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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen von Borcarbid.
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Borcarbid, das einen vergleichsweise hohen Schmelzpunkt bei mehr als 2300°C, eine außergewöhnlich hohe Härte, gute mechanische Eigenschaften, eine geringe Dichte von ca. 2,5 g/cm3 und eine große Resistenz gegen chemische Stoffe mit einer hohen Neutronenabsorptionsrate kombiniert, wird in Hochtechnologieanwendungen wie Schnellen Brütern, leichten Rüstungsverkleidungen oder Stoffen zur thermoelektrischen Konversion bei hohen Temperaturen eingesetzt.
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Kommerziell erhältliches Borcarbidpulver wird gewöhnlich entweder durch eine Reduktion von Bortrioxid (oder Säure) mit Kohlenstoff in einer elektrischen Bogenentladung bei ca. 2200°C bis 2500°C durch 2B2O3 + 7C → B4C + 6CO – 1812 kJ oder durch Reduktion von Bortrioxid mit Magnesium bei Anwesenheit von Kohlenstoffruß bei 1000°C bis 1200°C durch 2B2O3 + 6Mg + C → B4C + 6MgO + Q kJ erzeugt. Auf beiden Wegen lassen sich nur sehr inhomogene Volumen erzeugen, weshalb auch daraus resultierende Produkte mit nichtreagiertem Ausgangsmaterial und verschiedenen Formen von Bor-Kohlenstoff-Verbindungen (B-C-Verbindungen) versetzt sind. Dies zieht eine langwierige und kostenintensive Nachbehandlung nach sich, um möglichst reines Borcarbid B4C zu erhalten.
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Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Herstellen von Barcarbid vorzuschlagen, das die genannten Nachteile vermeidet, mit dem also kostengünstig möglichst reines Borcarbid herstellbar ist.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren nach Anspruch 1 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen sind in den abhängigen Ansprüchen enthalten.
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Bei einem Verfahren zum Herstellen von Borcarbid wird Boroxid in Pulverform mit nanostrukturiertem Kohlenstoff in Pulverform mechanisch miteinander durchmischt und die Mischung in einen Tiegel gefüllt. Der gefüllte Tiegel wird anschließend in einen Reaktor eingebracht und in einer inerten Atmosphäre in dem Reaktor auf eine Temperatur von maximal 1500°C erhitzt. Nach einem Abkühlen des Tiegels wird das synthetisierte Borcarbid aus dem Tiegel entnommen.
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Unter einer inerten Atmosphäre soll hierbei eine Atmosphäre verstanden werden, bei der der Kohlenstoff möglichst keine Wechselwirkung mit Sauerstoff eingehen kann, was bei den herrschenden hohen Temperaturen äußerst nachteilig wäre. Insbesondere soll der Begriff der inerten Atmosphäre daher eine sauerstoffarme Atmosphäre mit einem Sauerstoffpartialdruck von weniger als 1 Pa oder eine sauerstofffreie Atmosphäre bezeichnen. Boroxid, insbesondere Bortrioxid B2O3, das vorzugsweise als Ausgangsstoff für das Verfahren verwendet wird, ist ein preiswerter Werkstoff, der einfach durch Lösung in heißem Wasser oder Verdampfen bei hohen Temperaturen gewonnen werden kann. Nachteilig an diesen bekannten Reaktionen ist jedoch, dass immer noch vergleichsweise hohe Temperaturen von mehr als 1600°C verwendet werden müssen, um die Reaktion B2O3 + 3C → 2B + 3CO durchführen zu können. Aufgrund der Verwendung von nanostrukturiertem Kohlenstoff kann das in der zuletzt beschriebenen Reaktion gebildete Bor nach Diffusion in geschmolzenem Bortrioxid und Erreichen einer Oberfläche des verwendeten nanostrukturierten Kohlenstoffs einfach Borcarbid gemäß folgender Reaktion formen: 4B + C → B4C
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Das beschriebene Verfahren ist somit kostengünstig und bei verhältnismäßig niedrigen Temperaturen durchführbar, es handelt sich somit um eine Niedertemperatursynthese für Borcarbid. Zudem zeichnet es sich durch seine Einfachheit und Umweltfreundlichkeit aus und erlaubt die einfache Beimischung fremder Werkstoffe, um das Borcarbid an verschiedene Anwendungen anpassen zu können. Schließlich hat sich herausgestellt, dass auch eine strukturelle Qualität des hergestellten Borcarbids aufgrund der verwendeten nanostrukturierten Kohlenstoffe deutlich verbessert wird, d. h. dass feinere Kristalle herausgebildet werden als bei konventionellen Herstellungsverfahren.
