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Technisches Gebiet
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Betreiben eines elektromechanischen Lenkstellgebers für einen Lenkantrieb in einem Lenksystem eines Kraftfahrzeugs sowie ein Lenksystem eines Kraftfahrzeugs mit einer solchen Vorrichtung.
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Technischer Hintergrund
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Insbesondere zum Lenken von Hinterachsen von Fahrzeugen werden elektromechanische Stellgeber verwendet. Durch diese Stellgeber kann an der Hinterachse eines Kraftfahrzeugs ein Lenkwinkel eingestellt werden, der in Zusammenwirkung mit einer Vorderachslenkung die Querdynamik des Kraftfahrzeugs beeinflussen kann. Je nach Fahrsituation können die Hinterräder gegensinnig oder gleichsinnig zu Vorderrädern eingeschlagen werden, um den Wendekreis zu reduzieren bzw. die Gierrate bei einem Spurwechsel zu reduzieren.
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Es ist sicherheitskritisch, dass eine Lenkverstellung der Hinterachse durch einen entsprechenden Stellgeber nur dann erfolgt, wenn diese gewünscht ist, d.h. wenn diese aktiv durch ein einem Lenkungsstellgeber zugeordneten Steuergerät angesteuert wird. Daher wird üblicherweise die Kopplung zwischen dem Stellgeber und der Hinterachse mit einer selbsthemmenden Mechanik versehen, die vermeiden soll, dass Krafteinflüsse auf die Hinterachse zu einer Verstellung des Stellgebers führen.
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In der Praxis können auf die Hinterachse wechselnde Kräfte und insbesondere hochfrequente Vibrationen ausgeübt werden, die je nach Auslegung die Selbsthemmung überwinden können und zu einer Bewegung des Stellgebers führen können. Dadurch kann es zu einer ungewollten Verstellung der Hinterachslenkung kommen.
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Um die Überwindung der Selbsthemmung zu verhindern, ist beispielsweise aus der Druckschrift
DE 10 2011 085 607 A1 bekannt, eine Sperrvorrichtung vorzusehen, die die Verstellung der Hinterachse verriegelt, wenn ein Fehlerfall in der Energieversorgung oder ein Defekt des elektromechanischen Stellers vorliegt oder falls der Wert des Lenkwinkels nicht plausibel ist oder die Kommunikationsanbindung über einen Datenbus gestört ist.. Eine solche Sperrvorrichtung stellt jedoch ein zusätzliches Bauteil dar, dessen Einsatz ein zusätzlicher konstruktiver Aufwand und damit Kosten verursacht.
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Ein weiteres Problem besteht darin, dass bei einer aktiven Ansteuerung des Lenkungsstellgebers eine Blockierung auftreten kann, was beispielsweise durch Undichtigkeiten in das Innere des Lenkungsstellgebers vorgedrungenes und dann gefrorenes Wasser, mechanische Beschädigung oder Fremdobjekte im Fahrwerksbereich des Kraftfahrzeugs verursacht werden kann.
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Die Druckschrift
DE 103 47 179 A1 offenbart ein Lenksystem mit einem Lenkwinkelsteuergerät für einen Lenkwinkelsteller zur Verstellung eines Lenkwinkels, und mit einer Überwachungseinrichtung, die einen Ist-Wert, der das tatsächliche Moment des Lenkwinkelstellers oder den Lenkwinkel beschreibt, mit einem Sollwert vergleicht und ein Differenzsignal erzeugt, wobei bei Überschreiten einer vorgebbaren Größe des Differenzsignals das Differenzsignal über ein Steuergerät eines Antriebsmotors des Fahrzeugs herangezogen wird, um die Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs herabzusetzen und/oder zu begrenzen.
