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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Zusammensetzung zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Mukoviszidose sowie damit im Zusammenhang stehende Verwendungen und Verfahren.
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Mukoviszidose, auch zystische Fibrose (englisch cystic fibrosis, CF) genannt, ist eine autosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselerkrankung. Die Ursache dieser Erkrankung ist eine durch Mutationen im CFTR-Gen bedingte Fehlfunktion von Chloridkanälen bestimmter Körperzellen, wodurch die Zusammensetzung aller Sekrete exokriner Drüsen verändert wird. Die betroffenen Zellen sind nicht in der Lage mittels Osmose Wasser in das umliegende Gewebe zu ziehen, wodurch der Wassergehalt des Bronchialsekrets sowie der Sekrete der Bauchspeicheldrüse, der Leber (Galle), der inneren Geschlechtsorgane und der akzessorischen Geschlechtsdrüsen sowie des Dünndarms zu niedrig ist. Die Sekrete werden dadurch zähflüssig und in den betroffenen Organen kann es zu Funktionsstörungen unterschiedlicher Art kommen.
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Mukoviszidose ist die häufigste autosomal-rezessive Erbkrankheit und die häufigste letale genetische Erkrankung in der hellhäutigen Bevölkerung. Statistisch gesehen kommt in dieser Bevölkerungsgruppe auf etwa 2000 Lebendgeburten ein erkranktes Kind. Die Lebenserwartung von Mukoviszidosepatienten liegt derzeit bei etwa 40 Jahren.
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Bei Mukoviszidosepatienten ist der Schleim in den Bronchien deutlich zähflüssiger als bei gesunden Menschen. Dies führt zu chronischem Husten, Bronchiektasien, häufig wiederkehrenden Lungeninfekten und schweren Lungenentzündungen. Das zähe Sekret kann vom Flimmerepithel der Luftröhre und der Bronchien nur schwer abtransportiert werden. Daher stellt es ein gutes Nährmedium für Krankheitserreger dar. In Folge der häufigen und langwierigen Lungeninfekte kann es zu einer zunehmenden Lungeninsuffizienz kommen, die sich durch chronischen Sauerstoffmangel und Atemnot bemerkbar macht.
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Derzeit wird die Lungenerkrankung von Mukoviszidosepatienten unter anderem mit schleimlösenden Medikamenten, sog. Mukolytika, behandelt. Patienten, die unter Atemwegsinfektionen leiden, werden mit Antibiotika behandelt. Weitere Maßnahmen sind physiotherapeutische Übungen, wie die autogene Drainage, verschiedene Inhalationsverfahren sowie körperliche Trainingsaktivitäten, die den Allgemeinzustand verbessern sowie das Abhusten des Schleims erleichtern.
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Grothe et al. (2015), Plasma phosphatidylcholine alterations in cystic fibrosis patients: impaired metabolism and correlation with lung function and inflammation, Cell. Physiol. Biochem. 35(4), S. 1437–53, beschreiben, dass bei Mukoviszidosepatienten die Leber- und Plasmahomöostase von Cholin und Phosphatidylcholinen mit den Lungenfunktionen und Entzündungsvorgängen korrelieren.
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Chen et al. (2005), Phosphatidylcholine and lysophosphatidylcholine excretion is increased in children with cystic fibrosis and is associated with plasma homocysteine, S-adenosylhomocysteine, and S-adenosylmethionine, Am. J. Clin. Nutr. 81(3), S. 686–91, beschreiben, dass in Kindern, die unter Mukoviszidose leiden, die Exkretion von Cholinphosphoglycerid erhöht ist und mit erniedrigtem Plasmamethionin und erhöhtem Homocystein sowie S-Adenosylhomocystein einhergeht.
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Die derzeitigen prophylaktischen und therapeutischen Maßnahmen gegen Mukoviszidose liefern jedoch nur bedingt zufriedenstellende Ergebnisse. Die respiratorische Insuffizienz ist nach wie vor die primäre Todesursache von Mukoviszidosepatienten.
