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Stand der Technik
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer partikulären Materialzusammensetzung umfassend fibrillierte Bindemittel.
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Die Leistungsfähigkeit, insbesondere die Energiedichte von elektrochemischen Energiespeichersystemen wie Lithium-Ionen-Batterien (LIB) hängt wesentlich von der Wahl und der Gestaltung der Elektroden in der Zelle ab. Im Stand der Technik werden zwei grundlegend verschiedene Verfahren zur Beschichtung des Stromsammlers mit dem Elektrodenaktivmaterial (nachfolgend auch Aktivmaterial bezeichnet) beschrieben, nämlich das Aufbringen einer Aktivmaterialaufschlämmung (sog. Slurry-Verfahren) und das Aufbringen einer freistehenden Aktivmaterialfolie.
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Die Herstellung von Elektroden aus freistehenden Aktivmaterialfolien ist aus dem Stand der Technik bekannt und beispielsweise in
EP 1 644 136 ,
US 2015/0061176 A1 oder
US 2015/0062779 A1 beschrieben. Die freistehende Aktivmaterialfolie wird dabei in einem lösungsmittelfreien Verfahren hergestellt, üblicherweise mit einer Schichtdicke von ca. 100–300 μm. Die freistehende Folie wird ggf. auf die gewünschte Größe zugeschnitten und anschließend auf einem vorgeformten Stromsammler aufgebracht. Der Zuschnitt der Elektrode kann auch im laminierten Verbund aus Stromsammler und Aktivmaterialfolie erfolgen.
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Nach dem Stand der Technik wird bei der Herstellung der freistehenden Aktivmaterialfolie eine Aktivmaterialzusammensetzung, umfassend mindestens ein Elektrodenaktivmaterial und mindestens ein partikuläres Bindemittel sowie ggf. mindestens ein Leitzusatz, durch die Einbringung von Scherkräften (z.B. durch die Verwendung mechanischer Mühlen wie Strahl- oder Kugelmühlen) unter Ausbildung von Fibrillen aus den Bindemittelpartikeln eine pastöse, formbare Masse bereitgestellt. Die Masse kann z.B. mithilfe eines Extruders und/oder Kalanders zu einer stabilen, freistehenden Aktivmaterialfolie geformt werden.
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EP 1 644 136 nutzt zur Fibrillierung des Bindemittels eine Strahlmühle (Jet-Mill). Dabei erfährt das polymere Bindemittel durch die Kollisionen mit weiteren Partikeln derart hohe Scherkräfte, dass zumindest lokal eine Plastifizierung des Polymers eintritt. Dieses haftet dann auf den Partikeloberflächen, mit denen die Kollision stattgefunden hat, insbesondere auf den Aktivmaterialpartikeln. Problematisch ist bei diesem Verfahren, dass in der Strahlmühle zunächst Agglomerate des polymeren Bindemittels aufgebrochen werden müssen. Hierzu sind niedrige Temperaturen erforderlich, insbesondere Temperaturen unterhalb der Glasübergangstemperatur T
g des Bindemittels. Auf der anderen Seite ist eine möglichst gute Plastifizierung des Bindemittels erwünscht. Hierzu bedarf es jedoch Temperaturen oberhalb der T
g des Polymers. Im Stand der Technik wird daher zunächst das Bindemittel mit dem Leitzusatz in einer Mühle mit umlaufendem Mischwerkzeug vermischt, um durch die Belegung der Oberfläche der Bindemittelpartikel ein Aufbrechen der Polymeragglomerate zu bewirken. Der anschließende Fibrillierungsprozess in der Strahlmühle erfolgt dann bei Temperaturen oberhalb der T
g des Bindemittels. Dieses Vorgehen erfordert jedoch einen zusätzlichen Verfahrensschritt.
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US 2015/0072234 offenbart ein ähnliches Verfahren zur Herstellung einer trockenen Aktivmaterialfolie, wobei die trockenen Bestandteile mit Hilfe von Gasströmen vermischt und anschließend zu Aktivmaterialfolien geformt werden.
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US 2015/0062779 A1 schlägt vor zunächst eine Aktivmaterialzusammensetzung, umfassend Aktivmaterialpartikel, Leitzusatz und Bindemittelpartikel, abzukühlen, um so ein Aufbrechen der Agglomerate aus Bindemittelpartikeln vorab in einer mechanischen Mühle mit umlaufendem Mischwerkzeug zu bewirken. Dem schließt sich das gezielte Fibrillieren des Bindemittels in einer Strahlmühle an.
