Stand der Technik
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Die Erfindung betrifft eine selbstverstärkende Reibungsbremse, insbesondere für
Kraftwagen, mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1. Des weiteren
betrifft die Erfindung eine Reibwertmesseinrichtung für eine Reibungsbremse mit
den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 11 sowie ein Verfahren zur
Regelung einer Bremskraft mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs
12.
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Ein Beispiel für selbstverstärkende Reibungsbremsen sind beispielsweise
Trommelbremsen mit einer oder mehreren auflaufenden Bremsbacken. Mit
diesem Beispiel soll verdeutlicht werden, dass die nachfolgenden Ausführungen
nicht auf Scheibenbremsen beschränkt sind, auch wenn die Ausführungen auf
Scheibenbremsen gerichtet sind, die erfindungsgemäß bevorzugt werden. Zur
Erzielung einer Selbstverstärkung bei Scheibenbremsen werden
Betätigungseinrichtungen eingesetzt, die einen Keil-, Hebel- oder
Rampenmechanismus aufweisen. Dabei lässt sich jedenfalls in der Theorie eine
Analogie zwischen einem Hebelmechanismus und der auflaufenden Bremsbacke
einer Trommelbremse herstellen.
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Bekannte selbstverstärkende Scheibenbremsen weisen einen Reibbremsbelag
auf, der zur Erzeugung einer Bremskraft mit einem Andrückelement an einen
drehbaren Bremskörper andrückbar ist, wobei im Falle einer Scheibenbremse der
Bremskörper eine Bremsscheibe ist. Das Andrückelement ist beispielsweise ein
Keilelement, das in einer Drehrichtung des Bremskörpers beweglich ist und sich
unter einem Stützwinkel zu einer Normalen des Bremskörpers an einem
Widerlager abstützt. Der Stützwinkel ist im Falle der Verwendung eines
Keilelements als Andrückelement dessen Keilwinkel, bei Verwendung eines
Hebels der Winkel, unter dem der Hebel zu einer Normalen des Bremskörpers
ausgerichtet ist. Bei Verwendung eines Rampenmechanismus ist das Widerlager
eine schräg zur Bremsscheibe verlaufende Fläche oder Führung (Rampe) und
der Winkel, unter dem das Widerlager zum Bremskörper verläuft ist der
Stützwinkel. Das Andrückelement kann bei Verwendung eines
Rampenmechanismus ein Keilelement sein, Keil- und Rampenmechanismus schließen
einander also nicht aus. Der Stützwinkel der Rampe kann konstant sein oder sich
über eine Länge der Rampe verändern. Bei einem Hebel ändert sich der
Stützwinkel bei Betätigung der Bremse.
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Zur Erzielung einer Selbstverstärkung ist das Andrückelement so angeordnet,
dass bei betätigter Bremse eine vom drehenden Bremskörper auf den
Reibbremsbelag ausgeübte Reibungskraft das Andrückelement im Sinne einer
größer werdenden, vom Andrückelement auf den Reibbremsbelag ausgeübten
Andrückkraft beaufschlagt wird. Dies bedeutet, dass ein Keilelement als
Andrückelement in einen enger werdenden Keilspalt zwischen dem Widerlager
und dem Bremskörper hineinbewegt wird. Ein Hebel als Andrückelement wird im
Sinne eines kleiner werdenden Stützwinkels zur Normalen des Bremskörpers
beaufschlagt, der Hebel ist also als sog. geschobener oder auf Druck
beanspruchter Hebel angeordnet.
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Zur Betätigung weisen bekannte Reibungsbremsen eine Betätigungseinrichtung
auf, mit der das Andrückelement in Drehrichtung und zum Lösen der Bremse
entgegengesetzt zur Drehrichtung des Bremskörpers bewegbar ist. Durch die
Bewegung in Drehrichtung des Bremskörpers bewegt sich das sich am
Widerlager abstützende Andrückelement auf den Bremskörper zu und drückt den
Reibbremsbelag an den Bremskörper an.
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Ein Beispiel einer derartigen, selbstverstärkenden Reibungsbremse ist in der EP 953 785
offenbart. Diese Reibungsbremse ist als Vollscheibenbremse
ausgebildet und weist eine Anzahl Keilelemente auf, die auf einer
Kreisringscheibe angeordnet sind und sich an Walzen als Widerlager abstützen.
Durch Verdrehen der Kreisringscheibe werden die Keilelemente in Drehrichtung
der Bremsscheibe bewegt und drücken eine Anzahl Reibbremsbeläge gegen die
Bremsscheibe. Durch Rückdrehen der Kreisringscheibe wird die bekannte
Scheibenbremse gelöst.