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Vor diesem Hintergrund ist es die Aufgabe der vorliegenden Erfindung eine Zusammensetzung zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Mukoviszidose bereitzustellen, mit der die im Stand der Technik bekannten Nachteile vermieden oder zumindest gelindert werden.
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Diese Aufgabe wird durch die Bereitstellung einer Zusammensetzung gelöst, die Cholin oder ein Derivat hiervon und Docosahexaensäure (DHA) enthält.
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Bei der Zusammensetzung kann es sich erfindungsgemäß um eine pharmazeutische bzw. Arzneimittelzusammensetzung handeln. Es versteht sich, dass die erfindungsgemäße Zusammensetzung eine pharmazeutisch akzeptable Formulierung aufweisen kann. Pharmazeutisch akzeptable Formulierungen sind im Stand der Technik hinreichend bekannt. Beispielhaft wird auf die Abhandlung von Kibbe A. (2000), Handbook of Pharmaceutical Excipients, 3. Auflage, American Pharmaceutical Association and Pharmaceutical Press, verwiesen. Die erfindungsgemäße pharmazeutische Zusammensetzung kann ferner Zusätze enthalten. Diese umfassen jedwede Verbindung oder Zusammensetzung, die für die erfindungsgemäße Verwendung vorteilhaft sind, worunter Salze, Bindemittel, Lösungsmittel, Dispersionsmittel und weitere in Zusammenhang mit der Formulierung von Arzneimittel üblicherweise verwendete Stoffe fallen.
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Bei der erfindungsgemäßen Zusammensetzung kann es aber auch um eine Nahrungsergänzungsmittelzusammensetzung handeln. Es versteht sich, dass die erfindungsgemäße Zusammensetzung eine im Bereich der Lebensmittel akzeptable Formulierung aufweisen kann. Lebensmittelformulierungen sind im Stand der Technik hinreichend bekannt.
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Die Zusammensetzung kann in Form einer Suspension oder suspendierbaren Trockenzusammensetzung, einer Emulsion oder einer sonstigen geeigneten Zubereitung bereitgestellt werden.
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Die erfindungsgemäße Zusammensetzung kann nach einer Ausgestaltung Cholin und DHA als alleinige Wirkstoffe enthalten, kann jedoch nach einer anderen Ausgestaltung auch weitere Wirkstoffe enthalten.
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Cholin ist ein primärer, einwertiger Alkohol und eine quartäre Ammoniumverbindung. Es wird auch als 2-Hydroxy-N,N,N-trimethyl-amonium bezeichnet. Es liegt zumeist als Cholinchlorid vor und hat die Summenformel C5H14ClNO und die CAS-Nummer 67-48-1. In der erfindungsgemäßen Zusammensetzung kann das Cholin bspw. als Salz, zum Beispiel als Chloridsalz, vorliegen. Cholin kann auch als resorbierbarer Cholinester eingesetzt werden, z.B. Cytidin-5’-diphosphochclin (Startonyl®) oder CDP-Cholin (Citicolin). Weitere geeignete Cholinverbindungen sind Cholintartrat und Cholinzitrat.
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Derivate von Cholin sind chemisch verwandte Abkömmlinge, wie bspw. Betain (N,N,N-Trimethylammoniumacetat; Cystadane®), Dimethlyglycin oder vergleichbare Methyldonatoren. Die Ausgestaltungen, Vorteile und Merkmale des Cholins gelten erfindungsgemäß für die Cholinderivate gleichermaßen.
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Docosahexaensäure (DHA) ist eine mehrfach ungesättigte Fettsäure. Sie gehört der Klasse der Omega-3-Fettsäuren an. DHA wird auch als all-cis-Docosa-4,7,10,13,16,19-hexaensäure bezeichnet und hat den Lipidnamen C22:6-ω-3. Es hat die Summenformel C22H32O2 und die CAS-Nummer 6217-54-5. In der erfindungsgemäßen Zusammensetzung kann das DHA bspw. als Neutrallipid vorliegen.
