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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Erstellen von Fertigungsdaten zur Fertigung einer orthopädietechnischen Einrichtung, die unter Anwendung der erstellten Fertigungsdaten in einem automatisierten Fertigungsverfahren herstellbar ist. Die Erfindung betrifft ebenso ein Computerprogramm hierzu.
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Die Erfindung betrifft außerdem ein Verfahren zur Fertigung einer orthopädietechnischen Einrichtung basierend auf den erstellten Fertigungsdaten.
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Orthopädietechnische Einrichtungen, wie beispielsweise Orthesen oder Prothesen oder Exoskelette, müssen präzise und genau an die vorherrschenden Bedingungen der gehandicapten Person entwickelt und angepasst werden. Hierfür sind auch heute noch eine Vielzahl von manuellen und von Hand auszuführenden Arbeitsschritten notwendig, um eine solche orthopädietechnische Einrichtung herzustellen.
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In der Praxis wird hierfür aus einer Formmasse zunächst ein Negativabdruck eines Körperteils erstellt, der anschließend ausgegossen wird, beispielsweise unter Anwendung von Gips. Dieses Körperteilmodell wird in der Regel durch einen Orthopädietechniker unter Kenntnis einer bekannten medizinischen Indikation oder einer gewünschten Unterstützungswirkung angepasst bzw. leicht verändert, damit die spätere orthopädietechnische Einrichtung, wie beispielsweise eine Orthese, ihren medizinischen Zweck oder ihre vorgesehene Unterstützungswirkung erfüllen kann. Das so an die medizinische Indikation angepasste Modell des betreffenden Körperteils wird dabei auch Zweckform genannt.
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Basierend auf der so hergestellten Zweckform wird nun die orthopädietechnische Einrichtung für die gehandicapte Person entwickelt und hergestellt, indem die orthopädietechnische Einrichtung mit ihrer Form, Geometrie und Abmessungen an die hergestellte Zweckform angepasst wird.
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Nachteilig hierbei ist, dass ein solcher Prozess zur Herstellung einer solchen orthopädietechnischen Einrichtung viele Wochen oder gar Monate benötigt, bis die orthopädietechnische Einrichtung der gehandicapten Person überreicht werden kann. Grund hierfür ist die Tatsache, dass an den gesamten Prozess mehrere unterschiedliche Personengruppen beteiligt sind, die jeweils unterschiedliche Aufgaben bei der Erstellung der orthopädietechnischen Einrichtung haben. Anpassungen, die im Laufe des Prozesses notwendig werden, benötigen somit viel Zeit, bis sich die betreffende Person bzw. Personengruppe der Aufgabe annehmen kann.
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Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein verbessertes Verfahren zur Fertigung einer orthopädietechnischen Einrichtung anzugeben, mit dem die herzustellende orthopädietechnische Einrichtung deutlich schneller und Kosten effizienter erstellt werden kann.
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Die Aufgabe wird mit dem Verfahren zum Erstellen von Fertigungsdaten gemäß Anspruch 1, mit dem Computerprogramm gemäß Anspruch 13 sowie dem Verfahren zur Fertigung einer orthopädietechnischen Einrichtung gemäß Anspruch 14 erfindungsgemäß gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung finden sich in den entsprechenden Unteransprüchen.
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Gemäß Anspruch 1 wird ein Verfahren zum Erstellen von Fertigungsdaten zur Fertigung einer orthopädietechnischen Einrichtung vorgeschlagen, wobei die orthopädietechnische Einrichtung unter Anwendung der erstellten Fertigungsdaten in einem automatisierten Fertigungsverfahren hergestellt werden soll. Die Fertigungsdaten dienen demzufolge als Grundlage zur Ansteuerung einer automatisierten Fertigungsanlage, die das automatisierte Fertigungsverfahren zur Herstellung der orthopädietechnischen Einrichtung ausführt. Solche Fertigungsdaten können beispielsweise Computermodelle sein, auf deren Basis Steuersignale zur Ansteuerung der automatisierten Fertigungsanlage zur Herstellung der orthopädietechnischen Einrichtung generiert werden. Die Fertigungsdaten können aber auch bereits solche Steuersignale enthalten oder aus solchen Steuersignalen bestehen. Beispielsweise können die Fertigungsdaten auch ein Computermodell sein, das dann in eine sogenannte Slicer-Software geladen wird, die das Modell zur Ansteuerung eines 3D-Druckers in einzelne Schichten aufteilt.
