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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Dentalschiene gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Die Erfindung betrifft ferner ein Verfahren zur Herstellung eines Dentalschienensystems, eine Anordnung zur Ausführung dieser Verfahren und eine entsprechende Dentalschiene selbst.
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Dentalschienen bzw. Dentalschienensysteme werden in der Kieferorthopädie dazu verwendet, Zahnfehlstellungen zu korrigieren. Das Gebiss wird hierbei von einer Ausgangsform in eine Zielform überführt, indem von der Dentalschiene Kräfte auf die Zähne ausgeübt werden. Die Richtung, in welcher die Kraft auf einen Zahn jeweils wirkt, hängt davon ab, in welche Richtung der Zahn bewegt werden muss, um seine Position in der Zielform des Gebisses einzunehmen.
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Es existieren verschiedene Arten von Dentalschienen, die anwendungsspezifisch zum Einsatz kommen. Verbreitet sind beispielsweise Exemplare, bei denen die Kraft durch einen elastischen Metalldrahtbügel aufgebracht wird und über Befestigungselemente, sogenannte Brackets, auf die Zähne übertragen wird. Diese Ausführungsform ist gemeinhin als klassische Zahnspange bekannt. Daneben existieren auch Varianten, die beispielsweise vom Erscheinungsbild her deutlich unauffälliger sind, was insbesondere bei Dentalschienen für Erwachsene im Hinblick auf die Alltagstauglichkeit oftmals gewünscht ist. Solche auch als Clear Aligner bezeichnete Dentalschienen sind in der Regel aus einem transparenten Kunststoff bzw. einer Kunststofffolie ausgebildet und umgreifen die Zähne derart, dass die Zähne in einen speziell geformten Aufnahmebereich der Schiene eingreifen. Der Aufnahmebereich ist dabei so gestaltet, dass er einer Zielform für das Gebiss entspricht. Es wird daher auf die Zähne des Gebisses in der Ausgangsform nach Anlegen der Schiene eine Kraft in Richtung der Zielform ausgeübt, welche das Gebiss letztlich insgesamt in die festgelegte Zielform zwingt. Derartige Kunststoffschienen werden üblicherweise an einem gefertigten Modell des Gebisses in der Zielform abgeformt und beispielsweise durch einen Tiefziehprozess erzeugt. Das Modell wird dabei üblicherweise von einem Zahntechniker hergestellt.
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Der Einsatz einer Dentalschiene zur Korrektur von Zahnfehlstellungen ist in der Regel für den Patienten mit einem Druckgefühl oder gar einem Druckschmerz im Kiefer verbunden. Es ist aus diesem Grund häufig nicht möglich, eine Dentalschiene unmittelbar angepasst auf die Zielform auszubilden und in das Gebiss des Patienten einzusetzen. Zum einen kann durch starke Zahnfehlstellungen, d.h. große Unterschiede zwischen Ausgangs- und Zielform des Gebisses, eine mangelnde Passform der Schiene bestehen, die zu einem erschwerten Einsatz der Schiene führt. Zum anderen wäre die Anwendung einer solchen Dentalschiene, d.h. mit stark von der Ausgangsform des Gebisses abweichender Form, mit unzumutbaren Schmerzen für den Patienten verbunden. In solchen Fällen ist es üblicherweise so, dass entweder eine Dentalschiene zum Einsatz kommt, die in ihrer Kraft nachjustierbar ist, oder eine stufenweise Behandlung mit mehreren Dentalschienen im Sinne eines Dentalschienensystems durchgeführt wird.
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Die letztgenannte Lösung kommt im Fall von Clear-Aligner-Schienen zum Einsatz, die aufgrund ihrer festen Form nicht nachjustierbar sind. Das Dentalschienensystem umfasst in diesem Fall insbesondere mehrere Dentalschienen, die sich in der Schichtdicke der Kunststofffolie, aus der sie hergestellt sind, unterscheiden.
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Hierbei besteht das Problem, dass eine zu geringe Zahl von einzelnen Dentalschienen jeweils mit erhöhten Beschwerden für den Patienten einhergeht. Die Schmerzen sind insbesondere unmittelbar nach dem Einsetzen einer neuen Schiene am größten, da hier der weiteste Unterschied zwischen der Ist-Form und der Soll-Form des Gebisses besteht. Aufgrund der Abformung der einzelnen Schienen von jeweils gefertigten Modellen ist die Herstellung einer großen Zahl von Dentalschienen für eine entsprechend große Zahl von Zwischenformen des Gebisses bis zur Zielform mit erheblichen Kosten verbunden. Es ist in der Praxis daher in alle Regel schwierig, einen aus Sicht sowohl des Kostenträgers als auch des Patienten geeigneten Kompromiss zu finden.
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Ferner reicht oft der Platz im Kiefer in seitlicher Richtung nicht aus, um alle vorhandenen Zähne in korrekter Weise nebeneinander anzuordnen. In diesem Fall ist hierdurch nicht nur der Fehlstand bedingt, sondern auch eine kieferorthopädische Behandlung erschwert. In der Regel besteht bei einem solchen Engstand der Zähne eines Patienten daher die Notwendigkeit, einzelne gesunde Zähne aus dem Kiefer zu entfernen, um Raum für die verbleibenden Zähne zu schaffen. Der Verlust an sich gesunder Zähne stellt eine weitere Belastung für den Patienten dar.
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Vor diesem Hintergrund ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, hier Abhilfe zu schaffen und eine Möglichkeit bereitzustellen, um eine kieferorthopädische Maßnahme insbesondere in Bezug auf Wirksamkeit und Dauer zu optimieren und dabei die Belastung für einen Patienten möglichst gering zu halten.
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Die vorgenannte Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Gegenstands von Anspruch 1 sowie durch ein Verfahren gemäß Anspruch 7 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche. Ferner umfasst die Erfindung auch eine Anordnung mit den Merkmalen gemäß Anspruch 8 sowie eine Dentalschiene gemäß Anspruch 9.
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Verfahrensgemäß wird die dreidimensionale Form des Gebisses eines Patienten in einem Ausgangszustand digital erfasst. Dies kann einen unmittelbaren dreidimensionalen Scan der Gebissanatomie umfassen, jedoch auch anhand einer tomographischen Aufnahme oder durch Scan eines abgeformten Modells des Gebisses erfolgen.
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Anhand der erfassten Daten zur Gebissform des Patienten wird durch eine digitale Datenverarbeitungseinrichtung ein virtuelles Modell des Gebisses erstellt. Das Modell bildet zunächst den Ausgangs- oder Ist-Zustand des Gebisses ab.
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Mittels der zur Erstellung des Modells verwendeten oder einer weiteren Datenerfassungseinrichtung wird daraufhin eine Formänderung des virtuellen Gebissmodells vorgenommen. Die Veränderung erfolgt derart, dass das veränderte virtuelle Gebissmodell einen Zielzustand des Gebisses abbildet, den es nach Anwendung einer Dentalschiene einnehmen soll oder zu dem hin sich das Gebiss verändern soll. Hierbei ist eine Besonderheit des erfindungsgemäßen Verfahrens, dass im virtuellen Modell eine Trennung eines Kiefers des Gebisses erfolgen kann. Die hierdurch separierten Kieferteile, insbesondere Kieferhälften, lassen sich daraufhin, vorzugsweise, im Modell vorzugsweise getrennt voneinander in ihrer Entwicklung simulieren und ferner auch in ihrer relativen Position zueinander verändern.
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Durch Einbeziehung und Veränderung der Lage der Kieferteile ergibt sich ein zusätzlicher Freiheitsgrad für die Einflussnahme auf die Gebissform. Durch eine nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Dentalschiene kann selbst bei Erwachsenen eine Formveränderung des Gebisses erreicht werden, welche die Neuanordnung der Zähne sowie eine Veränderung der Kieferanatomie umfasst. Dies ist mit herkömmlichen Dentalschienen in der Regel lediglich bei Kindern und Jugendlichen möglich, deren Anatomie sich infolge des Wachstums ohnehin noch verändert. Ferner kann das erfindungsgemäße Verfahren sowohl in Bezug auf den Oberkiefer eines Gebisses als auch zur Herstellung einer Dentalschiene für den Unterkiefer eingesetzt werden. Eine entsprechend weite Anpassung des Unterkiefers in der Praxis bisher nicht ohne weiteres möglich.
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Ist ein Zielzustand des Gebisses durch Veränderung des virtuellen Gebissmodells bestimmt, wird anhand des veränderten virtuellen Gebissmodells eine Dentalschiene erzeugt, deren Form komplementär zu dem veränderten virtuellen Gebissmodell, d.h. insbesondere zum Zielzustand des Gebisses, ist. Die Erzeugung der Dentalschiene kann unmittelbar erfolgen oder den Zwischenschritt der Herstellung eines physischen Gebissmodells umfassen, von welchem die Dentalschiene letztlich abgeformt werden kann.