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Bei allen bekannten selbstverstärkenden Reibungsbremsen wird der Stütz- oder
Keilwinkel so groß gewählt, dass eine Selbsthemmung der Bremse mit Sicherheit
ausgeschlossen ist. Bei einer Selbsthemmung kommt es zu einem Blockieren des
Bremskörpers durch die bei betätigter Bremse vom drehenden Bremskörper auf
das Andrückelement ausgeübte Reibungskraft, die das Andrückelement im Sinne
einer größer werdenden Andruckkraft verschiebt. Die Andruckkraft des
Reibbremsbelags an den Bremskörper wird erhöht ohne dass eine
Betätigungskraft, mit der das Andrückelement in Drehrichtung des Bremskörpers
beaufschlagt wird, erhöht wird. Die Andruckkraft erhöht sich von selbst bis
Selbsthemmung eintritt, d. h. der Bremskörper blockiert. Da sich ein Reibwert
zwischen Reibbremsbelag und Bremskörper durch Störeinflüsse wie
beispielsweise Verschmutzung, Feuchtigkeit, Wasser, Temperatur und
Andrückkraft ändert, muss ein ausreichend großer Stützwinkel gewählt werden,
um eine Selbsthemmung der Bremse unter allen möglichen Betriebsbedingungen
mit Sicherheit auszuschließen. Dadurch ist jedoch die Höhe der
Selbstverstärkung begrenzt und es ist trotz Selbstverstärkung eine große
Betätigungskraft erforderlich. Dies erfordert eine ausreichend kräftig
dimensionierte Betätigungseinrichtung, was wiederum hohes Gewicht und große
Massenträgheit der Betätigungseinrichtung mit dementsprechend schlechter
Dynamik zur Folge hat. Des weiteren ist eine hohe Betätigungsenergie
erforderlich.
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Mit Selbsthemmung ist immer dann zu rechnen, wenn der sog. Bremsenkennwert
C* einen Vorzeichenwechsel vollzieht. Der Bremsenkennwert stellt das Verhältnis
der an einem Bremskörper erzeugten Umfangskraft zur zugehörigen
Betätigungskraft der Reibungsbremse dar. An der Stelle des Vorzeichenwechsels
weist der Bremsenkennwert C* einen Pol auf (sog. Polstelle), die
Selbstverstärkung der Reibungsbremse geht an dieser Stelle gegen Unendlich.
Der Bremsenkennwert C* wird für die hier betrachteten Reibungsbremsen außer
vom Stützwinkel α im Wesentlichen vom Reibwert µ zwischen dem
Reibbremsbelag und dem Bremskörper beeinflusst. Für die Polstelle gilt: µ = tan α.
Für µ < tan α muss das Andrückelement zur Erzielung einer Bremswirkung mit
einer Betätigungskraft beaufschlagt werden. Für µ > tan α wird das
Andrückelement durch Reibung vom drehenden Bremskörper mitgenommen,
ohne dass eine Betätigungskraft ausgeübt wird. Dies könnte zur Selbsthemmung
der Bremse führen.
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Erläuterung und Vorteile der Erfindung
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Bei der erfindungsgemäßen Reibungsbremse mit den Merkmalen des Anspruchs
1 ist der Stützwinkel des Andrückelements so gewählt, dass der
Bremsenkennwert in oder nahe der Polstelle liegt, d. h. die Selbstverstärkung der
Reibungsbremse geht gegen Unendlich oder ist jedenfalls sehr hoch. Da sich der
Reibwert zwischen Reibbremsbelag und Bremskörper abhängig von den
Betriebsbedingungen ändert, steht bei einem vorgegebenen Stützwinkel nicht von
vornherein fest, ob der Bremsenkennwert in der Polstelle oder nahe bei ihr liegt.
Die Erfindung geht also dahin, den Stützwinkel so zu wählen, dass die
Selbstverstärkung sehr hoch ist und in Abhängigkeit von den
Betriebsbedingungen gegen Unendlich gehen kann. Da sich der Reibwert mit den
Betriebsbedingungen ändert, kann der erfindungsgemäße Stützwinkel nicht exakt
angegeben werden. Die erfindungsgemäße Reibungsbremse weist allerdings
vorzugsweise einen festen und nicht verstellbaren Stützwinkel auf.
