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Die Erfindung betrifft ein bariumfreies Borosilicatglas. Die Erfindung betrifft auch die Verwendung des Glases. Für die Verwendung als pharmazeutisches Primärpackmittel wie Ampullen oder Fläschchen werden Gläser benötigt, die insbesondere eine sehr hohe hydrolytische Beständigkeit aufweisen. Ein wesentlicher Parameter zur Charakterisierung der Verarbeitbarkeit eines Glases ist die Verarbeitungstemperatur VA, bei der die Viskosität des Glases 104 dPas beträgt. Sie soll niedrig sein, da bereits geringfügige VA-Erniedrigungen zu einer deutlichen Senkung der Herstellkosten führen, da die Schmelztemperaturen abgesenkt werden können. Sie soll für als Pharmaprimärpackmittel zu verwendende Gläser auch deshalb niedrig sein, damit eine bei der Verformung der alkalihaltigen Borosilicatgläser auftretende Verdampfung von Alkaliborat möglichst gering ist. Diese Ausdampfprodukte bilden nämlich in aus Rohr hergestellten Glasbehältnissen Niederschläge und wirken sich nachteilig auf die hydrolytische Beständigkeit der Behältnisse aus.
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In der Patentliteratur sind bereits Gläser beschrieben, die hohe chemische Beständigkeiten aufweisen, die jedoch unvorteilhaft hohe Verarbeitungstemperaturen aufweisen.
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Die Patentschrift
DE 42 30 607 C 1 stellt alkali- und Al
2O
3-arme chemisch hoch resistente Borosilicatgläser vor, die mit Wolfram verschmelzbar sind. Sie besitzen Ausdehnungskoeffizienten α(20°C;300°C) von höchstens 4,5 × 10
-6/K und ausweislich der Beispiele Verarbeitungstemperaturen ≥ 1210 °C.
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Die Gläser der Patentschrift
DE 44 30 710 C1 weisen einen hohen SiO
2-Anteil, nämlich > 75 Gew.-%. Sie sind zwar chemisch hoch beständig, weisen jedoch nachteilig hohe Verarbeitungstemperaturen auf.
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Auch die rel. hoch SiO
2-haltigen und hoch K
2O-haltigen Gläser der Patentschrift
DE 195 36 708 C1 sind chemisch hoch beständig, weisen jedoch ebenfalls unvorteilhaft hohe Verarbeitungstemperaturen und mit 4,9 × 10
-6/K niedrige Wärmedehnungen α(20°C;300°C) auf.
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Auch die in der Offenlegungsschrift
DE 37 22 130 A1 beschriebenen Borosilicatgläser besitzen niedrige Dehnungen und hohe Verarbeitungstemperaturen.
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In der Patentliteratur sind auch schon Gläser beschrieben, die neben den gewünschten hohen chemischen Beständigkeiten auch die gewünschten vorteilhaften niedrigen Einschmelztemperaturen besitzen. Sie enthalten üblicherweise BaO. Siehe z.B. in
DE 102 38 915 B3 , wo Gläser mit einem thermischen Ausdehnungskoeffizienten zwischen 5,8 × 10
-6/K und 7,0 × 10
-6/K beschrieben sind.
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Da in den letzten Jahren die Glaskomponente BaO insbesondere in der pharmazeutischen Industrie in die Diskussion gekommen ist, da die Gefahr besteht, dass bei bestimmten Füllgütern in den Pharmaprimärpackmitteln Bariumionen sich aus dem Glas lösen und im Füllgut zu Ausfällungen und Eintrübungen führen, sollten bariumfreie Gläser dem Markt zur Verfügung gestellt werden, die in den für Pharmaprimärpackmittel wesentlichen Eigenschaften den bisher verwendeten bariumhaltigen Gläsern entsprechen.