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Erfindungsgemäß können Cholin und/oder DHA ausschließlich in freier Form enthalten sein. Nach einer alternativen Ausgestaltung liegen DHA und/oder Cholin allein oder zusätzlich in gebundener Form vor. Beispiele gebundener Formen von Cholin sind Sphingomyelin bzw. Phosphatidylcholin (Lecithin) und Arachidonsäure-enthaltendes Phosphatidylcholin (ARA-PC). DHA und/oder Cholin können in der erfindungsgemäßen Zusammensetzung auch gebunden in der Form von DHA-enthaltendem Phosphatidylcholin (DHA-PC) enthalten sein.
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Erfindungsgemäß umfasst eine Prophylaxe und/oder Behandlung die Verabreichung der Zusammensetzung an ein Lebewesen, vorzugsweise einen Menschen.
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Die Erfinder konnten in einer Humanstudie nachweisen, dass die Verabreichung einer Kombination von Cholin und DHA an Mukoviszidosepatienten zu einer signifikanten Verbesserung der Lungenfunktion führt. Diese Lehre basiert auf der Erkenntnis der Erfinder, dass zwischen den lipidmetabolischen Parametern Cholin sowie DHA und der Lungenfunktion von Mukoviszidosepatienten eine direkte Korrelation besteht. Dabei wird DHA im Plasma als Bestandteil des cholinhaltigen Phosphatidyicholins (PC) zu peripheren Organen transportiert. Cholin dient in der erfindungsgemäßen Zusammensetzung nicht nur als Carrier für DHA, sondern übt Eigeneffekte auf die Lungenfunktion aus. Die Erkenntnisse der Erfinder waren überraschend. Die Verabreichung einer Kombination von Cholin und DHA zur Prophylaxe oder Behandlung von Mukoviszidose wird im Stand der Technik weder beschrieben noch nahegelegt.
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Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe wird hiermit vollkommen gelöst.
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Nach einer erfindungsgemäß bevorzugten Weiterentwicklung beträgt das Verhältnis von Cholin:DHA ca. 1:5 bis ca. 10:1.
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Die Erfinder haben erkannt, dass die angegebenen Konzentrationsverhältnisse zu einer Zusammensetzung führen, mit der besonders wirksam Mukoviszidose entgegengewirkt werden kann bzw. Mukoviszidose besonders effektiv behandelt werden kann. Mit diesen Konzentrationsverhältnissen kann der bei Mukoviszidosepatienten ggf. bestehende Mangel behoben werden. Die Zufuhrempfehlung und obere Zufuhrgrenze nach den Angaben der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) liegen für Cholin bei Männern bei 550–3500 mg pro Tag, bei Frauen bei 450–3000 mg pro Tag. Für DHA liegt sie für Männer und Frauen bei 500–5000 mg pro Tag.
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Dabei umfasst der Bereich 1:5 bis 10:1 alle Verhältnisse in einem Bereich von 0,2 bis 10 Gewichtsanteilen Cholin zu 1 Gewichtsanteil DHA, bzw. von 0,1 bis 5 Gewichtsanteilen DHA zu 1 Gewichtsanteil Cholin. Der Bereich 0,2 bis 10 umfasst insbesondere 0,2, 0,3, 0,4, 0,5 ... 1, 2, 3, 4, 5, 7, 8, 9, 10. Der Bereich 0,1 bis 5 umfasst insbesondere 0,1, 0,2, 0,3, 0,4, 0,5 ... 1, 2, 3, 5. "Ca." umfasst Abweichungen von ±10%.
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Nach einer bevorzugten Weiterbildung wird das Cholin als Salz, vorzugsweise als Cholinchlorid, bereitgestellt.
