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Bezeichnung
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Verfahren zur optischen in-situ-Kontrolle zumindest einer auf einem Substrat aufwachsenden Schicht aus Verbindungshalbleitern.
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Beschreibung
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Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur optischen in-situ-Kontrolle einer auf einem Substrat aufwachsenden Schicht aus Verbindungshalbleitern, wobei ausgenutzt wird, dass charakteristische Schichtparameter der Schicht auswertbare optische Erscheinungen beeinflussen.
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Die Kristalleigenschaften von komplexen Schichten aus Verbindungshalbleitern mit sehr anspruchsvollen industriellen Herstellungsverfahren definieren deren Güte in opto-elektronischen Anwendungen. Kristalleigenschaften wie Bandlückenenergie, Defektdichte und Kristallstruktur bestimmen die Lichtabsorption und korrelieren mit den elektronischen Eigenschaften der Schichten, wie Ladungsträgerdiffusion und Bandverbiegung an den Grenzflächen. Typischerweise werden diese Eigenschaften ex-situ mit verschiedenen Techniken, beispielsweise Ellipsometrie, Röntgenbeugung, Raman-, Photolumineszenz- und Transmissions-/Reflexionsspektroskopie, gemessen.
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Die genannten Eigenschaften sind veränderlich und hängen maßgeblich vom Verlauf des Herstellungsprozesses ab. Wünschenswert ist daher ein direkter Zugang zu den optischen Eigenschaften während des Filmwachstums, um die Formierung der endgültigen Eigenschaften verstehen und kontrollieren zu können. Insbesondere wäre es wünschenswert, den Herstellungsprozess in dem Moment zu beenden, in dem der Halbleiter die gewünschte Bandlücke, eine minimale Defektdichte und die richtige Kristallstruktur besitzt. Eine in-situ-Kontrolle dieser Eigenschaften ermöglicht eine solche optimale Prozessregelung. In-situ ist es bisher aber mit keiner Methode möglich diese Eigenschaften gleichzeitig zu bestimmen. Die optischen Eigenschaften der aufgebrachten Schicht können über Analyse von Transmissions- und Reflexionsspektren bestimmt werden, jedoch ist dies auf opaken Substraten oder Substrat-Überzügen nicht möglich.
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Stand der Technik
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Aus dem Stand der Technik sind in-situ-Ellipsometrieuntersuchungen für die Bestimmung der Rauigkeit und die Beobachtung der Bildung von sekundären Phasen bekannt. Die Anwendung bei komplexen Verbindungshalbleitern erfordert jedoch eine Modellanalyse für das Materialsystem, welches stark fehleranfällig bei rauen Schichten oder sich schnell ändernden Materialeigenschaften während der Halbleiterherstellung ist. Eine Korrelation von Ellipsometriedaten mit der Phasenbildung von komplexen Verbindungshalbleitern, wie Cu(In,Ga)Se2 oder CuZnSnS2, oder deren Urbach-Energie wurde aber noch nicht gezeigt. Weiterhin gibt es reflektrometrische Methoden, mit deren Hilfe die Schichtdicke und daraus die Wachstumsrate bestimmt werden können.
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In der
DE10 2005 023 737 A1 wird gezeigt, wie aus der totalen Reflexion die Schichtdicke oder der Brechungsindex einer dünnen Schicht bestimmt werden kann. Es wird die Bestimmung einer Schichtdicke oder eines Dispersionsparameters aus einem Reflexionsspektrum beschrieben. Dazu wird die Messung mit einem Modellspektrum verglichen. Beachtet wird jedoch nur die aktuell geänderte Schicht, wobei das verwendete Modell nicht weiter erläutert wird.
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Gemäß der Veröffentlichung I von R. Scheer et al.: „Cu(In1-xGax)Se2 growth studies by in situ spectroscopic light scattering" (Applied Physics Letters 82 (2003),p. 2091-2093) wird das Verfahren der spektralen Lichtstreuung (SLS) verwendet, um die Intensität von monochromatischem Streusignal mit dem Rauigkeitsverlauf und der Stöchiometrie der abgeschiedenen Schicht zu korrelieren. Es werden eine weiße Lichtquelle und ein SSD-Spektrometer als Detektor verwendet, aber keine kompletten Spektren analysiert. Ebenfalls eine Prozesskontrolle auf Basis der SLS ist aus der Veröffentlichung II von K. Sakurai et al. bekannt: „In situ diagnostic methods for thin-film fabrication: utilization of heat radiation and light scattering“ (Progress in Photovoltaics: Research and Applications 12 (2004), p. 219-234). Eine Prozessregelung wird jedoch nicht besprochen. Auch hier sind die zahlenmäßigen Werte der optischen Schichtparameter nicht bekannt, sodass keine quantitative Kontrolle des Wachstums dünner Schichten und damit keine Regelung der Istwerte der Regelgrößen (optische Schichtparameter) an die Sollwerte durch Verstellung der Stellgrößen (Verfahrensparameter) vorgenommen werden kann. Insbesondere erlaubt die bekannte Methode aber keine Aussagen über die Lichtabsorption durch Defekte.