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Durch den einfachen Ersatz des Bariumoxids durch einen oder mehrere Bestandteile gelingt eine Reproduktion der durch BaO beeinflussten und gewünschten glastechnischen und produktrelevanten Eigenschaften in der Regel nicht. Stattdessen sind Neuentwicklungen oder weitreichende Änderungen in der Glaszusammensetzung nötig.
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Aus dem Stand der Technik sind auch schon weitere Gläser bekannt, die frei von BaO sind oder BaO nur als fakultative Komponente enthalten. Aber sie weisen die verschiedensten Nachteile oder zumindest Unterschiede zu den genannten bariumhaltigen Gläsern auf, so dass sie aufgrund ihres veränderten Eigenschaftsprofils nicht in der Lage sind, sie zu ersetzen.
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DE 100 35 801 A1 beschreibt fakultativ BaO-haltige Gläser mit Verarbeitungstemperaturen von bis zu 1180 °C.
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US 4,386,164 und
DE 33 10 846 A1 beschreiben bariumfreie Laborgläser mit linearen Ausdehnungskoeffizienten α(0°C;300°C) von 4,8 × 10
-6/K bis 5,6 × 10
-6/K.
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Es ist nun Aufgabe der Erfindung, ein bariumfreies Glas zu finden, das einen thermischen Ausdehnungskoeffizienten α(20°C;300°C) von ca. 6 × 10-6/K besitzt und das die genannten hohen Anforderungen an die hydrolytische Beständigkeit bei gleichzeitig niedriger Verarbeitungstemperatur VA erfüllt.
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Diese Aufgabe wird durch das im Patentanspruch 1 beschriebene Glas gelöst.
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Das erfindungsgemäße Glas variiert in seiner Zusammensetzung nur in sehr engen Grenzen.
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Es weist für ein chemisch hochbeständiges Glas einen relativ niedrigen SiO2-Gehalt von wenigstens 71,0 Gew.-%, bevorzugt wenigstens 72,0 Gew.-%, und von höchstens 74,5 Gew.-%, bevorzugt höchstens 73,5 Gew.-% auf. Der relativ niedrige SiO2-Gehalt wirkt sich vorteilhaft auf die gewünschten Eigenschaften niedrige Verarbeitungstemperatur und mit ca. 6 × 10-6/K relativ hoher thermischer Ausdehnungskoeffizient aus. Bei einem weiteren Absenken des SiO2-Gehaltes würde sich insbesondere die Säurebeständigkeit verschlechtern.
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Das Glas enthält wenigstens 8,0 Gew.-% B2O3, bevorzugt wenigstens 8,3 Gew.-% B2O3, und höchstens 9,5 Gew.-% B2O3 zur Erniedrigung der thermischen Ausdehnung, der Verarbeitungstemperatur und der Schmelztemperatur bei gleichzeitiger Verbesserung der chemischen Beständigkeit, insbesondere der hydrolytischen Beständigkeit. Die Borsäure bindet die im Glas vorhandenen Alkaliionen fester in die Glasstruktur ein, was zu einer geringeren Alkaliabgabe in Kontakt mit Lösungen, beispielsweise bei der Bestimmung der hydrolytischen Beständigkeit, führt. Während bei niedrigeren Gehalten die hydrolytische Beständigkeit deutlich verschlechtert würde und die Schmelztemperatur nicht weit genug abgesenkt würde, würde bei höheren Gehalten die Säurebeständigkeit verschlechtert.
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Das erfindungsgemäße Glas enthält wenigstens 4,6 Gew.-% Al2O3 und höchstens 6,0 Gew.-% Al2O3, bevorzugt wenigstens 5,0 Gew.-% Al2O3. Dadurch ist das Glas sehr kristallisationsstabil, d. h. während des Abkühlens beim Formgebungsprozess, beispielsweise beim Rohrzug, entstehen keine Entglasungskristalle, die, an der Glasoberfläche sitzen und die Formgebung des Glases beeinträchtigen würden. Auch bindet Al2O3, ähnlich wie die Borsäure, die Alkalioxide, insbesondere Na2O, fester ins Glas ein. Bei höheren Gehalten würden die Schmelztemperatur und die Verarbeitungstemperatur steigen, ohne dass die dadurch bessere Kristallisationsbeständigkeit von weiterem Nutzen wäre.