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Um einen möglichst kontinuierliches Verfahren durchführen zu können, ist es erstrebenswert den Vor- und Nachlauf der Mischdauer, bis das gewünschte Produkt erhalten wird, gering zu halten und möglichst schnell einen stationären Zustand des Fibrillierungsschrittes zu erreichen. Dies ist insbesondere wichtig, da das in der Strahlmühle durchgeführte Mahlverfahren langfristig zu einer Zerkleinerung der enthaltenen Partikel führt. Ein Recycling des im Vor- bzw. Nachlauf des Mischprozesses hergestellten Ausschusses ist daher nur sehr begrenzt möglich, da der Anteil feiner Partikel in der Aktivmaterialzusammensetzung bei längeren Mahlverfahren ansteigt, was sich nachteilig auf die Leistungsfähigkeit des Produktes auswirkt. Die Herstellung gleichbleibender Produkte ist nur schwer realisierbar. Außerdem kommt es in Strahlmühlen zu unterschiedlichen Verweilzeiten der Bestandteile der Zusammensetzung. Da die Mahlleistung großer Strahlmühlen allgemein besser ist, als kleiner Strahlmühlen, sind Verfahren unter Verwendung von Strahlmühlen großtechnisch nur schwierig anwendbar. Hier wirkt sich die verstärkte Mahlwirkung negativ auf die Produkteigenschaften aus.
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US 2015/0061176 A1 nutzt einen klassischen Weg der Mischtechnik, wobei die Bestandteile der Aktivmaterialzusammensetzung in eine Kugelmühle gegeben und mit Hilfe der inerten Mahlkugeln vermengt werden. Nach Abschluss des Mischprozesses müssen die Mahlkugeln jedoch aufwändig aus der pastösen Aktivmaterialzusammensetzung entfernt werden. Auch Anhaftungen an den Oberflächen der Mühle führt zu Materialverlusten und Produktionsstillständen.
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CN 10465418 offenbart ein Verfahren, in dem Aktivmaterialpartikel mit einer Beschichtung aus Metalloxiden nicht edler Metall überzogen werden. Das Verfahren verwendet hierzu zwei Gasströme, wobei die Aktivmaterialpartikel in einem anderen Strom geführt wird als das Beschichtungsmaterial. Die Beschichtung wird durch eine Kollision der Gasströme bewirkt.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zur Herstellung partikulärer Materialzusammensetzungen bereitzustellen, welche fibrillierte Bindemittel umfassen und mit einfachen Mitteln realisierbar sind. Ferner soll das Verfahren schonend für die Bestandteile, insbesondere die Aktivmaterialpartikel sein und nur wenig Ausschussmaterial produzieren. Diese Aufgabe wird durch die nachfolgend beschriebene Erfindung gelöst.
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Offenbarung der Erfindung
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Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung einer Materialzusammensetzung, umfassend mindestens ein partikelförmiges Material A und ein fibrilliertes Bindemittel B, wobei das Verfahren die folgenden Verfahrensschritte umfasst:
- a) Bereitstellen einer Komponente K1, welche mindestens ein partikelförmiges Material A umfasst;
- b) Bereitstellen einer Komponente K2, welche mindestens ein vorzugsweise partikelförmiges Bindemittel B umfasst;
- c) Gleichzeitiges Einbringen der mindestens einen Komponente K1 mit einem ersten Stoffstrom S1 und der mindestens einen Komponente K2 mit einem zweiten Stoffstrom S2 in eine Mischkammer;
wobei der erste Stoffstrom S1 und der zweite Stoffstrom S2 in einem Winkel von > 0°, insbesondere ≥ 3°, zueinander verlaufen, sodass eine Kollision der Partikel der in dem ersten Stoffstrom S1 enthaltenen Komponente K1 und der Partikel der in dem zweiten Stoffstrom S2 enthaltenen Komponente K2 bewirkt wird.
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Das partikelförmige Material A kann dabei jedes Material sein, aus dem sich Partikel bilden lassen und welches mit Hilfe faserförmiger Bindemittel zu einer formbaren Masse verbunden werden kann. Dazu gehört beispielsweise als Aktivmaterial für die negative Elektrode einer Lithium-Ionen-Batterie amorphes Silizium, welches Legierungsverbindungen mit Lithium-Atomen bilden kann. Aber auch Kohlenstoffverbindungen, wie z.B. Graphit, sind als Aktivmaterial für negative Elektroden zu nennen. Als Aktivmaterial für die positive Elektrode einer Lithium-Ionen-Batterie können beispielsweise lithiierte Interkalationsverbindungen, welche in der Lage sind Lithium-Ionen reversibel aufzunehmen und freizusetzen, genannt werden. Das positive Aktivmaterial kann ein zusammengesetztes Oxid oder Phosphat umfassen, welches mindestens ein Metall, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Kobalt, Magnesium, Nickel, sowie Lithium, enthält. Als bevorzugte Beispiele sind insbesondere LiMn2O4, LiFePO4, Li2MnO3, Li1.17Ni0.17Co0.1Mn0.56O2, LiCoO2 und LiNiO2 hervorzuheben.