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Die Druckschrift
DE 100 19 152 A1 offenbart ein System zur Regelung eines einen elektrischen Stellmotor aufweisenden Stellers in einem Kraftfahrzeug, mit einem Regler, der abhängig vom Vergleich eines aus einem Betriebszustand des Kraftfahrzeugs ermittelten Sollwerts mit einem Istwert eine Stellgröße ermittelt und an den Steller abgibt, wobei eine modellgestützte Überwachungseinrichtung in Abhängigkeit von Sollgrößen des elektrischen Stellmotors, von durch jeweilige Sensoren gemessenen Istgrößen und vom Betriebszustand des Fahrzeugs sowie auf der Basis eines ein Sollverhalten jeweils des Stellers und der in ihm enthaltenen Regelstrecken nachbildenden Modells eine Ausgangsgröße zur Bewertung einer Stellgüte des Stellers und damit Kriterien zur eventuellen Abschaltung oder zur Initiierung eine Notlaufs erzeugt.
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Die Druckschrift
DE 10 2008 036 039 A1 offenbart ein Verfahren zur Überwachung und Ansteuerung eines Positions-Stellers in einem Kraftfahrzeug, wobei das zeitliche Istverhalten des Positionsstellers mit einem anhand eines Modells gebildeten zeitlichen Sollverhalten verglichen wird, und wobei dann, wenn das Istverhalten des Positions-Stellers den Sollverhaltensbereich verlässt, der Positions-Steller unter zusätzlicher Berücksichtigung dieser Abweichung zwischen dem Istverhalten und dem Sollverhalten oder der Grenze des Sollverhaltensbereichs angesteuert wird, wobei die zum Angleichen des Istverhaltens an das Sollverhalten gewählte Verstellgeschwindigkeit des Positions-Stellers gegenüber der maximal möglichen Steller-Dynamik reduziert wird.
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Die Druckschrift
DE 10 2008 055 874 A1 offenbart eine Korrektureinrichtung in einem mit Reibung behafteten Lenksystem, zur Korrektur einer durch die Reibung bedingten Abweichung von einer als Antwort auf eine Eingangsgröße des Systems erwarteten Ausgangsgröße des Systems, wobei die Korrektureinrichtung mit einem das aktuelle reale Reibverhalten des Systems beschreibenden Real-Reibmodell versehen ist, wobei die Korrektureinrichtung zusätzlich mit einem das erwünschte oder erwartete Reibverhalten des Systems beschreibenden Soll-Reibmodell versehen ist, wobei ein zur Korrektur der Ausgangsgröße des Systems dienendes erstes Korrektursignal am Ausgang der Korrektureinrichtung von der Differenz der Signale an dem Ausgang des Real-Reibmodells und des Soll-Reibmodells abhängig ist.
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Die Druckschrift
EP 2 528 801 A1 offenbart ein Verfahren zum Überführen eines elektromotorischen Lenkwinkelstellers einer Vorderachs-Überlagerungslenkung oder einer Hinterachslenkung in einen sicheren Zustand, wobei ein elektronisches Steuergerät diesen Lenkwinkelsteller bei Auftreten eines signifikanten Fehlers unter Berücksichtigung von Randbedingungen in eine sogenannte Neutralstellung oder Nullstellung fährt, wobei es entweder vom Betriebszustand des Fahrzeugs abhängig ist oder letztlich anhand einer elektrischen Energiebilanz, ob aufgrund einer Bewegung des Fahrzeugs eine energiebedarfsgerechte Bewegung des Lenkwinkelstellers möglich ist und zwar nur im bejahenden Fall wird eine Verstellbewegung durchgeführt, die dann so langsam erfolgt, dass der Fahrer hierauf praktisch intuitiv reagieren kann.