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Ein wesentliches Merkmal des erfindungsgemäßen Glases sind die Anteile der Alkalioxide Na2O und K2O in sehr engen Grenzen, was ein ausgewogenes Verhältnis zwischen ihnen ermöglicht. Lithiumoxid kann mit bis zu 0,3 Gew.-% enthalten sein. Es senkt zwar die Verarbeitungstemperatur sehr effektiv, nämlich um ca. 40 °C je 1 Gew.-%), ist jedoch sehr teuer, weshalb bevorzugt auf die Verwendung von Li2O verzichtet wird, das Glas also vorzugsweise bis auf un- oder nur schwer vermeidbare Verunreinigungen kein Li2O enthält.
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So enthält das Glas wenigstens 7,0 Gew.-% Na2O, bevorzugt wenigstens 7,3 Gew.-% Na2O, und höchstens 8,4 Gew.-% Na2O, bevorzugt höchstens 8,2 Gew.-% Na2O, sowie wenigstens 1,7 Gew.-% K2O, bevorzugt wenigstens 2,0 Gew.-% K2O, und höchstens 2,7 Gew.-% K2O, bevorzugt höchstens 2,5 Gew.-% K2O.
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Die Alkalioxide, insbesondere Na2O, senken die Verarbeitungstemperatur des Glases, außerdem verbessert K2O die Entglasungsstabilität. Oberhalb der jeweiligen Obergrenze des Alkalioxids steigt die Alkaliabgabe überproportional an. So wird durch die speziellen Anteile ein Minimum der Alkaliabgabe erzielt, was zu den verschiedenen hervorragenden chemischen Beständigkeiten führt.
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Es ist besonders bevorzugt, dass das Verhältnis der Gewichtsanteile K2O/ Na2O 0,24 - 0,35 beträgt. So wird die unerwünschte Alkaliabgabe minimiert.
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Das Glas enthält bis auf un- oder nur schwer vermeidbare Verunreinigungen kein BaO. Dadurch kann es im Kontakt mit Flüssigkeiten, insbesondere wässrigen Lösungen, nicht zum Auslaugen von Bariumionen und zum Ausfallen von Bariumsalzen kommen.
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Das Glas enthält SrO, und zwar wenigstens 0,4 Gew.-%, bevorzugt wenigstens 0,5 Gew.-%, und höchstens 1,2 Gew.-%, bevorzugt höchstens 1,0 Gew.-%. So wird die Schmelztemperatur wie gewünscht abgesenkt. Mehr SrO als die genannte Obergrenze würde die Alkaliabgabe erhöhen. Zu wenig oder gar ein Verzicht auf SrO ließe die Einschmelztemperatur ansteigen.
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Das Glas enthält CaO, und zwar wenigstens 0,8 Gew.-%, bevorzugt wenigstens 1,0 Gew.-%, und höchstens 1,6 Gew.-%, bevorzugt höchstens 1,5 Gew.-%. Es kann als weitere Komponente MgO mit 0 - 0,3 Gew.-% enthalten. Besonders bevorzugt ist, dass das Glas bis auf un- oder nur schwer vermeidbare Verunreinigungen MgO-frei ist. CaO und MgO variieren die „Länge des Glases“, also den Temperaturbereich, in dem das Glas verarbeitbar ist. Durch die unterschiedlich stark netzwerkwandelnde Wirkung dieser Komponenten kann durch den Austausch dieser Oxide gegeneinander das Viskositätsverhalten an die Anforderungen des jeweiligen Herstellungs- und Verarbeitungsverfahrens angepasst werden. Außerdem verbessert CaO die Säurebeständigkeit. CaO und MgO setzen die Verarbeitungstemperatur herab und sind, sofern vorhanden, fest in die Glasstruktur gebunden. Die Summe CaO + SrO + MgO sollte 2,5 Gew.-% vorzugsweise nicht übersteigen, da sonst die Alkaliabgabe ansteigen würde.