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Aus der
DE 197 23 729 A1 ist ein Verfahren zur Bestimmung optischer Schichtkonstanten beim Plasma- und Ionenstrahl-Ätzen und -Beschichten bekannt. Zur Bestimmung der absoluten momentanen Dicke der bearbeiteten Schicht wird ein kontinuierliches bzw. quasi-kontinuierliches normiertes Spektrum von Lichtintensitäten des zur Bearbeitung benutzten Mediums aufgezeichnet und nach bekannten Verfahren der Weißlichtinterferometrie bzw. Reflektrometrie ausgewertet. Dabei wird aber keine externe Lichtquelle verwendet, sondern die Abstrahlung des Plasmas genutzt, dessen Spektralbereich vom tiefen Ultraviolett bis in das Infrarot reicht. Andere Schichtkonstanten werden wiederum durch eine wellenlängenselektive Detektion ermittelt. Insbesondere erlaubt diese bekannte Methode aber keine Extraktion der Rauigkeit und der Lichtabsorption durch Defekte in der wachsenden Schicht.
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Aus der
DE 10 2007 034 289 B3 ist ein Verfahren zur in-situ-Bestimmung der stofflichen Zusammensetzung von aus der Dampfphase auf einem Substrat abgeschiedenen optisch dünnen Schichten bekannt, bei dem die Korrelation zwischen dem optischen Schichtparameter „Brechungsindex“ und „Schichtdicke“ interferometrisch ausgewertet wird. Dazu wird das Substrat in inkohärentem Licht zumindest dreier verschiedener Wellenlängen im sichtbaren optischen Bereich während des Abscheidungsprozesses bestrahlt und die Reflexionsintensität der von der abgeschiedenen Schicht ausgehenden diffusen oder direkten Lichtstreuung außerhalb der Totalreflexion in den verschiedenen drei Wellenlängen ortsaufgelöst optisch detektiert. Zeitparallel zur Detektion werden die ermittelten Messwerte der detektierten Reflexionsintensität in ein physikalisches Strukturgleichungsmodell auf Basis der allgemeinen Leitungstheorie eingespeist. Dabei werden die Werte für die oben genannten optischen Schichtparameter der abgeschiedenen Schicht durch numerische Anpassung an den zeitlichen Verlauf der detektierten Reflexionsintensitäten ermittelt. Abschließend wird die Materialzusammensetzung der abgeschiedenen Schicht aus den ermittelten Werten der optischen Schichtparameter durch Vergleich mit Standardwerten für optische Schichtparameter bekannter Materialzusammensetzungen quantitativ bestimmt.
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Die abgeschiedene Schicht wird mit inkohärentem spektralem Licht von einer Weißlichtquelle bestrahlt, die Reflexionsintensitäten außerhalb der Totalreflexion werden mit einem ortsauflösenden optischen Detektor, bevorzugt CCD, erfasst und in das Strukturgleichungsmodell eingespeist. Die charakteristischen Funktionen des physikalischen Strukturgleichungsmodells werden an die realen Prozesswerte angefittet und dienen der numerischen Ermittlung der optischen Schichtparameter, aus denen die konkrete Stoffzusammensetzung ableitbar ist. Das bekannte Verfahren bestimmt somit ausschließlich indirekt die Materialzusammensetzung von optisch dünnen Schichten. Materialeigenschaften werden nicht bestimmt. Daher erlaubt diese Methode keine Bestimmung der Oberflächenrauigkeit sowie der Lichtabsorption durch Defekte.
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Bei dem in
US 2010 / 0 220 316 A1 beschriebenen Verfahren zur optischen Kontrolle einer dünnen Schicht werden freie Schichtparameter wie beispielsweise Schichtdicke, Brechungsindex, Oberflächenrauigkeit und Materialzusammensetzung durch Vergleich der gemessenen Reflexionsspektren mit einem Strukturgleichungsmodell ermittelt. Die Bestimmung eines Parameters Phasenübergang wird in diesem Verfahren nicht vorgenommen.