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Unter einem automatisierten Fertigungsverfahren unter Anwendung einer automatisierten Fertigungsanlage wird insbesondere ein Verfahren verstanden, bei dem die orthopädietechnische Einrichtung ohne Zwischenschaltung menschlicher Verstandestätigkeit und ohne manuellen Eingriff die orthopädietechnische Einrichtung herstellt. Ein solches automatisiertes Fertigungsverfahren kann beispielsweise ein additives oder generatives Fertigungsverfahren sein, wie beispielsweise ein 3D-Druckverfahren. Aber auch subtraktive Verfahren wie etwa CNC-Fräsen sind denkbar. Solche automatisierten Fertigungsverfahren können dabei auch unter dem Begriff „Rapid Manufacturing Prozess“ zusammengefasst werden.
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Eine orthopädietechnische Einrichtung im Sinne der vorliegenden Erfindung kann dabei, wie bereits oben kurz angedeutet, eine Orthese oder Prothese sein. Eine Orthese als orthopädietechnische Einrichtung kann dabei beispielsweise eine Fußorthese, Handorthese, Knieorthese, Rumpforthese oder Kopforthese sein. Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend zu verstehen.
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Auch Exoskelette, die außen an einem Körperteil oder dem gesamten Körper des Trägers angeordnet werden und vom Körper selbst nicht mehr durchzuführende Bewegungen und/oder Tätigkeiten ermöglichen sollen, sind orthopädietechnische Einrichtungen im Sinne dieser Erfindung. Dazu zählen auch Vorrichtungen, die es dem Träger erleichtern, kraftaufwendige, anstrengende oder ermüdende Tätigkeiten, beispielsweise Über-Kopfarbeiten, besser, leichter und länger auszuführen.
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Erfindungsgemäß wird nun vorgeschlagen, dass dem Verfahren zum Erstellen von Fertigungsdaten zunächst eine digitale Zweckform in einer Datenverarbeitungsanlage bereitgestellt wird, wobei die digitale Zweckform ein 3D-Körperteilmodell eines Körperteils beinhaltet, für das die orthopädietechnische Einrichtung bestimmt ist. Das Bereitstellen der digitalen Zweckform schließt dabei auch das Erstellen der Zweckform bzw. des 3D-Körperteilmodells mit ein. Das Erstellen der Zweckform kann dabei auch automatisiert durch die Datenverarbeitungsanlage erfolgen.
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Anschließend wird ein digitales Volumenmodell der zu fertigenden orthopädietechnischen Einrichtung basierend auf dem 3D-Körperteilmodell der bereitgestellten digitalen Zweckform mittels der Datenverarbeitungsanlage automatisch erstellt. Das digitale Volumenmodell wird dabei anhand der Form, Geometrie und den Abmessungen der in der Datenverarbeitungsanlage bereitgestellten digitalen Zweckform durch die Datenverarbeitungsanlage automatisch erstellt, sodass das digitale Volumenmodell in Art eines digitalen Zwillings der herzustellenden orthopädietechnischen Einrichtung entspricht.
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Das digitale Volumenmodell enthält dabei Modelldaten der herzustellenden orthopädietechnischen Einrichtung und wird dabei insbesondere ohne menschliche Verstandestätigkeit und vorzugsweise ohne manuelles Zutun durch die Datenverarbeitungsanlage berechnet. Die Grundlage der Berechnung stellt dabei die digitale Zweckform dar, an die das digitale Volumenmodell entsprechend zur Herstellung der orthopädie-technischen Einrichtung angepasst wird.
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Basierend auf dem so automatisch erstellten digitalen Volumenmodell werden nun die digitalen Fertigungsdaten mittels der Datenverarbeitungsanlage generiert, die dann die Grundlage zur Ansteuerung der Fertigungsanlage zur automatisierten Herstellung der orthopädietechnischen Einrichtung in einem automatisierten Fertigungsverfahren darstellen.