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In Hinblick auf weitere Anwendungsbereiche von erfindungsgemäß hergestellten Elektroden, insbesondere in Hinblick auf Elektroden für Brennstoffzellen und Elektrolyseure, sind als weitere Aktivmaterialien partikuläre Zusammensetzungen, umfassend Graphit, Aktivkohle oder Kohlenstoffnanoröhrchen, zu nennen.
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Als zusätzlichen Bestandteil kann das partikelförmige Material A in einer Ausführungsform mindestens einen Festkörperelektrolyten, insbesondere einen anorganischen Festkörperelektrolyten umfassen, welcher in der Lage ist Kationen, insbesondere Lithium-Ionen, zu leiten. Erfindungsgemäß umfassen solche feste anorganische Lithium-Ionen-Leiter kristalline, Komposit- und amorphe anorganische feste Lithium-Ionen-Leiter. Kristalline Lithium-Ionen-Leiter umfassen insbesondere Lithium-Ionen-Leiter vom Perowskit-Typ, Lithium-Lanthan-Titanate, Lithium-Ionen-Leiter vom NASICON-Typ, Lithium-Ionen-Leiter vom LISICON- und Thio-LISICON-Typ, sowie Lithium-Ionen leitende Oxide vom Granat-Typ. Die Komposit-Lithium-Ionen-Leiter umfassen insbesondere Materialien, die Oxide und mesoporöse Oxide enthalten. Solche festen anorganischen Lithium-Ionen-Leiter werden beispielsweise in dem Übersichtsartikel von
Philippe Knauth „Inorganic solid Li ion conductors: An overview" Solid State Ionics, Band 180, Ausgaben 14–16, 25. Juni 2009, Seiten 911–916 beschrieben. Erfindungsgemäß können auch alle festen Lithium-Ionen-Leiter umfasst sein, die von
C. Cao, et al. in „Recent advances in inorganic solid electrolytes for lithium batteries", Front. Energy Res., 2014, 2:25 beschrieben werden. Insbesondere sind auch die in
EP 1723080 B1 beschriebenen Granate erfindungsgemäß umfasst. Der Festkörperelektrolyt kann insbesondere in Form von Partikeln mit einem mittlere Teilchendurchmesser von ≥ 0,05 μm bis ≤ 5 μm, vorzugsweise ≥ 0,1 μm bis ≤ 2 μm eingesetzt werden. Sofern das partikelförmige Material A einen Festkörperelektrolyten umfasst, kann dieser beispielsweise 0 bis 50 Gew.-%, vorzugsweise 10 bis 40 Gew.-% des partikelförmigen Materials A ausmachen.
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Partikelgröße des partikelförmigen Materials A ist idealerweise an die gewünschten Eigenschaften des Aktivmaterials angepasst. Beispielsweise weist das Material A eine mittlere Partikelgröße von vorzugsweise 1 bis 30 µm, stärker bevorzugt 2 bis 20 µm, insbesondere 3 bis 15 µm. In einer besonders bevorzugten Ausführungsform weist das Material A eine mittlere Partikelgröße von 5 bis 10 µm auf. Ein zu hoher Anteil an Partikeln mit sehr geringer Partikelgröße, insbesondere mit einer Partikelgröße von weniger als 1 µm, würde die Diffusion in der Aktivmaterialschicht deutlich vermindern und die Oberfläche des Aktivmaterials erhöhen. Dies ist in Hinblick auf ggf. unerwünschte Nebenreaktionen an der Oberfläche, insbesondere im Rahmen der Ausbildung einer Solid-Electrolyte-Interface (SEI), zu vermeiden.
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Das Bindemittel B umfasst vorzugsweise ein polymeres Material, ausgewählt aus Polyvinylidenfluorid (PVDF), Polytetrafluorethen (PTFE), Styrol-Butadien-Copolymer (SBR), Polyethylen, (PE), Polypropylen (PP) und Ethylen-Propylen-Dien-Terpolymer (EPDM). Besonders bevorzugt umfasst das Bindemittel B mindestens PVDF und/oder PTFE. In einer bevorzugten Ausführungsform umfasst das Bindemittel B mindestens PVDF.