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Aus der
WO 2012/006611 A2 ist ein Verfahren zur in-situ-Bestimmung der optischen Bandlücke, Schichtdicke und Oberflächenrauigkeit durch Analyse der Weißlichtreflexion der wachsenden Schicht bekannt. Dabei werden Werte für die optische Bandlücke und für die Oberflächenrauigkeit lediglich abgeschätzt. Die Amplitude der über die Wellenlänge integriert spiegelnden Reflexion wird mit der Oberflächenrauigkeit korreliert. Dies erlaubt jedoch nicht die Unterscheidung zwischen einer Änderung des Brechungsindix und einer wirklichen Änderung der Rauigkeit. Dasselbe gilt für die optische Bandlücke, welche nicht genügend genau bestimmt werden kann, da der Absorptionskoeffizient nicht extrahiert wird. Es wird keine Information über die Lichtabsorption durch Defekte gewonnen und auch nicht über die Korrelation zwischen der Oberflächenrauigkeit und der Phasenentwicklung während des Schichtwachstums. Eine optimierte Wachstumsprozessführung auf der Basis von minimierter Lichtabsorption durch Defekte und kontrollierten Phasenübergängen wird nicht ermöglicht. Von diesem bekannten Verfahren geht die vorliegende Erfindung als nächstliegendem Stand der Technik aus.
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Aufgabenstellung
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Die Aufgabe für die vorliegende Erfindung ist darin zu sehen, das zuvor beschriebene, gattungsgemäße Verfahren so weiterzubilden, dass relevante Kristalleigenschaften direkt und ohne Einfließenlassen von vorgegebenen Literaturwerten in-situ ermittelt werden. Dabei sollen charakteristische Schichtparameter für die Materialeigenschaften der aufwachsenden Schicht, insbesondere Bandlückenenergie, Defektabsorption und Phasenübergänge, in-situ ermittelt werden. Dabei soll das Verfahren kostengünstig und störunanfällig in Echtzeit durchführbar sein. Die charakteristischen Materialeigenschaften der aufwachsenden Schicht sollen instantan so schnell bestimmt werden, dass eine Prozesssteuerung der aufwachsenden Schicht ohne Zeitverzögerung möglich und somit eine optimale Schichtqualität erhältlich ist. Die Lösung für diese Aufgabe ist dem Hauptanspruch zu entnehmen. Vorteilhafte Weiterbildungen werden in den Unteransprüchen aufgezeigt, die im Folgenden im Zusammenhang mit der Erfindung näher erläutert werden.
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Das beanspruchte Verfahren ist erfindungsgemäß gekennzeichnet durch zumindest nachfolgende Verfahrensschritte:
- • Bestrahlen der aufwachsenden Schicht mit breitbandigem Weißlicht,
- • spektral aufgelöstes Detektieren der Reflexionsintensitäten der von der aufwachsenden Schicht ausgehenden Lichtreflexion über alle Wellenlängen in einem Ort zu vorgegebenen Zeitpunkten,
- • Einspeisen der detektierten Reflexionsintensitäten in ein wellenlängenabhängiges Strukturgleichungsmodell mit den freien Schichtparametern „Schichtdicke“, „Absorptionskoeffizient“ und „Rauigkeit“, wobei deren iterative Werteschätzung bei einem vorgegebenen Wert für den weiteren freien Parameter „Brechungsindex“ startet,
- • Ableiten der latenten Schichtparameter „Urbach-Energie“ als Maß für die Dichte von Defekten innerhalb der Bandlücke und deren Lichtabsorption und „Bandlückenenergie“ aus dem freien Schichtparameter „Absorptionskoeffizient“,
- • Korrelieren des freien Schichtparameters „Rauigkeit“ mit dem latenten Schichtparameter „Phasenübergang“ auf Basis von bekannten Korrelationen aus Röntgenbeugungsmessungen an Referenzschichten und
- • Ausgeben der Ergebnisse zumindest für die latenten Schichtparameter „Urbach-Energie“, „Bandlückenenergie“ und „Phasenübergang“ .