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Die Herstellung des physischen Gebissmodells kann insbesondere mittels eines 3D-Druckverfahrens erfolgen. Alternativ oder zusätzlich kann auch ein spanendes Verfahren hierzu eingesetzt werden.
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Die Dentalschiene wird insbesondere in einem Tiefziehprozess vom physischen Gebissmodell abgeformt. Die Dentalschiene besteht bevorzugt aus einer Folie oder weist eine solche Folie auf. Eine besonders bevorzugte Ausführungsform einer folienbasierten Dentalschiene ist ein sogenannter Clear Aligner.
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Die Dicke der Folie einer erfindungsgemäßen hergestellten Dentalschiene beträgt im Mittel vorzugsweise zwischen 0,1 mm und 2 mm, bevorzugt zwischen 0,2 mm und 1,25 mm, besonders bevorzugt zwischen 0,3 mm und 0,75 mm. Die Dicke der Folie bestimmt sich letztlich aus einem Kompromiss zwischen der gewünschten oder erforderlichen Festigkeit der Schiene, d.h. ihrem Widerstand gegen Verformung, und einer geeigneten Anpassbarkeit an die tatsächliche Gebiss- bzw. Kiefergeometrie des Patienten. Auch diese Anforderungen können im Rahmen der Simulation bei der Veränderung des virtuellen Modells einbezogen werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren lässt sich insbesondere hinsichtlich einer optimalen Veränderung des virtuellen Gebissmodells unterstützen, indem nicht nur die geometrische Form, sondern auch auf das Gebiss wirkende Kräfte in das simulierte Modell einbezogen werden. Hierzu wird vorzugsweise nach der Veränderung des virtuellen Gebissmodells wenigstens ein Wert einer Kraft bestimmt wird, die von einer zu dem veränderten virtuellen Gebissmodell komplementären Dentalschiene auf das Gebiss im Ausgangszustand ausgeübt würde. Eine solche Kraft kann unmittelbar durch Herstellung einer entsprechenden Dentalschiene und Messung der nach dem Einsetzen tatsächlich auf das Gebiss des Patienten wirkenden Kräfte ermittelt werden. Bevorzugt ist jedoch eine Berechnung der auftretenden Kräfte durch eine Datenverarbeitungseinrichtung.
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Unter Umständen folgt nach der Einbeziehung eines oder mehrerer Kraftwerte eine weitere Veränderung des virtuellen Gebissmodells, um bestimmten Vorgaben besser zu entsprechen. Vorzugsweise wird dieser Ablauf inkrementell wiederholt, bis ein Sollwert für die von der Dentalschiene auf das Gebiss wirkende Kraft erreicht ist. Die daraufhin erstellte Dentalschiene wird somit vorzugsweise keine höhere Kraft als durch den Sollwert vorgegeben auf das Gebiss ausüben.
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Im Rahmen der Simulation, die die Erstellung des virtuellen Gebissmodells und dessen Veränderung umfasst, können auch weitere Parameter miteinbezogen werden. Die Parameter beziehen sich insbesondere auf die Gebissgeometrie und/oder auf auftretende Kräfte. Sie können sich jedoch auch auf weitere, insbesondere auch nicht-physikalische, Daten beziehen. Beispiele hierfür sind der subjektiv empfundene Schmerzeindruck des Patienten oder die Behandlungsdauer.
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Die weiteren Parameter können als Datensatz in einer Datenbank gespeichert sein. Die Datenbank enthält vorzugsweise Daten, die aus vergangenen Anwendungen des Verfahrens gewonnen wurden. Insbesondere empirisch gewonnene Zusammenhänge zwischen auf ein Gebiss wirkenden Kräften und der hieraus resultierenden Formänderung des Gebisses können als Datensätze in die Simulation einbezogen werden. Die Optimierung der Form der zu erstellenden Dentalschiene wird erleichtert, indem der Datensatz bzw. die in diesem enthaltenen Daten mit dem virtuellen Gebissmodell in Beziehung gesetzt wird. Es lassen sich so beispielsweise genauere Voraussagen über die Wirkung einer bestimmten Dentalschienenform auf das Gebiss im Ausgangszustand treffen. Durch Vergleich der tatsächlichen Gebissgeometrie des Einzelfalls mit empirischen Daten wird somit die Wirksamkeit der erfindungsgemäß hergestellten Dentalschiene weiter verbessert. Werden im Rahmen einer Anwendung des Verfahrens neu gewonnene Daten wiederum in der Datenbank hinterlegt, wächst die Präzision der Simulation der Auswirkung einer Dentalschiene auf ein konkretes Gebiss kontinuierlich.
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Nachfolgend wird auf einzelne Aspekte des erfindungsgemäßen Verfahrens sowie vorteilhafter Ausgestaltungen näher eingegangen.
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Gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren wird zur Herstellung einer optimierten Dentalschiene zunächst der Ist-Zustand bzw. Ausgangszustand eines Gebisses mit Zahnfehlstellungen ermittelt, wie es im kieferorthopädischen Bereich üblich ist. Eine Verwendung gewöhnlicher, d.h. nach bekannten Verfahren hergestellter, Dentalschienen zur Bewegung der Zähne führt üblicherweise zu den eingangs beschriebenen Nachteilen, da in der Regel nur eine unzureichend genaue Abschätzung der von einer Dentalschiene auf die Zähne ausgeübten Kräfte erfolgen kann. In der Folge leiden Patienten beispielsweise unter Druckschmerzen.
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Um die beschriebenen Nachteile zu vermeiden sieht das erfindungsgemäße Verfahren die an sich bekannte Erstellung eines digitalen Modells des Gebisses vor, anhand dessen die Form einer zu erstellenden Dentalschiene ermittelt wird. In bekannten Verfahren wird auf ähnliche Weise etwa die voraussichtliche Wirkung auf die Zahnstellung im Kiefer ermittelt. Im Unterschied hierzu verfolgt das erfindungsgemäße Verfahren einen ganzheitlichen Ansatz, der die Anatomie des Kiefers und deren geeignete Anpassung miteinbezieht. Das verfahrensgemäß erzeugte virtuelle Modell des Gebisses bildet somit nicht nur den Ist-Zustand oder einen Zustand mit veränderter Stellung der Zähne ab, sondern erlaubt eine virtuelle Trennung des Kiefers in mehrere Teile, insbesondere in zwei laterale Kieferhälften. Ferner können die Kieferhälften separat voneinander beurteilt und in ihrer weiteren Entwicklung infolge der Anwendung einer Dentalschiene simuliert werden. Darüber hinaus ist es durch das erfindungsgemäße Verfahren möglich, eine Relativbewegung der Kieferteile bzw. -hälften im Hinblick auf die Form der zu erstellenden Dentalschiene zu berücksichtigen.
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Die Bestimmung der Form einer Dentalschiene erfolgt erfindungsgemäß somit im Rahmen einer Simulation der gesamten Behandlung oder eines nachfolgenden Behandlungsschrittes. Insbesondere können durch die Erzeugung eines virtuellen Modells des Gebisses bzw. des Kiefers des Patienten verschiedene Dentalschienenformen virtuell ausprobiert werden bevor eine tatsächliche Dentalschiene erzeugt wird. Ein virtuelles Modell des Gebisses bzw. der Kieferanatomie erlaubt beispielsweise ein virtuelles Trennen des Kiefers und die Beurteilung der Kieferhälften und/oder Zahngruppen unabhängig voneinander. Letztlich werden nicht ausschließlich einzelne Zähne, sondern insbesondere Zahngruppen oder gesamte Kieferhälften bewegt. Durch die Simulation wird eine hochgenaue Beurteilung des Zusammenspiels der Dentalschiene mit den Kieferhälften bzw. mit dem Kiefer als solchem ermöglicht. Eine solche Präzision kann beispielsweise mit einem Gipsmodell nicht erreicht werden.
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Ist die Form einer Dentalschiene oder mehrerer Dentalschienen gefunden, so schließt sich vorzugsweise hieran die Erzeugung der entsprechenden Dentalschiene bzw. Dentalschienen an. Hierzu wird insbesondere anhand des virtuellen Gebissmodells ein physisches Modell des Gebisses in der gewünschten Form erzeugt. Ein solches dreidimensionales Gebissmodell kann daraufhin zur Abformung einer Dentalschiene dienen. Die Erzeugung einer Dentalschiene bzw. eines Modells kann insbesondere automatisch initiiert werden oder ablaufen. Zur schnellen und kostengünstigen Erzeugung insbesondere eines Gebissmodells eignet sich beispielsweise ein 3D-Drucker. Von dem so erzeugten Gebissmodell kann anschließend beispielsweise mittels eines üblichen Tiefziehverfahrens die optimierte Dentalschiene hergestellt werden.
