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Die Erfindung bezieht sich auf ein Messverfahren zur optischen in-situ Quantifizierung von Anti-Phasen-Domänen bei der hetero-epitaktischen Abscheidung polarer Halbleiterfilme auf einem nicht-polaren Substrat, basierend auf der Reflexions-Anisotropie-Spektroskopie mit einer senkrechten Einstrahlung eines Anregungsspektrums auf die atomar rekonstruierte Oberfläche einer hetero-epitaktischen Abscheidung als Probe und einer homoepitaktischen Abscheidung als Referenz und einer Messung der beiden orthogonal polarisierten Reflexionen und auf Anwendungen des Messerfahrens zur weiteren Qualitätsbeurteilung. Die optische in-situ-Spektroskopie, so auch Reflexions-Anisotropie-Spektroskopie, lässt sich in industriell skalierbaren Beschichtungsanlagen leicht integrieren und kann die Geschwindigkeit der Qualitätskontrolle bei der Herstellung von Bauelementen erheblich erhöhen.
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Bei der hetero-epitaktischen Abscheidung polarer Halbleiter auf nicht-polare Substrate (z. B. III-V Materialien auf IV Materialien Si oder Ge) führt die Ausbildung von so genannten „Anti-Phasen-Domänen” (APD) als unterschiedlich orientierte Kristallzustände zu Defekten in der kristallinen Struktur der epitaktisch abgeschiedenen Schichten. Getrennt werden die APDs von so genannten „Anti-Phasen-Grenzen” (APB). Die Konzentration dieser Defekte kann die technologisch angestrebte Nutzung solcher Schichtsysteme bzw. Materialkombinationen in der Mikro- und Opto-Elektronik (z. B. für hocheffiziente Solarzellen, Laser, LEDs) entscheidend beschränken oder sogar verhindern. Daher werden in der industriellen Fertigung solcher Bauelemente fast ausschließlich sehr teure und nur begrenzt verfügbare Substrattypen (Wafer) eingesetzt, mit denen sich die beschriebenen Probleme von vornherein umgehen lassen. Die Realisierung essenzieller Technologien, wie optische on-chip Kommunikationskanäle, in welchen z. B. die Siliziumtechnologie mit der Technologie von III-V-Halbleitern verbunden werden muss, ist bisher noch gar nicht gelungen, da eine ausreichende Kontrolle der Defekte bislang aussichtslos bzw. zu aufwändig erschien. Die optische in-situ Charakterisierung des APD-Gehaltes während des Ablaufs der entscheidenden Produktionsschritte von Epitaxieprozessen erlaubt eine Qualitätskontrolle sowie eine massive Beschleunigung sowohl von Forschungs- als auch von Entwicklungsarbeiten auf diesem Feld. Nach der Etablierung spezifischer Produktionsverfahren ist eine laufende in-situ APD-Kontrolle zur frühzeitigen Erkennung von Kristallfehlern äußerst vorteilhaft. Im Falle geringer Toleranzen des Verfahrens gegenüber spezifischen Präparationsparametem (z. B. Temperatur) ist eine Anwendung innerhalb einer Rückkoppluflgsprozedur (feed back loop) möglich, sodass die Entstehung von APDs frühzeitig unterdrückt und damit die Herstellung von großflächigen Oberflächen mit einer isotropen Single-Domain-Strukturierung verbessert werden kann.
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STAND DER TECHNIK
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Die frühzeitige Unterdrückung von APDs ist Gegenstand aktueller Forschungsarbeiten. Vorangegangene Forschungsarbeiten beruhen auf der Identifizierung der APDs mittels aufwändiger, teilweise destruktiver ex-situ Verfahren, die üblicherweise nur geringe Durchsatzraten erlauben (z. B. Transmissionselektronen-Mikroskopie mit APD-spezifischem Dunkelfeldkontrast). Frühere Ansätze der III-V-Hetero-Epitaxie auf Si(100) beruhen auf der Abscheidung sehr dicker Schichten, in denen es üblicherweise irgendwann im Laufe des epitaktischen Wachstums zur bekannten Selbstauslöschung („Annihilation”) der APDs kommt. Allerdings sind die Stellen im Kristall, an welchen die APDs ursprünglich entstanden sind, stets mögliche Quellen von sich fortpflanzenden Kristalldefekten. infolgedessen sind bislang keine opto-elektronischen Bauteile hinreichender Qualität erzielt worden. Für den sinnvolleren Ansatz, die Ausbildung von APDs von vornherein zu kontrollieren und zu unterbinden, steht bislang keine in-situ Charakterisierung zur Verfügung.