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Mit der vorliegenden Erfindung wird es somit möglich, eine orthopädietechnische Einrichtung, wie beispielsweise eine Orthese oder Prothese, schnell und effizient herzustellen, sodass eine solche orthopädietechnische Einrichtung nunmehr in wenigen Tagen an die gehandicapte Person ausgeliefert werden kann. Das Erstellen der Fertigungsdaten benötigt dabei bei einer bereitgestellten digitalen Zweckform nur wenige Minuten. Durch das Zusammenspiel des automatischen Erstellens eines digitalen Volumenmodells, dem Generieren der digitalen Fertigungsdaten basierend auf dem digitalen Volumenmodell und der Anwendung der erstellten Fertigungsdaten in einem automatisierten Fertigungsverfahren kann nahezu vollautomatisch eine orthopädietechnische Einrichtung physisch hergestellt werden, wodurch die Herstellungszeiten bzw. Prozesszeiten signifikant verringert werden.
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Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass zunächst ein digitales Oberflächenmodell der zu fertigenden orthopädietechnischen Einrichtung basierend auf dem 3D-Körperteilmodell der bereitgestellten digitalen Zweckform und einer auf dem 3D-Körperteilmodell vorgegebenen Randbegrenzung der orthopädietechnischen Einrichtung mittels der Datenverarbeitungsanlage automatisch erstellt wird. Die Randbegrenzungen können dabei auf dem 3D-Körperteilmodell bzw. auf der digitalen Zweckform vorgegeben sein bzw. vorgegeben werden. Denkbar ist aber auch, wie später noch gezeigt wird, dass die Randbegrenzungen auf dem 3D-Körperteilmodell automatisch durch die Datenverarbeitungsanlage erzeugt werden.
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Basierend auf dem so erstellten Oberflächenmodell, welches die Innenseite der herzustellenden orthopädietechnischen Einrichtung bildet, wird das digitale Volumenmodell unter Berücksichtigung einer vorgegebenen Materialstärke der zu fertigenden orthopädietechnischen Einrichtung mittels der Datenverarbeitungsanlage automatisch erstellt. Die Innenseite der orthopädietechnischen Einrichtung meint hierbei die Seite, die dem Körperteil der gehandicapten Person zugewandt ist. Zwischen der Innenseite der orthopädietechnischen Einrichtung und dem Körperteil können dabei noch weitere Zusatzelemente angeordnet sein, wie beispielsweise Polster oder Einlagen.
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Demzufolge ist es denkbar und auch vorteilhaft, wenn das Oberflächenmodell auch in Abhängigkeit von weiteren Zusatzelementen, die zwischen der orthopädietechnischen Einrichtung und dem Körperteil der gehandicapten Person angeordnet werden sollen, erstellt wird, sodass insbesondere in jenen Bereichen, in denen die Zusatzelemente vorgesehen sein sollen, das Oberflächenmodell entsprechend angepasst ist. So kann in dem Oberflächenmodell berücksichtigt werden, dass Polster oder Einlagen der orthopädietechnischen Einrichtungen an den vorgesehenen Stellen einen entsprechenden Platz finden, ohne dass die orthopädietechnische Einrichtung an diesen Stellen drückt.
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Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass die digitale Zweckform derart bereitgestellt wird, dass auf dem 3D-Körperteilmodell eine Mehrzahl von Markierungen vorgesehen sind, wobei mittels der Datenverarbeitungsanlage die Randbegrenzung der orthopädietechnischen Einrichtung in Abhängigkeit von den auf dem 3D-Körperteilmodell vorgesehenen Markierungen manuell oder automatisch generiert wird. Derartige Markierungen, wie sie auch auf realen Zweckformen eines Orthopädietechnikers zu finden sind, bilden spezielle Anhaltspunkte für die Abmessungen einer orthopädietechnischen Einrichtung, sodass auf deren Basis die Randbegrenzung der orthopädietechnischen Einrichtung insbesondere automatisch generiert werden kann. Dabei ist es selbstverständlich denkbar, dass die automatisch generierte Randbegrenzung von einem Techniker angepasst werden kann, um so speziellen Kundenwünschen Rechnung zu tragen.