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Im Ergebnis wird durch das erfindungsgemäße Verfahren eine Möglichkeit geschaffen, eine Dentalschiene zu erzeugen, die eine dahingehend optimierte Form aufweist, dass die Verwendung der Dentalschiene für den Patienten zum einen schmerzfrei oder zumindest nur mit einem geringen Druckempfinden verbunden ist. Zum anderen erlaubt die verfahrensgemäß optimierte Dentalschienenform, welche neben der Zahnstellung auch die Kieferform und eine eventuelle Änderung derselben berücksichtigt, oftmals einen Verzicht auf die Entfernung gesunder Zähne aus Platzgründen. Demgegenüber stellen bekannte Herstellungsverfahren für Dentalschienen selbst im Fall der Verwendung eines digitalen Modells üblicherweise lediglich auf die gewünschten Zahnpositionen ab. Dem Problem des oftmals fehlenden Raums für die korrekte Anordnung aller Zähne des Gebisses lässt sich durch eine gewöhnliche Dentalschiene von daher nicht begegnen. Entsprechendes gilt für verfahrensgemäß hergestellte Sets von Dentalschienen, die gemeinsam ein Dentalschienensystem bilden. Als weiter Vorteil kommt die Bestimmung einer Zielform des Gebisses bzw. der Form in verschiedenen Zwischenstufen ohne Werkzeugeinsatz, etwa in Form der Bearbeitung eines physischen Modells zur Abformung einer Dentalschiene, aus. Insbesondere entfällt das Aufsägen eines Modells des Gebisses im Ausgangszustand und die inkrementelle Bearbeitung der Modellform, beispielsweise durch Einsatz von Schrauben oder weiterer Mittel, die etwa ein Spreizen des Gebissmodells bewirken. Diese handwerklich Aufwendigen Schritte können virtuell erfolgen und ohne weiteres in das erfindungsgemäße Verfahren integriert werden. Durch die Simulation der Gebissveränderung im virtuellen Modell sind ferner weitere Möglichkeiten, insbesondere in Bezug auf die Positionsänderung des Kiefers unmittelbar gegeben. Die verfahrensgemäß geplante und hergestellte Dentalschiene weist daher gegenüber auf herkömmliche Weise hergestellten Schienen eine für die Anwendung deutlich verbesserte Form auf.
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Die Kraftausübung auf das Gebiss findet konkret also nicht nur an einzelnen Zähnen statt, sondern kann auch gerichtet auf Zahngruppen bzw. Zahnreihenabschnitte und/oder auf ganze Kieferhälften erfolgen. Als geeignet hat sich insbesondere eine Kraft von höchstens 363 mN, vorzugsweise höchstens 245 mN und bevorzugt höchstens 177 mN, herausgestellt, d.h. eine Kraft entsprechend einem Gewicht von höchstens 37 g, vorzugsweise höchstens 25 g und bevorzugt höchstens 18 g. Mit diesem Zielwert als Obergrenze wird in den meisten Fällen kein Schaden und kein oder zumindest kein unzumutbarer Schmerz durch die Anwendung der Dentalschiene verursacht.
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Das erfindungsgemäße Verfahren lässt sich dadurch unterstützen, dass die von einer Dentalschiene auf Zähne und Kiefer bzw. Kieferteile ausgeübte Kraft gemessen wird. Insbesondere lässt sich ein realer Wert für diese Kraft berücksichtigen, wenn die Wechselwirkung einer Dentalschiene mit dem Gebiss im anhand eines virtuellen Gebissmodells simuliert wird. Die reale Kraft lässt sich ferner mit Werten in Beziehung setzen, die im Rahmen der Simulation ermittelt werden. Eine Berücksichtigung von auftretenden Kräften zusätzlich zu einer rein geometrischen Betrachtung erlaubt präzisere Aussagen bezüglich einer optimierten Dentalschienenform.
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Durch die unmittelbare Messung der Kraft, die eine Dentalschiene einer bestimmten Form bei einem Gebiss auf die Zähne und Kiefer ausübt, lässt sich der Zusammenhang zwischen der Kraft und der Bewegung der Zähne infolge der Krafteinwirkung ermittelt. Die so gewonnenen Daten können daraufhin die Grundlage bilden, um eine Dentalschiene herzustellen, die in der auf das Gebiss ausgeübten Kraft optimiert ist. Die Optimierung erfolgt insbesondere im Hinblick auf eine möglichst hohe Wirksamkeit, ohne dass durch zu hohe Kräfte Beschwerden für den Patienten hervorgerufen werden, beispielsweise indem der Druck an den Zahnwurzeln einen kritischen Wert überschreitet.
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Die Herstellung der Dentalschiene kann auf Basis der ersten Dentalschiene erfolgen, indem beispielsweise die erste Dentalschiene nachgearbeitet, so dass sie die gewünschte, optimierte Form erhält. Das Nacharbeiten erfolgt insbesondere durch ein spanendes Verfahren, vorzugsweise Schleifen, Fräsen und/oder Schneiden. Es kann alternativ auch eine gänzliche Neuherstellung einer Dentalschiene erfolgen.
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Eine solche neu gefertigte Dentalschiene ist insbesondere durch Abformung an einem Modell oder ein sonstiges Tiefziehverfahren erhältlich.
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Typischerweise umfasst ein Dentalschienensystem im erfindungsgemäßen Sinne eine Mehrzahl von Dentalschienen. Eine übliche Anzahl sind beispielsweise drei Dentalschienen, die nacheinander in verschiedenen Behandlungsstufen eingesetzt werden. Das Dentalschienensystem kann jedoch gleichermaßen nur eine Dentalschiene umfassen, wenn der Einsatz einer einzelnen Schiene ausreichend ist, um eine Zielform des Gebisses zu erreichen.
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Die Form der wenigstens einen Dentalschiene des Dentalschienensystems wird insbesondere unter Berücksichtigung der Kraft festgelegt, die im angelegten Zustand, d.h. wenn die Dentalschiene in einem Gebiss in der vorgesehenen Weise platziert wurde, auf das Gebiss bzw. auf die Zähne wirkt. Die Kraft liegt hierbei stets unterhalb eines festgelegten Zielwertes. Der Zielwert ist dabei üblicherweise so festgelegt, dass es infolge der Krafteinwirkung auf die Zähne durch die Dentalschiene für den Patienten nicht zu übermäßigen Druckschmerzen oder einem unangenehmen Gefühl kommt. Hierbei ist üblicherweise im Einzelfall eine vom individuellen Schmerzempfinden des Patienten abhängige Wahl für den Zielwert, d.h. für die maximal ausgeübte Kraft, zu wählen.
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Die Form einer Dentalschiene schließt im Fall einer Folienschiene wie einem Clear Aligner insbesondere auch die Dicke der Folie mit ein. Die von einer folienbasierten Dentalschiene auf das Gebiss ausgeübte Kraft hängt letztlich wesentlich von der Schichtdicke der Kunststofffolie ab.
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Der Zielwert muss nicht über die gesamte Behandlungsdauer festgelegt bleiben, sondern kann auch schrittweise oder kontinuierlich angepasst werden. Insbesondere ist eine leichte Steigerung der Kraft mit fortschreitender Behandlung möglich, wenn ein Patient eine gewisse Toleranz gegenüber dem wahrgenommenen Druckgefühl entwickelt hat, oder die Bewegung von Zähnen des Gebisses eine Anpassung der Kraft notwendig macht.
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Ein konkreter Zielwert für die Kraft kann nicht allgemein angegeben werden, sondern muss jeweils im Einzelfall bestimmt bzw. festgelegt werden. Typischerweise liegen im Rahmen einer Behandlung von Zahnfehlstellungen auf das Gebiss ausgeübte Kräfte jedoch in der Größenordnung weniger Newton oder darunter. Dies schließt nicht aus, dass in Einzelfällen auch deutlich darüber oder darunter liegende Kräfte auftreten oder festgelegt werden können.
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Vorzugsweise liegt die von der Dentalschiene übertragende Kraft nur knapp unterhalb des festgelegten Zielwertes, so dass eine maximale Wirksamkeit der eingesetzten Dentalschiene gewährleistet ist. Durch eine entsprechende Wahl für die Form der Dentalschiene lässt sich das Dentalschienensystem in optimaler Weise ausgestalten. Bei einem gleichzeitig vertretbaren Maß an Beeinträchtigung für den Patienten lässt sich dank des erfindungsgemäßen Verfahrens die gewünschte Wirkung, d.h. das Erreichen einer Zielform für das behandelte Gebiss, unter Einsatz einer möglichst geringen Zahl einzelner Dentalschienen erzielen. Hierdurch werden Kosten in erheblichem Umfang eingespart. Ferner reduziert sich für den Patienten und/oder den behandelnden Zahnarzt oder Kieferorthopäden der zeitliche bzw. handwerkliche Aufwand, der mit dem Einsetzen und Anpassen der einzelnen Schienen verbunden ist.