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In einer Ausführungsform liegt das Bindemittel B liegt in Partikelform mit einem mittleren Partikeldurchmesser von 50 bis 200 µm, insbesondere 75 bis 150 µm vor. Dies ermöglicht eine gute Förderbarkeit der Partikel. In einer weiteren Ausführungsform liegt das Bindemittel in Form von Fasern mit einem mittleren Durchmesser von 10 bis 100 µm, insbesondere 20 bis 80 µm und einer mittleren Faserlänge von 5 bis 50 µm, insbesondere 10 bis 40 µm vor. Besonders bevorzugt sind koaxial gesponnene Fasern, mit einem Kern aus PVDF und einen Mantel aus PTFE. Diese sind z.B. mittels eines Electrospinning-Verfahrens herstellbar und vereinen gute Hafteigenschaften mit hervorragender Stabilität.
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In einem ersten Verfahrensschritt wird eine erste Komponente K1 bereitgestellt. Diese umfasst mindestens ein partikelförmiges Material A. Es können auch Gemische mehrerer partikelförmiger Materialien A umfasst sein. Ferner kann die Komponente K1 Hilfsstoffe, insbesondere Leitzusätze wie Leitruß, Graphit oder Kohlenstoffnanoröhrchen, umfassen. Bevorzug umfasst die Komponente K1 mindestens einen Leitzusatz. Die Komponente K1 kann dabei, sofern dies erforderlich ist, unter Verwendung einer beliebigen Mischvorrichtung, insbesondere eines Freifallmischers bereitgestellt werden. Dies ermöglicht eine homogene Durchmischung der Komponente K1.
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In einem zweiten Verfahrensschritt wird eine zweite Komponente K2 bereitgestellt. Diese umfasst mindestens ein Bindemittel B. Es können auch Gemische mehrere Bindemittel B umfasst sein. Ferner kann auch die Komponente K2 Hilfsstoffe, insbesondere Leitzusätze wie Leitruß, Graphit oder Kohlenstoffnanoröhrchen, umfassen. Bevorzug umfasst die Komponente K2 mindestens einen Leitzusatz. Die Komponente K2 kann dabei, sofern dies erforderlich ist, unter Verwendung einer beliebigen Mischvorrichtung, insbesondere eines Freifallmischers bereitgestellt werden. Dies ermöglicht eine homogene Durchmischung der Komponente K2.
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In einem dritten Verfahrensschritt wird die Komponente K1 mit einem ersten Stoffstrom S1 und die mindestens einen Komponente K2 mit einem zweiten Stoffstrom S2 in eine Mischkammer eingebracht. Vorzugsweise werden beide Stoffströme S1 und S2 gleichzeitig veranlasst. Die Stoffströme S1 und S2 umfassen neben den Komponenten K1 und K2 mindestens ein fluides Trägermedium. Dies kann eine Flüssigkeit oder ein Gas sein. Aus Prozessführungsgründen wird vorzugsweise ein Gas verwendet. In vielen Fällen kann Luft als Trägergas verwendet werden. Vorzugsweise wird die Luft zuvor von Wasser befreit. Sofern einer der Bestandteile der Komponenten K1 und/oder K2 jedoch reaktiv gegenüber Sauerstoff und/oder Wasser ist, kann als Trägergas auch ein gegebenenfalls getrocknetes Inertgas, insbesondere Stickstoff oder Argon, eingesetzt werden.
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Die Mischkammer, sowie die darin gegebenenfalls enthaltenen Einbauten, sind aus einem robusten, chemisch inerten Material gefertigt, z.B. aus Edelstahl. Dasselbe Material wird vorzugsweise auch für die Rohrleitungen verwendet, welche die Stoffströme zu der Mischkammer und von dieser weg führen.
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Die Mischkammer zeichnet sich dadurch aus, dass sie mindestens zwei Einlassöffnungen E1, E2 für die einströmenden Stoffströme S1 und S2 sowie mindestens einen Auslassöffnung E3 für einen ausströmenden Stoffstrom S3 umfasst. Die Einlassöffnungen E1 und E2 sind dabei so ausgebildet, dass die eintretenden Stoffströme S1 und S2 nicht paralalle zueinander verlaufen. Vorzugsweise weisen die Einlassöffnungen E1 und E2 eine Anordnung auf, die es ermöglicht, dass die Stoffströme S1 und S2 in einem Winkel von > 0°, vorzugsweise mindestens 3°, stärker bevorzugt mindestens 5°, insbesondere mindestens 10° aufeinander treffen. Weitere bevorzugte Ausführungsformen umfassend Einlassöffnungen E1 und E2, die es ermöglichen, dass die Stoffströme S1 und S2 in einem Winkel von 30° bis 60°, insbesondere 40° bis 50°, 70° bis 110°, insbesondere 80° bis 100°, oder 160° bis 200°, insbesondere 170° bis 190° aufeinander treffen. Besonders bevorzugt ist eine koaxial gegenläufige Strömungsrichtung der Stoffströme S1 und S2 mit einem Winkel von 170° bis 190°.