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In diesem Zusammenhang ist es besonders vorteilhaft, wenn mittels der Datenverarbeitungsanlage eine Mehrzahl von anatomischen Merkmalen eines Körperteils basierend auf dem 3D-Körperteilmodell der bereitgestellten digitalen Zweckform automatisch erkannt werden und anschließend die Randbegrenzung in Abhängigkeit von den erkannten anatomischen Merkmalen generiert wird. Diese anatomisch erkannten Merkmale bilden somit die Markierungen, wie sie oftmals von einem Orthopädietechniker auf der Zweckform definiert werden. Hierdurch wird es möglich, ohne Zwischenschaltung weiterer manueller Prozessschritte beispielsweise basierend auf einem Scan eines Körperteils eine orthopädietechnische Einrichtung, wie beispielsweise eine Orthese, vollautomatisch herstellen zu können.
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Es wird somit insbesondere möglich, eine Prothese oder eine Orthese herzustellen, ohne ein reales Modell des betreffenden Körperteils anzufertigen und die Prothese oder Orthese für dieses reale Körperteilmodell anzufertigen.
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Wie bereits angesprochen, wird in einer Ausführungsform das Oberflächenmodell und/oder das Volumenmodell weiterhin unter Berücksichtigung wenigstens eines vorgegebenen Polsterbereiches, Bereiches variierender Wandstärke, Verstärkungsbereiches, Perforationsbereiches, Austulpungsbereiches, Gelenkbereiches und/oder eines Bereiches, der zur Integration weiterer Bauteile oder Halbzeuge vorgesehen ist, mittels der Datenverarbeitungsanlage erstellt. Hierdurch wird es möglich, nach der Herstellung der orthopädietechnischen Einrichtung unter Anwendung der erstellten Fertigungsdaten in einem automatisierten Fertigungsverfahren der orthopädietechnischen Einrichtung weitere Elemente hinzuzufügen oder eine orthopädietechnische Einrichtung herzustellen, die eben jene besonderen Merkmale aufweist.
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Dabei kann vorgesehen sein, dass einer oder mehrerer dieser zuvor genannten Bereiche manuell an dem 3D-Körperteilmodell der digitalen Zweckform vorgegeben werden. So ist es denkbar, dass mithilfe der Datenverarbeitungsanlage ein Techniker an dem auf einem Monitor dargestellten 3D-Körperteilmodell der digitalen Zweckform entsprechende Bereiche markiert, die dann bei der Erstellung des Oberflächenmodells und/oder des Volumenmodells als besondere Bereiche berücksichtigt werden. Denkbar ist aber auch, dass mithilfe der Datenverarbeitungsanlage ein Techniker an dem auf einem Monitor dargestellten Oberflächenmodell und/oder Volumenmodell entsprechende Bereiche markiert, die die besonderen Eigenschaften wie vorstehend beschrieben aufweisen sollen. Basierend hierauf kann dann gegebenenfalls das so angepasste Oberflächenmodell und/oder Volumenmodell erneut berechnet werden.
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Gemäß einer Ausführungsform kann alternativ oder zusätzlich auch vorgesehen sein, dass einer oder mehrerer der zuvor genannten Bereiche in Abhängigkeit von einer oder mehreren Markierungen automatisch vorgegeben wird und/oder in Abhängigkeit von durch die Datenverarbeitungsanlage basierend auf dem 3D-Körperteilmodell erkannten anatomischen Merkmalen automatisch vorgegeben wird. In diesem Fall ist die Datenverarbeitungsanlage so eingerichtet, dass sie anhand von entsprechenden Markierungen auf der digitalen Zweckform bzw. des 3D-Körperteilmodells und/oder erkannter anatomischer Merkmale die Bereiche automatisch erkennt und bei der Erstellung des Oberflächenmodells bzw. des Volumenmodells automatisch berücksichtigt.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform ist vorgesehen, dass das digitales Oberflächenmodell und/oder das digitale Volumenmodell der zu fertigenden orthopädietechnischen Einrichtung weiterhin unter Kenntnis eines vorgegebenen Grundmodells automatisch erstellt wird. Ein solches Grundmodell bezieht sich dabei auf Eigenschaften des betreffenden Körperteils der gehandicapten Person. So kann bei einer Orthese als orthopädietechnische Einrichtung beispielsweise als Grundmodell eine Fußorthese oder eine Handorthese unterschieden werden. Hierdurch kann das Erstellen des Volumenmodells verbessert werden. Die Vorgabe des Grundmodells kann dabei als Eingangsparameter in den Gesamtprozess am Anfang eingebracht werden.