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Besonders bevorzugt werden alle Dentalschienen des Dentalschienensystems in einem Zuge hergestellt bzw. als vollständiges Dentalschienensystem gemeinsam bereitgestellt. Einzelne Dentalschienen des Dentalschienensystems können in diesem Fall zu vorab festgelegten oder dynamisch zu bestimmenden Zeitpunkten gewechselt werden, ohne dass eine erneute Herstellung sowie An- und/oder Einpassung einer neuen Dentalschiene nötig ist.
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Im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens lässt sich die Bestimmung der Form einer nächsten Dentalschiene des Dentalschienensystems unterstützen, indem zunächst die Kraft gemessen wird, die von einer ersten bzw. der vorhergehenden Dentalschiene auf das Gebiss übertragen wird. Ausgehend von diesen Daten lässt sich nachfolgend die Form wenigstens einer weiteren Dentalschiene festlegen. Letztlich liegt ein wesentlicher Vorteil der Erfindung darin, die resultierenden Kräfte, die auf das Gebiss wirken, aufgrund des Verhältnisses aus der tatsächlichen Form des Gebisses und der durch eine Dentalschiene vorgegebenen Form anhand eines virtuellen Gebissmodells zu ermitteln bzw. zu simulieren und dabei sowohl die Zähne als auch den Kiefer als solchen zu berücksichtigen. Auf dieser Basis lassen sich Voraussagen für nachfolgende Behandlungsschritte mit weiteren Dentalschienen des Dentalschienensystems treffen. Durch eine entsprechende Optimierung der Form der einzelnen Dentalschienen lässt sich im Ergebnis die ideale Zahl von Schienen für das jeweilige Anwendungsszenario finden, um die Behandlung in möglichst effizienter und dabei für den Patienten schonender Weise durchführen zu können.
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Um konkrete Aussagen über die Kraft tätigen zu können, die von der Dentalschiene auf das Gebiss übertragen wird, empfiehlt es sich, die Kraft messtechnisch zu erfassen. Eine Kraftmessung erfolgt vorzugsweise an der Stelle, an der sie am Gebiss angreift, d.h. an wenigstens einem Zahn des Gebisses. In einer weiteren Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann die Kraftmessung ferner an einer Mehrzahl von Zähnen oder auch an allen Zähnen des Gebisses erfolgen. Letztlich ergibt sich durch eine solche Mehrpunkt-Kraftmessung ein detailliertes Bild der vorherrschenden Kräfte bei Anwendung der Dentalschiene. In vielen Fällen ist jedoch auch die Kraftmessung an nur einem Zahn ausreichend, beispielsweise wenn die Messung an einer Stelle erfolgt, die etwa durch eine extreme Zahnfehlstellung ausgewiesen ist.
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Zahnfehlstellungen äußern sich häufig in fehlerhaften Winkeln der Zähne zueinander und zum Kiefer. Dementsprechend greifen die Kräfte beim Einsatz einer Dentalschiene zur Zahnkorrektur häufig an den Seitenflächen der Zähne an. Es ist von daher bevorzugt, dass die wirkende Kraft an einer Seitenfläche des Zahns gemessen wird. Es versteht sich, dass die Messung der auf einen Zahn wirkenden Kraft an einer Stelle des Zahns nicht ausschließt, dass die Kraft auf den Zahn an mehreren Stellen des Zahns, insbesondere an verschiedenen Seitenflächen ermittelt wird. Auf diese Weise lässt sich neben einer präziseren Bestimmung des Betrags der Kraft auch die Richtung des Kraftvektors genauer bestimmen, so dass die Ermittlung der Form einer zu erzeugenden Dentalschiene auf Basis detaillierterer Daten erfolgen kann.
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Die Messung der Kraft geschieht insbesondere unter Verwendung eines oder mehrerer Kraftsensoren. Besonders geeignet sind in diesem Zusammenhang Kraftaufnehmer, die auf einem resistiven Prinzip beruhen. Alternativ oder zusätzlich können insbesondere Piezo-Kraftaufnehmer eingesetzt werden. Den beiden hier beispielhaft genannten Kraftaufnehmern liegen Funktionsprinzipien zugrunde, die es ermöglichen, die entsprechenden Kraftsensoren in ausreichend miniaturisierter Ausführung bereitzustellen, um im Gebissbereich eingesetzt zu werden.
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Vorzugsweise ist ein Kraftsensor im Rahmen des Verfahrens zwischen einer Dentalschiene und dem Gebiss bzw. einem Zahn angeordnet. Hierbei ist es letztlich unerheblich, ob in der Dentalschiene eine dem Zahn zugewandte Ausnehmung für den Kraftsensor vorgesehen ist oder der Kraftsensor schlichtweg zwischen die Dentalschiene und dem Zahn eingebracht wird.
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Die Größe des Kraftsensors ist bevorzugt an die Größe des Zahnes angepasst, an dem der Kraftsensor positioniert wird. Vorzugsweise deckt der Kraftsensor die ihm zugewandte Seite des Zahnes flächenmäßig im Wesentlichen ab. Somit ist sichergestellt, dass die gesamte von der Dentalschiene auf die untersuchte Fläche des Zahns ausgebübte Kraft erfasst wird. Ein Durchmesser des Kraftsensors zwischen 1 mm und 10 mm, vorzugsweise zwischen 2 mm und 8 mm, bevorzugt zwischen 3 mm und 5 mm, hat sich diesbezüglich als besonders geeignet herausgestellt. Im Fall eines Kraftsensors mit unregelmäßig geformter Sensorfläche beziehen sich die vorgenannten bevorzugten Werte auf die jeweils maximale laterale Ausdehnung. Die bevorzugte Dicke des Kraftsensors liegt bei weniger als 1 mm, weiter bevorzugt weniger als 0,5 mm, besonders bevorzugt weniger als 0,25 mm.
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Die vom Kraftsensor gelieferten Sensordaten werden insbesondere von einer Datenverarbeitungseinrichtung ausgelesen und/oder ausgewertet. Mittels der Datenverarbeitungseinrichtung lassen sich die gewonnenen Daten weiterverarbeiten und mit anderen Daten, insbesondere weiteren Sensordaten, vergleichen bzw. in Verbindung bringen. Bei der Datenverarbeitungseinrichtung kann es sich um einen stationären Computer handeln. Ergänzend oder anstelle dessen können auch tragbare Geräte, wie beispielsweise Tablet-Computer, Smartphones o.ä. zum Einsatz kommen. Im Rahmen der Erfindung ist unter einer Datenverarbeitungseinrichtung jedoch auch beispielsweise ein Messgerät zu verstehen, das insbesondere digitale Daten empfangen, aufzeichnen, verarbeiten und/oder speichern kann. Hierzu zählt z.B. ein digitales Speicheroszilloskop.
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Die Datenverarbeitungseinrichtung kann die empfangenen Sensordaten des Kraftsensors in Form eines Datensatzes oder mehrerer Datensätze in einer Datenbank speichern. Ferner kann ein solcher Datensatz auch aus den Sensordaten abgeleitete, berechnete und/oder anderweitig bestimmte Daten enthalten. Entsprechendes gilt für eine Mischung aus Sensordaten und aus den Sensordaten abgeleiteten Sekundärdaten innerhalb eines Datensatzes. Alternativ oder zusätzlich ist die Datenverarbeitungseinrichtung insbesondere in der Lage, Datensätze der zuvor erläuterten Art aus derselben und/oder einer anderen Datenbank auszulesen.
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Die Datenbank kann der Einfachheit halber in die Datenverarbeitungseinrichtung integriert sein, beispielsweise auf einer internen Festplatte angelegt sein, oder der Datenverarbeitungseinrichtung zugeordnet sein, insbesondere in räumlicher Nähe zur Datenverarbeitungseinrichtung vorgesehen sein. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, dass die Datenverarbeitungseinrichtung mit einer nicht lokal bereitgestellten Datenbank in Verbindung steht. In diesem Fall kann die Datenbank etwa auf einem räumlich entfernten Datenserver bereitgestellt werden, der mit der Datenverarbeitungseinrichtung über eine Datenleitung, insbesondere ein Netzwerk, verbunden ist. Dies schließt auch die Nutzung entsprechender Cloud-Dienste mit ein.
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Das Speichern von Sensordaten bzw. Sekundärdaten in einer Datenbank ermöglicht den Zugriff auf eine Vielzahl dieser Daten. Aktuell gemessene Daten können auf diese Weise leicht mit Daten vergangener Messungen sowie anhand der Daten errechneten Modelldaten in Beziehung gesetzt werden. Bevorzugt werden die gemessenen und/oder ermittelten Daten über längere Zeiträume statistisch erfasst. Ein vergleichsweiser großer Datenbankumfang gewährleistet eine ausreichend große Stichprobegröße, um anhand der ermittelten und gespeicherten Daten unter Berücksichtigung aktueller Messdaten Berechnungen zur Optimierung der Form einer Dentalschiene bzw. des Dentalschienensystems durchführen zu können.