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In der Veröffentlichung: „In situ verification of single domain III-V an Si (100) growth via metal-organic vapor Phase epitaxy” von H. Döscher et al. (Applied Physics Letters 93, 172110, 31.10.2008), von der die Erfindung als nächstliegendem Stand der Technik ausgeht, wird erstmals ein neues grundsätzliches Prinzip der optischen in-situ APD-Quantifizierung beschrieben. Die eingesetzte Messmethode ist die „Reflexions-Anisotropie-Spektroskopie” (RAS), die in der Literatur teilweise auch als „Reflexions-Differenz-Spektroskopie” (RDS) bekannt ist. Das vorgestellte Verfahren ermöglicht eine optische in-situ Quantifizierung von APDs in polaren hetero-epitaktischen Schichten, die auf nicht-polare Substrate (Wafer) abgeschieden werden, sodass APDs entstehen. Es basiert auf der hohen Empfindlichkeit der Reflexions-Anisotropie-Spektroskopie (Akronym RAS) für Oberflächen und insbesondere für deren atomare Rekonstruktionen. Oberflächenareale, die von APDs bedeckt sind, fuhren per Definition des RAS-Signals zu einer Reduktion bis hin zu einer vollkommenen Auslöschung des Signals. Dies liegt daran, dass die verschieden orientierten Domänen mit unterschiedlichem Vorzeichen (entspricht der Orientierung) zur Gesamtintensität beitragen. Daraus lässt sich durch die Kenntnis der Signalhöhe, die auf einer rekonstruierten, aber von APDs freien Oberfläche gemessen wurde, der APD-Gehalt gleichartiger kristalliner Materialien mit unbekanntem APD-Gehalt prinzipiell durch einfache Verhältnisrechnung bestimmen. In der Veröffentlichung wird für den Vergleich aufgezeigt, dass das RA-Spektrum (RA Akronym für Reflexions-Anisotropie) einer hetero-epitaktisch aufgewachsenen GaP-Schicht (Schichtdicke beispielsweise 40 nm) ohne APDs (da ein entsprechend stufenangepasstes Si-Substrat mit Doppelstufen – wie sie auch bei GaP auftreten – verwendet wurde) weitgehend übereinstimmt mit dem RA-Spektrum einer homo-epitaktisch aufgewachsenen GaP-Schicht. Das RA-Spektrum einer hetero-epitaktisch aufgewachsenen GaP-Schicht mit APDs ist wiederum an das RA-Spektrum der hetero-epitaktisch gewachsenen Schicht ohne APDs und damit an da RA-Spektrum der homo-epitaktisch gewachsenen Schicht durch Skalierung anpassbar. Die homo-epitaktisch gewachsene Schicht ist daher als Referenz prinzipiell einsetzbar. Vorteilhaft ist ihre vergleichsweise einfache Herstellbarkeit gegenüber der ein-domänigen hetero-epitaktisch aufgewachsenen Schicht
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Allerdings enthielten die in der Veröffentlichung beschriebenen in-situ Messungen mit RAS hetero-epitaktisch abgeschiedener Schichten so große interferenzbeiträge, dass selbst unter glücklichen Bedingungen keine genaue APD-Quantifizierung möglich war. Nur unter Zuhilfenahme einer Referenzschicht aus APD freiem GaP, die mit genauen Detailkenntnissen auf Si(100) abgeschieden und danach aufwändig ex-situ verifiziert werden musste, war eine APD-Quantifizierung mit Fehlern im Bereich von immerhin noch einigen Prozent (ca. 4%) möglich. Dazu wurde das an der Probe gemessene RA-Spektrum an das an der Referenz gemessene RA-Spektrum durch Skalierung angefittet. Der ermittelte Skalierungsfaktor erlaubte dann über einen direkten Verhältnisvergleich eine Aussage über den Oberflächenanteil der APDs in der Probe. Auftretende größere Abweichungen wurden der Nichtberücksichtigung von Interferenz an der Oberfläche aufgrund zusätzlicher Reflexionen an der vergrabenen Grenzfläche zwischen GaP und Si zugeschrieben. Da die größten Abweichungen jedoch nicht in den interessierenden Peak-Bereichen des Signals lagen, wurden sie nicht weiter betrachtet. Komplexe interferenzbeiträge, die das optische Messsignal überlagerten und als systematische Fehler veränderten, wurden somit nicht berücksichtigt.