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Die Druckschrift
DE 39 08 164 A1 offenbart ein Steuerungssystem für eine Hinterradlenkung, mit einem Hinterradlenkmechanismus zum Lenken der Hinterräder eines Fahrzeuges, einem mit dem Hinterradlenkmechanismus zu dessen Betätigung verbundenen Antriebsmotor, einem Sollwertsteller zur Vorgabe eines Sollwertes für den Einschlagwinkel der Hinterräder entsprechend einem vorhergegebenen Faktor, ein Steuergerät zur Steuerung des Antriebsmotors, so dass die Hinterräder entsprechend dem Sollwert eingeschlagen werden. Es ist eine Sperreinrichtung zur Sperrung des Hinterradlenkmechanismus, gegen jede Lenkbewegung, vorgesehen, wenn der Sollwert für den Einschlagwinkel im wesentlichen konstant ist, und eine Freigabeeinrichtung zum Aufheben der durch die Sperreinrichtung bewirkten Sperrung, wenn eine vorherbestimmte Voraussetzung gegeben ist.
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Die Druckschrift
DE 103 15 704 A1 offenbart eine Hilfskraftlenkung mit einen Elektromotor und einem davon angesteuerten Überlagerungsgetriebe, wobei der Rotor des Elektromotors ein mechanisches Getriebeteil des Überlagerungsgetriebes bewegt, wobei der Elektromotor mit einer mechanischen Sperre versehen ist, die zusätzlich zu einer elektrischen Deaktivierung des Elektromotors und die zumindest bei störungsbehafteten Situationen das mechanische Getriebeteil des Überlagerungsgetriebes fixiert und gegen Bewegung sichert, indem das Getriebeteil mit langlochförmigen Nuten versehen ist, in die ein Stift der mechanischen Sperre eingreift.
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Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Erkennung eines Zustands und zum Betreiben eines elektromechanischen Lenkungsstellgebers zur Verfügung zu stellen, die eine verbesserte Zustandserkennung und Fehlerbehandlung aufweisen.
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Offenbarung der Erfindung
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Diese Aufgabe wird durch das Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1, durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 4 sowie durch ein Lenksystem mit den Merkmalen des Anspruchs 5 gelöst.
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Weitere Ausgestaltungen sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
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Gemäß einem ersten Aspekt ist ein Verfahren zum Betreiben eines elektromechanischen Lenkstellgebers für einen Lenkantrieb in einem Lenksystem eines Kraftfahrzeugs für eine Hinterachslenkung vorgesehen, mit folgenden Schritten:
- - Feststellen eines Fehlerzustands anhand einer vorgegebenen Soll-Position und einer tatsächlichen Ist-Position einer Lenkstange des Lenksystems bei deaktiviertem Lenkstellgeber; und
- - Durchführen einer Maßnahme zur Aufhebung des Fehlerzustands.
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Weiterhin umfasst der Fehlerzustand eine Verstellung der Ist-Position der Lenkstange nach einem Erreichen einer vorgegebenen Soll-Position bei unveränderter Vorgabe der Soll-Position umfassen.
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Es ist vorgesehen, dass bei weiterhin unveränderter Soll-Position als Maßnahme zur Aufhebung des Fehlerzustands eine Kompensation der Verstellung durchgeführt wird, indem der elektromechanische Stellgeber gemäß einer Lageregelung angesteuert wird, um die vorgegebene unveränderte Soll-Position der Lenkstange erneut einzustellen.
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Eine Idee des obigen Verfahrens zum Erkennen eines Fehlerzustands eines elektromechanischen Stellgebers für einen Lenkungsantrieb besteht darin, anhand einer Überwachung einer Differenz zwischen einer Soll-Position und einer Ist-Position des elektromechanischen Stellgebers und abhängig von einem Betriebszustand des elektromechanischen Stellgebers einen Fehlerzustand zu erkennen.
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So kann beispielsweise bei deaktiviertem Stellgeber, d.h. eine Soll-Position wurde zuvor eingestellt und keine neue Soll-Position wurde vorgegeben, ein Auftreten einer Abweichung zwischen der zuvor eingestellten Soll-Position und der Ist-Position auf eine Überwindung einer Selbsthemmung des Stellgebers aufgrund von Einflüssen, die über die Lenkstange auf den Stellgeber eingewirkt haben, geschlossen werden. Weiterhin kann bei einem aktivem Stellgeber, der zum Durchführen einer Bewegung angesteuert wird, und bei dem insbesondere durch Überwachen einer Änderung der Ist-Position festgestellt wird, dass keine Bewegung bzw. Verstellung stattfindet, auf eine Blockierung des elektromechanischen Stellgebers geschlossen werden.