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Das Glas kann 0 - 0,5 Gew.-% ZrO2 enthalten. ZrO2 verbessert die hydrolytische Beständigkeit und vor allem die Laugenbeständigkeit des Glases. Bei höheren Anteilen würde die Verarbeitungstemperatur zu sehr erhöht und die gute Schmelzbarkeit verloren gehen. Es ist besonders bevorzugt, dass das Glas bis auf un- oder nur schwer vermeidbare Verunreinigungen kein ZrO2 enthält.
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Das Glas kann 0 - 0,5 Gew.-% TiO2 enthalten. TiO2 verringert im Austausch gegen SiO2 die Verarbeitungstemperatur. Bei höheren Anteilen würde eine bräunliche Verfärbung des Glases auftreten. Es ist besonders bevorzugt, dass das Glas bis auf un- oder nur schwer vermeidbare Verunreinigungen kein TiO2 enthält.
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Das Glas kann 0 - 1 Gew.-% CeO2 enthalten. In niedrigen Konzentrationen wirkt CeO2 als Läutermittel, in höheren Konzentrationen verhindert es die Verfärbung des Glases durch radioaktive Strahlung. Mit einem solchen CeO2-haltigen Glas hergestellte und befüllte Primärpackmittel können daher auch nach radioaktiver Belastung noch visuell auf eventuell vorhandene Partikel kontrolliert werden. Noch höhere CeO2-Konzentrationen verteuern das Glas und führen zu einer unerwünschten gelbbräunlichen Eigenfärbung. Für Verwendungen, bei denen die Fähigkeit, durch radioaktive Strahlung bedingte Verfärbungen zu vermeiden, nicht wesentlich ist, ist ein CeO2-Gehalt zwischen 0 und 0,3 Gew.-% bevorzugt.
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Weiter kann das Glas 0 - 0,6 Gew.-% F- enthalten. Dadurch wird die Viskosität der Schmelze erniedrigt, was das Aufschmelzen des Gemenges und die Läuterung der Schmelze beschleunigt. Außerdem wird mit zunehmendem F-Gehalt des Glases eine Pufferung des pH-Wertes einer mit dem Glas in Kontakt stehenden wässrigen Lösung erzielt. D. h., dass der nach Abfüllen von Injectabilia in Glasbehältnisse durch die Alkaliabgabe der inneren Glasoberfläche erzeugte Anstieg des pH-Wertes im Füllgut durch F-Ionen teilweise neutralisiert wird.
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Das Glas kann neben den bereits erwähnten Fluoriden, beispielsweise CaF2, mit üblichen Läutermitteln wie Chloriden, beispielsweise NaCl, und/oder Sulfaten, beispielsweise Na2SO4 oder BaSO4, oder auch mit CeO2 geläutert werden, die in üblichen Mengen, d. h. je nach Menge und verwendetem Typ des Läutermittels in Mengen von 0,001 bis 1 Gew.-%, im fertigem Glas anzutreffen sind. Wenn AS2O3 und Sb2O3 nicht eingesetzt werden, sind die Gläser bis auf unvermeidliche Verunreinigungen AS2O3- und Sb2O3-frei, was insbesondere für ihre Verwendung als Pharmaprimärpackmittel vorteilhaft ist.
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Das erfindungsgemäße bariumfreie Borosilicatglas enthält also (in Gew.-% auf Oxidbasis)
SiO2 | 71,0 - 74,5 |
B2O3 | 8,0 - 9,5 |
Al2O3 | 4,6 - 6,0 |
Na2O | 7,0 - 8,4 |
K2O | 1,7 - 2,7 |
Li2O | 0-0,3 |
MgO | 0-0,3 |
CaO | 0,8 - 1,6 |
SrO | 0,4-1,2 |
TiO2 | 0-0,5 |
ZrO2 | 0-0,5 |
F- | 0-0,6 |
CeO2 | 0-1,0 |
sowie ggf. übliche Läutermittel in üblichen Mengen.