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren wird für die aufwachsende Schicht die Lichtabsorption durch Defekte bestimmt und die Rauigkeit mit der Phasenentwicklung korreliert. Beide Informationen führen zur Möglichkeit einer völlig neuartigen Prozesssteuerung des Aufwachsens von komplexen Verbindungshalbleiterschichten mit der Möglichkeit einer Endpunktdetektierung des Abscheideprozesses, wenn eine optimale elektronische Qualität gegeben ist. Das erfindungsgemäße Verfahren ist ein rein optisches Verfahren ohne Eingriffe in den Aufwachsprozess der Schicht mit einer sehr schnellen instantanen Analyse der ermittelten Messdaten. Es ermöglicht damit als sehr schnelle in-situ-Prozesskontrolle eine - bei Vernachlässigung der kurzen Messzeit und Datenanalyse - zeitverzögerungsfreie zuverlässige Regelung des Aufwachsprozesses der Schicht bezüglich ihrer elektronischen Eigenschaften. Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich generell zur in-situ-Prozesskontrolle von Halbleiterschichten, insbesondere von komplexen Verbindungshalbleiterschichten, die in Luft, aus dem Vakuum oder aus der Dampfphase auf einem reflektierenden Substrat abgeschieden werden. Es kann beispielsweise als in-situ-Prozesskontrolle bei der Herstellung von aus der Dampfphase auf einem Substrat abgeschiedenen optisch dünnen Schichten eingesetzt werden. Dabei wird das Verfahren in einen Regelkreis eingebunden, mit dem die berechneten Istwerte der optischen Schichtparameter der optisch dünnen Schichten als Regelgrößen auf vorgegebene Sollwerte durch Anpassung der Herstellungsparameter als Stellgrößen entsprechend den ermittelten Istwerten für die optischen Schichtparameter geregelt werden. Bei optisch dünnen Schichten wird ein Teil des auftreffenden Lichts an der Schichtoberfläche reflektiert, ein Teil transmittiert durch die Schicht, wird an dem Substrat reflektiert und verlässt teilweise wieder die Schicht (direkte und indirekte Reflexion). Die zwischen der direkten und indirekten Reflexion auftretenden Interferenzeffekte können in Abhängigkeit von den Eigenschaften der aufwachsenden Schicht analysiert werden. Es ergeben sich zuverlässige Analysewerte, wobei multiple Streureflexionen ohne großen Fehlereinfluss vernachlässigt werden können.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren auf der Basis der Weißlichtreflektrometrie werden mithilfe eines Strukturgleichungsmodells für die aufwachsende Schicht in Echtzeit der Absorptionskoeffizient als freier Parameter mittels iterativer Methoden geschätzt und daraus die Bandlückenenergie und die Urbach-Energie bestimmt. Zusätzlich werden die Rauigkeit der Oberfläche und optional auch die Wachstumsrate bestimmt und mit strukturellen Informationen aus in-situ-Röntgenbeugungsmessungen (XRD) korreliert. Die Ergebnisse und Erkenntnisse aufgrund des Vergleichs werden dann ausgegeben und zur Prozesssteuerung eingesetzt. Die Analyse beispielsweise einer mehrstufigen CIGSe-Ko-Verdampfung zeigt, dass die Wachstumsrate nicht von Phasenübergängen im kupferarmen CIGSe während der Cu-Se-Deposition abhängig ist. Die Bandlückenenergie fällt schnell mit der Einlagerung von Kupfer, die Oberflächenrauigkeit korreliert mit der Entwicklung der kristallinen Phase, und die Lichtsabsorption durch Defekte wird minimal bei einer bestimmten Kupferkonzentration in der Schicht. Durch derartige eindeutige Zusammenhänge zwischen den optischen Parametern und ihren strukturellen Veränderungen während des Wachstums können für die elektronische Qualität der Schicht relevante Materialeigenschaften der aufwachsenden Schicht (Lichtabsorption durch Defekte, Bandlückenenergie und Phasenübergänge) direkt ermittelt werden.
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Die aufwachsende Schicht wird bei der Erfindung mittels eines Strukturgleichungsmodells simuliert. Aufgrund fehlender direkter Messmöglichkeiten der Schichteigenschaften werden diese als freie Parameter im Modell iterativ angenähert, wobei von einem angenommenen Startwert ausgegangen wird. In Abhängigkeit von den freien Parametern können dann (abhängige und unabhängige) latente Parameter als unbeobachtbare Variablen abgeleitet oder korreliert werden.