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Zur Verhinderung einer Selbsthemmung ist die Betätigungseinrichtung der
erfindungsgemäßen Reibungsbremse sperrend gegen eine Eigenbewegung des
Andrückelements in und entgegen der Drehrichtung des Bremskörpers
ausgebildet (Anspruch 2). Dies bedeutet, die bei betätigter Bremse vom
drehenden Bremskörper auf den Reibbremsbelag ausgeübte Reibungskraft
bewegt das Andrückelement nicht oder begrenzt auf ein Spiel der
Betätigungseinrichtung in Drehrichtung des Bremskörpers weiter. Ein Beispiel für
eine sperrende Betätigungseinrichtung ist ein Schraubgetriebe, beispielsweise ein
Spindeltrieb. Wird die Betätigungseinrichtung als spielfrei angenommen, so
erhöht sich eine Andrückkraft und damit eine Bremskraft beim Betätigen der
Reibungsbremse auch dann nicht, wenn die Selbstverstärkung gegen Unendlich
geht oder ein Vorzeichenwechsel des Bremsenkennwerts auftritt, da sich das
Andrückelement nicht in Drehrichtung des Bremskörpers mit diesem mit- und
infolgedessen auch nicht auf den Bremskörper zu bewegt, was Voraussetzung für
eine Erhöhung der Andrückkraft des Reibbremsbelags an den Bremskörper wäre.
Weist die Betätigungseinrichtung Spiel auf, so bewegt sich das Andrückelement
bei einem Vorzeichenwechsel des Bremsenkennwerts begrenzt auf das Spiel der
Betätigungseinrichtung in Drehrichtung mit dem Bremskörper mit. Ein Anstieg der
Andrückkraft und der Bremskraft sind durch den begrenzten Weg des
Andrückelements in Drehrichtung des Bremskörpers begrenzt. Es erhöht sich in
diesem Fall zwar die Bremskraft, es tritt jedoch keine Selbsthemmung und damit
kein Blockieren des Bremskörpers auf, es sei denn, die Bremskraft liegt bereits
dicht unterhalb einer Blockiergrenze des Bremskörpers.
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Berücksichtigt man zusätzlich eine begrenzte Steifigkeit der Reibungsbremse,
also beispielsweise eine Aufweitung eines Bremssattels einer Scheibenbremse,
durch die Andrückkraft, schwächt sich der durch Spiel in der
Betätigungseinrichtung auftretende Anstieg der Bremskraft bei einem
Vorzeichenwechsel des Bremsenkennwerts ab, da sich das Widerlager durch die
Elastizität der Reibungsbremse bei einer Bewegung des Andrückelements vom
Bremskörper entfernt. Dies wirkt einem Grad des Anstiegs der Andrückkraft und
damit einem Grad des Anstiegs der Bremskraft entgegen. Durch eine in der
Praxis auch bei steifer Ausbildung der Reibungsbremse unvermeidbare Elastizität
vergrößert sich ein Abstand zwischen dem Widerlager und dem Bremskörper
durch die Andrückkraft des Reibbremsbelags gegen den Bremskörper bei
Betätigung der Bremse.
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Eine andere Möglichkeit, eine Selbsthemmung der Reibungsbremse zu
verhindern ist eine (elektronische) Regelung der Andrückkraft des
Reibbremsbelags gegen den Bremskörper (Anspruch 3). Es kann beispielsweise
auch ein Verschiebeweg des Andrückelements geregelt werden. Die
Regelungseinrichtung wirkt einer Eigenbewegung des Andrückelements durch die
vom Bremskörper auf das Andrückelement ausgeübte Reibungskraft entgegen.
Die Regelungseinrichtung steuert bzw. regelt die Betätigungseinrichtung, die das
Andrückelement bewegt.
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Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass bei einer selbstverstärkenden
Reibungsbremse bei Auftreten eines Vorzeichenwechsels des
Bremsenkennwerts die Bremskraft nicht beliebig anwächst und der Bremskörper blockiert,
vorausgesetzt der Weg des Andrückelements in Drehrichtung des Bremskörpers
ist begrenzt. Die Wegbegrenzung ist beispielsweise durch eine sperrende
Betätigungseinrichtung oder durch eine Regelung des Wegs des
Andrückelements oder der Andrückkraft erreichbar. Zusätzlich liegt der Erfindung
die Erkenntnis zugrunde, dass ein bei Auftreten eines Vorzeichenwechsels des
Bremsenkennwerts zu erwartender Bremskraftanstieg in der Praxis nicht
signifikant ist, da die Dynamik zur Verfügung stehender Betätigungseinrichtungen
(Aktuatoren) deutlich höher ist als die Trägheit des mechanischen Systems zur
Selbstverstärkung. Diese Erkenntnisse sind der über Jahrzehnte gebildeten und
gefestigten Auffassung der Fachwelt entgegengesetzt, wonach eine
selbstverstärkende Reibungsbremse so konstruiert sein muss, dass ein
Vorzeichenwechsel des Bremsenkennwerts während des Bremsens unter allen
Betriebsbedingungen mit Sicherheit vermieden wird.