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Es ist bevorzugt, dass das Glas im Wesentlichen aus den genannten Komponenten mit den genannten Anteilen besteht; es ist besonders bevorzugt, dass das Glas aus den genannten Komponenten mit den genannten Anteilen besteht.
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Das erfindungsgemäße bariumfreie Borosilicatglas enthält vorzugsweise (in Gew.-% auf Oxidbasis)
SiO2 | 72,0 - 73,5 |
B2O3 | 8,3 - 9,5 |
Al2O3 | 5,0 - 6,0 |
Na2O | 7,3 - 8,2 |
K2O | 2,0 - 2,5 |
MgO | 0-0,3 |
CaO | 1,0-1,5 |
SrO | 0,5-1,0 |
CeO2 | 0-0,3 |
F- | 0-0,5 |
sowie ggf. übliche Läutermittel in üblichen Mengen.
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Es ist bevorzugt, dass das Glas im Wesentlichen aus den genannten Komponenten mit den genannten Anteilen besteht; es ist besonders bevorzugt, dass das Glas aus den genannten Komponenten mit den genannten Anteilen besteht.
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Es wurden zwei Beispiele für ein erfindungsgemäßes Glas (A) und fünf Vergleichsbeispiele (V) aus üblichen Rohstoffen erschmolzen.
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In Tabelle 1 sind die jeweilige Zusammensetzung (in Gew.-% auf Oxidbasis), der thermische Ausdehnungkoeffizient α(20°C;300°C) [10-6/K], die Transformationstemperatur Tg [°C], die Verarbeitungstemperatur VA [°C], die Dichte ρ [g/cm3] und die hydrolytische Beständigkeit der Gläser angegeben.
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Die hydrolytische Beständigkeit wurde folgendermaßen bestimmt:
- • die Hydrolytische Beständigkeit HGB nach ISO 719. Angegeben ist jeweils das Basenäquivalent des Säureverbrauchs in µg Na2Oäq / g Glasgrieß. Der maximale Wert für ein chemisch hoch resistentes Glas der Hydrolytischen Klasse 1 sind 31 µg Na2Oäq/g Glas.
- • die Hydrolytische Beständigkeit HGA nach ISO 720 oder USP. Angegeben ist jeweils der Säureverbrauch pro g Glasgrieß. Der maximale Wert für ein chemisch hoch resistentes Glas der Hydrolytischen Klasse 1 liegt bei 0,1 ml/g Glas.
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Bei der für pharmazeutische Zwecke besonders wichtigen hydrolytischen Beständigkeit HGB weisen die Gläser mit Basenäquivalenten von ≤ 19 µg Na2O/g, die nicht nur zur Klasse 1 gehören, sondern die sogar innerhalb von HGB = 1 niedrige Werte darstellen, sehr gute Ergebnisse auf.
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Damit sind die erfindungsgemäßen Gläser hervorragend geeignet für alle Anwendungszwecke, bei denen chemisch beständige Gläser benötigt werden, z. B. für Laboranwendungen, für Chemieanlagen, beispielsweise als Rohre, und insbesondere auch für Behälter für medizinische Zwecke, für Pharmaprimärpackmittel wie Ampullen, Fläschchen, Spritzen oder Karpulen.
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Weiterhin hat es sich gezeigt, dass die erfindungsgemäßen Gläser in Kontakt mit flüssigen Inhaltsstoffen, wie Wirkstofflösungen, Lösungsmitteln, z.B. Puffersystemen, oder dergleichen, die im pH-Bereich von 1 bis 11, bevorzugter im pH-Bereich von 4 bis 9, ganz besonders bevorzugt im pH-Bereich von 5 bis 7 vorliegen, gute chemische Beständigkeit zeigen, und daher zu Lagerung bzw. Aufbewahrung dieser Inhaltsstoffe besonders gut geeignet sind.