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Das Strukturgleichungsmodell beinhaltet einen Algorithmus, welcher durch Anpassung der freien Parameter ein simuliertes Reflexionsspektrum an das gemessene Reflexionsspektrum anpasst. Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren werden in-situ während des Aufwachsens einer Verbindungshalbleiterschicht zumindest die für die Materialeigenschaften charakteristischen freien Schichtparameter „Schichtdicke“, „Absorptionskoeffizient“ und „Rauigkeit“ und damit die latenten Schichtparameter „Urbach-Energie“, „Bandlückenenergie“ und „Phasenübergang“ ermittelt. Der latente Schichtparameter „Urbach-Energie“ ist ein Maß für die Energiebreite der Bandkante im Verbindungshalbleiter (Valenzband- oder Leitungsbandkante) und damit ein Maß für die auftretende Lichtabsorption durch Defekte, welche energetisch innerhalb der Bandlücke liegen (und damit für die vorliegende Defektdichte in der aufwachsenden Schicht). Besonders bevorzugt und vorteilhaft ist es, wenn ein abgeleiteter minimaler Wert für den latenten Schichtparameter „Urbach-Energie“ als Maß für eine minimale Lichtabsorption durch Defekte energetisch nahe der optischen Bandlücke ausgegeben wird. Eine minimale Lichtabsorption durch Defekte energetisch nahe der Bandlücke ist ein zuverlässiger Indikator für eine hohe elektronische Qualität der aufwachsenden Schicht. Wenn diese erreicht ist, kann vorteilhaft der Abscheideprozess beendet werden. Weiterhin werden mit dem erfindungsgemäßen Verfahren kristalline Phasenübergänge ermittelt, indem die gemessene Rauigkeit mit den Ergebnissen aus in-situ Röntgenbeugungsmessungen verglichen werden. Dadurch wird der Zusammenhang zwischen den Phasenübergängen und der Rauigkeit (bei der die Oberflächenrauigkeit der aufwachsenden Schicht gemeint ist) bestimmt und anschließend kann aus der Kenntnis der Rauigkeit stets zuverlässig auf die aktuelle Situation bezüglich der kristallinen Phase in der aufwachsenden Schicht rückgeschlossen werden.
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Bevorzugt und vorteilhaft kann bei dem Verfahren nach der Erfindung auch vorgesehen sein, dass aus dem freien Schichtparameter „Schichtdicke“ zu verschiedenen Zeitpunkten Werte für den weiteren latenten Schichtparameter „Schichtwachstum“ abgeleitet werden. Dies erfolgt ohne Zeitverzögerung als Differenzausgabe der Werte der Schichtdicke zwischen zwei aufeinanderfolgenden Messungen. Bei dem Fittingprozess in dem Strukturgleichungsmodell entsteht zwar die Schwierigkeit, dass der Brechungsindex nicht genau bekannt ist, diese kann aber durch eine selbstständige Fittingprozedur erheblich reduziert werden. Bevorzugt und vorteilhaft kann daher der freie Schichtparameter „Brechungsindex“ durch einen linearen Verlauf angenähert werden. Dadurch kann das beanspruchte Verfahren nach der Erfindung und damit die in-situ-Prozesskontrolle auch bei opaken Substraten angewendet werden. Schließlich können mit dem Verfahren nach der Erfindung noch bevorzugt und vorteilhaft die weiteren latenten Schichtparameter „Schichtzusammensetzung“ und „Stöchiometriepunkt“ der aufwachsenden Schicht bestimmt werden. Hierbei handelt es sich um Schichtparameter bezüglich des Materials selbst und nicht bezüglich seiner Eigenschaften.
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Um ein möglichst breites Spektrum auswerten zu können, ist es weiterhin vorteilhaft und bevorzugt, wenn kohärentes oder inkohärentes Weißlicht mit einem Wellenlängenspektrum zumindest zwischen 400 nm und 1600 nm eingesetzt wird. Eine Beschränkung auf ausschließlich inkohärentes Licht wie im nächstliegenden Stand der Technik besteht hier nicht. Das bestrahlende Weißlicht soll möglichst breitbandig sein. Um eine kontinuierliche Aussage über den fortschreitenden Prozess zu erhalten, ist es weiterhin bevorzugt und vorteilhaft, wenn pro Sekunde zumindest ein Reflexionsspektrum ermittelt wird.
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Um möglichst genaue Messungen durchzuführen, ist es weiterhin bevorzugt und vorteilhaft, wenn von dem ermittelten Reflexionsspektrum das Dunkelspektrum subtrahiert wird. Dies erfolgt in der Regel apparatetechnisch mit einer Shuttereinrichtung hinter der Weißlichtquelle.
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Neben der weißen Lichtquelle umfasst eine Anordnung zur Durchführung des Verfahrens eine Detektionseinheit, beispielsweise ein Si- oder InGaAs-Diodenarray, in der das Reflexionsspektrum gemessen wird. Die Messergebnisse werden dann einer Auswerteeinheit, in der das physikalische Modell formelmäßig hinterlegt ist, zugeführt und zu den gewünschten Ausgabeergebnissen und -darstellungen verarbeitet. In einer vorteilhaften Weiterbildung des Verfahrens nach der Erfindung ist vorgesehen, dass die näherungsweise bestimmten Werte der freien Schichtparameter einer Schicht gespeichert und als Referenzwerte für eine nächste Schicht bei einem Schichtwechsel verwendet werden. Deshalb kann sich das Verfahren nach der Erfindung schnell an Veränderungen der abgeschiedenen Materialeigenschaften anpassen.