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Bei herkömmlichem Gebrauch sind Reibwertwechsel zwischen Reibbremsbelag
und Bremskörper, die ein Über- und Unterschreiten der Polstelle des
Bremsenkennwerts in schneller Folge bewirken, nicht zu erwarten. Die
erfindungsgemäße Reibungsbremse kommt allerdings auch mit solchen
Bedingungen zurecht, signifikante und im Alltagsgebrauch störende
Bremskraftschwankungen treten dabei nicht auf.
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Die Unteransprüche haben vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der
im Anspruch 1 angegebenen Erfindung zum Gegenstand.
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Die erfindungsgemäße Reibungsbremse hat den Vorteil, dass sie nur eine
geringe Betätigungs- oder Lösekraft benötigt, da sie bei sehr hohen
Bremsenkennwerten arbeitet und deswegen ein großer Teil der zur Bewirkung
einer Bremskraft erforderlichen Andruckkraft des Reibbremsbelags gegen den
Bremskörper durch die Selbstverstärkung aufgebracht wird. Die
erfindungsgemäße Reibungsbremse weist eine sehr hohe, im Grenzfall gegen Unendlich
gehende Selbstverstärkung auf. Die erfindungsgemäße Reibungsbremse arbeitet,
abhängig von den Betriebsbedingungen, unter-, an oder oberhalb der Polstelle
des Bremsenkennwerts, an der der Vorzeichenwechsel des Bremsenkennwerts
stattfindet und die Selbstverstärkung gegen Unendlich geht. Die
Betätigungseinrichtung kann dadurch vergleichsweise klein und leicht ausgebildet werden,
ihre Dynamik ist durch niedrige Trägheitsmomente hoch. Zudem ist die
Betätigungsenergie gering. Die erfindungsgemäße Reibungsbremse eignet sich
dadurch zu einer elektromechanischen Betätigung mit einem Elektromotor gemäß
Anspruch 9. Gerade bei elektromechanischen Reibungsbremsen bringt eine
selbstverstärkende Ausbildung Vorteile hinsichtlich Gewicht, Baugröße und
Dynamik.
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Durch Verwendung zweier Elektromotoren (Anspruch 10) lässt sich Redundanz
erreichen. Zudem lässt sich bei Verwendung beispielsweise eines Spindeltriebs
mit zwei Elektromotoren Spielfreiheit dadurch erreichen, dass zwei Muttern
und/oder zwei Spindeln des Spindeltriebs mit den beiden Elektromotoren
gegeneinander vorgespannt werden.
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Gegenstand des Anspruchs 11 ist eine Reibwertmesseinrichtung für eine
Reibungsbremse. Die erfindungsgemäße Reibwertmesseinrichtung weist eine
Einrichtung zum Messen einer Andruckkraft des Reibbremsbelags an den
Bremskörper und eine Einrichtung zum Messen einer Betätigungskraft der
Reibungsbremse auf. Die beiden Messeinrichtungen können beispielsweise
Kraftmessdosen oder sonstige Kraftsensoren sein. Der negative Quotient der
beiden gemessenen Größen zuzüglich dem Tangens des Stützwinkels ist der
Reibwert zwischen dem Reibbremsbelag und dem Bremskörper
(µ = -Fapp/FN + tan α, wobei Fapp die Betätigungskraft und FN die Andruckkraft ist,
tan α ist bei festem Stützwinkel eine konstante Größe). Die erfindungsgemäße
Reibwertmesseinrichtung hat den Vorteil, dass eine Regelung der Bremskraft der
Reibungsbremse trotz des sich durch Störeinflüsse ändernden Reibwertes
möglich ist. Bei bekannten Reibungsbremsen wird allenfalls die Betätigungskraft
oder die Andruckkraft des Reibbremsbelags gegen den Bremskörper geregelt. Da
sich der Reibwert ändert wird durch eine solche Regelung keine konstante
Bremskraft erzielt.