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In einer Ausführungsform sind die Einlassöffnungen E1 und E2 beispielsweise als Düsen ausgestaltet. Um besonders hohe Kollisionsgeschwindigkeiten zu erreichen ist mindestens eine der Einlassöffnungen E1 und/oder E2 vorzugsweise als Laval-Düse ausgestaltet.
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Das Aufeinandertreffen der Stoffströme S1 und S2 bewirkt eine Kollision der partikulären Bestandteile der Komponenten K1 und K2, insbesondere des partikelförmigen Materials A und des Bindemittels B. Ist der Energieeintrag bei dieser Kollision ausreichend groß, tritt eine wenigstens teilweise Plastifizierung des Bindemittels B ein. Es kommt zur Anhaftung der Bindemittelpartikel auf mindestens einem Teil der Oberflächen des partikelförmigen Materials A. Bei ausreichendem Energieeintrag findet darüber hinaus eine Fibrillierung des plastifizierten Bindemittels B durch die Scherkrafteinwirkung bei der Kollision mit den Partikeln der Komponente K1 statt.
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Der Energieeintrag findet über den Stoffstrom S1 und S2 und die sich daraus ergebende Kollisionsenergie statt. Um eine stärkere Plastifizierung zu erreichen, kann somit die Strömungsgeschwindigkeit bzw. der Druck mindestens eines der Stoffströme S1 und S2 erhöht werden. Die erforderliche Energie ist abhängig von der Beschaffenheit der Partikel des Materials A, des Bindemittels B, des Kollisionswinkels und der Geschwindigkeit, mit der die Stoffströme S1 und S2 kollidieren. Die Stoffströme S1 und S2 werden beispielsweise mit einer Geschwindigkeit von 10 m/sec bis 400 m/sec, vorzugsweise 20 m/sec bis 350 m/sec geführt. Dabei können die Stoffströme S1 und S2 dieselbe Geschwindigkeit aufweisen, oder mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten in die Mischkammer eintreten. Vorzugsweise ist die Geschwindigkeit des Stoffstroms S2 größer als die des Stoffstroms S1.
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In einer bevorzugten Ausführungsform wird der Stoffstrom, welcher das Bindemittel B umfasst mit einer deutlich höheren Geschwindigkeit geführt als der Stoffstrom, welcher das Material A umfasst. So wird der Stoffstrom S1, umfassend das Material A, mit einer Geschwindigkeit in einem Bereich von 10 m/sec bis 100 m/sec, vorzugsweise 15 m/sec bis 50 m/sec, insbesondere 20 bis 30 m/sec geführt, um einen zerstörungsfreien Transport der Partikel des Materials A zu gewährleisten. Um eine Plastifizierung des Bindemittels B, ggf. auch eine Fibrillierung des Bindemittels B, zu erreichen, wird der Stoffstrom S2, umfassend das Bindemittel B, mit einer Geschwindigkeit in einem Bereich von bis zu 400m/sec, beispielsweise 50 bis 400 m/sec, insbesondere 100 bis 300 m/sec geführt. Durch diese bevorzugte Verfahrensführung weisen die Partikel des Bindemittels B bei der Kollision mit den weitern Bestandteilen eine zur Plastifizierung ausreichende Energie auf.
