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Stand der Technik
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb einer Anlage zum Herstellen von pharmazeutischen Produkten nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Ferner betrifft die Erfindung eine Anlage, die nach einem erfindungsgemäßen Verfahren arbeitet.
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Ein Verfahren nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 ist aus der
EP 2 369 549 A1 bekannt. Das dort anhand einer Tablettenherstellvorrichtung beschriebene Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass im Rahmen von automatisch durchgeführten Versuchsreihen einzelne Parameter an verschiedenen Prozessstationen verändert werden, und die Veränderung der Prozessparameter auf eine Soll-Eigenschaft des Produkts überprüft wird. Die im Rahmen der Versuche ermittelten Ergebnisse werden anschließend während des normalen Produktionsprozesses berücksichtigt, indem bei einer Abweichung von der Soll-Eigenschaft eine Veränderung eines entsprechenden Parameters durchgeführt wird. Das bekannte Verfahren eignet sich darüber hinaus besonders bei einem kontinuierlichen Betrieb der Anlage.
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Offenbarung der Erfindung
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Das Verfahren zum Betrieb einer Anlage zum Herstellen von pharmazeutischen Produkten mit den Merkmalen des Anspruchs 1 hat den Vorteil, dass die Regelung bezüglich der wenigstens einen Soll-Eigenschaft optimiert wird.
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Unter einer Optimierung der wenigstens einen Soll-Eigenschaft im Sinne der Erfindung wird dabei verstanden, dass die Abweichung der Ist-Werte von dem Soll-Wert der Soll-Eigenschaft hinsichtlich des statistischen Werts der Standardabweichung optimiert wird. Die Erfindung macht sich dabei die Erkenntnis zunutze, dass üblicherweise nicht nur ein Parameter, der verändert werden kann, auf die gewünschte Soll-Eigenschaft bzw. einen erfassten Ist-Wert der Soll-Eigenschaft einen Einfluss ausübt, sondern mehrere Parameter. Will man statistisch gesehen über eine Vielzahl von produzierten Produkten sicherstellen, dass möglichst wenig Produkte erzeugt werden, die hinsichtlich der Soll-Eigenschaft außerhalb gewünschter bzw. geforderter Grenzwerte liegen, ist es wesentlich, dass eine möglichst geringe Standardabweichung des Ist-Werts vom Soll-Wert der Soll-Eigenschaft erzielt wird. Weiterhin macht sich die Erfindung die Erkenntnis zunutze, dass die unterschiedlichen Parameter, die eine Beeinflussung des Soll-Werts der Soll-Eigenschaft bewirken, unterschiedliche Standardabweichungen der Ist-Werte der Soll-Eigenschaft zur Folge haben. Um daher den Fertigungsprozess der Produkte im oben erläuterten Sinne zu optimieren, sieht es die Erfindung vor, dass die Auswahl des wenigstens einen Prozessparameters zur Beeinflussung des Ist-Werts der Soll-Eigenschaft in Abhängigkeit eines statistischen Modells des wenigstens einen Prozessparameters erfolgt, dem der Einfluss des wenigstens einen Prozessparameters auf eine Standardabweichung des Ist-Wertes von dem Soll-Wert der wenigstens einen Soll-Eigenschaft zugrunde liegt, wobei der wenigstens eine Prozessparameter derart ausgewählt wird, dass eine möglichst geringe Standardabweichung der Ist-Werte von dem Soll-Wert der wenigstens einen Soll-Eigenschaft der Produkte erzielt wird.
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Vorteilhafte Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind in den Unteransprüchen aufgeführt.
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Ganz besonders bevorzugt ist ein Verfahren, bei dem das statistische Modell den Einfluss mehrerer Prozessparameter auf die wenigstens eine Soll-Eigenschaft berücksichtigt. Gemeint ist hierbei, dass gegebenenfalls durch gleichzeitige Anpassung mehrerer Prozessparameter, die jeweils einen Einfluss auf den Ist-Wert der Soll-Eigenschaft haben, eine nochmals bessere Optimierung der Ist-Werte der Soll-Eigenschaft erfolgt, als dies der Fall wäre, wenn lediglich ein einziger Prozessparameter berücksichtigt bzw. verändert werden würde.