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Anstatt die Andruckkraft des Reibbremsbelags an den Bremskörper oder die
Betätigungskraft zu messen, können auch diesen Kräften proportionale Größen
gemessen werden, da für eine Bremskraftregelung nicht zwingend der Reibwert
ermittelt werden muss, sondern ein dem Reibwert proportionaler Wert ausreicht.
Der Andruckkraft des Reibbremsbelags an den Bremskörper proportional ist
beispielsweise die am Widerlager des Andrückelements herrschende Kraft oder
eine Aufweitung eines Bremssattels einer Scheibenbremse, d. h. eine für die
Andruckkraft charakteristische Verformung der Reibungsbremse. Anstelle der
Betätigungskraft kann beispielsweise ein Drehmoment oder eine Stromaufnahme
eines Elektromotors der Betätigungseinrichtung gemessen werden. Auch dies ist
Gegenstand des Anspruchs 11.
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Ein Verfahren zur Regelung einer Bremskraft ist Gegenstand des Anspruchs 12.
Eine Führungsgröße wird mit dem Reibwert oder einem zum Reibwert
proportionalen Wert als Korrekturfaktor multipliziert. Der Reibwert lässt sich in
oben erläuterter Weise ermitteln. Führungsgröße kann beispielsweise eine
Andruckkraft des Reibbremsbelags an den Bremskörper oder die
Betätigungskraft sein. Der Wert der Führungsgröße wird beispielsweise in Abhängigkeit von
einem Weg, um den ein Bremspedal niedergetreten oder von einer Kraft, mit der
das Bremspedal niedergetreten wird, bestimmt, wobei diese Abhängigkeit nicht
proportional sein muss. Durch die Multiplikation mit dem Reibwert oder einem
dazu proportionalen Wert werden Veränderungen des Reibwerts eliminiert und es
wird die Bremskraft der Reibungsbremse auf einen von der Pedalbetätigung
abhängigen und vom Reibwert unabhängigen Wert geregelt.
Zeichnung
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines in der Zeichnung dargestellten
Ausführungsbeispiels näher erläutert. Die einzige Figur zeigt eine
Schemadarstellung einer erfindungsgemäßen, selbstverstärkenden Reibungsbremse.
Beschreibung des Ausführungsbeispiels
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Die in der Zeichnung dargestellte, erfindungsgemäße, selbstverstärkende
Reibungsbremse 10 ist als Scheibenbremse ausgebildet. Die Scheibenbremse
weist einen Bremssattel 12 auf, der als sog. Schwimmsattel ausgebildet ist, d. h.
der Bremssattel 12 ist quer zu einer Bremsscheibe 14 verschieblich. Die
Querverschiebbarkeit des Bremssattels 12 ist in der Zeichnung durch als Symbole
dargestellte Widerlager 16 angedeutet.
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Im Bremssattel 12 sind ein feststehender Reibbremsbelag 18 auf einer Seite der
Bremsscheibe 14 und ein beweglicher Reibbremsbelag 20 auf der
gegenüberliegenden Seite der Bremsscheibe 14 angeordnet. Zur Erzeugung einer
Bremskraft ist der bewegliche Reibbremsbelag 20 mittels eines noch zu
erläuternden Keilmechanismus an die eine Seite der Bremsscheibe 14
andrückbar. Durch das Andrücken des beweglichen Reibbremsbelags 20 an die
Bremsscheibe 14 wird in an sich bekannter Weise der Bremssattel 12 quer zur
Bremsscheibe 14 verschoben und drückt den feststehenden Reibbremsbelag 18
an die gegenüberliegende Seite der Bremsscheibe 14 an, die Bremsscheibe 14
wird gebremst.
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Zum Andrücken des beweglichen Reibbremsbelags 20 an die Bremsscheibe 14
weist die Reibungsbremse 10 ein parallel zur Bremsscheibe 14 verschiebbares
Keilelement 22 auf, das an einer der Bremsscheibe 14 abgewandten Rückseite
des beweglichen Reibbremsbelags 20 angeordnet ist und das sich verschieblich
unter einem Keilwinkel α an einer Schrägfläche oder Rampe des Bremssattels 12
abstützt. Die Schrägfläche oder Rampe bildet ein Widerlager 24 für das
Keilelement 22, das im Keilwinkel α zur Bremsscheibe 14 angeordnet ist. Der
Keilwinkel α kann auch als Stützwinkel α bezeichnet werden. Das Keilelement 22
und das Widerlager 24 sind so angeordnet, dass sich ein als Keilspalt
bezeichneter Zwischenraum zwischen dem Widerlager 24 und der Bremsscheibe
14 in einer mit 26 bezeichneten Drehrichtung der Bremsscheibe 14 verengt.