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Das erfindungsgemäße Verfahren profitiert von der Einbeziehung empirischer, in einer Datenbank gespeicherter Daten. Diese Daten können insbesondere Messwerte bezüglich der Gebissgeometrie und/oder auftretender Kräfte umfassen. Eine Berücksichtigung weiterer, insbesondere subjektiver Parameter, etwa bezüglich der Behandlungsdauer oder des vom Patienten empfundenen Schmerzeindrucks, ist erfindungsgemäß jedoch nicht ausgeschlossen.
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Unter Einbeziehung der Sensordaten des Kraftsensors und/oder der in der Datenbank gespeicherten Datensätze kann somit von der Datenverarbeitungseinrichtung eine konkrete Form wenigstens einer Dentalschiene des Dentalschienensystems bestimmt werden. Die Form der Dentalschiene wird dabei insbesondere mit dem Ziel einer möglichst hohen Wirksamkeit der Behandlung, d.h. möglichst großer auf die Zähne bzw. das Gebiss wirkender Kräfte, bestimmt. Hierbei ist es erfindungsgemäß jedoch stets so, dass die maximale Kraft unterhalb eines allgemein oder für den Einzelfall festgelegten Zielwertes bleibt.
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Zur Bestimmung der idealen Dentalschienenform kann im Einzelfall auf bei der Anwendung einer anderen Dentalschiene gemessenen Kräfte zurückgegriffen werden, um konkret die tatsächliche Belastung des Kiefers mit der Kraft berücksichtigen zu können. Die während der Messung eingesetzte Dentalschiene korrespondiert insbesondere zu einer vorhergehenden Behandlungsstufe.
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Durch Einbeziehung zuvor erhobener Daten, die in den Datensätzen der Datenbank gespeichert sind, lassen sich ferner Voraussagen tätigen, inwiefern sich eine bestimmte Dentalschienenform zu einem bestimmten Behandlungszeitpunkt und/oder bei einer gegebenen Kiefer- bzw. Gebissgeometrie erwartungsgemäß auswirken wird. Die zuvor erhobenen Daten können insbesondere Daten anderer Patienten sein. Durch eine statistische Auswertung einer Vielzahl von Daten lassen sich mit guter Genauigkeit Mittelwerte und Wahrscheinlichkeiten für zu erwartende Behandlungsergebnisse angeben. Die Daten bzw. Datensätze können hierzu insbesondere Daten zur Gebissgeometrie eines Patienten, zur Anfangsform und/oder Zielform des Gebisses, zu angewendeten Kräften, zur Anzahl und Dauer von Behandlungsstufen, zur Form, Größe und/oder Materialbeschaffenheit der eingesetzten Dentalschienen, zum erreichten Behandlungsergebnis und/oder zum Schmerzempfinden des Patienten umfassen. Letztlich können die Datensätze erfindungsgemäße jede Art von Daten enthalten, die mit der Anwendung und Konstruktion von Dentalschienen zur Korrektur von Zahnfehlstellungen in Verbindung stehen. Die vorgenannte Liste ist von daher nicht abschließend zu verstehen.
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Die mittels des Kraftsensors gemessene Kraft sowie die Datensätze der Datenbank bilden jeweils für sich oder in Kombination die Grundlage, um eine Zwischenform oder mehrere Zwischenformen des Gebisses zwischen dessen Anfangsform und der angestrebten Zielform festzulegen. Jede Zwischenform korrespondiert hierbei in der Regel mit einer bestimmten Dentalschiene des Dentalschienensystems. Die Anzahl der nach dem erfindungsgemäßen Verfahren gefundenen Zwischenformen ist somit gleichzeitig die Anzahl der Behandlungsstufen und die Anzahl der Dentalschienen, die hierzu nötig sind. Diese Anzahl möglichst gering zu halten, jedoch gleichzeitig die Nachteile für den Patienten, d.h. insbesondere die mit der Behandlung verbundenen Schmerzen, in einem zumutbaren Rahmen zu halten, ist ein wesentliches Ergebnis, dass durch das erfindungsgemäße Verfahren erreicht wird.
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Eine Klassifikation der Datensätze in Bezug auf bestimmte Parametergruppen ermöglicht die Erstellung bzw. Bereitstellung von Profilen. Vorhersagen über einen zu erwartenden Behandlungsverlauf, auftretende Kräfte, benötigte Formen der Dentalschienen oder dergleichen können durch Anwendung des jeweils entsprechenden Profils auf einen konkreten Anwendungsfall auf einfache Weise getroffen werden. Die Parameter, bezüglich derer Gruppen erstellt und/oder Profile angelegt werden, umfassen u.a. Gebissformen, die Anzahl und Dauer von Behandlungsschritten, die Form und Beschaffenheit von Dentalschienen, auf das Gebiss ausgeübte Kräfte, weitere anatomische Daten und Besonderheiten von Patienten und/oder das Eintreten und die Dauerhaftigkeit eines Behandlungserfolgs.
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Um sicherzustellen, dass eine Dentalschiene des Dentalschienensystems, das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt ist, eine Kraft auf die Zähne eines Patienten ausübt, die insgesamt unterhalb eines festgelegten Zielwertes liegt, muss gewährleistet sein, dass die real gemessenen Kräfte jeweils die maximal auftretenden sind. Andernfalls würde die Ermittlung einer Form für eine Dentalschiene für einen weiteren Behandlungsschritt fehllaufen. Auch wenn die theoretisch ermittelten Kräfte für eine bestimmte Dentalschienenform einen Zielwert nicht überschritten, lägen die tatsächlich wirkenden Kräfte für die behandelnde Person in diesem Fall unbemerkt darüber und verursachten dem Patienten gegebenenfalls Schmerzen. Ein Maximalwert für die von der Dentalschiene auf das Gebiss übertragende Kraft lässt sich insbesondere durch Veränderung der Lage einer ersten Dentalschiene an dem Gebiss ermitteln. Ist durch eine entsprechende Lageveränderung ein Maximalwert für die Kraft gefunden, die von dieser ersten Dentalschiene ausgeht, lässt sich auf dieser Grundlage mit hoher Genauigkeit eine geeignete Form einer weiteren Dentalschiene des Dentalschienensystems ermitteln.
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Die erste Dentalschiene muss in diesem Zusammenhang nicht diejenige Dentalschiene sein, die mit einer ersten Behandlungsstufe korrespondiert. Der Begriff wird vorliegend zur Abgrenzung von einer nachfolgenden zweiten Dentalschiene verwendet, deren Form anhand der Messung an der vorhergehenden ersten Dentalschiene bestimmt wird. Grundsätzlich kann jede Dentalschiene des Dentalschienensystems eine solche erste Dentalschiene sein. Es ist erfindungsgemäß ferner nicht notwendig, dass die Veränderung der Lage der ersten Dentalschiene tatsächlich am Gebiss des Patienten vorgenommen wird, um einen Maximalwert für die Kraft zu bestimmen. Die entsprechende Untersuchung kann auch an einem dreidimensionalen Modell des Gebisses vorgenommen werden und/oder virtuell in Rahmen einer Simulation, insbesondere an einem virtuellen Modell des Gebisses bzw. des Kiefers des Patienten, erfolgen.
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Ist ein Maximalwert für die Kraft der Dentalschiene auf das Gebiss gefunden, wird dieser insbesondere mit einem Zielwert verglichen. Dieser Zielwert kann die Obergrenze für die auf die Zähne des Patienten ausgeübte Kraft darstellen. Liegt der gefundene Maximalwert für die Kraft oberhalb dieses Zielwerts, sind eventuelle Korrekturen bzw. weitergehende Optimierungen in Bezug auf die zu ermittelnde Form der Dentalschiene notwendig, um die maximal wirkende Kraft zu verringern bis sie unterhalb des Zielwerts liegt. Entsprechendes gilt, wenn die maximale Kraft übermäßig weit unterhalb des Zielwertes liegt. Im Hinblick auf eine möglichst hohe Wirksamkeit einer eingesetzten Dentalschiene ist deren Form vorzugsweise derart festzulegen, dass die maximal ausgeübte Kraft knapp unterhalb des Zielwertes liegt.