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Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Beeinflussung bzw. Veränderung eines Prozessparameters oftmals nicht nur einen Einfluss auf die Veränderung einer ersten Soll-Eigenschaft hat, sondern auch einen Einfluss auf eine andere Soll-Eigenschaft ausübt. Kennt man den Einfluss der einzelnen Prozessparameter auf die einzelnen Soll-Eigenschaften, so kann das statistische Modell dazu benutzt werden, dass die einzelnen Prozessparameter derart gewählt bzw. optimieren werden, dass die hergestellten Produkte hinsichtlich der mehreren Soll-Eigenschaften eine möglichst geringe Standardabweichung aufweisen.
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Eine weitere vorteilhafte Ausgestaltung des soweit beschriebenen erfindungsgemäßen Verfahrens sieht vor, dass die Auswahl des wenigstens einen Prozessparameters in Abhängigkeit des Betriebspunkts der Vorrichtung erfolgt. Mit anderen Worten gesagt bedeutet dies, dass in Abhängigkeit des Betriebspunkts unterschiedliche Prozessparameter zur Regelung bzw. Optimierung des Verfahrens mit Blick auf die Soll-Eigenschaft verwendet werden können.
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Bei der Herstellung von pharmazeutischen Produkten, wie Kapseln, Dragees oder ähnlichem handelt es sich bei der Soll-Eigenschaft insbesondere um das Soll-Gewicht des Produkts. Durch das Soll-Gewicht des Produkts wird üblicherweise auch die Menge des in dem Produkt enthaltenen Wirkstoffs definiert bzw. sichergestellt.
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Wie bereits oben erläutert, umfasst das erfindungsgemäße Verfahren auch den Fall, dass mehrere Prozessparameter gleichzeitig variiert bzw. bestimmt werden. Diese mehreren Prozessparameter können dabei dazu dienen, entweder eine einzige Soll-Eigenschaft, beispielsweise das Soll-Gewicht des Produkts zu regeln, oder aber mehrere Soll-Eigenschaften gleichzeitig, beispielsweise das Soll-Gewicht und ein Soll-Volumen des Produkts.
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Zur Erstellung des statistischen Modells ist es vorgesehen, dass vor Inbetriebnahme der Anlage eine Reihe von Versuchen durchgeführt wird, bei denen der Einfluss der Variation des wenigstens einen Prozessparameters auf die wenigstens eine Soll-Eigenschaft und die Standardabweichung der SollWerte von dem Soll-Wert der Soll-Eigenschaft ermittelt wird.
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Das soweit beschriebene Verfahren eignet sich insbesondere zur kontinuierlichen Herstellung von Produkten, wie dem kontinuierlichen Herstellen von Tabletten oder ähnlichen pharmazeutischen Erzeugnissen. Durch den kontinuierlichen Produktionsprozess ist insbesondere sichergestellt, dass sich die Ist-Werte für die wenigstens eine Soll-Eigenschaft üblicherweise lediglich relativ langsam verändern, so dass die Regelung vereinfacht wird.
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Weiterhin umfasst die Erfindung auch eine Anlage zum Herstellen von pharmazeutischen Produkten wie Tabletten oder Kapseln, wobei die Anlage eine Steuereinrichtung aufweist, die nach einem soweit beschriebenen erfindungsgemäßen Verfahren wenigstens einen Prozessparameter auswählt und regelt.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele sowie anhand der Zeichnung.
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Diese zeigt in:
- 1 eine stark vereinfachte schematische Darstellung einer Anlage zum Herstellen von wenigstens einen Wirkstoff enthaltenden pharmazeutischen Produkten, wie Hartgelatinekapseln oder ähnlichem,
- 2 Diagramme zur Erläuterung des Einflusses der Veränderung verschiedener Parameter auf ein mittleres Gewicht der Produkte sowie die Standardabweichung von dem Gewicht und
- 3a bis 3e Darstellungen zur Erläuterung zur Vorgehensweise bei der Erstellung eines statistischen Modells und beim Betrieb einer Anlage unter Berücksichtigung des statistischen Modells.
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Gleiche Elemente bzw. Elemente mit gleicher Funktion sind in den Figuren mit den gleichen Bezugsziffern versehen.