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Da der Kohlenstoff in den beiden zuletzt genannten Reaktionen zur Reduktion von Bortrioxid und zum Herausbilden von Borcarbid verwendet wird, kann eine Reaktion bei niedrigeren Temperaturen ablaufen durch Auswahl und Verwenden einer Kohlenstoffverbindung, die reaktiver (und weniger stabil) ist als Graphit.
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Als nanostrukturierter Kohlenstoff kann eine einwandige, doppelwandige und bzw. oder mehrwandige Kohlenstoffnanoröhre bzw. eine Vielzahl derartiger Röhren verwendet werden. Alternativ oder zusätzlich kann auch Graphen eingesetzt werden. Unter dem Begriff ”nanostrukturierter Kohlenstoff” sollen insbesondere Kohlenstoffverbindungen verstanden werden sollen, die eine gekrümmte Oberfläche aufweisen (wie beispielsweise Kohlenstoffnanoröhren) oder sich durch Fehlen von π-Verbindungen zwischen einzelnen Lagen auszeichnen, was beim Graphen der Fall ist. Kohlenstoffnanoröhren und Graphen können in großen Mengen preiswert hergestellt werden und somit vorteilhaft für das beschriebene Verfahren verwendet werden.
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Falls eine oder mehrere einwandige Kohlenstoffnanoröhren bei dem Verfahren eingesetzt werden, kann die Reaktionstemperatur in einem Bereich zwischen 1100°C und 1300°C liegen, da diese von den genannten Werkstoffen aufgrund deren gekrümmter Oberflächen am wenigsten stabil sind. Werden eine oder mehrere mehrwandige Kohlenstoffnanoröhren oder Graphen verwendet, wird typischerweise eine Reaktionstemperatur in einem Bereich zwischen 1300°C und 1500°C verwendet.
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Um ausreichend Bor für das Verfahren zur Verfügung zu haben, wird das Boroxid und der nanostrukturierte Kohlenstoff vorzugsweise in einem Massenmischungsverhältnis in einem Bereich zwischen 10:1 und 2:1, vorzugsweise 6:1 und 4:1, besonders vorzugsweise 5:1 gemischt.
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Es kann vorgesehen sein, als inerte Atmosphäre in dem oder an dem Tiegel eine stickstoffhaltige oder edelgashaltige Atmosphäre, typischerweise eine 99,999 Prozent Atmosphäre, vorzusehen. Vorzugsweise wird eine argonhaltige Atmosphäre verwendet.
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Das Borcarbid kann nach dem Entnehmen aus dem Tiegel mehrfach, also mindestens zwei Mal, mit siedendem oder kochendem Wasser, also Wasser mit einer Temperatur von typischerweise mindestens 100°C, zum Ausspülen von verbliebenem Boroxid gewaschen werden. Vorzugsweise wird hierfür destilliertes Wasser verwendet, um keine Fremdstoffe in das Borcarbid einzubringen.
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Alternativ oder zusätzlich kann das Borcarbid nach dem Entnehmen aus dem Tiegel zentrifugiert werden, um seinen Reinheitsgrad zu erhöhen. Dies erfolgt typischerweise bei einer Beschleunigung von 9500 g bis 10500 g, vorzugsweise bei 10000 g, wobei g für die Erdbeschleunigung steht.
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Das Borcarbid wird nach dem Zentrifugieren typischerweise in destilliertem Wasser bei einer Temperatur zwischen 90°C und 110°C, vorzugsweise bei einer Temperatur von 100°C gewaschen, um den Reinheitsgrad weiter zu erhöhen.
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Es kann vorgesehen sein, dass der Tiegel zwischen 1,5 Stunden und 2,5 Stunden, vorzugsweise für 2 Stunden in dem Reaktor erwärmt wird, um ausreichend lange Die beschriebene Reaktion ablaufen zu lassen.
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Typischerweise wird Borcarbid, das sich durch feinere Kristalle auszeichnen kann, somit nach dem beschriebenen Verfahren hergestellt.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung dargestellt und wird anhand von 1 diskutiert.
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1 zeigt Raman-Spektren von unbehandelten einwandigen sowie mit Bortrioxid bei zwei verschiedenen Temperaturen behandelten Kohlenstoffnanoröhren.