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Das Ziel einer optimalen Behandlung von Zahlfehlstellungen mit einem Dentalschienensystem wird mit dem erfindungsgemäßen Verfahren vorzugsweise so erreicht, dass die minimale Zahl von Dentalschienen ermittelt wird, die notwendig ist, um das Gebiss eines Patienten von einer Ausgangsform in eine Zielform zu überführen, ohne dass die von jeder der Dentalschienen auf das Gebiss ausgeübte Kraft den festgelegten Zielwert überschreitet. Diesbezüglich wirkt sich die verfahrensgemäß vorgesehene virtuelle Trennung des Kiefers vorteilhaft aus, da hierdurch letztlich ein weiterer Freiheitsgrad zur Anpassung der Dentalschienenform eröffnet wird. Die letztgenannte Bedingung gilt insbesondere zu jedem Zeitpunkt der Behandlung mit einem nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Dentalschienensystem. Es versteht sich, dass die von einer bestimmten Dentalschiene auf das Gebiss ausgeübte Kraft jeweils im entsprechenden Behandlungsschritt zu bewerten ist. Jede Dentalschiene des Dentalschienensystems wird letztlich mit dem Ziel eingesetzt, das Gebiss von der Ausgangsform in eine bestimmte Zwischenform oder von einer Zwischenform in die nächste Zwischenform zu überführen, wobei am Ende dieser Reihe die Zielform erreicht wird. Maßgeblich sind hierbei die Kräfte, die eine zu einer bestimmten Ziel- oder Zwischenform korrespondierende Dentalschiene auf das Gebiss in der jeweils vorhergehenden Ausgangs- oder Zwischenform ausübt.
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Die Kraftmessung kann mit einer speziellen Dentalschiene erfolgen. Der Dentalschiene ist hierbei ein Kraftsensor zugeordnet, mittels dessen sich die von der Dentalschiene auf ein Gebiss ausgeübten Kräfte messen lassen.
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Üblicherweise weist eine Dentalschiene einen Aufnahmebereich für Zähne des Gebisses auf, in das sie eingesetzt werden soll. Vorzugsweise ist der Kraftsensor einem solchen Aufnahmebereich der Dentalschiene zugeordnet bzw. in diesem Aufnahmebereich angeordnet. Der Kraftsensor kann dort zur unmittelbaren Anlage an die Zähne vorgesehen sein und/oder derart positioniert werden, dass eine Kraftmessung an der idealen Stelle erfolgt, um die gewonnenen Daten zur Weiterverarbeitung nutzen zu können. An einer solchen Stelle ist der Betrag der Kraft üblicherweise maximal und der Richtungsvektor der Kraft weist vorzugsweise senkrecht auf die jeweilige Zahnoberfläche.
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Eine besonders geeignete Stelle zur Messung der Kraft ist üblicherweise an der Seitenfläche eines Zahns. Dementsprechend ist der Kraftsensor vorzugsweise derart an bzw. in der Dentalschiene angeordnet, dass er im Tragezustand, d.h. wenn die Dentalschiene in das Gebiss eingesetzt ist, an der Seitenfläche wenigstens eines Zahns angeordnet ist. Es versteht sich, dass grundsätzlich auch mehrere Kraftsensoren einem oder mehreren Zähnen zugeordnet sein können. Die Anordnung mehrerer Kraftsensoren erfolgt vorzugsweise jeweils in der zuvor erläuterten Art und Weise.
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Die Messung der maximalen Kraft, die auf einen Zahn ausgeübt wird, wird dadurch erleichtert bzw. gewährleistet, dass die Größe des Kraftsensors an die Größe des entsprechenden Zahns angepasst ist. Diesbezüglich ist ein Kraftsensor bevorzugt, dessen Größe flächenmäßig im Wesentlichen der Fläche des Zahns, insbesondere einer Seitenfläche des Zahns, entspricht. Hierdurch wird letztlich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der Angriffspunkt der Kraft innerhalb der vom Kraftsensor abgedeckten Fläche liegt und somit vom Kraftsensor auch erfasst wird.
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Die Dentalschiene kann eine Ausnahme für einen Kraftsensor aufweisen. Zur Anwendung wird der Kraftsensor dann in die Ausnahme eingesetzt und die Dentalschiene in das Gebiss eines Patienten eingebracht. Alternativ kann der Kraftsensor auch nach Einsetzen der Dentalschiene in die Ausnahme eingebracht bzw. eingeschoben werden. Eine solche Ausgestaltung der Dentalschiene ist erfindungsgemäß jedoch nicht zwingend notwendig.
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Eine weitere Ausgestaltung der Dentalschiene sieht ferner vor, dass der Kraftsensor in die Dentalschiene integriert ist und/oder mit der Dentalschiene untrennbar verbunden ist. Durch ein Einbetten des Kraftsensors in das Material der Dentalschiene bzw. durch eine untrennbare Verbindung zwischen Kraftsensor und Dentalschiene lässt sich die Handhabung bei der Messung der Kraft erheblich vereinfachen. In diesem Fall ist es ausreichend, dass die Dentalschiene schlichtweg in das Gebiss eines Patienten eingesetzt wird. Es kann daraufhin unmittelbar mit der Messung der Kraft begonnen werden, da ein gesondertes Einsetzen und Positionieren des Kraftsensors und dessen Fixierung an der gewählten Stelle entfällt.
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Die Erfindung schließt letztlich auch das entsprechende Verfahren zur Messung einer von einer Dentalschiene auf ein Gebiss ausgeübten Kraft ein, um das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung einer Dentalschiene zu unterstützen. Durch das erfindungsgemäße Messverfahren kann eine bisher nicht ohne weiteres mögliche quantitative Bestimmung der an den Zähnen wirkenden Kräfte sowie der hiermit in Verbindung stehenden Bewegungswege in Abhängigkeit von der Beschaffenheit einer Dentalschiene erfolgen. Im Fall von Clear-Aligner-Schienen ist hierbei insbesondere die Abhängigkeit von der Schienen-Schichtdicke bzw. der Foliendicke von Interesse.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert. Dabei sind alle beschriebenen und/oder bildlich dargestellten Merkmale jeweils für sich als zur Erfindung gehörend anzusehen, unabhängig von ihrer Kombination in den Beispielen oder in den Ansprüchen.
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Es zeigt
- 1 eine perspektivische schematische Darstellung einer typischen Anwendungssituation während der Messung der von einer Dentalschiene auf ein Gebiss ausgeübten Kraft,
- 2 eine schematische Darstellung einer beispielhaften Anordnung zur Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens,
- 3 eine perspektivische schematische Darstellung eines Gebisses vor der Anwendung einer Dentalschiene,
- 4 eine perspektivische schematische Darstellung eines virtuellen Modells des Gebisses von 3 und
- 5 eine der 3 entsprechende Darstellung des Gebisses von 3 nach Anwendung einer nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Dentalschiene.
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In 1 ist schematisch eine typische Situation dargestellt, in der zur Unterstützung des erfindungsgemäßen Verfahrens eine Kraft ermittelt wird, die auf ein Gebiss 1, konkret auf Zähne 2 des Gebisses 1, eines Patienten ausgeübt wird. Dargestellt ist ein Abschnitt eines Kiefers 3, vorliegend des Unterkiefers. Zur Korrektur von Fehlstellungen der Zähne 2 ist eine Dentalschiene 4 auf die Zahnreihe aufgesetzt.
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Die Dentalschiene 4 entspricht von ihrer Form her einer Ziel- oder Zwischenform für das Gebiss 1. Das Gebiss 1 wird mittels der Dentalschiene 4 von einer Ausgangsform in diese Ziel- bzw. Zwischenform überführt, indem Kräfte auf die Zähne 2 wirken, wenn die Dentalschiene in das Gebiss 1 eingesetzt ist. Mit dem Ziel, die Form der Dentalschiene 4 bzw. einer weiteren Dentalschiene 4 dahingehend zu optimieren, dass die von der Dentalschiene 4 auf das Gebiss 1 übertragende Kraft im angelegten Zustand stets unterhalb eines festgelegten Zielwertes liegt, wird im vorliegend dargestellten Beispiel der tatsächliche Wert dieser Kraft für die aktuell eingesetzte Dentalschiene 4 ermittelt.
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Die Kraft der Dentalschiene 4 auf die Zähne 2 wird unmittelbar gemessen. Hierzu ist ein Kraftsensor 5 vorgesehen, der zwischen der Dentalschiene 4 und einem Zahn 2 des Gebisses 1 angeordnet ist.
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Der Kraftsensor 5 ist im Beispiel der 1 an einem Eckzahn 2 angeordnet. Es versteht sich, dass die Kraft auch an einem anderen Zahn 2 oder an mehreren Zähnen 2 gemessen werden kann. Dies kann insbesondere mit unterschiedlichen Kraftsensoren 5 in Bezug auf die Größe, Form und/oder Funktionsweise erfolgen.
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Vorliegend kommt ein Kraftsensor zum Einsatz, der auf einem resistiven Prinzip beruht. Hierbei führt eine auf die Sensorfläche des Kraftsensors 5 wirkende Kraft zu einer messbaren Veränderung des inneren elektrischen Widerstands. Ein als resistiver Kraftaufnehmer ausgebildeter Kraftsensor 5 besitzt den Vorteil, dass er zum einen in geringer Flächengröße und zum anderen mit einer äußerst kleinen Dicke konstruiert werden kann. Insbesondere die letztere Eigenschaft ist von Vorteil, wenn der Kraftsensor 5 zwischen eine Dentalschiene 4 und die Zähne 2 eines Gebisses 1 eingebracht werden soll. Über ähnliche Eigenschaften verfügt ein Kraftsensor 5, der auf einem piezoelektrischen Prinzip beruht. Bei einem solchen führt eine Verformung eines sogenannten Piezo-Kristalls infolge einer äußeren Krafteinwirkung zu einem Potentialunterschied an den Kristallenden, der als elektrische Spannung messbar ist. Wenngleich die beiden vorgenannten Ausführungsformen für das Funktionsprinzip des Kraftsensors 5 bevorzugt sind, versteht es sich, dass die Kraftmessung erfindungsgemäß mit einem beliebigen Kraftsensor 5 durchgeführt werden kann.
