aus massiven Kunststoff oder aus federelastischen korrosionsbeständigen Metall. Beide Federblätter 2 und 3 sind biomechanisch durch eine offene nahtartige Verschnürung 4 flexible verbunden. Die Verschnürung 4 reicht vom Stellelement 1 mit Lasche 1.1 und von der Befestigung 5.1 für den Zahnriemen 5 bis in den Spitzenbereich der verbundenen Federblätter 2 und 3. Die Verschnürung 4 ist so ausgelegt, dass sie eine relative Längs- und spiegelgleiche Bewegung der Federblätter 2 und 3 zu einander ermöglicht. Die Verschnürung 4 kann als einfache Naht mittig oder aus zwei Verschnürungen bestehen, die symmetrische zur Mitte der Federblätter 2 und 3 ausgeführt sind. Vorstellbar ist auch, dass bei Verwendung von Glasfaser-Verbundwerkstoff oder Kunststoff die Verschnürung aus biegeelastischen Stegen gleichen Materials besteht, die mit den Federblättern verschweiß, verklebt oder angegossen sind. Zur Sicherung der Schulterpelotten gegen ein seitliches Abkippen und zur optimalen Anpassung an den Torax des Behinderten werden beide Pelotten an ihrem vorderen Ende durch ein Spannschloss 7, wie in 1 markiert, oder ein Lochfangband (hier nicht dargestellt) verbunden. Das Spannschloss 7 ist an einer Pelotte und das zugehörige Spannband an der zweiten Pelotte befestigt.
-
2 zeigt in vergrößerter Darstellung das Stellelement 1 mit gespannten Federblatt 3 gemäß der Darstellung nach 1. Der Zahnriemen 5 wird mit seiner Verzahnung von einer Sperrklinke im Rastenverschluss 6 festgehalten. Durch die Verkürzung der Spannlänge des Federblattes 3 gegenüber dem Stellelement 1 und Kopplung mit dem feste eingespannten Federblatt 2 konstanter Länge wird die komplette Schulterpelotte bogenartige gekrümmt und dementsprechend als Fixierelement mit dem Torax des Behinderten in Funktion gebracht. Mit der Verkürzung der Spannlänge für das Federblattes 3 wird zugleich die Verschnürung 4 unter Spannung gesetzt und sichert so den gleichmäßigen Biegevorgang beider Federblätter 2 und 3. Die Verzahnung am Zugriemen 5 erlaubt zudem eine annähernd stufenlose Eingestellung beider Pelotten.
-
Das Stellelement 1 selbst ist auf der Gleitschiene 8 mit quadratischem Profil horizontal verschiebbar gelagert. Ihre Positionierung erfolgt nach der Schulterbreite des Behinderten und wird dann in der erreichten Position mit einer Knebelschraube 1.2 festgestellt.
-
Die Freigabe und Öffnen der jeweiligen Schulterpelotte erfolgt durch ein Entriegeln des Rastenverschlusses 6. Damit wird der Zahnriemen 5 freigegeben und die Federblätter 2 und 3 schwingen durch ihre Eigenspannung und soweit erforderlich, durch ein zurückschieben des Zahnriemen 5 in ihre entspannte und weitgehend gestreckte Ausgangslage zurück.
-
Wie 2 weiterhin zeigt, ist die Gleitschiene 8 mit einem Umstellmechanismus für die Pelotten ausgestattet. Damit ist es möglich die Schulterpelotte aus ihrer parallel zur Sitzebene vorgegebene Ausgangslage in eine vertikale Stellung umzustellen. Diese Umstellung ist regelmäßig notwendig, wenn der Behinderte mit fremder Hilfe in oder aus dem Sitz bzw. Rollstuhle zu heben ist. Der Mechanismus besteht aus einem in der Gleitschiene 8 eingesetzten federbelasteten Lagerbolzen 9 mit Anschlag 10, der zugleich das Griffelement darstellt. Der Durchmesser der Lagerbolzen 9 entspricht dem inneren Durchmesser der Gleitschiene 8. Der Mechanismus ist auf beiden Enden der Gleitschiene 8 angeordnet. Dementsprechend sind die Lagerbolzen 9 innerhalb der Gleitschiene 8 durch eine gemeinsame vorgespannte Zugfeder verbunden.
-
Beim Umstellen der Schulterpelotte wird nach Lösen der Knebelschraube 1.2 das Stellelement 1 gegen den Anschlag 10 soweit verschoben, bis es komplett von dem herausgeschobenen/gezogenen Lagerbolzen 9 getragen wird. In dieser Position wird dann das Stellelement 1, also die komplette Schulterpelotte um 90 Grad in die vertikale Stellung verdreht und durch den unter Ferderspannung stehenden Lagerbolzen 9 bis zur Anlage des Anschlages 10 auf die Gleitschiene 8 zurück geschoben. Mit der Knebelschraube 1.2 wird dann das Stellelement 1 auf der Gleitschiene 8 fixiert.
-
Das Zurückstellen in die Ausgangslage erfolgt in umgekehrter Reihenfolge.
-
In 3 ist ein Segment der Gleitschiene 8 mit einem feststellbaren Gelenkscharnier 11 und Spannhülse 12 dargestellt. Über die Spannhülse 12 erfolgt die Befestigung der Vorrichtung an der Sitzeinheit oder Rollstuhlhalterung. Durch die asymmetrische Lage der Gelenkachse zur Gleitschiene 8 kann gleichzeitig die Winkeleinstellung der Schulterpelotten in ihrer Ausgangslage vorgenommen werden.
-
Die Anordnung der Kopfstütze selbst erfolgt entweder separat an der Sitz- oder Rollstuhlhalterung oder mittels einer zusätzlichen Klemmhülse an der Gleitschiene 8.
-
Bezugszeichenliste
-
1 |
Stellelemente |
|
1.1 |
Lasche |
|
1.2 |
Knebelschraube |
2 |
Federblatt |
3 |
Federblatt |
4 |
Verschnürung |
5 |
Zahnriemen |
|
5.1 |
Zahnriemenbefestigung |
6 |
Rastenverschluss |
7 |
Spannschloss |
8 |
Gleitschiene |
9 |
Lagerbolzen |
10 |
Anschlag |
11 |
Gelenkscharnier |
12 |
Spannhülse |
13 |
Knebelschraube |
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- DE 69122268 T2 [0002]
- DE 102013218863 B4 [0003]