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In der 1 ist stark vereinfacht eine Anlage 100 zum Herstellen von wenigstens einen Wirkstoff enthaltenden Produkten 1 in Form von Hartgelatinekapseln dargestellt. Die Anlage 100 umfasst beispielhaft drei jeweils einen separaten Antrieb 51 bis 53 aufweisende erste Zuführeinrichtungen 11 bis 13 zum Zuführen unterschiedlicher Hilfsstoffe, beispielsweise Füllmittel, Bindemittel, Sprengmittel, Lösungsverzögerer, Gleitmittel, Schmiermittel, Form- und Trennmittel, Antistatika o.ä. Darüber hinaus sind zwei zweite Zuführeinrichtungen 14, 15 vorgesehen, die ebenfalls jeweils einen eigenen Antrieb 54, 55 aufweisen, und die rein beispielhaft der Zuführung zweier unterschiedlicher Wirkstoffe dienen, die in den Produkten 1 in einer bestimmten Menge und/oder in einem bestimmten Mischungsverhältnis vorhanden sein sollen.
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Die Antriebe 51 bis 55 der Zuführeinrichtungen 11 bis 15 weisen variable Drehzahlen n11 bis n15 auf, sodass in Abhängigkeit der jeweiligen Drehzahl n11 bis n15 unterschiedliche Mengen von Hilfsstoffen bzw. Wirkstoffen dosiert werden. Die Ansteuerung der Antriebe 51 bis 55 der Zuführeinrichtungen 11 bis 15 und Regelung der Drehzahlen n11 bis n15erfolgt über eine Steuereinrichtung 10 der Anlage 100.
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Die von den Zuführeinrichtungen 11 bis 15 dosierten Hilfsstoffe bzw. Wirkstoffe werden mittels eines eine erste Einrichtung ausbildenden Mischers 16 miteinander vermischt. Das Vermischen der Hilfsstoffe bzw. Wirkstoffe schließt einen ersten Prozessschritt A bei der Herstellung der Produkte 1 ab. Von dem Mischer 16 gelangen die vermischten Hilfsstoffe bzw. Wirkstoffe über eine weitere Zuführeinrichtung 17 in den Bereich einer eine zweite Einrichtung darstellende Kapselfüllmaschine 20. Die weitere Zuführeinrichtung 17 weist ebenfalls einen drehzahlveränderbaren Antrieb 57 auf, dessen Drehzahl n17 ebenfalls über die Steuereinrichtung 10 beeinflussbar ist. Das Zuführen der Stoffe in den Bereich der Kapselfüllmaschine 20 stellt beispielhaft einen weiteren Prozessschritt B dar.
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Die Kapselfüllmaschine
20 ist zum Befüllen der im Einzelnen im Detail nicht dargestellten Hartgelatinekapseln mit den Hilfsstoffen bzw. Wirkstoffen ausgebildet und kann beispielhaft entsprechend der
DE 10 2014 2195 76 A1 der Anmelderin ausgebildet sein, die insofern Bestandteil dieser Anmeldung sein soll.
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Die Kapselfüllmaschine 20 weist einen Antrieb 21 auf, dessen Drehzahl n21 von der Steuereinrichtung 10 beeinflussbar ist. Innerhalb der Kapselfüllmaschine 20 ist das Füllgut 5 (bestehend aus den Hilfsstoffen und den Wirkstoffen) beispielhaft in einem topfförmigen Aufnahmebehältnis angeordnet, in das sogenannte Stopfstempel eintauchen, um das Füllgut 5 in am Bodenbereich des Aufnahmebehälters befindliche Unterteile der Hartgelatinekapseln einzudosieren. Dies erfolgt üblicherweise bei einem taktweisen Betrieb der Kapselfüllmaschine 20 während Stillstandsphasen in mehreren Schritten, beispielhaft an fünf Stopfstationen 31 bis 35, wobei jede der Stopfstationen 31 bis 35 eine variable Höheneinstellung h31 bis h35 aufweist, die ebenfalls von der Steuereinrichtung 10 beeinflussbar sind. Das Dossieren des Füllguts 5 an den Stopfstationen 31 bis 35 stellt beispielhaft einen weiteren Prozessschritt C dar.
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Nach dem Füllen der Hartgelatinekapseln mit dem Füllgut 5 und Verschließen mit einem Kapseloberteil können die Produkte 1 bzw. die Hartgelatinekapseln anschließend im Bereich einer Wiegestation 30 gewogen werden, wobei das Gewicht G der Produkte 1 der Steuereinrichtung 10 als Eingangsgröße zugeführt wird.
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Üblicherweise sollen die Produkte 1 eine bestimme Menge an Füllgut 5, das heißt ein bestimmtes Gewicht G aufweisen. In Kenntnis des Mischungsverhältnisses der einzelnen Hilfsstoffe und Wirkstoffe, welches aufgrund der bekannten Drehzahlen n11 bis n15 der Zuführeinrichtungen 11 bis 15 ermittelbar ist, kann dadurch auf eine gewünschte Soll-Eigenschaft E, im vorliegenden Fall das Gewicht G der Produkte 1, geschlossen werden.