Durch Verschieben des Keilelements 22 in Drehrichtung der Bremsscheibe 26
wird der bewegliche Reibbremsbelag 20 an die Bremsscheibe 14 gedrückt. Über
den Bremssattel 12 wird in oben beschriebener Weise der feststehende
Reibbremsbelag 18 an die gegenüberliegende Seite der Bremsscheibe 14
gedrückt und die Bremsscheibe 14 gebremst. Zum Lösen der Reibungsbremse
10 wird das Keilelement 22 in entgegengesetzter Richtung, also in Richtung der
Aufweitung des Keilspalts verschoben.
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Die Reibungsbremse 10 ist elektromechanisch betätigbar, sie weist eine
Betätigungseinrichtung auf, die einen Elektromotor 28 und ein
Rotations/Translations-Umsetzungsgetriebe 30 aufweist. Dem Elektromotor 28
und dem Rotations/Translations-Umsetzungsgetriebe 30 kann ein in der
Zeichnung nicht separat dargestelltes Untersetzungsgetriebe zwischengeschaltet
sein. Das Rotations/Translations-Umsetzungsgetriebe 30 weist ein
Schraubgetriebe, beispielsweise einen Spindeltrieb auf und wird nachfolgend
vereinfachend als Spindeltrieb 30 bezeichnet werden. Durch rotierenden Antrieb
mit dem Elektromotor 28 verschiebt der Spindeltrieb 30 das Keilelement 22
parallel zur Bremsscheibe 14, und zwar in Abhängigkeit von der Drehrichtung des
Elektromotors 28 in oder entgegen der Drehrichtung 26 der Bremsscheibe 14. Es
ist eine nicht dargestellte, elektronische Regelungseinrichtung vorgesehen, die
einen Verschiebeweg des Keilelements 22 auf einen Sollwert regelt. Die
Regelungseinrichtung verhindert eine Eigenbewegung des Keilelements 22 durch
eine von der Bremsscheibe 14 auf den Reibbremsbelag 20 ausgeübte
Reibungskraft. Die Regeleinrichtung gleicht eventuelles Spiel des Spindeltriebs
30 aus.
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Durch das in Drehrichtung 26 der Bremsscheibe 14 verschiebliche Keilelement 22
weist die Reibungsbremse 10 eine Selbstverstärkung auf: Die drehende
Bremsscheibe 14 übt bei betätigter Reibungsbremse 10 eine Reibungskraft in
Drehrichtung 26 auf den an die Bremsscheibe 14 angedrückten, beweglichen
Reibbremsbelag 20 aus. Diese Reibungskraft wird auf das Keilelement 22
übertragen. Die Reibungskraft wirkt in Richtung des enger werdenden Keilspalts
und bewirkt durch die Abstützung des Keilelements 22 am Widerlager 24 eine
Erhöhung der Andruckkraft des Reibbremsbelags 20 an die Bremsscheibe 14.
Der Keilwinkel α ist erfindungsgemäß so gewählt, dass ein Bremsenkennwert C*
der Reibungsbremse 10 in oder nahe einer Polstelle liegt. Dabei ist der
Bremsenkennwert C* das Verhältnis zwischen einer vom an die Bremsscheibe 14
angedrückten Reibbremsbelag 20 auf die Bremsscheibe 14 ausgeübten
Reibungskraft und einer Betätigungskraft, also der vom Spindeltrieb 30 auf das
Keilelement 22 ausgeübten Kraft. An der Polstelle des Bremsenkennwerts C*
geht die Selbstverstärkung der Reibungsbremse 10 gegen Unendlich. Durch den
erfindungsgemäßen Keilwinkel α kann bei zu erwartenden
Reibwertschwankungen zwischen Reibbremsbelag 20 und Bremsscheibe 14 ein
Vorzeichenwechsel des Bremsenkennwerts C* stattfinden. Um ein Blockieren der
Bremsscheibe 14 bei gegen Unendlich gehender Selbstverstärkung zu
verhindern, ist die Regelungseinrichtung vorgesehen, die eine Eigenbewegung
des Keilelements 22 und damit eine ungewollte Bremskraftänderung verhindert.
Anstelle der Regelungseinrichtung oder zusätzlich zu ihr kann der Spindeltrieb 30
sperrend gegen eine Eigenbewegung des Keilelements 22 ausgebildet sein.