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Die erfindungsgemäßen Gläser eignen sich also hervorragend zur Herstellung von pharmazeutischen Behältnissen, die im Kontakt mit Inhaltsstoffen stehen und daher für deren Aufnahme und Aufbewahrung bereitgestellt werden können. Inhaltsstoffe, die verwendet werden können, sind beispielsweise sämtliche im Pharmabereich verwendete feste und flüssige Zusammensetzungen.
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Als Inhaltsstoffe können, ohne diese hierauf zu beschränken, beispielhaft genannt werden: eine flüssige Arzneimittel-Zubereitung, eine Lösung, umfassend einen oder mehrere Wirkstoffe und optional Hilfsmittel und Zusatzstoffe, Puffersysteme aller Art, z.B. Natriumbicarbonat-Puffer, wie eine 1 molare Natriumbicarbonat-Lösung (NaHCO3) 8,4 % mit einem pH-Wert im Bereich von 7,0 bis 8,5; Citrat-Puffer, wie 10 mmol Citrat-Puffer pH = 6 mit 150 mmol NaCl und 0,005% Tween 20; Phosphat-Puffer, wie 10 mmol Phosphat-Puffer pH = 7,0 mit 150 mmol NaCl und 0,005% Tween 20, oder Wasser für Injektionszwecke, wie z.B. Satorius-Reinstwasser, durch 0,2 µm Filter gespült und mit einem spezifischen Widerstand von 18,2 MΩ × cm (entspricht einer Leitfähigkeit von 0.055 µS/cm). Dem Fachmann sind weitere mögliche Inhaltsstoffe ohne weiteres geläufig.
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Die Erfindung bezieht sich auch auf die Verwendung der erfindungsgemäßen Borosilicatgläser als Pharmaprimärpackmittel zur Aufnahme und Aufbewahrung von flüssigen Inhaltsstoffen, die einen pH-Wert im Bereich von 1 bis 11, bevorzugter im Bereich von 4 bis 9, ganz besonders bevorzugt im Bereich von 5 bis 7 aufweisen, wobei die flüssigen Inhaltsstoffe bevorzugt ausgewählt sind aus Wirkstofflösungen, Pufferlösungen oder Wasser für Injektionszwecke. Die Erfindung betrifft auch ein solches Pharmaprimärpackmittel.
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Die Erfindung betrifft auch eine pharmazeutische Kombination, umfassend das Pharmaprimärpackmittel, das einen flüssigen Inhaltsstoff enthält, der einen pH-Wert im Bereich von 1 bis 11, bevorzugter im Bereich von 4 bis 9, ganz besonders bevorzugt im Bereich von 5 bis 7 aufweist, wobei der flüssige Inhaltsstoff bevorzugt ausgewählt ist aus einer Wirkstofflösung, Pufferlösung oder Wasser für Injektionszwecke.
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Die sehr niedrigen Verarbeitungstemperaturen VA von höchstens 1120 °C charakterisieren ihre gute Verarbeitbarkeit. Die Einschmelztemperaturen der Gläser sind sehr niedrig. Sie liegen bei etwa 1560 °C. Der dadurch bedingte günstige Schmelz- und Verarbeitungsbereich senkt den Energieverbrauch beim Herstellungsprozess.
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Die Gläser sind frei von BaO und in bevorzugter Ausführungsform frei von As2O3 und Sb2O3, was insbesondere für die Verwendung als Pharmaprimärpackmittel vorteilhaft ist. Auch ohne das Vorhandensein von BaO wird eine ausreichend niedrige Verarbeitungstemperatur erreicht, ohne dass die hydrolytische Beständigkeit verschlechtert wird.
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Die Gläser besitzen eine Transformationstemperatur Tg von etwa 560 °C.
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Sie liegt im für Pharmagläser üblichen Bereich.