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Alternativ oder zusätzlich kann die zur Plastifizierung des Bindemittels B benötigte Kollisionsenergie abgesenkt werden, indem die Temperatur des Bindemittels B oder der Partikel an welche dieser anhaften soll, insbesondere die des Materials A, angehoben wird. Dies kann beispielsweise vorteilhaft durch eine Anhebung der Temperatur des Stoffstrom S2 und/oder des Stoffstroms S1 erreicht werden. Vorzugsweise liegt die Temperatur der Stoffströme S1 und/oder S2 in diesem Fall oberhalb der Glasübergangstemperatur Tg des mindestens einen Bindemittels B. In einer Ausführungsform wird der Stoffstrom S1, umfassend das Material A, vor dem Eintritt in die Mischkammer auf eine Temperatur oberhalb der Glasübergangstemperatur Tg des mindestens einen Bindemittels B erwärmt, während der Stoffstrom S2, umfassend das Bindemittel B, bei einer Temperatur unterhalb der Glasübergangstemperatur Tg des mindestens einen Bindemittels B geführt wird. In einer weiteren Ausführungsform werde beide Stoffströme S1, S2 bei einer Temperatur oberhalb der Glasübergangstemperatur Tg des mindestens einen Bindemittels B geführt. Um eine Agglomeration der Partikel des Bindemittels B untereinander zu vermeiden, wird der Stoffstrom S2 in einer bevorzugten Ausführungsform bei einer Temperatur geführt, die weniger als 10°C oberhalb der Glasübergangstemperatur Tg des mindestens einen Bindemittels B liegt. Vorzugsweise liegt die Temperatur des Stoffstroms S2 unterhalb der Glasübergangstemperatur Tg des mindestens einen Bindemittels B. Beispielsweise kann ein entsprechend erwärmtes Trägergas eingesetzt werden.
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In einer weiteren Ausführungsform kann die Mischkammer oder ein Teil der Mischkammer auf eine Temperatur erwärmter werden, die die Plastifizierung des Bindemittels B unterstützt. Diese Temperatur kann oberhalb oder unterhalb der Glasübergangstemperatur Tg des mindestens einen Bindemittels B liegen.
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Die Auslassöffnung E3 der Mischkammer ist so angeordnet, dass der aus der Kollision der getrennten Stoffströme S1 und S2 hervorgehende Stoffstrom S3 die Auslassöffnung E3 ungehindert erreichen kann. Insbesondere ist die Auslassöffnung derart angeordnet, dass sich diese in Strömungsrichtung des Hauptstroms befindet. In der Regel ist der Stoffstrom S1 stärker, da dieser mehr Material transportiert, als der Stoffstrom S2. Das Verhältnis des von S1 transportierten Materials zu dem von S2 transportierten Material ist beispielsweise 100:30 bis 100:1, insbesondere 100:15 bis 100:2. Aufgrund der Massenträgheit folgt der Hauptstrom des Stoffstroms S3 daher im Wesentlichen dem Verlauf des Stoffstroms S1, den dieser ohne Kollision mit dem Stoffstrom S2 genommen hätte. Aus Gründen der einfachen Verfahrensführung befindet sich die Auslassöffnung E3 bezüglich der Richtung der Schwerkraft unterhalb der Einlassöffnungen E1 und E2.
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Um den Grad der Plastifizierung bzw. der Fibrillierung des Bindemittels B regulieren zu können, umfasst eine Ausführungsform der Erfindung einen weiteren Verfahrensschritt, bei dem die in der Mischkammer erzeugte Zusammensetzung gekühlt wird. Vorzugsweise erfolgt eine Abkühlung auf eine Temperatur unterhalb der Glasübergangstemperatur Tg des mindestens einen Bindemittels B liegt, insbesondere auf eine Temperatur, welche mindestens 10°C, vorzugsweise mindestens 20°C unterhalb der Glasübergangstemperatur Tg des mindestens einen Bindemittels B liegt. Die Kühlung kann in vorteilhafterweise durch einen weiteren Stoffstrom S4 erfolgen. Der Stoffstrom S4 umfasst ein Trägergas, welches auf eine zur Abkühlung der in der Mischkammer erzeugten Zusammensetzung geeignet ist. Darüber hinaus kann der Stoffstrom S4 genutzt werden, um der Zusammensetzung Zusatzstoffe, insbesondere Leitzusätze wie Leitruß, Graphit oder Kohlenstoffnanoröhrchen beizumischen. Der Stoffstrom S4 kann beispielsweise durch eine Einlassöffnung E4 dem Stoffstrom S3 zugeführt werden. Dies geschieht beispielsweise in einem Winkel von 20° bis 160°, insbesondere 40° bis 140°.
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Die erhaltene Materialzusammensetzung kann, sofern dies erforderlich erscheint, nochmals durchmischt werden. Dies kann z.B. mithilfe eine Freifallmischers geschehen, welcher sich direkt an die Mischkammer anschließt.
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Die erhaltene Materialzusammensetzung kann ohne weitere Bearbeitung gelagert werden. Alternativ kann die Materialzusammensetzung direkt im Anschluss zu einer freistehenden Materialfolie geformt werden. Hierzu wird die Materialzusammensetzung vorzugsweise in einen Extruder, insbesondere einen Folienextruder, oder einen Kalander eingespeist.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform wird das Bindemittel B zusammen mit einem Leitzusatz bei niedriger Kollisionsenergie mit einem Trägergas als Stoffstrom S2 in einen Stoffstrom S1, umfassend ein partikuläres Material A, eingeleitet. Aufgrund der niedrigen Kollisionsenergie erfolgt die Anhaftung des Bindemittels B an das Material A nur punktuell und ohne Fibrillierung des Bindemittels. Die erhaltene Materialzusammensetzung wird anschließend in einen Folienextruder gegeben. Hier findet im Extrusionsprozess bei Temperaturen oberhalb der Glasübergangstemperatur Tg des Bindemittels B eine Fibrillierung statt. Man erhält eine stabile poröse Folie.