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Denkbar ist aber auch, dass die zuvor genannten Bereiche in Abhängigkeit von einem zuvor ausgewählten Grundmodell der herzustellenden orthopädietechnischen Einrichtung definiert werden. Dabei wurden an dem Grundmodell entsprechende Bereiche markiert, die dann auf die Bereiche der Zweckform bzw. des 3D-Körperteilmodells übertragen werden.
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In einer weiteren Ausführungsform wird das vorgegebene bzw. vorzugebende Grundmodell in Abhängigkeit von dem 3D-Körperteilmodell automatisch aus einer Vielzahl von Grundmodellen, die der Datenverarbeitungsanlage in einem Datenspeicher bereitgestellt werden, durch die Datenverarbeitungsanlage ausgewählt. So ist die Datenverarbeitungsanlage bei dieser Ausführungsform dazu ausgebildet, basierend auf dem der Datenverarbeitungsanlage bereitgestellten 3D-Körperteilmodell der digitalen Zweckform die Form und Geometrie des Körperteilmodells zu analysieren und dabei zu erkennen, welches der Datenverarbeitungsanlage bereitgestellte Grundmodell einer orthopädietechnischen Einrichtung hinsichtlich seiner grundlegenden Form und Geometrie am besten zu der Vormundgeometrie des Körperteilmodells passt. Dieses Grundmodell wird dann für den weiteren Prozess ausgewählt und zur Grundlage der Erstellung der Fertigungsdaten gemacht.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform ist vorgesehen, dass ein digitales Oberflächenmodell und/oder das digitale Volumenmodell der zu fertigenden orthopädietechnischen Einrichtung weiterhin unter Kenntnis einer vorgegebenen medizinischen Indikation automatisch erstellt wird. So können unter Kenntnis der medizinischen Indikation der gehandicapten Person automatisch spezielle Bereiche in dem Oberflächenmodell und/oder Volumenmodell vorgegeben werden, in denen spezielle Zusatzelemente für die orthopädietechnische Einrichtung eingebracht werden, welche basierend auf der medizinischen Indikation notwendige Behandlungsmaßnahmen darstellen. Die für die orthopädietechnische Einrichtung notwendigen Zusatzelemente, die in den automatisch vorgegebenen Bereichen nach der Herstellung der orthopädie-technischen Einrichtung eingebracht werden sollen, bilden demzufolge die sich aus der medizinischen Indikation bedingten Maßnahmen. Die medizinische Indikation kann weiterhin als Grundlage genutzt werden um aus verschiedenen Grundmodellen das passende auszuwählen.
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Alternativ zu einer medizinischen Indikation kann auch eine gewünschte Unterstützungswirkung als Eingangsgröße dienen, etwa bei Orthesen oder Exoskeletten, die zur vorbeugenden Unterstützung vorgesehen sind.
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In einer weiteren Ausführungsform ist vorgesehen, dass die digitale Zweckform bereitgestellt wird, indem das betreffende Körperteil der gehandicapten Person mittels einer Scanvorrichtung gescannt und in Abhängigkeit davon dann das 3D-Körperteilmodell erzeugt wird.
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Die Aufgabe wird im Übrigen auch mit dem Computerprogramm gemäß Anspruch 13 zur Durchführung des vorstehend genannten Verfahrens zum Erstellen von Fertigungsdaten gelöst, wenn das Computerprogramm auf einer Datenverarbeitungsanlage ausgeführt wird. Das Computerprogramm kann dabei vorteilhafterweise auf einem Datenträger gespeichert sein.