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Die Gläser besitzen einen thermischen Ausdehnungskoeffizienten α(20°C;300°C) zwischen 5,8 × 10-6/K und 6,2 × 10-6/K.
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Damit liegen sie mit ihrer linearen Ausdehnung im gleichen Bereich wie die bariumhaltigen Gläser, die sie ersetzen sollen.
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Die Gläser besitzen eine auch für den Rohrzug ausreichende Kristallisationsbeständigkeit.
Tabelle 1:
Zusammensetzungen (in Gew.-% auf Oxidbasis) der Ausführungsbeispiele (A1, A2) und der Vergleichsbeispiele (V1 - V5) und ihre wesentlichen Eigenschaften: |
| A1 | A2 | V1 | V2 | V3 | V4 | V5 |
SiO2 | 72,8 | 73,4 | 72,2 | 73,5 | 74,85 | 74,85 | 72,0 |
B2O3 | 9,0 | 9,0 | 9,1 | 8,6 | 8,95 | 9,0 | 8,75 |
Al2O3 | 5,5 | 5,5 | 5,9 | 5,0 | 4,8 | 4,8 | 4,7 |
Na2O | 7,9 | 7,7 | 7,9 | 7,9 | 8,2 | 7,6 | 6,3 |
K2O | 2,3 | 2,1 | 2,3 | 1,8 | 1,9 | 2,45 | 2,8 |
MgO | - | - | - | - | 0,3 | 0,2 | 0,2 |
CaO | 1,4 | 1,2 | 1,9 | 0,7 | 0,7 | 0,8 | 1,1 |
SrO | 0,8 | 0,8 | 0,4 | 2,5 | - | - | - |
BaO | - | - | - | - | - | - | 3,75 |
F- | 0,3 | 0,3 | 0,3 | - | 0,3 | 0,3 | 0,4 |
α(20°C;300°C) [10-6/K] | 6,08 | 5,96 | 6,09 | 6,01 | 6,08 | 6,08 | 6,05 |
Tg [°C] | 558 | 555 | 546 | 566 | 557 | 557 | 557 |
VA[°C] | 1100 | 1118 | 1104 | 1113 | 1120 | 1120 | 1105 |
p [g/cm3] | 2,38 | 2,38 | n.b. | n.b. | 2,38 | n.b. | 2,45 |
USP/IS0720 titriert | 0,058 | 0,050 | 0,067 | 0,072 | 0,056 | 0,056 | 0,058 |
HGA Klasse | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 |
HGB [µg | 17 | 15 | 20 | 22 | 16 | 16 | 17 |
Na2O/g Glas] | | | | | | | |
n.b. = nicht bestimmt |
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Die Ausführungsbeispiele verdeutlichen, dass die erfindungsgemäßen Gläser trotz ihrer BaO-Freiheit eine sehr niedrige Verarbeitungstemperatur und sehr gute hydrolytische Beständigkeit vereinen, zwei Eigenschaften, die bei den bekannten BaO-freien Gläsern der gewünschten Ausdehnung bisher nicht miteinander vereinbart werden konnten. Sie sind in ihren Eigenschaften vergleichbar und daher in Produkten kompatibel mit dem BaO-haltigen Vergleichsbeispiel V5, jedoch mit dem Vorteil der BaO-Freiheit und daher besonderen Eignung für Pharmaprimärpackmittel. Die beiden Ausführungsbeispiele verdeutlichen den Zusammenhang zwischen Alkaliabgabe und Verarbeitungstemperatur. So kann, je nach Bedarf und in den Grenzen dieser Erfindung, entweder die Verarbeitungstemperatur oder die Alkaliabgabe erniedrigt werden, jeweils zum vertretbaren Nachteil des jeweils anderen Parameters.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 4230607 C [0003]
- DE 4430710 C1 [0004]
- DE 19536708 C1 [0005]
- DE 3722130 A1 [0006]
- DE 10238915 B3 [0007]
- DE 10035801 A1 [0011]
- US 4386164 [0012]
- DE 3310846 A1 [0012]