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Die fortgesetzte Abhängigkeit von ex-situ Untersuchungen, d. h. der nachträglichen Charakterisierung mit speziellen Methoden wie TEM oder AFM außerhalb der Wachstumsumgebung, ist aber an sich nicht erstrebenswert. Darüber hinaus besteht eine grundsätzliche Problematik darin, dass mit diesen Methoden bislang nur mikroskopische Probenareale erfasst werden können und somit nur begrenzt Auskunft über die Verteilung von APDs über die gesamte Probe gegeben wird. Zudem erfordert die APD-Quantifizierung auf diesem Stand die Abscheidung immer gleicher Schichtdicken mit höchster Zuverlässigkeit. Und selbst dann stellen die nicht berücksichtigten enthaltenen Interferenzbeiträge und Anisotropien immer noch eine systematische Fehlerquelle dar, die sich einer genauen Eingrenzung entzieht und Fehlerabweichungen von beispielsweise 20% oder mehr hervorrufen kann.
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Die RAS ist eine zerstörungsfreie optische Messmethode, mit der in erster Linie die Oberfläche von Festkörpern untersucht werden kann. RAS benötigt im Gegensatz zu auf Elektronenbeugung basierenden Techniken wie LEED oder RHEED prinzipiell kein Vakuum und ist daher relativ problemlos in verschiedensten Wachstumsumgebungen einsetzbar. Im Gegensatz zur spektroskopischen Ellipsometrie wird im Wesentlichen nur ein einzelnes optisches Fenster benötigt, welches senkrechten Lichteinfall auf die Probe zulassen muss. Das ermöglicht eine leichte und schnelle Justage der Apparatur. Optische in-situ-Spektroskopie wie RAS wird daher in zunehmendem Maße in der Halbleiterindustrie zur in situ-Kontrolle der einzelnen Wachstumsschritte eingesetzt, d. h. Qualität und Eigenschaften einer auf einem Wafer aufgebrachten Schicht werden bereits während des Wachstums kontrolliert und gegebenenfalls durch Regelvorgänge ausgesteuert. RAS dient zur Bestimmung anisotroper Eigenschaften von Festkörpern (bezüglich der optischen Polarisation von Licht). Als Spezialfall der allgemeinen spektroskopischen Ellipsometrie wird bei der RAS der Polarisationszustand des von einer Probe reflektierten Lichts, das linear polarisiert, orthogonal und mit nur geringer Leistung eingestrahlt wird, spektral ausgewertet. Anisotropien entstehen in diesem Fall bevorzugt an Oberflächen und Grenzflächen verschiedener Schichten, da dort die Symmetrie des Volumenkristalls reduziert ist. Das macht die RAS zu einer oberflächensensitiven Messmethode. Wird der Kristall um 90° gedreht, so wird das RA-Signal hinsichtlich seines Vorzeichens invertiert. es ergibt sich eine Differenz der Polarisationsrichtungen. Dabei werden das Auftreten und die Höhe des invertierten Messsignals als Anzeichen und als Maß für den auftretenden Anteil an APD genutzt.