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Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass das Cholin in einer solchen Form zum Einsatz kommt, die zu besonders guten Ergebnissen führt. Weitere geeignete Cholinsalze, neben Cholinchlorid, sind Cholinzitrat und Cholinbitartrat. Weitere Verbindungen sind kovalente Verknüpfungen von Cholin, insbesondere in Form von Cholinphosphat, Glycerophosphocholin, Lysophosphatidylcholin, Phosphatidylcholin und Sphingomyelin, die allein oder in Kombination eingesetzt werden können..
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Nach einer bevorzugten Weiterbildung wird das Cholin als Phosphatidylcholin bereitgestellt.
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Diese Maßnahme hat außerdem den Vorteil, dass Cholin in einer für den Organismus gut verwertbaren Form bereitgestellt wird und so besonders gute Ergebnisse erzielt werden.
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Nach einer weiteren erfindungsgemäßen Ausgestaltung werden das Cholin und DHA in Form von Krillöl oder Isolaten hiervon bereitgestellt.
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Diese Maßnahme macht sich die besondere Eigenschaft von Krillöl zu Nutze, das hohe Anteile von Cholin und DHA enthält. Krillöl ist ein aus dem Antarktischen Krill (Euphausia superba) extrahiertes Öl. Es kommt derzeit bspw. zur Linderung des prämenstruellen Syndroms bei Frauen zum Einsatz. Isolate von Krillöl enthalten erfindungsgemäß Cholin und DHA.
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Nach einer bevorzugten Weiterbildung ist die erfindungsgemäße Zusammensetzung zur oralen, parenteralen oder einer Verabreichung per Sonde, wie Magensonde; Duodenalsonde, ausgebildet.
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Diese Maßnahme stellt die Zusammensetzung in einer solchen Form bereit, die dem Patienten eine einfache Verabreichung ermöglicht.
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Für eine orale Anwendung eignen sich bspw. folgende Galeniken:
- (a) Cholin als freies Salz, z.B. Cholinchlorid, kombiniert mit DHA-haltigen Neutrallipiden als Suspension oder suspendierbare Trockensubstanz, oder
- (b) ein Phospholipidgemisch als Öl/Suspension/Emulsion, oder emulgierbare/suspendierbare Galenik, oder
- (c) eine Kombination aus (a) und (b).
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Erfindungsgemäß kann das DHA teilweise oder vollständig durch Eicosapentaensäure (EPA; all-cis-Eicosa-5,8,11,17-pentaensäure) ersetzt werden.
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Ein weiterer Gegenstand der Erfindung betrifft die Verwendung einer Kombination von Cholin oder/und ein Derivat hiervon und Docosahexaensäure (DHA) zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Mukoviszidose.
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Die Ausgestaltungen, Weiterbildungen, Merkmale, Eigenschaften und Vorteile der erfindungsgemäßen Zusammensetzung gelten für diese erfindungsgemäße Verwendung gleichermaßen.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer pharmazeutischen Zusammensetzung zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Mukoviszidose, das folgende Schritte aufweist:
- (1) Bereitstellung von Cholin oder/und ein Derivat hiervon und Docosahexaensäure (DHA),
- (2) Formulierung des Cholins oder/und Derivats und DHA in einen pharmazeutisch akzeptablen Träger.
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Pharmazeutisch akzeptable Träger sind im Stand der Technik hinreichend bekannt. Beispielhaft wird auf die Abhandlung von Kibbe A. (2000), Handbook of Pharmaceutical Excipients, 3. Auflage, American Pharmaceutical Association and Pharmaceutical Press, verwiesen.
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Ein weiterer Gegenstand betrifft ein Verfahren zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Mukoviszidose, gekennzeichnet durch die Verabreichung der erfindungsgemäßen Zusammensetzung in ein Lebewesen, bspw. einen Menschen.
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Die Ausgestaltungen, Weiterbildungen, Merkmale, Eigenschaften und Vorteile der erfindungsgemäßen Zusammensetzung gelten für die erfindungsgemäßen Verfahren gleichermaßen.