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Nähere Einzelheiten zu den einzelnen Ausführungsformen und Ermittlungen des erfindungsgemäßen Verfahrens, sind dem speziellen Ausführungsteil zu entnehmen. Das dem Fittingprozess zugrundeliegende physikalische Modell beruht u.a. auf der skalaren Streuungstheorie, Fresnel-Gleichungen, Welleninterferenz und einem Modell für Absorptionskoeffizienten. Es beruht somit auf der normalen Wellenbeschreibung und nicht auf komplexer optischer Impedanz wie im nächstliegenden Stand der Technik. Einzelne mathematische Formeln, weitere Näherungen und Randbedingungen sind ebenfalls der nachfolgenden Beschreibung des Ausführungsbeispiels zu entnehmen
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Figurenliste
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Ausbildungsformen des erfindungsgemäßen Verfahren zur optischen in-situ-Kontrolle einer auf einem Substrat aufwachsenden Schicht aus Verbindungshalbleitern, wobei charakteristische Schichtparameter der Schicht auswertbare optische Erscheinungen beeinflussen, werden nachfolgend anhand der schematischen Figuren zum weiteren Verständnis der Erfindung näher erläutert. Dabei zeigt:
- 1 eine Anordnung zur Verfahrensdurchführung,
- 2 das Prinzip der Weißlichtreflexions-(WLR)-Methode,
- 3 ein Diagramm zur Echtzeit-WLR-Intensität,
- 4 ein Diagramm eines einzelnen gemessenen und angefitteten
- Reflexionsignals,
- 5 ein Diagramm zum Brechungsindex,
- 6 ein Diagramm zum Absorptionskoeffizienten und
- 7 vergleichende Diagramme zu den Ergebnissen.
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Die 1 zeigt eine Anordnung zur Durchführung des Verfahrens nach der Erfindung in der Anwendung auf einen CIGSe-Film (Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid-Verdampferquellen 12). Der Weißlichtstrahl einer externen Lichtquelle 01 (150 W Halogen EHX Lampe) ist durch ein erstes Sichtfenster 02 in einer PVD-Kammer 03 auf eine Probe 04 fokussiert und trifft deren Oberfläche unter einem Winkel von 20° zur Flächennormalen. Das direkt reflektierte Licht wird durch ein zweites Sichtfenster 05 gegenüber dem ersten Sichtfenster 02 detektiert. Dies erfolgt mittels einer gegabelten optischen Faser 06, die mit zwei einfachen Diodenarray-Detektoren 07, 08 verbunden ist, wobei das eine Diodenarray 07 als Si-Array zur Detektion von sichtbarem Licht und das andere Diodenarray 08 als InGaAs-Array zur Detektion von infrarotem Licht ausgebildet ist. Vor Beginn der Deposition wird das gemessene Intensitätsspektrum normalisiert durch Kalibrierung des Spektrums des unbeschichteten Mo-Substrats 09 zu dem theoretischen Mo-Intensitätsspektrum.
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In der 1 ist eine Bestrahlung 10 der Probe mit Röntgenlicht und eine Detektion 11 der Röntgenstrahlung zur in-situ-Messung der auftretenden Röntgenbeugungen (EDXRD) dargestellt. Hierbei handelt es sich um Referenzmessungen zur Herstellung von Korrelationen zwischen der Rauigkeit der Oberfläche der aufwachsenden Schicht und auftretenden Phasenübergängen in der aufwachsenden Schicht. Derartige Referenzmessungen werden aber pro Schichtenzusammensetzung nur einmalig durchgeführt. Die Ergebnisse stehen dann als bekannt zur Verfügung. Im eigentlichen Aufbau zur Durchführung des Verfahrens nach der Erfindung sind deshalb dann keine Vorrichtungen zur Messung von Röntgenbeugungen mehr anzutreffen.
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Das Prinzip der WLR-Methode ist in 2 dargestellt. Gezeigt ist eine Absorberschicht 20 (Cu(In, Ga)Se2) auf einem Substrat 30 (Mo), oberhalb der Absorberschicht 20 ist Luft oder Vakuum 40. Die einfallende Lichtstrahlung (l0) wird zum Teil an der Oberfläche der Absorberschicht reflektiert (ls) und transmittiert zum Teil die Absorberschicht. Das transmittierte Licht wird an der Übergangsstelle zwischen Absorberschicht und Substrat reflektiert und verlässt zu einem Teil wieder die Absorberschicht (li). Die Überlagerung dieser beiden Strahlungsanteile führt zu auswertbaren Interferenzen.