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Gegenstand der Vorliegenden Erfindung ist auch eine Materialzusammensetzung, welche ein partikuläre Material A und ein fibrilliertes Bindemittel B umfasst und nach dem zuvor beschriebenen Verfahren hergestellt wurde.
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Die so gewonnene Materialzusammensetzung kann vorzugsweise zur Herstellung freistehender Elektrodenaktivmaterialfolien verwendet werden. Darüber hinaus ist es möglich, die gewonnene Materialzusammensetzung zur Herstellung einer auf einem Stromsammler aus einem elektrisch Leitfähigen Material (z.B. Aluminium, Kupfer) aufgebrachten Elektrodenaktivmaterialschicht zu verwenden. Hierzu werden vorzugsweise Extruder oder Kalander verwendet. Geeignete Verfahren sind dem Fachmann bekannt.
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Die Erfindung betrifft auch eine Elektrode, umfassend mindestens eine nach dem zuvor beschriebenen Verfahren hergestellte Materialzusammensetzung.
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Eine solche Elektrode kann beispielsweise als Elektrode in elektrochemischen Energiespeichersystemen eingesetzt werden. Insbesondere sind Lithium-Ionen-Batterien, Superkondensatoren und Hybridsuperkondensatoren zu nennen. Weitere Anwendungsbereiche für die erfindungsgemäß hergestellten Elektroden sind Elektrolyseprozesse oder Brennstoffzellen.
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Vorteile der Erfindung
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Die vorliegende Erfindung ermöglicht die Herstellung von Materialzusammensetzungen, umfassend partikelförmige Bestandteile und fibrillierte Bindemittel, mit Hilfe eines einfachen und Energiesparenden Verfahrens. Die Ausnutzung der eingetragenen kinetischen Energie wird deutlich besser zur Fibrillierung des Bindemittels genutzt, als dies in herkömmlichen Verfahren der Fall ist. Darüber hinaus werden die Bestandteile durch eine kurze Verfahrensdauer geschont. Es wird ein geringerer Anteil an kleinteiligen Partikeln im Produkt erzeugt. Eine ausreichende Porosität der daraus hergestellten Elektroden ist gewährleistet.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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Ausführungsformen der Erfindung werden anhand der Zeichnungen und der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert.
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Es zeigt:
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1 eine schematische Darstellung einer Mischkammer mit koaxialen, gleichläufigen Stoffströmen S1, S2;
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2 eine schematische Darstellung einer Mischkammer mit koaxialen, gegenläufigen Stoffströmen S1, S2;
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3 eine schematische Darstellung einer Mischkammer mit orthogonalen Stoffströmen S1, S2, wobei eine Vielzahl von Stoffströmen S2 eingesetzt werden;
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4 eine schematische Darstellung einer Mischkammer wie in 3, wobei die Vielzahl von Stoffströmen S2 versetzt zueinander angeordnet sind,
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5 eine schematische Darstellung einer Mischkammer mit koaxialen, gleichläufigen Stoffströmen S1, S2 und nachfolgendem orthogonalen Stoffstrom S4.
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Ausführungsformen der Erfindung
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In 1 ist eine Mischkammer 1 mit koaxialen, gleichläufigen Stoffströmen S1, S2 schematisch dargestellt. Stoffstrom S1 bildet den Hauptstrom und gelangt über die Einlassöffnung 5. Er umfasst mindestens ein partikuläres Material A. Der Stoffstrom S2, umfassend mindestens ein Bindemittel B, wird mittels einer Düse, welche die Einlassöffnung 6 darstellt, koaxial gleichläufig in den Hauptstrom des Stoffstroms S1 eingeleitet. Da der Stoffstrom S1 die Einlassöffnung 6 des Stoffstroms S2 umströmen muss, kommt es an der Einlassöffnung 6 zu einer Kollision der Stoffströme S1 und S2. Die Kollisionsenergie bewirkt eine Plastifizierung des Bindemittels B, der sich in dem Stoffstrom S2 befindet. Die Stoffströme S1 und S2 umfassen als Trägergas Luft. Stoffstrom S1 wird vorliegend beispielsweise mit einer Geschwindigkeit von 40 m/sec geführt, während Stoffstrom S2 mit einer Geschwindigkeit von 300 m/sec geführt wird. Durch die Kollision der Stoffströme S1 und S2 wird der Stoffstrom S3 gebildet. Dieser verlässt die Mischkammer 1 durch die Auslassöffnung 7.