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Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Die vorliegende Erfindung wird nun anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert, aus denen sich weitere Merkmale, Eigenschaften und Vorteile der Erfindung ergeben. Die Ausführungsbeispiele sind dabei nicht einschränkend.
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Es versteht sich, dass einzelne Merkmale, die in den Ausführungsbeispielen offenbart sind, nicht nur im Kontext der ganz spezifischen Ausführungsform sondern in einer Allgemeingültigkeit offenbart sind und für sich genommenen einen eigenen Beitrag zur Erfindung liefern. Der Fachmann kann deshalb diese Merkmale frei mit anderen Merkmalen der Erfindung kombinieren.
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Dabei wird Bezug genommen auf die beigefügten Abbildungen, in denen Folgendes dargestellt ist.
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1 zeigt die Effekte von Krillöl bzw. Cholinchlorid auf die PLasmakonzentration von Phosphatidiylcholin bei Mukoviszidosepatienten;
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2 zeigt die Effekte von Krillöl bzw. Cholinchlorid auf den Anteil von ARA-, EPA- und DHA-haltigem PC im Plasma von Mukoviszidosepatienten.
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Ausführungsbeispiele
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1. Physiologischer Hintergrund
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Cholin ist ein essentieller Nährstoff, der als Bestandteil von Phosphatidylcholin (PC) und Sphingomyelin (SPH) in allen Zellmembranen vorkommt und für Wachstum, Zellerhalt und Geweberegeneration unabdingbar ist. PC ist ein essentieller Bestandteil organspezifischer Sekrete wie Lipoproteine, Galle und Lungensurfactant. Im Falle der Lipoproteine ist Cholin als PC wesentlicher Carrier langkettiger, polyunsaturierter Fettsäuren, insbesondere Dokosahexaenssure (DHA).
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In Form von PC ist Cholin ein essentielles Substrat für die Umwandlung von – bei Mukoviszidose in der Lunge vermehrten – pro-apoptotischen Ceramiden in das nicht apoptotisch wirksame Membranlipid SPH. Des Weiteren dient Cholin als wichtiger Methylgruppendonator zur Regeneration von S-Adenosyl-Methionin (SAM) aus Homocystein. SAM nimmt eine Schlüsselrolle bei allen Methylierungsprozessen des Organismus ein. Quantitativ am Bedeutsamsten ist hierbei die Bildung von hochungesättigtem DHA-PC der Lipoproteine zur Versorgung extrahepatischer Organe (PEMT-Pathway) und die Synthese von Kreatin in der Leber zur Versorgung des Muskelgewebes.
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Die PC-Synthese kann 1. direkt unter Verwendung von Cholin geschehen oder 2. über den cholinabhängigen Methylierungsweg (PEMT-Pathway): Hierbei werden im Leberparenchym 3 Methylgruppen auf die Ethanolamin-Gruppe des Phosphatidylethanolamins (PE) übertragen, wodurch PC entsteht. Die Methylgruppen stammen aus S-Adenosylmethionin (SAM), dessen Synthese aus Homocystein Cholin und seine Abbauprodukte (Betain, Dimethylglycin) erfordern. Während nur der erste Weg für die Bildung des PC der Galle (4% PC) notwendig scheint, sind beide Stoffwechselwege für die Bildung und Sekretion der hepatischen Lipoproteine (very low density iipoproteins (VLDL)) essentiell. Diese PC-Komponenten sind ergo nicht nur als Carrier für die periphere Organversorgung mit insbesondere DHA verantwortlich, sondern auch für die hepatische Sekretion von Triglyzeriden.