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Die Erkennung des Zustands des Lenksystems ermöglicht das Durchführen von Maßnahmen zur Korrektur bzw. zur Behebung des Zustands. Insbesondere bei Feststellung einer Überwindung einer Selbsthemmung kann durch aktives Betreiben des Stellgebers die durch die Selbsthemmung ursprünglich festgelegte Soll-Position erneut angefahren werden, um so den durch die Überwindung der Selbsthemmung entstandenen Versatz der Lenkstange zu kompensieren. Dadurch ist es möglich, auf eine Verriegelungseinrichtung, die häufig als zusätzliche Komponente bei derartigen Lenksystemen zur Fixierung der Lenkstange vorgesehen wird, zu verzichten, so dass der konstruktive Aufwand für ein solches Lenksystem verringert wird.
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Weiterhin kann bei Feststellen des Fehlerzustands eine der folgenden Maßnahmen vorgenommen werden:
- - eine Änderung von Software-Parametern einer Lageregelung,
- - ein Halten einer vorgegebenen Position, insbesondere der Soll-Position oder einer Geradeaus-Stellung, durch den elektromechanischen Stellgeber, insbesondere durch aktives Bestromen des elektromechanischen Stellgebers;
- - Kommunizieren einer Information über eine fehlende oder zu geringe Selbsthemmung, so dass insbesondere Maßnahmen zur Reduzierung der Fahrwerksdynamik eingeleitet werden; und
- - Speichern und/oder Signalisieren einer Information über eine fehlende oder zu geringe Selbsthemmung.
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Gemäß einer Ausführungsform kann der Fehlerzustand durch Vergleich einer zu erwartenden Position und/oder zu erwartenden Stellgeschwindigkeit der Lenkstange, die mithilfe eines vorgegebenen mathematischen Modells des Lenksystems ermittelt werden, mit einer Ist-Position bzw. einer Ist-Stellgeschwindigkeit festgestellt werden.
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Gemäß einem weiteren Aspekt ist eine Vorrichtung zum Betreiben eines elektromechanischen Lenkstellgebers für einen Lenkantrieb in einem Lenksystem eines Kraftfahrzeugs für eine Hinterachslenkung, vorgesehen, wobei die Vorrichtung ausgebildet ist, um:
- - einen Fehlerzustand anhand einer vorgegebenen Soll-Position und einer tatsächlichen Ist-Position einer Lenkstange des Lenksystems bei deaktiviertem Lenkstellgeber festzustellen; und
- - nach Feststellen des Fehlerzustands eine Maßnahme zur Aufhebung des Fehlerzustands durchzuführen, wobei bei weiterhin unveränderter Soll-Position als Maßnahme zur Aufhebung des Fehlerzustands eine Kompensation der Verstellung durchgeführt wird, indem der elektromechanische Stellgeber gemäß einer Lageregelung angesteuert wird, um die vorgegebene unveränderte Soll-Position der Lenkstange erneut einzustellen.
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Gemäß einem weiteren Aspekt ist ein Lenksystem eines Kraftfahrzeugs mit einem Lenkantrieb für eine Hinterachslenkung, vorgesehen, umfassend:
- - einen elektromechanischen Stellgeber zum Ansteuern einer Lenkstange;
- - die obige Vorrichtung.
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Figurenliste
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Ausführungsformen werden nachfolgend anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung eines Lenksystems für eine Hinterachse eines Kraftfahrzeugs; und
- 2 ein Flussdiagramm zur Veranschaulichung eines Verfahrens zum Betreiben des Lenksystems.