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Die Aufgabe wird im Übrigen auch mit dem Verfahren zur Fertigung einer orthopädie-technischen Einrichtung gemäß Anspruch 14 erfindungsgemäß gelöst, wobei zunächst die Fertigungsdaten für die orthopädietechnische Einrichtung mit dem Verfahren wie vorstehend beschrieben erstellt werden. Anschließend werden diese Fertigungsdaten einer automatisierten Fertigungsanlage zugeführt, die eingerichtet ist, unter Anwendung der erstellten Fertigungsdaten in einem automatisierten Fertigungsverfahren die orthopädietechnische Einrichtung herzustellen. Eine solche Fertigungsanlage kann beispielsweise ein 3D-Drucker sein. Derartige Fertigungsanlagen sind beispielsweise unter dem Begriff der additiven bzw. generativen Fertigungsanlagen bekannt. Durch das Zuführen der Fertigungsdaten zu der automatisierten Fertigungsanlage wird dann die orthopädietechnische Einrichtung durch das automatisierte Fertigungsverfahren in Abhängigkeit von zugeführten Fertigungsdaten hergestellt.
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Die Erfindung wird anhand der beigefügten Figuren beispielhaft näher erläutert. Es zeigen:
- 1 schematische Darstellung des erfindungsgemäßen Verfahrensablaufes;
- 2 Darstellung eines 3D-Körperteilmodells einer Zweckform;
- 3 Darstellung von anatomischen und produktspezifischen Markierungen auf dem 3D-Körperteilmodell der Zweckform;
- 4 Darstellung von Randbegrenzungen auf dem 3D-Körperteilmodell der Zweckform ;
- 5 Darstellung von speziellen bzw. produktspezifischen Bereichen;
- 6 Darstellung der Möglichkeit manueller Modifikation;
- 7 Darstellung eines berechneten Volumenmodells.
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1 zeigt in einer schematischen Darstellung den erfindungsgemäßen Verfahrensablauf, der mit der Bereitstellung einen digitaler Zweckform 10 beginnt. Die digitale Zweckform weist dabei ein 3D-Körperteilmodell 20 auf, das eine 3-dimensionale Abbildung des betreffenden Körperteils der gehandicapten Person darstellt. Im Ausführungsbeispiel der 1 handelt es sich bei der digitalen Zweckform 10 um ein Fuß, für den eine Fußorthese angefertigt werden soll.
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Im Idealfall weist die digitale Zweckform bereits eine Form und Geometrie auf, mit der die medizinische Indikation der gehandicapten Person als Maßnahme behandelt werden soll. Die digitale Zweckform weist demzufolge eine Form und Geometrie auf, die dann zu einer entsprechenden Form und Geometrie der Orthese führt, mit der sich die medizinische Indikation der gehandicapten Person behandeln lässt und somit die geeignete Behandlungsmaßnahmen darstellt.
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Die digitale Zweckform 10 mit dem 3D-Körperteilmodell 20 wird nun einer Datenverarbeitungsanlage 30 bereitgestellt, die eine Recheneinheit 31 und einem Datenspeicher 32 hat. Recheneinheit und Datenspeicher können dabei auch Cloud-basierte Lösungen sein. In dem Datenspeicher 32 befinden sich unter anderem Grundmodelle möglicher Orthesen. Im ersten Schritt ist die Recheneinheit 31 im Ausführungsbeispiel der 1 nun so ausgebildet, dass sie basierend auf dem 3D-Körperteilmodell 20 der digitalen Zweckform 10 eine Analyse durchführt, um so das richtige Grundmodell einer möglichen Orthese aus dem 3D-Körperteilmodell 20 zu identifizieren. Wurde ein passendes Grundmodell einer Orthese gefunden, so wird dieses ausgewählt und dem weiteren Verfahren zugrunde gelegt.
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Die Recheneinheit 31 ermittelt nun automatisch ein digitales Volumenmodell der zu fertigenden Orthese, genauer der zu fertigenden Fußorthese 100, unter Kenntnis des ausgewählten Grundmodells, des 3D-Körperteilmodells 20 der digitalen Zweckform 10 sowie weiterer Randbedingungen, die später noch näher erläutert werden. Nach dem Erstellen des digitalen Volumenmodells, welches der herzustellenden Fußorthese 100 entspricht, werden entsprechende Fertigungsdaten 40 generiert, die dann an eine automatisierte Fertigungsanlage 50 übertragen werden. Bei den Fertigungsdaten 40 kann es sich im einfachsten Fall um das erstellte digitale Volumenmodell handeln, welches dann von der automatisierten Fertigungsanlage 50 zur Ansteuerung der Anlage analysiert wird, um die entsprechenden Steuersignale zur Ansteuerung der automatisierten Fertigungsanlage 50 zu erzeugen. Denkbar ist aber auch, dass die Fertigungsdaten 40 bereits jene Steuersignale enthalten, die zur Ansteuerung der automatisierten Fertigungsanlage 50 dienen. Letztlich hängt dies vom konkreten Anwendungsfall ab und der Art der automatisierten Fertigungsanlage 50 bzw. das von der Fertigungsanlage 50 ausgeführten automatisierten Fertigungsverfahren.