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Anisotropien an rekonstruierten Oberflächen entstehen beispielsweise durch eine unterschiedliche Anordnung der Atome an der Oberfläche im Vergleich zum Volumen (Oberflächen-Rekonstruktion) oder durch anisotrope Filme. Das RA-Signal ist eine komplexe Größe und misst die Reflexionen in zwei orthogonal aufeinander stehenden Richtungen (normiert auf die Gesamtreflexion). Allgemein sind Anisotropien im Vergleich zur Gesamtreflexion sehr klein. Typische Größen für das Verhältnis liegen im Promille-Bereich. Mit der RAS sind sowohl spektral als auch zeitlich aufgelöste Messungen durchführbar. Grundsätzlich besteht ein Reflexions-Anisotropie-Spektrometer zur Durchführung des Messverfahrens aus Lichtquelle, Polarisator, photoelastischem Modulator, Analysator, Monochromator, Photomultiplier, Auswerte- und Steuerungselektronik und verschiedenen optischen Komponenten (Spiegel etc.).
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AUFGABENSTELLUNG
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Die AUFGABE für die vorliegende Erfindung ist darin zu sehen, ein auf der Reflexions-Anisotropie-Spektroskopie basierendes Messverfahren zur optischen in-situ Quantifizierung von Anti-Phasen-Domänen bei der heteroepitaktischen Abscheidung polarer Halbleiterfilme auf einem nicht-polaren Substrat der oben beschriebenen gattungsgemäßen Art anzugeben, das eine deutlich weiter verringerte Fehlerabweichung gegenüber dem bekannten Verfahren aufweist und trotzdem als schnelles und zuverlässiges in-situ-Messverfahren zur Quantifizierung von APDs während der Präparation einsetzbar ist. Weiterhin soll es unabhängig von der Präparation einer APD-freien Probe als Referenz sein. Aufwändige ex-situ-Verifikationsschritte für eine Verbesserung der Messgenauigkeit sollen jedoch vollständig vermieden werden. Durch die einfache Gestaltung des Verfahrens sollen vielfältige Anwendungen möglich sein. Die erfindungsgemäße Lösung für diese Aufgabe ist dem Hauptanspruch und den Anwendungsansprüchen zu entnehmen, vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung werden in den Unteransprüchen aufgezeigt und im Folgenden im Zusammenhang mit der Erfindung näher erläutert. Erfindungsgemäß sind folgende Verfahrensschritte vorgesehen:
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VERFAHRENSSCHRITT I
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Es werden reproduzierbare Abscheidungsbedingungen für die Probe und die Referenz für die Herstellung gleichartiger Oberflächen vorgesehen. Dabei bezieht sich die geforderte Gleichartigkeit auf die Art und Qualität der atomaren Oberflächenrekonstruktion, sodass sich Probe und Referenz ausschließlich in ihrem Gehalt an APDs unterscheiden. Dabei ist der Gehalt an APDs bei der Referenz gleich Null, d. h. die Referenz weist keine APDs auf. Bei der Herstellung ansonsten gleichartiger Oberflächen ist somit eine für das Aufwachsen der polaren Halbleiterschicht typische atomare Oberflächenrekonstruktion auszuwählen. Es muss eine Abgrenzung zu anderen auftretenden Rekonstruktionen durchgeführt werden. Weiterhin sind Effekte atomarer Oberflächenordnung zu berücksichtigen, beispielsweise Überschussanlagerungen einzelner Schichtkomponenten. Schließlich müssen thermische Veränderungen des RAS-Signals berücksichtigt werden, die bei unterschiedlichen Abscheidetemperaturen zu einer unterschiedlichen Peakverteilung führen.
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VERFAHRENSSCHRITT II
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Nach der Durchführung des Verfahrensschritts I und der damit gewonnenen Erkenntnisse, ist zu überprüfen, ob die an der Referenz für homo-epitaktische Abscheidung zu gewinnenden Messdaten und Resultate auf die an der Probe zu gewinnenden Resultate für hetero-epitaktische Abscheidung übertragbar sind. Darauf aufbauend kann von der APD-freien, homo-epitaktisch aufgewachsenen Oberfläche der Referenz auf die APD-haltige, hetero-epitaktisch aufgewachsenen Oberfläche der Probe durch Verhältnisbetrachtungen rückgeschlossen werden.