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Beschreibung von Ausführungsformen
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In 1 ist schematisch ein Lenksystem 1 für ein Fahrwerk eines Kraftfahrzeugs dargestellt. Das Lenksystem 1 dient zur elektromechanischen Lenkungsverstellung von Rädern (nicht gezeigt) des Kraftfahrzeugs und kann insbesondere für eine Hinterachslenkung verwendet werden, da diese insbesondere von einer Lenkvorrichtung (Lenkrad), die durch den Fahrer bedient wird, mechanisch entkoppelt ist.
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Das Lenksystem 1 umfasst eine Lenkstange 2 und einen elektromechanischen Stellgeber 3, der in Form eines elektromechanischen Stellgebers ausgebildet ist. Die Lenkstange 2 ist so mit den zu lenkenden Rädern gekoppelt, dass durch eine translatorische Bewegung der Lenkstange 2 in einer Verschiebungsrichtung V ein Lenkwinkel eingestellt werden kann. Der Stellgeber 3 umfasst einen rotatorischen Elektromotor 31 und ein mit der Abtriebswelle des Elektromotors 31 fest verbundenes Kopplungselement 32, das sich bei Betreiben des Elektromotors 31 dreht. Das Kopplungselement 32 kann z.B. als ein Ritzel oder dergleichen ausgebildet sein. Das Kopplungselement 32 ist mit einem Gewinde und/oder einer Zahnstange 21 der Lenkstange 2 mechanisch gekoppelt.
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Die mechanische Kopplung zwischen dem mechanischen Kopplungselement 32 und dem gezahnten Bereich 21 ist grundsätzlich so ausgebildet, dass eine Rotationsbewegung des Elektromotors 31 oder ein entsprechendes Drehmoment auf eine translatorische Bewegung der Lenkstange 2 bzw. eine translatorisch wirkende Kraft der Lenkstange 2 übertragen werden kann, während eine Bewegung der Lenkstange 2 in der Regel nicht zu einem Drehmoment an dem Elektromotor 31 führen soll. Durch die Wahl des Untersetzungsverhältnisses wird eine Selbsthemmung realisiert.
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Mit Hilfe eines an dem Stellgeber 3 angeordneten Positionssensors 33 kann die aktuelle Ist-Position des Elektromotors 31 bzw. der Lenkstange 2 erfasst werden. Alternativ kann ein solcher Positionssensor auch an der Lenkstange 2 separat von dem Stellgeber 3 angeordnet sein.
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Der elektromechanische Stellgeber 3 wird in der Regel nur bei einer vorgesehenen Verstellung der Lenkstange 2 aktiv angesteuert und ansonsten stromlos geschaltet, so dass kein Haltemoment bzw. keine Haltekraft von dem elektromechanischen Stellgeber 3 ausgeübt wird. Durch die Selbsthemmung wird bei dem Lenksystem 1 gewährleistet, dass von der Fahrbahn ausgeübte Kräfte bzw. Schwingungen auf die Lenkstange 2 nicht zu einer Verstellung des Elektromotors 31 führen, wenn dieser nicht aktiv angesteuert wird.
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Es ist eine Steuereinheit 4 vorgesehen, die von extern eine Lenkanforderung LA erhält bzw. empfängt, die eine Soll-Position einer Lenkstellung der Lenkstange 2 angibt. Die Steuereinheit 4 steuert bzw. regelt den Stellgeber 3 entsprechend der vorgegebenen Lenkanforderung als Soll-Position und der über dem Positionssensor 33 erfassten Ist-Position so, dass die Soll-Position schnellstmöglich angefahren wird. Dies kann insbesondere mit Hilfe einer geeigneten Lageregelung, die in der Steuereinheit 4 implementiert ist, vorgenommen werden. Ist die Soll-Position erreicht wird in der Regel der Elektromotor 31 stromlos geschaltet, um eine unnötige Erwärmung zu vermeiden und den Stromverbrauch zu reduzieren.