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Neben dem Erfordernis, dass das Gewicht G der Produkte 1 stets innerhalb gewisser Toleranzgrenzen sein muss, ist es für die Qualität des Produktionsprozesses der Anlage 100 auch wichtig, dass die Abweichungen der Gewichte G der einzelnen Produkte 1 von dem Soll-Gewicht bzw. dem mittleren Gewicht der Produkte 1 möglichst gering ist. Diese Eigenschaft wird in der Statistik durch die Standardabweichung S berücksichtigt. Wesentlich dabei ist, dass das Gewicht G der Produkte 1 im Bereich der Anlage 100 an unterschiedlichen Stationen bzw. während der Durchführung der unterschiedlichen Prozessschritte A bis C durch unterschiedliche bzw. mehrere Prozessparameter beeinflussbar ist.
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In der 2 ist anhand von Messwerten und daraus gewonnener Kurvenverläufe beispielhaft dargestellt, wie die Standardabweichung S und das Gewicht G der Produkte 1 von verschiedenen Prozessparametern abhängen, wobei diese lediglich beispielhaft ausgewählt wurden und ggf. noch andere, nicht erwähnte Prozessparameter vorhanden sind. So ist an den einzelnen Schaubildern sowohl der Einfluss der Höhen h31 und h32 an den Stopfenstationen 31 und 32 als auch der Einfluss der Höhen h33, h34 und h35 der Stopfenstation 33 bis 35, der Einfluss der in der Kapselfüllmaschine 20 vorhandenen Prüferbetthöhe h und der Einfluss der Drehzahl n21 der Kapselfüllmaschine 20 auf die Standardabweichung S und das mittlere Gewicht G dargestellt. Insbesondere erkennt man auch, dass die Variation der Standardabweichung S sowie des mittleren Gewichts G entweder in einem linear fallenden oder steigenden, oder aber in einem nicht linearen Zusammenhang mit den einzelnen Prozessparametern stehen kann.
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In der 3a ist in allgemeiner Form der Fall dargestellt, bei dem die Soll-Eigenschaft E von durch die Anlage 100 erzeugten Produkten 1 beispielhaft anhand von vier Prozessparametern v1 bis v4 beeinflussbar ist. Wesentlich dabei ist auch, dass die Größe der Soll-Eigenschaft E der Anlage 100 neben den Prozessparametern v1 bis v4 auch von unbekannten Störgrößen SG sowie von Messungenauigkeiten MU beeinflusst wird.
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Vor Inbetriebnahme der Anlage 100 wird entsprechend der 3b und 3c anhand von durchgeführten Versuchen für jede der Prozessparameter v1 bis v4 deren Einfluss auf die Soll-Eigenschaft E anhand von Messwerten M ermittelt und daraus ein statistisches Modell 101 mit einem Kurvenverlauf KV erstellt, das in der Steuereinrichtung 10 abgespeichert wird, und das dazu dient, den Betrieb der Anlage 100 zu regeln. Bei der Durchführung der Versuche wird dabei jeweils eine der Prozessparameter v1 bis v4 verändert, während die anderen Prozessparameter v1 bis v4 unverändert bleiben.
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In der 3d ist der ideale Fall dargestellt, wie die Anlage 100 ohne Berücksichtigung der Störgrößen SG sowie der Messungenauigkeiten MU in einem Betriebspunkt BP arbeitet.
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Zuletzt ist in der 3e der reale Fall dargestellt, bei dem der Betrieb der Anlage 100 unter Berücksichtigung der Störgrößen SG sowie der Messungenauigkeiten MU in einem Betriebspunkt BPreal des Kurvenverlaufs KVreal von dem Betriebspunkt BP entsprechend der 3d abweicht. Um die Soll-Eigenschaft E entsprechend dem Modell 101 bzw. dem Kurvenverlauf KV einzuregeln, ist es erforderlich, die Prozessparameter v1 bis v4 entsprechend anzupassen. Dies erfolgt durch eine Beeinflussung einzelner oder mehrerer Prozessparameter v1 bis v4.
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Das soweit beschriebene Verfahren kann in vielfältiger Art und Weise abgewandelt bzw. modifiziert werden, ohne vom Erfindungsgedanken abzuweichen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 2369549 A1 [0002]
- DE 102014219576 A1 [0020]