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Der Keilwinkel α ist beispielsweise so gewählt, dass bei trockener und
verschmutzungsfreier Bremsscheibe 14 und einer mittleren Andruckkraft des
Reibbremsbelags 20 an die Bremsscheibe 14 der Bremsenkennwert C* gerade
noch positiv ist. Das Keilelement 22 muss vom Spindeltrieb in den Keilspalt hinein
gedrückt werden. Vergrößert sich die Reibung zwischen der Bremsscheibe 14
und dem Reibbremsbelag 20, so tritt ein Vorzeichenwechsel des
Bremsenkennwerts C* auf und das Keilelement 22 muss vom Spindeltrieb 30
gegen ein reibungsbedingtes Hineinziehen in den Keilspalt rückgehalten werden.
Diese Wahl des Keilwinkels α hat den Vorteil, dass eine nur niedrige
Betätigungskraft zum Verschieben des Keilelements 22 zum Betätigen der
Reibungsbremse 10 notwendig ist, weil ein großer oder der größte Teil der
Andruckkraft des Reibbremsbelags 20 an die Bremsscheibe 14 durch die
Selbstverstärkung der Reibungsbremse 10 bewirkt wird.
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Wird der Spindeltrieb 30 als spielfrei angenommen, so bewegt sich das
Keilelement 22 bei Auftreten eines Vorzeichenwechsels des Bremsenkennwerts
C* nicht weiter in den enger werdenden Keilspalt hinein und die Andruckkraft des
Reibbremsbelags 20 an die Bremsscheibe 14 und damit die Bremskraft werden
nur um den Faktor größer, um den sich der Reibwert ändert, dessen Änderung
den Vorzeichenwechsel des Bremsenkennwerts C* hervorruft. Weist der
Spindeltrieb 30 Spiel auf, so vergrößert sich die Bremskraft begrenzt
entsprechend der Verschiebung des Keilelements 22 durch das Spiel des
Spindeltriebs 30. Der Bremskraftanstieg ist begrenzt und es tritt keine
Selbsthemmung der Bremsscheibe 14 auf. Mit einer Regelung lässt sich der
spielbedingte Bremskraftanstieg reduzieren.
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Die Vergrößerung oder Verkleinerung der Bremskraft bei Auftreten eines
Vorzeichenwechsel des Bremsenkennwerts C* im Falle eines Spiel aufweisenden
Spindeltriebs 30 ist um so geringer, je größer die Elastizität des Bremssattels 12
ist: Da der Bremssattel 12 in der Praxis zwar steif, nicht jedoch absolut starr
ausgebildet sein kann, weitet er sich durch die Andruckkraft der Reibbremsbeläge
18, 20 an die Bremsscheibe 14 auf. Wird die Andruckkraft des beweglichen
Reibbremsbelags 20 bei einem Vorzeichenwechsel des Bremsenkennwerts C*
durch eine Verschiebung des Keilelements 22 um das Spiel des Spindeltriebs 30
vergrößert, weitet sich der Bremssattel 12 auf. Dies hat zur Folge, dass eine
Vergrößerung der Andruckkraft und damit auch eine Vergrößerung der
Bremskraft wesentlich geringer ausfällt als bei einem starren oder sehr steifem
Bremssattel 12. Die Erhöhung der Bremskraft bei einem Vorzeichenwechsel des
Bremsenkennwerts C* durch das Spiel des Spindeltriebs 30 wird also durch die
immer vorhandene Elastizität des Bremssattels 12 abgeschwächt. Die begrenzte
Steifigkeit bzw. Elastizität des Bremssattels 12 soll in der Zeichnung durch den
als U-förmigen Bügel dargestellten Bremssattel 12 veranschaulicht werden. Der
Bremssattel 12 der Reibungsbremse 10 kann in deren praktischer Ausführung
selbstverständlich eine übliche Form und Ausbildung haben. Der Erfindung liegt
insbesondere die Erkenntnis zugrunde, dass Bremskraftschwankungen beim
Auftreten eines Vorzeichenwechsels des Bremsenkennwerts C* selbst bei einem
Spiel aufweisenden Spindeltrieb 30 so gering sind, dass sie im Praxisbetrieb
akzeptabel sind und dass deswegen ein Keilwinkel α an oder nahe der Polstelle
des Bremsenkennwerts C* gewählt werden kann. Selbst bei mehrfachem und
schnellem Vorzeichenwechsel des Bremsenkennwerts C* während einer
Bremsung sind die damit verbundenen Bremskraftänderungen insbesondere
durch Verwendung der Regelungseinrichtung für den Verschiebeweg des
Keilelements 22 oder der Andruckkraft nicht signifikant und akzeptabel.