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In 2 ist ein Flussdiagramm zur Veranschaulichung eines beispielhaften Verfahrens zum Betreiben des Lenksystems 1 der 1 dargestellt. Das Verfahren wird in der Steuereinheit 4 ausgeführt, wobei das Verfahren in Form einer Steuersoftware implementiert ist, durch die im Wesentlichen periodische Steuerzyklen realisiert sein können.
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In Schritt S1 wird überprüft, ob eine Lenkanforderung extern an die Steuereinheit 4 angelegt ist. Ist dies der Fall (Alternative: Ja), wird das Verfahren mit Schritt S2 fortgesetzt, anderenfalls (Alternative: Nein) wird zu Schritt S1 zurückgesprungen.
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In Schritt S2 wird überprüft, ob die Lenkanforderung eine Soll-Position der Lenkstange 2 angibt, die von einer Ist-Position der Lenkstange 2, die von dem Positionssensor 33 erfasst werden kann, abweicht. Ist dies der Fall (Alternative: Ja), so wird das Verfahren mit Schritt S3 fortgesetzt, anderenfalls (Alternative: Nein) wird das Verfahren mit Schritt S10 fortgesetzt.
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In Schritt S3 wird die Lageregelung betrieben, die bewirkt, dass der Elektromotor 31 des elektromechanischen Stellgebers 3 angesteuert wird, um die Lenkstange 2 in Richtung der durch die Lenkanforderung LA vorgegebenen Soll-Position zu bewegen.
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In Schritt S4 wird überprüft, ob entsprechend der Ansteuerung des elektromechanischen Stellgebers 3 eine Änderung der Ist-Position der Lenkstange 2 erfolgt, d.h. es wird überprüft, ob sich die Lenkstange 2 aufgrund der Ansteuerung des Elektromotors 31 bewegt. Insbesondere wird dazu überprüft, ob die Änderung der Ist-Position bzw. die Bewegung der Lenkstange 2 während einer vorbestimmten Zeitdauer, z.B. während eines Steuerzyklus, einen vorgegebenen Schwellenwert übersteigt bzw. ungleich 0 ist. Wird in Schritt S4 festgestellt, dass eine Bewegung der Lenkstange 2 erfolgt (Alternative: Ja), so wird das Verfahren mit Schritt S5 fortgesetzt, anderenfalls (Alternative: Nein) wird das Verfahren mit Schritt S7 fortgesetzt.
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In Schritt S5 wird überprüft, ob die Ist-Position der Lenkstange 2 der durch die Lenkanforderung vorgegebenen Soll-Position entspricht. Ist das der Fall (Alternative: Ja), so wird das Verfahren mit Schritt S6 fortgesetzt, anderenfalls (Alternative: Nein) wird zu Schritt S3 zur Fortsetzung der Lageregelung zurückgesprungen. Die Überprüfung, ob die Ist-Position der Soll-Position entspricht, kann mit einer Entprellung versehen sein. Insbesondere kann geprüft werden, ob die Lenkstange 2 die Soll-Position für eine vorbestimmte Zeitdauer, d.h. für eine vorgegebene Anzahl von Rechenzyklen, beibehält, da ansonsten von einem Überschwinger oder Unterschwinger ausgegangen werden kann.
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In Schritt S6 kann die Lageregelung deaktiviert und der Elektromotor 31 stromlos geschaltet werden, so dass die zuletzt eingestellte Soll-Position durch die Selbsthemmung der mechanischen Kopplung beibehalten wird. Anschließend wird zu Schritt S1 zurückgesprungen.
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Wird im Schritt S4 keine Bewegung der Lenkstange festgestellt (Alternative: Nein), so kann eine Blockierung des Stellgebers 3 angenommen werden. Es kann dann in Schritt S7 versucht werden, die Blockierung zu lösen. Eine Möglichkeit zum Lösen der Blockierung besteht in einer hochfrequenten Anregung des elektromechanischen Stellgebers 3, so dass dies an dem mechanischen Kopplungselement 32 zu einer Rüttelbewegung führt. Dadurch kann eine Blockierung, die beispielsweise durch die Bildung von Eis hervorgerufen wird, gelöst werden.