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Zum Herstellen von Borcarbid werden beispielsweise kommerziell erhältliche mehrwandige, doppelwandige oder einwandige Kohlenstoffnanoröhren mit einem Durchmesser zwischen 10 nm und 20 nm und einer Länge zwischen 5 μm und 15 μm oder getrocknetes Graphenpulver als Ausgangsstoffe mit Boroxidpulver (B2O3) durchmischt. Das Graphenpulver kann auch durch Reduktion von Graphenoxid mit Aluminiumpulver in einer Lösung mit Salzsäure hergestellt werden. Im Folgenden wurden mehrwandige Kohlenstoffnanoröhren verwendet und die erzielten Ergebnisse werden besprochen.
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Das Boroxidpulver und das Pulver des nanostrukturierten Kohlenstoffs, im diskutierten Ausführungsbeispiel also mehrwandige Kohlenstoffnanoröhren, werden anschließend in einem Massenmischungsverhältnis von 5:1 miteinander durchmischt und in einen Graphittiegel eingebracht. Dieser Graphittiegel wird nachfolgend in einen Reaktor eingeführt und dort bei einer Temperatur von 1500°C für 2 Stunden erhitzt. Im Reaktor wird eine inerte Atmosphäre während der stattfindenden Reaktion durch ein Einbringen von Argongas erzeugt. Nachdem die Synthesereaktion abgelaufen ist und sich Borcarbid gebildet hat, wird der gebildete Festkörper aus dem Graphittiegel entnommen und zwei Mal mit siedendem Wasser gewaschen, um nichtreagiertes Bortrioxid zu entfernen. Das synthetisierte Pulver wird dann durch Zentrifugieren bei ca. 10000 g für 6000 Sekunden von weiteren nichtreagierten Anteilen oder Fremdstoffen getrennt und schließlich an Luft bei 130°C getrocknet.
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Im Anschluss daran kann das hergestellte Borcarbid weiter untersucht werden. Hierbei zeigt sich, dass sich bei Verwendung nanostrukturierter Kohlenstoffe wie Kohlenstoffnanoröhren oder Graphen die Feinheit der herausgebildeten Kristalle des Borcarbids erhöht. Zudem ist mit einer Erhöhung der Reaktionstemperatur ebenfalls eine Erhöhung der Feinheit der herausgebildeten Kristalle feststellbar. Die gemessene Ausbeute an Borcarbid bei 1500°C entspricht in dem dargestellten Ausführungsbeispiel ungefähr 0,26 g Borcarbid je 1 g reiner mehrwandiger Kohlenstoffnanoröhren. Bei Verwendung von Graphen und einer Temperatur von 1400°C werden circa 0,17 g Borcarbid je 1 g reines Graphen erreicht.
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Bei einer weitergehenden Untersuchung stellt man fest, dass die eingesetzten mehrwandigen Kohlenstoffnanoröhren nahezu komplett in Borcarbid umgewandelt wurden und dies bereits bei Temperaturen von 1500°C, also fast 700°C niedriger als bei vergleichbaren Verfahren.
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In weiteren Ausführungsbeispielen können dem Pulver auch Katalysatoren beigefügt werden, beispielsweise Fe, Co, Ni, oder S, um die Niedertemperatursynthese des Borcarbid zu unterstützen.
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Bei dem in 1 dargestellten Ausführungsbeispiel wurden schließlich einwandige Kohlenstoffnanoröhren verwendet, die im Vergleich zu Graphen oder mehrwandigen Kohlenstoffnanoröhren wegen ihrer hochgradig gekrümmten Oberfläche weniger stabil sind. Wie man im Vergleich der Raman-Spektren erkennt, entstehen bereits bei einer Temperatur von 1200°C (mittleres Spektrum) im Vergleich zum Spektrum reiner Kohlenstoffnanoröhren (unteres Spektrum) zwischen 400 cm–1 und 1100 cm–1 Peaks im Spektrum, die auf eine Ausbildung von B-C-Verbindungen hinweisen. Bei einer Reaktionstemperatur von 1300°C ist dies noch ausgeprägter und es kann daraus geschlossen werden, dass die eingesetzten einwandigen Kohlenstoffnanoröhren komplett in Borcarbid transformiert wurden (und dies vermutlich bereits in einem Temperaturbereich zwischen 1150–1250°C).
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Lediglich in den Ausführungsbeispielen offenbarte Merkmale der verschiedenen Ausführungsformen können miteinander kombiniert und einzeln beansprucht werden.