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VERFAHRENSSCHRITT III
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Wenn ein Rückschluss möglich ist, müssen die Messbedingungen und Messprozeduren – wiederum unter Berücksichtigung von Verfahrensschritt 1 – festgelegt werden. Alle Bedingungen und Parameter sind bei der Präparation (Aufwachsen) beider Oberflächen – von Referenz und Probe (wobei der Begriff „Probe” auch für das industriell hergestellte Produkt in größerem Maßstab gelten soll) genau einzuhalten, damit eine Analogie und Übertragbarkeit gegeben ist. Zu berücksichtigen sind beispielsweise die Präparationsbedingungen und die Umgebungstemperatur bei der Messung.
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VERFAHRENSSCHRITT IV
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In diesem Verfahrensschritt wird dann unter Berücksichtigung des Verfahrensschrittes III eine geeignete Referenz homo-epitaktisch abgeschieden. Dabei werden spektral, d. h. in der Abhängigkeit von der Wellenlänge bzw. Energie, in-situ die Reflexions-Anisotropie und der absolute Reflexionsgrad der Referenz gemessen. Weitere Erläuterungen zu der Bedeutung der einzelnen Parameter siehe unten.
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VERFAHRENSSCHRITT V
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Im nächsten (oder parallelen) Verfahrensschritt wird ebenfalls unter Berücksichtigung des Verfahrensschrittes III die Probe hetero-epitaktisch abgeschieden. Dabei werden wiederum spektral in-situ die Reflexions-Anisotropie und der absolute Reflexionsgrads der Probe gemessen.
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VERFAHRENSSCHRITT VI
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In diesem Verfahrensschritt wird der relative Reflexionsgrad (Definition siehe unten) aus dem Quotienten des gemessenen absoluten Reflexionsgrads der Probe und der Referenz ermittelt. Alternativ kann der relative Reflexionsgrad auch direkt aus den gemessenen RA-Spektren ermittelt werden. Voraussetzung hierfür ist lediglich ein kurzer zeitlicher Abstand zwischen Proben- und Referenzmessung, um eine Veränderung des Anregungsspektrums im Messaufbau wirksam auszuschließen. Dabei steigt die Qualität der erzielten APD-Quantifizierung tendenziell an, da einige Quellen statistischen Rauschens aus der Berechnung eliminiert werden.
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VERFAHRENSSCHRITT VII
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Der in Verfahrensschritt VI ermittelte spektrale relative Reflexionsgrad wird nunmehr als Korrekturfunktion eingesetzt. Dies erfolgt durch mathematische Faltung mit dem in-situ gemessenen Reflexions-Anisotropie-Spektrum der Probe. Diese Korrektur bewirkt eine Kompensation von auftretenden Interferenzen aufgrund von zusätzlicher Reflexion an der Grenzfläche zwischen dem polaren Halbleiterfilm und dem nicht-polaren Substrat und verringert den systematischen Fehlereinfluss erheblich.
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VERFAHRENSSCHRITT VIII
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In diesem Verfahrensschritt wird das um den Interferenzfehler korrigierte Reflexions-Anisotropie-Spektrum der Probe an das in Verfahrensschritt V gemessene Reflexions-Anisotropie-Spektrum der Referenz angenähert (angefittet, angepasst). Dies erfolgt durch eine einfache Skalierung mit einem Skalierungsfaktor. Jeder Wert des korrigierten Probenspektrums wird mit dem konstanten Skalierungsfaktormultipliziert. Dabei werden weitere mögliche systematische Abweichungen der Signalintensitäten der gemessenen Reflexions-Anisotropie-Spektren berücksichtigt. Es wird derjenige Skalierungsfaktor ausgewählt, der einen übereinstimmenden Verlauf der Signalintensitäten der gemessenen Reflexions-Anisotropie-Spektren über einen möglichst grollen Bereich bewirkt. Dabei können noch weiter systematische Abweichungen, z. B. durch die Anisotropie der Grenzfläche, in einzelnen Bereichen auftreten. Deren Belassen oder weitere Korrektur ist entsprechend zu überprüfen.