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Alternativ oder zusätzlich kann der Elektromotor 31 mit einer hohen Blindleistung angesteuert werden, so dass eine erhöhte Wärmeentwicklung im Elektromotor 31 entsteht, die Eis aufschmelzen kann und dadurch zum Lösen der Blockierung führen kann.
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Wird im Schritt S8 festgestellt, dass weiterhin keine Bewegung der Lenkstange 2 entsprechend der im Schritt S3 ausgeführten Lagerregelung erfolgt (Alternativ: Nein), so kann der Stellgeber in Schritt S9 in einen sicheren Zustand versetzt werden und gegebenenfalls ein Warnhinweis an den Fahrer ausgegeben werden. Anderenfalls (Alternative: Nein), d.h. Maßnahmen des Schritt S7 haben zu einer Lösung der Blockierung geführt, kann zu Schritt S5 gesprungen werden.
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In Schritt S10 findet keine Ansteuerung des Elektromotors 31 statt, da keine Abweichung zwischen der Soll-Position und der Ist-Position vorliegt. Daher wird in Schritt S10 die Ist-Position weiterhin überwacht und insbesondere beobachtet, ob bei abgeschaltetem Elektromotor 31 eine Änderung der Ist-Position auftritt. Dies kann durch Vergleichen mit einer zuvor, d.h. in einem vorangegangenen Steuerzyklus erfassten und zwischengespeicherten Ist-Position erfolgen.
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Wird in Schritt S11 bei stromlos geschaltetem Elektromotor 31 eine Änderung der Ist-Position festgestellt (Alternative Ja), insbesondere eine Änderung, die einen vorgegebenen Schwellenwert übersteigt, so wird das Verfahren mit Schritt S3 fortgesetzt und eine kurzzeitige Aktivierung der Lageregelung vorgenommen, so dass der Elektromotors 31 zur Kompensation der Abweichung der Ist-Position angesteuert wird. Dadurch kann eine Ist-Positionsänderung, die durch eine Krafteinwirkung auf die Lenkstange 2 die Selbsthemmung der mechanischen Kopplung überwunden hat, kompensiert werden.
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Wird in Schritt S11 bei stromlos geschaltetem Elektromotor 31 keine Änderung der Ist-Position festgestellt (Alternative Nein), so wird das Verfahren mit Schritt S12 fortgesetzt.
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In Schritt S12 wird überprüft, ob eine veränderte Lenkanforderung extern an die Steuereinheit 4 angelegt ist. Ist dies der Fall (Alternative: Ja), wird das Verfahren mit Schritt S2 fortgesetzt, anderenfalls (Alternative: Nein) wird zu Schritt S10 zurückgesprungen.
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Wird eine fehlende oder zu geringe Selbsthemmung erkannt, können weiterhin verschiedene Maßnahmen vorgesehen werden:
- - Es kann eine Änderung von Software-Parametern der in der Steuereinheit vorgesehenen Lageregelung, wie zum Beispiel eine Anpassung der Reglerverstärkung vorgenommen werden, so dass diese weniger dynamisch agiert und damit insgesamt weniger diese Dynamik im Lenksystem 1 vorliegt. Auf diese Weise wird erreicht, dass die Bewegungen im Lenksystem weniger hochfrequent sind. Dies ermöglicht eine bessere Wirkung der Selbsthemmung, da diese bei hochfrequenten Bewegungen (schnelle Änderungen) weniger gut funktioniert.