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Die Sekretion von PC durch die Galle als Fettemulgator für die Nahrung hat metabolische Priorität und wird auch im Cholinmangel aufrechterhalten. Daher kommt es bei unvollständiger enteraler Rückresorption (enterohepatischer Kreislauf) zur Leberschädigung. Insbesondere kommt es zur Minderversorgung peripherer Organe, die ihre Cholin-Pools entleeren. Beim Galle-PC steht DHA nicht im Vordergrund, sondern die Cholinverluste wegen der hohen Sekretionsrate von PC (ca. 22–45% des hepatischen PC-Pools/Tag). Im Falle der inkompletten Wiederverwendung des Galle-PC durch Mangel an Pankreasphospholipase A2(PLaseA2)-Aktivität wie bei CF, wird Cholin vermehrt fäkal ausgeschieden und der Cholinbedarf steigt. Während des Wachstums ist darüber hinaus der Mehrbedarf und generell die im Cholinmangel beim Menschen nachweisbare Schädigung der DHA-Homöostase und Lymphozytenapoptose bedeutend. Cholin wird, wenn es nicht in die direkte Synthese von PC oder Acetylcholin eingeht, zu Betain oxidiert. Dieses dient der Regeneration von S-Adenosyl-Methionin (SAM) aus Homocystein. SAM ist ein Substrat wichtiger Methylierungsreaktionen: Im Vordergrund steht der hepatlsche PEMT-Pathway zur Synthese von poly-unsaturierten PC-Komponenten, insbesondere DHA-haltigen PC-Komponenten. Des Weiteren ist SAM – und damit indirekt Cholin – für die Synthese von Muskel-Kreatin essentiell. Außerdem dient SAM der Methylierung von DNA, Histonen etc., die der geordneten An-/Abschaltung von Genen und dem Schutz vor Entzündungsprozessen dienen.
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2. Experimente
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Männliche Mukoviszidosepatienten (del508 homozygot) nahmen über 3 Monate Cholin und DHA in Form von Krillöl (Heilversuch; täglich 2 × 2 Kapseln à 500mg) oder täglich 3 × 4 ml einer 25%ige Cholinchloridlösung (= 3 × 1g Cholinchlorid; Studienpatienten 1–3) peroral ein. Vor Versuchsbeginn, 6–8 Wochen nach Beginn der Einnahme der Substanzen sowie nach 3 Monaten wurden bei allen Personen Lungenfunktionsuntersuchungen mittels Spirometrie durchgeführt. Dabei wurden die Lungenfunktionsgrößen Einsekundenkapazität (FEV1), forcierte Vitalkapazität (FVC) und der maximale exspiratorische Fluss zwischen 25 und 75% der FVC (MEF25–75) bestimmt. Das Ergebnis ist in der Tabelle 1 zusammengefasst. Die Daten sind Angaben in % der altersgewichteten Normwerte. Änderungen absolut sind die numerischen Differenzen zwischen vorher und nachher, Änderungen relativ sind die prozentuale Abweichung vom Ausgangswert. Die statistische Auswertung erfolgte mit einem zweiseitigen t-Test. Abkürzungen: MW, Mittelwert; SD, Standardabweichung, P, Signifikanzniveau.
Statistische Auswertung nach versus vor Behandlung |
| Vor
FEV1 | Nach
FEV1 | Vor
FVC | Nach
FVC | Vor
MEF25–75 | Nach
MEF25–75 |
Krillöl | 79,8 | 90 | 84,7 | 96 | 54,6 | 74 |
Studienpatient 1 | 74,8 | 82,5 | 81,2 | 87,4 | 46,1 | 64,8 |
Studienpatient 2 | 40,8 | 44,4 | 70,4 | 65,1 | 169 | 25,3 |
Studienpatient 3 | 50,9 | 60,1 | 59,3 | 68,1 | 27,3 | 34,7 |
P (t-test) | 0,0066 | | 0,1238 | | 0,0125 | |
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Aus den Daten wird der Schluss gezogen, dass eine Behandlung mit cholin- und dokosahexaensäurehaltigen Nahrungsergänzungsmitteln sowie eine hochdosierte Behandlung mit einem wasserlöslichen Cholinsalz die Lungenfunktion von Mukoviszidosepatienten innerhalb von 6 Wochen und nachhaltig verbessert.