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VERFAHRENSSCHRITT IX
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Im nächsten Verfahrensschritt wird dann der Anteil an Anti-Phasen-Domänen der Probe durch Verhältnisvergleich der Signalintensitäten des gemessenen Reflexions-Anisotropie-Spektrums des Referenzsignals und mit den Signalintensitäten des korrigierten gemessenen Reflexions-Anisotropie-Spektrums der Probe direkt der APD-Anteil in der Probe berechnet. Dies kann entweder direkt aus dem ermittelten korrigierten Skalierungsfaktor erfolgen oder unter Berücksichtigung von weiteren Anisotropien aufgrund der Grenzflächenreflexion zwischen der polaren Halbleiterschicht und dem unpolaren Substrat erfolgen (weitere Erläuterungen siehe unten).
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VERFAHRENSSCHRITT X
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Die Verfahrensschritte I bis IV können als „Kalibrierphase” zur Anpassung des in-situ-Messverfahrens auf den aktuellen Präparationsprozess angesehen werden. Dabei ist zu unterscheiden zwischen einer „Basiskalibrierung” (Verfahrensschritte I und II), die für jedes gewählte Materialsystem prinzipiell nur einmal durchzuführen ist, und der „Referenzkalibrierung” (Verfahrensschritte III und IV), die pro Präparationszyklus jeweils einmal durchzuführen ist. Eine Wiederholung der Referenzkalibrierung ist erst dann erforderlich, wenn aufgrund von Änderungen in den Präparations- und Abscheidebedingungen nicht mehr von einer Gleichartigkeit der Oberflächen von Referenz und Probe (bis auf den unterschiedlichen APD-Gehalt) auszugehen ist. Wenn diese Gleichartigkeit wieder hergestellt ist, muss entsprechend eine neue Referenzkalibrierung durchgeführt werden. Die eigentliche „Messphase” erfolgt dann in den Verfahrensschritten V bis IX. Gemäß Verfahrensschritt X wird dann die aktuelle Präparation der Probe von den Verfahrensschritten V bis IX zyklisch wiederholt begleitet, wobei auch hierbei wiederum auf die Konstanz des Anregungsspektrums zu achten ist, um mit der präparierten Referenz vergleichbare Ergebnisse zu erhalten. Kann die Konstanz nicht (mehr) sichergestellt werden, sind die Verfahrensschritte in der Referenzkalibrierung entsprechend zu wiederholen (s. o.).
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Zusätzlich zu der oben erläuterten Messroutine können noch vorteilhafte, weitere Korrekturen des Messsignals vorgenommen werden. Bevorzugt können noch weitere Korrekturfunktionen in Verfahrensschritt VII zur Korrektur weiterer systematischer Abweichungen durch optische Anisotropie aufgrund von Interferenz an der Grenzfläche zwischen dem polaren Halbleiterfilm und dem nicht-polaren Substrat oder Verspannungen, Ladungsverteilungen, mesoskopische Stufen oder Anti-Phasen-Grenzen im polaren Halbleiterfilm angewendet werden. Weitere Details hierzu und zu dem erfindungsgemäßen Messverfahren sind dem nachfolgenden speziellen Beschreibungsteil zu entnehmen.
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Zwei bevorzugte Anwendungen des Messverfahrens beziehen sich auf spezielle, Qualitätsbeurteilungen von Substrat und Grenzfläche zwischen Substrat und Halbleiterschicht. APDs entstehen aufgrund von einer unterschiedlichen Stufigkeit im Kristallaufbau von Substrat und Halbleiterschicht. Je geringer die Übereinstimmung, desto größer ist der APD-Anteil. Ein geringer APD-Anteil lässt also darauf rückschließen, dass der Kristallaufbau des Substrats hinsichtlich seiner mesoskopischen und atomaren Oberflächenstruktur mit der entsprechenden Struktur der Halbleiterschicht direkt korreliert ist. Ein wohl definierter Kristallaufbau des Substrats, der anzustreben ist, um den APD-Anteil möglichst gering zu halten, ist somit überprüfbar. Weiterhin ist auch der Gleichung (8) im nachfolgenden speziellen Beschreibungsteil erkennbar, dass bei allen bekannten und errechenbaren Messgrößen und Variablen ein Anteil der Reflexion errechenbar ist, der seinen Ursprung in der Anisotropie der Grenzfläche zwischen Halbleiterschicht und Substrat hat. Auch hier kann also von der Größe dieses Anteils rückgeschlossen werden auf die Qualität der Grenzfläche.