- - Es kann eine bestimmte Position, insbesondere die vorgegebene Soll-Position, oder eine Geradeaus-Stellung durch den Elektromotor 31 eingestellt und durch aktives Bestromen des Elektromotors 31 gehalten werden, so dass zusätzlich zur noch vorhandenen Selbsthemmung eine Haltekraft von dem Elektromotor 31 auf die Lenkstange 2 ausgeübt wird.
- - Weiterhin kann die Information über eine fehlende oder zu geringe Selbsthemmung an andere Steuergeräte kommuniziert werden, so dass auch andere Fahrzeugsysteme Maßnahmen zur Reduzierung der Fahrwerksdynamik einleiten können. Beispielsweise kann eine aktive Dämpfung entsprechend angepasst werden.
- - Die Information über die fehlende oder zu geringe Selbsthemmung kann weiterhin in einem Fehlerspeicher abgespeichert werden, so dass dieser bei der Fahrzeugwartung der Stellgeber 3 ausgelesen werden kann. Weiterhin kann dem Fahrer die fehlende oder zu geringe Selbsthemmung des Lenksystems 1 signalisiert werden, zum Beispiel durch eine Warnlampe.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform kann ein mathematisches Modell des Stellgebers bereitgestellt werden. Diesem Modell können fahrzeug- und fahrzustandsabhängige Größen, wie z.B. die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Gierrate, der Lenkwinkel, der Vorderachslenkung und dergleichen zugeführt werden, um eine zu erwartende Ist-Position und eine zu erwartende Ist-Stellgeschwindigkeit für den kommenden Rechenzyklus zu erhalten. Diese können in Schritt S5 mit einer Ist-Position und einer Ist-Stellgeschwindigkeit verglichen werden und anhand einer vorliegenden Abweichung kann die Lageregelung durch Rücksprung zu Schritt S3 weiterhin durchgeführt werden oder gemäß Schritt S6 deaktiviert werden. Alternativ kann die Lageregelung aktiv bleiben und aufgrund einer fehlenden Regelabweichung ein stromloser Zustand des Elektromotors 31 eingenommen werden.
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Weiterhin kann anhand einer Abweichung ein unerwünschter Zustand bzw. Fehlerzustand des Lenksystems 1 festgestellt werden. Insbesondere wenn die Last durch die modellbestimmte erwartete Stellgeschwindigkeit größer ist als die tatsächliche Ist-Stellgeschwindigkeit, kann in Schritt S2 auf eine Blockierung des Stellgebers 3 geschlossen werden und das Verfahren mit Schritt S10 fortgesetzt werden
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Zur Detektion einer zu geringen Selbsthemmung können zusätzlich zu dem beschriebenen Modellabgleich noch weitere Größen berücksichtigt werden, durch welche sich die Fahrsituation charakterisieren lässt. Bei sehr dynamischen Fahrsituationen, insbesondere bei hohen Geschwindigkeiten, hohen Beschleunigungen und dergleichen kann eine höhere Wahrscheinlichkeit bestehen, dass es zur ungewollten Überwindung der Selbsthemmung kommt. Dies kann benutzt werden, um die Robustheit des Erkennungsalgorithmus gegenüber Fehlererkennungen zu erhöhen. Wenn eine Fehlfunktion der Selbsthemmung nur bei bestimmten Fahrmanövern auftreten kann, kann die oben beschriebene Funktion zur Erkennung eines Fehlers der Selbsthemmung mit einer vorherigen Fahrmövererkennung verbunden werden. In diesem Fall kann die Maßnahme nach einer Erkennung einer Störung der Selbsthemmung noch durch eine Detektion eines Fahrmanövers verifiziert werden. So kann die Erkennung eines Fehlers der Selbsthemmung nur bei einem zuvor erkannten bestimmten Fahrmanöver aktiviert werden.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Lenksystem
- 2
- Lenkstange
- 21
- Gewinde
- 3
- Stellgeber
- 31
- Elektromotor
- 32
- mechanisches Kopplungselement
- 33
- Positionssensor
- 4
- Steuereinheit
- LA
- Lenkanforderung