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Zur Messung auf den Kraftsensor 5 wirkenden Kraft von der Dentalschiene 4 wird der Kraftsensor 5 über eine Messleitung 6 ausgelesen. Zur Veranschaulichung ist die Messleitung 6 in 1 durch ein angedeutetes Kabel dargestellt. Als Messleitung 6 kann erfindungsgemäß jedoch auch eine drahtlose Verbindung mit dem Kraftsensor 5 dienen. Letztlich stellt die Messleitung 6 allgemein einen Auslesekanal für vom Kraftsensor 5 gelieferte Messdaten dar.
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Im vorliegenden Beispiel wird die Kraft an einer Seitenfläche eines Zahns 2 gemessen. Die Möglichkeit, die auf die Zähne 2 einwirkende Kraft an einer anderen Fläche des Zahns 2 oder an mehreren Flächen zu messen, ist im Einzelnen nicht bildlich dargestellt, jedoch erfindungsgemäß möglich.
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Der Kraftsensor 5 ist derart bemessen, dass er flächenmäßig die ihm zugewandte Seite des Zahns 2 nahezu vollständig bedeckt. Der tatsächliche Angriffspunkt der Kraft am Zahn 2, d.h. der Ort, an dem die Kraft maximal ist, wird somit mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Kraftsensor 5 erfasst.
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In 2 ist beispielhaft eine Anordnung gezeigt, mittels derer das erfindungsgemäße Verfahren durchgeführt werden kann, einschließlich einer unterstützenden Kraftmessung. Zur unterstützenden Kraftmessung wird in der bereits aus 1 bekannten Weise an einem Gebiss 1 mit eingesetzter Dentalschiene 4 die Kraft gemessen, die von der Dentalschiene 4 auf die Zähne 2 ausgeübt wird. Dies erfolgt in der zuvor beschriebenen Weise mittels eines Kraftsensors 5, der über eine Messleitung 6 von einer Mess- und Auswertungseinrichtung 7 ausgelesen wird.
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Zentraler Bestandteil der Mess- und Auswertungseinrichtung 7 ist eine Datenverarbeitungseinrichtung 8, die, vorzugsweise, mittels einer Datenleitung 9 mit einer Messeinrichtung 10 verbunden ist. Die Datenverarbeitungseinrichtung 8 dient jedoch insbesondere dazu, im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens eine Simulation der Behandlung zur Optimierung der Form der Dentalschiene 4 auszuführen. Ausgehend von einem beispielsweise mittels eines Abdrucks erstellten digitalen Modell 16 des Gebisses 1 wird im Rahmen der von der Datenverarbeitungseinrichtung 8 ausgeführten Simulation eine optimale Form einer Dentalschiene 4 ermittelt. wie eine Dentalschiene 4 zur optimalen Beeinflussung der Gebissanatomie geformt sein muss. Hierzu wird durch eine Trennung des Kiefers 3 des virtuellen Gebissmodells 16 in mehrere Kieferteile 17, insbesondere in zwei Kieferhälften, vorgenommen. Infolgedessen lässt sich die relative Anordnung der Kieferteile 17 im virtuellen Modell 16 verändern. Die Simulation der Wirkung einer bestimmten Ausgestaltung einer zu erstellenden Dentalschiene 4 kann so unter verschiedenen Bedingungen bezüglich der Positionsänderung der Zähne 2 sowie der Kieferteile 17 erfolgen. Hieraus lässt sich im Ergebnis eine optimale Form für die Dentalschiene 4 bestimmen. Eine Anwendung der entsprechend hergestellten Dentalschiene 4 führt somit im Ergebnis nicht nur zu einer Veränderung der relativen Anordnung der Zähne 2, sondern auch zu einer Veränderung im Kiefer 3, konkret einer allmählichen Verschiebung der Kieferteile 17.
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In 3 ist ein Gebiss 1 in der Ausgangssituation dargestellt. Es sind hier deutliche Fehlstellungen der Zähne 2 erkennbar. Die verfahrensgemäße Erstellung eines ersten virtuellen Gebissmodells 16 erfolgt insbesondere auf Basis eines solchen Ausgangszustandes. Das erfindungsgemäße Verfahren erlaubt nach der Erstellung eines digitalen Gebissmodells 16 eine virtuelle Manipulation des wiedergegebenen Gebisses 1, um verschiedene Auswirkungen einer Dentalschiene 4 auf das Gebiss 1 zu simulieren. Hierzu kann ein Modell einer Dentalschiene 4 dem virtuellen Gebissmodell 16 hinzugefügt bzw. zugeordnet werden. Die Simulation kann insbesondere auftretende Kräfte zwischen Dentalschiene 4 und Gebiss 1 umfassen und/oder ermitteln.
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Die Wiedergabe des virtuellen Gebissmodells 16 erfolgt vorzugsweise visuell über eine der Datenverarbeitungseinrichtung 8 zugeordnete Anzeigeeinrichtung, wie beispielsweise in 2 dargestellt.
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Die Manipulation des virtuellen Gebissmodells 16 im Rahmen der Simulation kann beispielhaft zu dem in 4 dargestellten Ergebnis führen. Bei dem dort gezeigten Modell 16 sind die Kieferteile 17 gegenüber dem Ausgangszustand des Gebisses 1 gemäß 3 um eine bestimmte Distanz auseinandergerückt. Ferner sind im Vergleich Positionsanpassungen der Zähne 2 vorgesehen worden. Insbesondere durch die virtuelle Beabstandung der Kieferteile 17 ergibt sich im Modell 16 ein Freiraum 18 zwischen den Zähnen 2 des Kiefers 3. Durch den Freiraum 18 wird im Ergebnis ein ausreichender Platz im Kiefer 3 geschaffen, um alle Zähne 2 des Kiefers 3 in der gewünschten Weise umordnen zu können, ohne einzelne Zähne 2 aus dem Gebiss 1 entfernen zu müssen.
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Eine durch die Bewegung der Kieferteile 17 lässt sich eine Expansion des Kiefers 3 sowohl in transversaler als auch in sagittaler Richtung bewirken. Auch eine Dentalschiene 4 zur unilateralen Expansion eines Kiefers 3 ist erfindungsgemäß planbar und herstellbar. Der Umfang der verfahrensgemäß digital geplanten Expansion des Kiefers 3 beträgt vorzugsweise zwischen 0,05 mm und 4 mm, bevorzugt zwischen 0,1 mm und 2 mm. In einem Anwendungsbeispiel konnte durch Anwendung verfahrensgemäß hergestellter Dentalschienen 4 bei einer digital geplanten Expansion des Kiefers 3 von 2 mm ein gesamter Raumgewinn im Kiefer 3 von zusätzlichen 6,1 mm im Vergleich zum Ausgangszustand erzielt werden.
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Die Position des durch Manipulation des virtuellen Gebissmodells 16 geschaffenen Freiraums 18 führt im vorliegenden Beispiel insbesondere zur Ausbildung eines Diastemas zwischen den vorderen Schneidezähnen. Es versteht sich, dass eine andere Position des Freiraums 18 sowie eine Mehrzahl von Freiräumen 18 erfindungsgemäß vorgesehen sein kann.
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Von dem so ermittelten virtuellen Gebissmodell 16 kann ein physisches Gebissmodell 15 erstellt werden. Dies erfolgt vorzugsweise mittels eines 3D-Druckverfahrens. Das erzeugte dreidimensionale Gebissmodell 15 kann in der Folge zur Abformung einer Dentalschiene 4, beispielsweise durch ein Tiefziehverfahren, genutzt werden. Die Dentalschiene 4 wirkt aufgrund des erfindungsgemäßen Verfahrens zu ihrer Herstellung in optimaler Weise auf das Gebiss 1 des Patienten ein, so dass sich dessen Gebiss 1 zum einen in der gewünschten Weise anpasst, zum anderen aber die Behandlung mit minimalen Beschwerden für den Patienten einhergeht.
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Durch weitere Anpassung der Position der Zähne 2 während und/oder nach der Ausbildung eines entsprechenden Freiraums 18 im Gebiss 1 des Patienten kann letztlich eine korrekte Anordnung aller Zähne 2 des Kiefers 3 erreicht werden. Insbesondere ist ein etwaiges Diastema geschlossen, wodurch ein gleichmäßiges Erscheinungsbild des Gebisses 1 gewährleistet ist. Dieser Endzustand des Gebisses 1 ist beispielhaft in 5 dargestellt.