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AUSFÜHRUNGSBEISPIELE
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Ausbildungsformen des in-situ-Messverfahrens nach der Erfindung werden nachfolgend anhand der schematischen Figuren zum weiteren Verständnis der Erfindung näher erläutert. Dabei zeigt:
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1 in-situ gemessene Reflexions-Anisotropie-Spektren einer homoepitaktisch abgeschiedenen Referenz,
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2 den Übergang in der Oberflächenrekonstruktion der Referenz gemäß 1 bei konstanter Temperatur,
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3 die Minima der Reflexions-Anisotropie-Spektren der Referenz aus 1 mit Temperaturabhängigkeit,
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4 die Desorption von Überschuss-Phosphor einer P-reichen Oberfläche der Referenz aus 1 nach Erhitzen bei einer konstanten Temperatur, 5 in-situ gemessene Reflexions-Anisotropie-Spektren einer hetero-epitaktisch abgeschiedenen Probe,
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6 einen Vergleich der Reflexions-Anisotropie-Spektren der Referenz aus 1 und der Probe aus 5,
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7 einen Vergleich der Reflexions-Anisotropie-Spektren der Referenz aus 1 und der Probe aus 5 bezüglich innerer Reflexion und
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8 eine Darstellung zum Messverfahren nach der Erfindung
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Die Kontrolle über die atomaren Eigenschaften von III-V-Verbindungshalbleiter Oberflächen ist von ausschlaggebender Bedeutung für die Präparation von gut definierten Hetero-Übergängen in Mehrschicht-Strukturen. Gerade die Kombination von III-V-Halbleitern mit der fortgeschrittenen Siliziumtechnologie ist besonders relevant für Multijunction-Solarzellen und auch für viele andere hochleistungsfähige opto-elektronische Komponenten, beispielsweise Laser oder LEDs. Optische in-situ-Spektroskopie lässt sich in industriell skalierbaren Beschichtungsanlagen leicht integrieren und kann die Geschwindigkeit der Rückkopplung bei der Herstellung von Bauelementen erheblich erhöhen. RAS ist ein optisches Messverfahren für Oberflächen, das in der metallorganischen Gasphasenepitaxie (MOPVE) angewandt werden kann und eine in-situ Identifikation der Oberflächenbeschaffenheit in Abhängigkeit vom charakteristischen RA-Spektrum erlaubt.
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In den nachfolgenden Ausführungen werden die binäre Halbleiterverbindung GaP (Galliumphosphid) und ein Silizium-Substrat (Kristallorientierung 100) als einfaches und bedeutsames Modellsystem für das hetero-epitaktische Aufwachsen von polaren (III-V)-Halbleitern auf einem nicht-polaren Substrat beschrieben. Weitere mögliche Materialsysteme sind beispielsweise GaAs/Ge, GaInP/Ge; (B)GaPNAs(Sb)/Si (verdünnte stickstoffhaltige Materialsysteme auf Silizium); GaAs/Si oder InP/Si (mit GA Gallium, P Phosphor, As Arsen, Ge Germanium, In Indium, B Bor, N Stickstoff, SB Antimon, Si Silizium). Bei den beiden zuletzt genannten Systemen sind zwingend noch Korrekturen aufgrund von Gitterverspannungen zu berücksichtigen. Das hetero-epitaktische System GaP/Si(100) hat eine homo-epitaktische Äquivalenz in Form von GaP(100), das wissenschaftlich bereits besonders gut erforscht ist. Der Nachweis dieser Äquivalenz und damit der Nachweis für die Möglichkeit der Durchführung der Verfahrensschritte I bis III ist im Stand der Technik bereits belegt (vergleiche zitierte Veröffentlichung) und soll anhand von Figuren nachfolgend nur allgemein aufgezeigt werden.