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In der 3 ist die Echtzeit-WLR-Intensität während eines mehrstufigen CIGSe-Ko-Verdampfungsprozesses als Funktion der Wellenlänge und der Prozesszeit dargestellt. Ein einzelnes Spektrum (gestrichelte weiße Linie am Ende des Abscheidungsprozesses) ist in der 4 dargestellt (durchgezogene schwarze Linie).
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Um den Ursprung des einzelnen Spektrums gemäß
4 im Detail zu verstehen, werden nachfolgend die grundlegenden Gleichungen für das WLR-Prinzip gemäß
2 aufgezeigt. Die beiden reflektierten Wellen mit den Intensitäten l
s und l
i werden beschrieben durch die Wellenfunktionen ψ
I
S und ψ
I
i :
mit
- ls, li =
- Intensitäten der Welle
- d =
- Schichtdicke
- n1 =
- wellenlängenabhängiger Brechungsindex der Absorberschicht
- Θ1 =
- Winkel zwischen Oberflächennormale und transmittierendem Licht
- δs, δi =
- Phasenverschiebungen an Oberfläche und Übergang zwischen Absorberschicht und Substrat (im Fall der CIGSe-Schicht auf dem Mo-Substrat δs = 0 und δi = π nur für die Oberflächenreflexion aufgrund eines ansteigenden Brechungsindexes Absorberschicht zur Luft/Vakuum).
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Multiple Reflexionen in der Absorberschicht sind fast vollständig diffus, der spiegelnd reflektierte Anteil ist sehr klein gegenüber den hauptsächlichen Reflexionen ls und li und können bei der Auswertung der spektralen Reflexion vernachlässigt werden. Bei glatten Schichten können die hier angewendeten Gleichungen jedoch mit den Intensitäten der Mehrfachreflektionen erweitert werden.
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Die relative Intensität aus der Überlagerung beider Wellen ergibt sich zu:
mit
- lo =
- einfallende Lichtintensität
- Δδ =
- δs - δi
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Die Intensität l
s der an der Oberfläche der Absorberschichten reflektierten Welle hängt sowohl vom Brechungsindex als auch von der Rauigkeit der Oberfläche der Absorberschicht ab. Die skalare
Streuungstheorie nach H. Bennett und J. Porteus (Veröffentlichung „Relation between surface roughness and specular reflectance at normal incidence," JOSA, Bd. 51, Nr. 2, pp. 123-129, 1961) kann daher angewendet werden, wonach der Einfluss der Rauigkeit auf die Intensität der Oberflächenreflexion vom wellenlängenabhängigen Brechnungsindex η(λ) und von der quadratischen Mittelwert der Rauigkeit σ
rms wie folgt abhängig ist.
mit
- R0 =
- Reflexion an der Halbleiteroberfläche, berechnet mit den Fresnel-Gleichungen
- n1 (λ) =
- Brechungsindex des Halbleitermaterials
- θ0 =
- Einfallswinkel des Lichts
- σrms =
- quadratischer Mittelwert der Oberflächenrauigkeit
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Die Intensität l
i des Lichts, das am Übergang zwischen Absorberschicht und Substrat reflektiert wird und die Absorberschicht zweimal transmittiert, ist gegeben durch
mit
- T1,s = To,s =
- Anteil des nicht diffus transmittierten Lichts an der Übergangsstelle Absorberschicht/Substrat, berechnet über Fresnel-Gleichungen und der skalaren Streutheorie,
- R2,s =
- Reflexion am Substrat, bestimmt über Fresnel-Gleichungen,
- α(λ) =
- Absorptionskoeffizient des Halbleitermaterials.
- A =
- Amplitude der Interferenzen, wie in 4 eingezeichnet.
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Für die Simulation des experimentellen Reflexionssignals mit Hilfe der Gleichung (3) müssen die Schichtparameter Absorptionskoeffizient, Brechungsindex, Schichtdicke und Rauigkeit bekannt sein. Rauigkeit und Brechungsindex können bestimmt werden über eine Anpassung der Funktion aus Gleichung (4) an den Teil des experimentellen Reflexionsspektrums, welches keine Interfenzerscheinungen aufweist. Dazu wird die Annahme eines linearen Verlaufs des Brechungsindexes über die Photonenenergie getroffen, wodurch sich der Brechungsindex parametrisieren lässt. Die Schichtdicke kann über die Abstände der Interferenzextrema berechnet werden. Der Absorptionskoeffizient α(λ) kann über die Gleichung (5) berechnet werden, da T1,s, To,s und R2,s mit dem vorher bestimmten Brechungsindex und der Rauigkeit berechnet werden können. Für die Simulation des gesamten Spektrums werden Brechungsindex, Absorptionskoeffizienten, Schichtdicke sowie Rauigkeit als freie Parameter mit den vorher bestimmten Werten als Startwerte gesetzt. Durch die Anpassung des simulierten Reflexionsspektrums an das experimentelle Reflexionsspektrum ergeben sich neue Werte für die freien Parameter. Die gesamte Prozedur wird solange wiederholt, bis sich von einer Wiederholung zur nächsten Wiederholung die Parameter nicht mehr wesentlich ändern. Es wird eine selbstkonsistente Lösung für alle Schichtparameter einschließlich des Brechungsindex erhalten.