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Die Messeinrichtung 10 ist der Anschaulichkeit halber vorliegend als separates Bauteil dargestellt, kann gleichermaßen jedoch auch in die Datenverarbeitungseinrichtung 8 integriert sein. Die Messeinrichtung 10 stellt allgemein eine Schnittstelle dar, über welche die gemessenen Sensordaten für die Mess- und Auswertungseinrichtung 7, insbesondere die Datenverarbeitungseinrichtung 8, bereitgestellt werden. Im Hinblick auf eine digitale Weiterverarbeitung der gemessenen Daten kann insbesondere an der Messeinrichtung 10 eine Digitalisierung analoger Messwerte erfolgen.
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Die Messeinrichtung 10 ist bevorzugt zur Verbindung mit einer Mehrzahl von Kraftsensoren 5 ausgebildet. Die Kraftsensoren können durch Messleitungen 6 in Form von Anschlusskabeln und/oder drahtlos mit der Messeinrichtung 10 verbunden sein.
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In digitalisierter Form können die gemessenen Sensordaten von der Datenverarbeitungseinrichtung 8 eingelesen, ausgewertet und/oder gespeichert werden. Mittels der Datenverarbeitungseinrichtung 8 lassen sich insbesondere Sekundärdaten aus den erfassten Messwerten erzeugen. Solche Sekundärdaten können Teil einer Modellrechnung mit dem Ziel einer idealen Form einer Dentalschiene 4 des Dentalschienensystems sein oder die Grundlage für eine solche Rechnung bilden.
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Die von der Datenverarbeitungseinrichtung 8 erfassten, berechneten und/oder anderweitig ermittelten Daten werden in Form von Datensätzen in einer Datenbank gespeichert. Im hier dargestellten Beispiel übermittelt die Datenverarbeitungseinrichtung 8 entsprechende Datensätze über eine Datenleitung 11 an einen externen Datenserver 12. Alternativ oder zusätzlich kann auch eine interne Speicherung, insbesondere in Form einer Zwischenspeicherung, in der Datenverarbeitungseinrichtung 8 selbst erfolgen. Die Bereitstellung der Datenbank an zentraler Stelle, beispielsweise in Form eines Datenservers 12, hat den Vorteil, dass die Datenbank insbesondere von mehr als einer Stelle mit Datensätzen gespeist werden kann. Dies ermöglicht ein starkes und rasches Wachstum der Datenbank, so dass statistische Erhebungen vorgenommen werden können, beispielsweise in Bezug auf gemessene Kräfte, deren Abhängigkeit von der Form des Gebisses 1 und der Dentalschiene 4 sowie in Bezug auf erzielte Behandlungserfolge.
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Die Datenbank enthält hierzu insbesondere Datensätze unterschiedlicher Patienten. Hierbei ist es jedoch grundsätzlich nicht erforderlich, die gespeicherten Daten einem bestimmten Patienten zuordnen zu können, so dass die Daten auch in anonymisierter Form gespeichert sein können. Maßgeblich sind letztlich die Beziehungen zwischen der Ausgangsform des Gebisses 1, der angestrebten Zielform und die Anzahl und Ausführungsweise der verwendeten Dentalschienen 4 des Dentalschienensystems sowie erzielte Behandlungserfolge und Angaben zu Begleiterscheinungen für den Patienten, beispielsweise empfundene Schmerzen.
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Auf Grundlage der zur Verfügung stehenden Daten, d.h. Messdaten und/oder gespeicherte Daten der Datenbank, kann von der Datenverarbeitungseinrichtung 8 die Form eines in idealer Weise angepassten virtuellen Gebissmodells 16 und damit einer oder mehrerer Dentalschienen 4 bestimmt werden, so dass die von diesen auf das Gebiss 1 jeweils ausgeübte Kraft unterhalb eines Zielwertes liegt, also beispielsweise ausreichend gering ist, um dem Patienten keine unzumutbaren Schmerzen zu verursachen. Vorzugsweise bestimmt die Datenverarbeitungseinrichtung 8 die optimale Form der Dentalschienen 4 des Dentalschienensystems, so dass eine minimal erforderliche Zahl von Dentalschienen 4 eingesetzt werden kann, um das Gebiss 1 von einer Ausgangsform in eine Zielform zu überführen, wobei die von jeder der Dentalschienen 4 auf das Gebiss 1 in der jeweils entsprechenden Zwischenform ausgeübte Kraft den Zielwert unterschreitet.
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Die Datenverarbeitungseinrichtung 8 erzeugt zur Bestimmung der idealen Form einer Dentalschiene 4 ein virtuelles Modell des Kiefers 3 bzw. des Gebisses 1 in einer Ausgangsform (vgl. 3), einer Zielform (vgl. 5) und/oder einer oder mehreren Zwischenformen (vgl. 4), die zu einzelnen Behandlungsstufen mit jeweils einer Dentalschiene 4, korrespondieren können. Die virtuellen Formen können schrittweise angepasst werden bis eine optimale Folge von Formen für eine möglichst effiziente Behandlung gefunden ist.
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Nach dem Festlegen der Form einer oder mehrerer Dentalschienen 4 schließt sich bevorzugt die Erzeugung einer Dentalschiene 4 nach der festgelegten Form an. Eine entsprechende Dentalschiene 4 kann, wie oben beschrieben, durch Abformung an einem gemäß der festgelegten Form erzeugten dreidimensionalen Modell 15 des Gebisses 1 hergestellt werden oder alternativ auch unmittelbar erzeugt werden. Die so erzeugte Dentalschiene 4 ist erfindungsgemäß optimiert für einen bestmöglichen Kompromiss aus einer möglichst hohen Wirksamkeit der Anwendung und einer für den Patienten möglichst schonenden Behandlung.
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Im Beispiel der 2 ist zur Durchführung des Erzeugungsschrittes stellvertretend ein mittels einer Steuerleitung 13 an die Datenverarbeitungseinrichtung 8 angeschlossener 3D-Drucker 14 dargestellt. Mit dem 3D-Drucker 14 ist es beispielsweise möglich, in kurzer Zeit ein dreidimensionales Gebissmodell 15 in einer beliebigen Form, insbesondere der Ausgangsform, der Zielform oder einer beliebigen Zwischenform des Gebisses 1 des Patienten, bereitzustellen. Es versteht sich, dass anstelle eines hier dargestellten 3D-Druckers 14 auch jede andere Art von Vorrichtung vorgesehen sein kann, um eine oder mehrere Dentalschienen 4 zu erzeugen.
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Eine in der vorgenannten Art erzeugte Dentalschiene 4 kann zudem auch zur Messung der auf die Zähne 2 ausgeübten Kraft in das Gebiss 1 des Patienten eingesetzt werden. Anhand der so gewonnenen zusätzlichen Daten kann die Form der Dentalschiene 4 schrittweise optimiert werden, insbesondere durch Wiederholung der Prozedur. Die Simulation einschließlich der Dokumentation des Vorgangs und die Speicherung der ermittelten Daten erlaubt es bei zukünftigen Anwendungen auf die bestehenden Daten zurückzugreifen, so dass keine oder zumindest weniger praktische Versuche bzw. Untersuchungen durchgeführt werden müssen, um eine optimale Form der Dentalschienen 4 des Dentalschienensystems zu finden.
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Im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens kann eine vollständige Simulation der Behandlung anhand des virtuellen Gebissmodells 16 erfolgen, um für die jeweiligen Behandlungszwischenschritte optimierte Formen der zu verwendenden Dentalschienen 4 zu bestimmen. Eine verfahrensgemäße Besonderheit liegt dabei in der Möglichkeit, eine virtuelle Auftrennung des Kiefers 3 in Kieferteile 17, insbesondere Kieferhälften, vornehmen zu können. Demgegenüber beziehen sich bekannte Verfahren üblicherweise lediglich auf die Planung und Voraussage der Konsequenzen einzelner Behandlungsschritte und sind ferner in der Regel auf die Beeinflussung der Position der fehlstehenden Zähne 2 ausgerichtet. Dies schränkt das Potential entsprechender Herstellungsverfahren für Dentalschienen 4 im Vergleich zur vorliegenden Erfindung erheblich ein.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Gebiss
- 2
- Zahn
- 3
- Kiefer
- 4
- Dentalschiene
- 5
- Kraftsensor
- 6
- Messleitung
- 7
- Mess- und Auswertungseinrichtung
- 8
- Datenverarbeitungseinrichtung
- 9
- Datenleitung
- 10
- Messeinrichtung
- 11
- Datenleitung
- 12
- Datenserver
- 13
- Steuerleitung
- 14
- 3D-Drucker
- 15
- physisches Gebissmodell
- 16
- virtuelles Gebissmodell
- 17
- Kieferteil
- 18
- Freiraum