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In einem weiteren Experiment nahmen männliche Mukoviszidosepatienten (del508 homozygot) über 3 Monate Krillöl (A: Heilversuch; täglich 2 × 2 Kapseln à 500mg) oder täglich 3 × 4ml 25%ige Cholinchloridlösung (B) (= 3 × 1g Cholinchlorid; Studienpatienten 1 + 3) peroral ein. Vor Versuchsbeginn, nach 6–8 Wochen und 3 Monate (A: Heilversuch Krillöl) nach Beginn der Einnahme der Substanzen wurde bei allen Personen im Blutplasma eine Bestimmung der Phosphatidylcholinkonzentration mittels Tandemmassenspektrometrie durchgeführt. Das Ergebnis ist in der 1 dargestellt.
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Die Behandlung mit Krillöl (A) normalisiert innerhalb des Behandlungszeitraums kontinuierlich die Phosphatidylcholinkonzentration im Plasma des Mukoviszidosepatienten von ca. 0,78 auf 1,26mmol/l (Normwert bei Gesunden ca. 1,3 ± 0,4 mmol/l). Die Normalisierung persistiert über mindestens 7 Wochen. Die alleinige Behandlung mit Cholinchlorid (B) wirkt zwar positiv auf die Lungenfunktion (siehe Tabelle 1), behebt jedoch nicht die unphysiologische Erniedrigung des Plasma-Phosphatidylcholins.
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In einem Folgeexperiment nahmen männliche Mukoviszidosepatienten (del508 homozygot) über 3 Monate Krillöl (A: Heilversuch; täglich 2 × 2 Kapseln à 500mg) oder täglich 3 × 4ml 25%ige Cholinchloridlösung (B) (= 3 × 1g Cholinchlorid; Studienpatienten 1 + 3) peroral ein. Vor Versuchsbeginn, nach 6–8 Wochen und 3 Monate (A: Heilversuch Krillöl) nach Beginn der Einnahme der Substanzen wurde bei allen Personen im Blutplasma eine Bestimmung der Phosphatidylcholin-Zusammensetzung mittels Tandemmassenspektrometrie durchgeführt. Das Ergebnis ist in der 2 dargestellt.
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Die Behandlung mit Krillöl (A) erhöht den Anteil an dokosahexaensäure-Phosphatidylcholin (DHA-PC) und eikosahexaensäurehaltigem Phosphatidylcholin (EPA-PC) Da DHA und EPA antiinflammatorisch wirken und vorwiegend als Phosphatidylcholin im Plasma transportiert werden, wird damit die Versorgung der Organe, auch der entzündlich geschädigten Lunge, verbessert. Die Normalisierung persistiert über mindestens 7 Wochen. Die alleinige Behandlung mit Cholinchlorid (B) wirkt zwar positiv auf die Lungenfunktion (siehe Tabelle 1), erhöht den Anteil von DHA-PC und EPA-PC im Plasma-Phosphatidylcholin jedoch nicht.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Grothe et al. (2015), Plasma phosphatidylcholine alterations in cystic fibrosis patients: impaired metabolism and correlation with lung function and inflammation, Cell. Physiol. Biochem. 35(4), S. 1437–53 [0006]
- Chen et al. (2005), Phosphatidylcholine and lysophosphatidylcholine excretion is increased in children with cystic fibrosis and is associated with plasma homocysteine, S-adenosylhomocysteine, and S-adenosylmethionine, Am. J. Clin. Nutr. 81(3), S. 686–91 [0007]
- Kibbe A. (2000), Handbook of Pharmaceutical Excipients, 3. Auflage, American Pharmaceutical Association and Pharmaceutical Press [0011]
- Kibbe A. (2000), Handbook of Pharmaceutical Excipients, 3. Auflage, American Pharmaceutical Association and Pharmaceutical Press [0038]