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In 2 ist eine schematische Darstellung einer Mischkammer 1 mit koaxialen, gegenläufigen Stoffströmen S1, S2 dargestellt. Durch die gegenläufige Strömungsrichtung der Stoffströme S1, S2 kommt es zu einer intensiveren Kollision der in den Stoffströmen S1, S2 enthaltenen Bestandteile, auch wenn die Strömungsgeschwindigkeiten der einzelnen Stoffströme S1, S2 geringer sein können, als in der in 1 dargestellten Ausführungsform.
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In 3 ist eine schematische Darstellung einer Mischkammer 1 mit orthogonalen Stoffströmen S1, S2 dargestellt. Vorliegend ist eine Mischkammer 1 dargestellt, in der zwei sich gegenüberliegende Stoffströme S2 orthogonal in einen Stoffstrom S1 eingeleitet werden. Dies ermöglicht eine homogenere Verteilung des Bindemittels B in der Produktmaterialzusammensetzung. Dieser Effekt kann durch die Verwendung einer Vielzahl von Stoffströmen S2 weiter verstärkt werden. Diese können beliebig entlang des Stoffstroms S1 angeordnet sein. In 4 ist beispielsweise eine Mischkammer 1 mit sechs Stoffströmen S2 schematisch dargestellt, die an unterschiedlichen Stellen der Mischkammer 1 in den Stoffstrom S1 eingeleitet werden. Die Anzahl und Position der Stoffströme S2 ist prinzipiell nicht beschränkt.
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In 5 ist wie in 1 eine Mischkammer 1 mit koaxialen, gleichläufigen Stoffströmen S1, S2 schematisch dargestellt. Die Mischkammer 1 der 5 unterscheidet sich dadurch von der in 1 dargestellten, dass der Stoffstrom S1 (Hauptstrom) durch eine Verjüngung in der Verjüngungszone 8 des Strömungsrohrs von seiner Strömungsrichtung abgelenkt wird. Dies bewirkt zum einen eine Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit und zum anderen einen größeren Winkel zwischen den Stoffströmen S1 und S2. Die Kollision der in den Stoffströmen S1, S2 enthaltenen Partikel wird dadurch verbessert. Nachfolgend wird der aus den kollidierenden Stoffströmen S1 und S2 entstehende Stoffstrom S3 durch die Fibrillierungszone 9 in die Mischungszone 10 geführt. Dort erfolgt eine homogene Durchmischung in Form eines Freifallmischers. Mit einem weiteren Stoffstrom S4, welcher durch die Einlassöffnung 12 in den Stoffstrom S3 eingeleitet wird, können weitere Komponenten, wie z.B. Zusatzstoffe beigemischt und die Temperatur reguliert werden. Vorliegend wird diese Stoffstrom S4 orthogonal in den Stoffstrom S3 geführt. Dieser könnte jedoch auch in jedem beliebigen Winkel zum Stoffstrom S3 eingeführt werden. In Hinblick auf eine optimierte Durchmischung der einzelnen Komponenten ist es jedoch vorteilhaft, wenn der Stoffstrom S4 sowie alle weiteren ggf. nachgeschalteten Stoffströme in einem Winkel von mindestens 5° zur Hauptströmungsrichtung des Stoffstroms S3 in diesen eingeführt werden.
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Die Erfindung ist nicht auf die hier beschriebenen Ausführungsbeispiele und die darin hervorgehobenen Aspekte beschränkt. Vielmehr ist innerhalb des durch die Ansprüche angegebenen Bereichs eine Vielzahl von Abwandlungen möglich, die im Rahmen fachmännischen Handelns liegen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 1644136 [0003, 0005]
- US 2015/0061176 A1 [0003, 0009]
- US 2015/0062779 A1 [0003, 0007]
- US 2015/0072234 [0006]
- CN 10465418 [0010]
- EP 1723080 B1 [0015]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Philippe Knauth „Inorganic solid Li ion conductors: An overview“ Solid State Ionics, Band 180, Ausgaben 14–16, 25. Juni 2009, Seiten 911–916 [0015]
- C. Cao, et al. in „Recent advances in inorganic solid electrolytes for lithium batteries“, Front. Energy Res., 2014, 2:25 [0015]