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Um solche Bremskraftschwankungen klein zu halten, ist der Spindeltrieb 30 oder
allgemein ein Rotations/Translations-Umsetzungsgetriebe mit kleinem Spiel oder
idealer Weise spielfrei ausgebildet. Eine spielfreie Ausbildung ist beispielsweise
durch zwei axial gegeneinander vorgespannte Spindeln und/oder Muttern des
Spindeltriebs 30 möglich.
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Die Reibungsbremse 10 weist eine Reibwertmesseinrichtung auf: Die
Reibwertmesseinrichtung umfasst eine Einrichtung 32 zur Messung der Andruckkraft der
Reibbremsbeläge 18, 20 an die Bremsscheibe 14. Dies kann beispielsweise ein
Piezo-Element sein, dass beispielsweise wie dargestellt zwischen dem
feststehenden Reibbremsbelag 18 und dem Bremssattel 12 angeordnet ist. Das
Piezo-Element kann selbstverständlich auch zwischen dem beweglichem
Reibbremsbelag 20 und dem Keilelement 22 angeordnet sein (nicht dargestellt).
Anstatt der Andruckkraft kann auch eine der Andruckkraft proportionale Größe,
beispielsweise die Abstützkraft des Keilelements 22 am Widerlager 24 oder
beispielsweise auch die Aufweitung des Bremssattels 12 gemessen werden.
Letzteres ist in der Zeichnung mit einem Dehnmessstreifen 34 angedeutet.
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Des weiteren umfasst die Reibwertmesseinrichtung eine Einrichtung zur Messung
der Betätigungskraft, mit der das Keilelement 22 parallel zur Bremsscheibe 14
beaufschlagt wird. Dies ist beispielsweise mittels eines Kraftsensors 36 möglich.
Statt der Betätigungskraft kann auch hier eine der Betätigungskraft proportionale
Größe wie beispielsweise das vom Elektromotor 28 ausgeübte Drehmoment mit
dem Drehmomentsensor 38 oder eine Stromaufnahme des Elektromotors 28
gemessen werden. Aus dem Verhältnis zwischen der Betätigungskraft und der
Andruckkraft lässt sich der Reibwert zwischen dem Reibbremsbelag 20 und der
Bremsscheibe 14 und damit auch die Bremskraft der Reibungsbremse 10
ermitteln. Dies ermöglicht eine Regelung der Reibungsbremse 10 auf die
tatsächlich erzeugte Bremskraft beispielsweise in Abhängigkeit von einer
Bremspedalstellung oder einer Kraft, mit der ein Bremspedal niedergetreten wird.
Da zur Regelung der Bremskraft nicht deren absoluter Wert ermittelt werden
muss, sondern die Regelung einer zur Bremskraft proportionalen Größe
ausreicht, müssen zur Bremskraftregelung nicht die Andruckkraft der
Reibbremsbeläge 18, 20 an die Bremsscheibe 14 und die auf das Keilelement 22
ausgeübte Betätigungskraft gemessen werden, sondern die Messung
proportionaler Größen zu diesen beiden Kräften genügt.
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Die in der Zeichnung dargestellte Reibungsbremse 10 weist eine
Selbstverstärkung nur in der dargestellten Drehrichtung 26 der Bremsscheibe 14
auf. Zur Erzielung einer Selbstverstärkung bei entgegengesetzt drehender
Bremsscheibe 14 können beispielsweise außer einer zweiten, entgegengesetzt
angeordneten Reibungsbremsen auch ein Doppelkeil anstelle des Keilelements
22 vorgesehen werden, der sich abhängig von der Drehrichtung der
Bremsscheibe 14 an einem von zwei einander entgegengesetzt schrägen
Widerlagern abstützt oder auch zwei Keilelemente mit jeweils zugeordnetem
Widerlager vorgesehen werden.
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Zur Erzielung einer Redundanz kann die Reibungsbremse 10 zwei
Elektromotoren 28 aufweisen, die beispielsweise über ein Differenzialgetriebe wie
beispielsweise ein Planetengetriebe den Spindeltrieb 30 antreiben (nicht
dargestellt). Mit zwei Elektromotoren ist es auch möglich, beispielsweise zwei
Muttern, die auf eine Spindel eines Spindeltriebs aufgesetzt sind, axial
gegeneinander vorzuspannen um Spiel zu eliminieren.