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Im Ausführungsbeispiel der 1 handelt es sich bei der automatisierten Fertigungsanlage 50 um eine 3D-Druckanlage, mit der in einem additiven oder generativen Fertigungsverfahren die Fußorthese 100 basierend auf dem digitalen Volumenmodell und den Fertigungsdaten 40 automatisch hergestellt werden kann.
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Die Datenverarbeitungsanlage 30 ist darüber hinaus eingerichtet, einen manuellen Eingriff durch einen Techniker 60 zu gewähren, um so die Möglichkeit zu schaffen, das Volumenmodell und somit die herzustellende Fußorthese manuell zu manipulieren. Hierdurch können Sonderwünsche berücksichtigt werden, die automatisiert nicht herstellbar sind.
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2 zeigt das 3D-Körperteilmodell 20 einer Zweckform 10, auf deren Basis eine Fußorthese hergestellt werden soll. Das 3D-Körperteilmodell 20 ist dabei ein digitales Computermodell, welches die Form und Geometrie eines eingescannten Körperteils, hier ein Fuß, einer gehandicapten Person approximiert. Dabei ist es denkbar, dass dieses digitale Computermodell 20 basierend auf einem Scan des betreffenden Körperteils generiert wurde. Denkbar ist allerdings auch, dass das digitale Computermodell 20 basierend auf einem Körperteilabdruck generiert wurde.
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Basierend auf der medizinischen Indikation der gehandicapten Person wurde dabei das 3D-Körperteilmodell so angepasst, dass die hierauf basierende Fußorthese die notwendige Behandlungsmaßnahme enthält.
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3 zeigt die Zweckform 10, an der eine Mehrzahl von Markierungen 11 und 12 vorgesehen sind. Basierend auf diesen Markierungen, die manuell oder automatisch an der Zweckform 10 im digitalen Computermodell angebracht werden können, wird, wie später noch gezeigt wird, das Volumenmodell erzeugt.
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Bei der ersten Art Markierungen 11 handelt es sich um anatomischen Merkmalen des betreffenden Körperteils, wie beispielsweise ein Knöchel oder Sprunggelenk. Anhand dieser anatomischen Merkmale, die in Form der Markierungen 11 an der digitalen Zweckform 10 angebracht sind, werden später entsprechende Bereiche generiert, denen eine besondere Aufgabe zukommt.
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Bei der zweiten Art Markierungen 12 kann es sich um produktspezifischen Merkmale handeln, an denen später beispielsweise Verstärkungsbereiche, Perforationsbereiche, Polsterbereiche oder Austulpungsbereiche an der Fußorthese vorgesehen sind.
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Sowohl das Erkennen der ersten Art Markierungen 11 als auch das Erkennen der zweiten Art Markierungen 12 kann dabei automatisch durch die Datenverarbeitungsanlage 30 erfolgen. Die anatomischen Merkmale für die erste Art Markierungen 11 lassen sich dabei aus einer Analyse des zugrunde liegenden Körperteils, dass sich aus dem 3D-Körperteilmodell 20 ableiten lässt, erkennen. Die produktspezifischen Merkmale für die zweite Art Markierungen 12 können dabei beispielsweise für jedes Grundmodell vorgegeben sein.
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Basierend auf den Markierungen 11 und/oder 12 wird nun die Randbegrenzung 13 der herzustellenden Fußorthese durch die Datenverarbeitungsanlage automatisch ermittelt und auf das 3D-Körperteilmodell der Zweckform 10 aufgelegt, so wie in 4 dargestellt. Die Randbegrenzung 13 stellt dabei einen äußeren Abschluss der herzustellenden Orthese bzw. einzelner Elemente der Orthese dar. Die Randbegrenzung 13 definiert somit den äußeren Abschluss der Orthese und definiert somit die grundlegende Geometrie, Form und Abmessung der herzustellenden orthopädietechnischen Einrichtung.