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Der daraus resultierende Brechungsindex ist in 5 dargestellt, welcher vergleichbar zu den Literaturwerten für CIGSe mit der gleichen Zusammensetzung ist. Die resultierende Rauigkeit beträgt 60 nm, welche in guter Übereinstimmung mit der mittels Atomkraftmikroskopie gemessenen Rauigkeit von 53 nm ist. Die Schichtdicke ergibt sich zu 2170 nm in guter Übereinstimmung zu dem mittels mechanischen Profilometer gemessen Wert von 2100 nm. Aus der zeitlichen Ableitung der Schichtdicke lässt sich die Wachstumsrate bestimmen.
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Der Absorptionskoeffizient ist in
6 dargestellt und kann mit den folgenden Formeln beschrieben und angepasst werden:
mit
- Eg = optische Bandlücke des Halbleiters
- hv = Energie der Photonen
- Eu = Urbach-Energie
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Aus der Anpassung des Absorptionskoeffizienten lässt sich die Urbach-Energie bestimmen, welche über die Defektdichte bestimmt ist und damit charakteristisch für die Kristallqualität.
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Die resultierenden Werte für Rauigkeit, Wachstumsrate, Urbach-Energie und Bandlücke und deren Korrelationen sind in 7 dargestellt. Die zeitliche Entwicklung der Bandlücke erlaubt die Kontrolle der chemischen Zusammensetzung des Halbleitermaterials. Die Wachstumsrate erlaubt eine Korrektur der Verdampfungsraten der Verdampferquellen. Kennzeichnend für die vorliegende Erfindung ist jedoch die Möglichkeit, die Oberflächenrauigkeit mit der kristallinen Phasenentwicklung zu korrelieren, was entscheidend ist für die Reproduzierbarkeit der Herstellung von komplexen Halbleiterverbindungen wie Cu(In,Ga)Se2. Die fein gestrichelten Linien in 7 markieren die Zeitpunkte, bei denen sich die Steigung der Rauigkeit ändert. Diese korrelieren mit der Ausbildung von neuen kristallinen Phasen, welche in einem Referenzverfahren zeitgleich mittels EDXRD gemessenen wurden. Zuerst steigt die Rauigkeit, nachdem sich die γ-(In,Ga)2Se3 Phase ausgebildet hat, dann erneut nach der Ausbildung der γ-Cu(In,Ga)xSey -Phase. Die Ausbildung der CuSex -Sekundärphase wird durch die erhöhte Steigung des Cu-Ka-Signals erkennbar und ist ebenfalls mit einer fein gestrichelten Linie markiert. Zum gleichen Zeitpunkt sinkt die gemessene Oberflächenrauigkeit, so dass auch für diesen Phasenwechsel die Rauigkeit als Indikator verwendbar ist. Weiterer Gegenstand des beanspruchten Verfahrens ist die Prozesssteuerung über die zeitliche Entwicklung der Urbach-Energie. Diese ist ein Maß für die Qualität des Kristalles und damit der wichtigste Schichtparameter für die erfolgreiche Kristallherstellung. Die in-situ Erfassung dieses Wertes erlaubt es, den Herstellungsprozess genau in dem Augenblick abzubrechen, in dem die Urbach-Energie ein Minimum erreicht. Dieser Zeitpunkt ist in 7 mit der grob gestrichelten Linie markiert.
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Bezugszeichenliste
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- 01
- externe Lichtquelle
- 02
- erstes Sichtfenster
- 03
- PVD-Kammer
- 04
- Probe
- 05
- zweites Sichtfenster
- 06
- gegabelte optische Faser
- 07
- Si-Diodenarray zur Detektion von sichtbarem Licht
- 08
- InGaAs-Diodenarray zur Detektion von infrarotem Licht
- 09
- Substrat
- 10
- Röntgenlichtbestrahlung
- 11
- Röntgenlichtdetektion
- 12
- Verdampferquelle
- 20
- Absorberschicht
- 30
- Substrat
- 40
- Luft / Vakuum