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Basierend auf der so definierten Randbegrenzung 13 wird nun ein digitales Oberflächenmodell 14 der herzustellenden Orthese 100 generiert, welches das 3D-Körperteilmodell 20 der Zweckform 10 in den Bereichen abdeckt, an denen die spätere Orthese an dem Körperteil befestigt werden soll. Das digitale Oberflächenmodell 14 stellt dabei die Innenseite der herzustellenden Orthese 100 dar und ist dabei insbesondere jene Seite der Orthese 100, die dem zu behandelnden Körperteil der gehandicapten Person zugewandt ist.
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Wie in 5 zu erkennen ist, werden nun spezielle Bereiche 15 bis 18 an der Zweckform 10 bzw. dem 3D-Körperteilmodell 20 vorzugsweise automatisch definiert, an denen später spezielle, produktspezifischen Merkmale 15 bis 18 der Orthese 100 eingearbeitet werden müssen. Diese speziellen, produktspezifischen Merkmale 15 bis 18 der späteren Orthese 100 werden basierend auf der ausgewählten Grundform der herzustellenden Orthese, der Randbegrenzung 13 sowie den definierten Markierungen 11 und 12 automatisch durch die Datenverarbeitungseinheit erkannt.
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Hieraus lässt sich ableiten, dass der Bereich 15 ein Knöchelbereich ist, in dem in der später herzustellenden Orthese ein Perforationsbereich eingearbeitet werden muss, um unangenehme Druckbelastungen auf den Knöchelbereich zu vermeiden. Der Bereich 16 bildet dabei einen Polsterbereich, in dem später ein Polster eingesetzt werden soll. Der Bereich 17, der sich aus der Form des 3D-Körperteilmodells ergibt und als Ferse erkannt wird, bildet später einen Versteifungsbereich, wo die Orthese eine dickere Wandstärke benötigt. Der Bereich 18 schließlich bildet einen Austulpungsbereich, wo die Orthese sich kragenförmig leicht öffnet.
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Mithilfe der Datenverarbeitungsanlage 30 besteht darüber hinaus, wie in 6 schematisch angedeutet ist, die Möglichkeit, manuell in die Form und Geometrie sowie die Abmessungen der herzustellenden Orthese einzugreifen. Durch Auswählen entsprechender Punkte der Randbegrenzung 13 lassen sich diese hinsichtlich ihrer Position auf der Zweckform 10 verschieben, sodass hierdurch das Aussehen, die Gestalt, die Form, die Geometrie und/oder die Abmessungen der Orthese manuell angepasst werden können.
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Basierend auf der Randbegrenzung 13 und dem daraus ermittelten digitalen Oberflächenmodell 14 wird nun unter Kenntnis einer vorgegebenen durchschnittlichen Materialstärke ein digitales Volumenmodell 19 erzeugt, wie es beispielhaft für eine Fußorthese in 7 gezeigt ist. Die Wandstärke kann dabei in Abhängigkeit der zuvor definierten Bereiche (siehe 5) entsprechend angepasst bzw. variieren, um den produktspezifischen Eigenschaften oder den durch die gewählte Fertigungsanlage gegebenen Randbedingungen Rechnung zu tragen.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- digitale Zweckform
- 11
- Markierungen anatomischer Merkmale
- 12
- Markierungen produktspezifischer Merkmale
- 13
- Randbegrenzung
- 14
- digitales Oberflächenmodell
- 15
- Perforationsbereich
- 16
- Polsterbereich
- 17
- Versteifungsbereich
- 18
- Austulpungsbereich
- 19
- digitales Volumenmodell
- 20
- 3D-Körperteilmodell
- 30
- Datenverarbeitungsanlage
- 31
- Recheneinheit
- 32
- Datenspeicher
- 40
- Fertigungsdaten
- 50
- automatische Fertigungsanlage
- 100
- orthopädietechnische Einrichtung/Orthese