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Zunächst sollen die individuellen Einflüsse auf das in-situ gewonnene RA-Spektrum der Oberfläche eines epitaktischen Verbindungshalbleiters anhand des Beispiels GaP(100) verdeutlicht werden. Dabei liegt der Fokus auf den Erfordernissen für die quantitative Analyse des Signals, insbesondere die Analyse bei hetero-epitaktischem Wachstum. Die ersten Figuren beziehen sich deshalb auf die reproduzierbare Präparation einer atomar gut geordneten, Wasserstoff-terminierten P-reichen (2 × 2)/c(4 × 2) Oberflächenrekonstruktion von mittels MOPVE präpariertem GaP(100) und die zugehörigen RAS-Signale. Anschließend werden die Erkenntnisse beim homo-epitaktisch gewonnenen RA-Spektrum und dem Vergleich mit dem hetero-epitaktisch gewonnenen Spektrum zur quantitativen Auswertung des APD-Gehaltes genutzt. Dabei wird eine spezielle Korrektur zur Kompensation von Interferenz aufgrund von Grenzflächen-Reflexion vorgenommen.
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Die
1 zeigt oben (a) das in-situ gemessene RA-Spektrum einer GaP(100)-Oberfläche in Falschfarbenkodierung (Color-Plot) während eines Temperaturanstiegs von 300°C auf 700°C (1,5 K/min) ohne ein Angebot von Phosphor (atomare Anordnungs-Darstellung P weiß, Ga schwarz, H grau). Zwischen 330°C und 490°C kann ein Spektrum erkannt werden, das zu einer P-reichen Oberflächenrekonstruktion ((2 × 2)/c(4 × 2)) gehört, wohingegen oberhalb von 500°C eine Ga-reiche Oberflächenrekonstruktion (2 × 4) auftritt. In einem schmalen Bereich zwischen 490°C und 500°C ist das RA-Spektrum einer Übergangs-Rekonstruktion der Oberfläche zu erkennen. In
1 sind unten (b) die entsprechenden gemessenen RAS-Signale dargestellt. Aufgezeigt ist der Realteil RE (entspricht einer unterschiedlichen Absorption in x, y-Richtung; Imaginärteil entspricht einem Phasenschub zwischen x, y Richtung) des normierten (durch den Mittelwert geteilten) RAS-Signals dargestellt (in Promille), das sich berechnet zu
mit RAS = Reflexions-Anisotropie-Spektrum
Δr = Messwert für die Anisotropie in der Reflexion
r
x, r
y = komplexe fresnelsche Reflexionsgrade in Polarisationsrichtungen x, y.
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Die 2 zeigt den kontinuierlichen Übergang von der P-reichen Oberfläche bei einer konstanten Temperatur von 800 K und keinem weiteren Angebot von P (ohne Einleitung von Tertiärbutulphosphin TBP) zur Ga-reichen Oberfläche gemäß 1. Die Punkte A (2,3 eV), B (2,2 eV), C (2,0 eV) markieren prägnante Änderungen der Peakstruktur bzw. der Signalhöhen. Die 3 zeigt die niederenergetischen Peaks des RA-Spektrums der atomar geordneten, P-reichen (2 × 2)/c(4 × 2) GaP(100) Oberflächen-Rekonstruktion bei verschiedenen Temperaturen (a). Grafik (b) zeigt verschiedene Oberflächen-Rekonstruktionen bei tiefen Temperaturen (20 K). Die 4 zeigt RA-Spektren bei 550 K der anfänglich übermäßig P-reichen GaP(100)-Oberfläche nach sukzessivem Heizen ohne P-Angebot (ohne Einleitung von TBP). Die 2, 3 und 4 zeigen die starke Abhängigkeit der gemessenen RA-Spektren von den genannten Parameter (Temperatur, Oberflächenrekonstruktion und atomare Ordnung), die bei den Messungen daher besonders beachtet, und konstant gehalten werden müssen.
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Die 5(a), zeigt das in-situ gemessene RA-Spektrum einer GaP/Si(100)-Oberfläche (mit 2% Abweichung von der Gitterebene) in Analogie zu 1. Die Äquivalenz ist deutlich zu erkennen. Allerdings ist auch eine deutlich geringere Signalintensität (nur ca. 2/3) des RAS in 5 zu erkennen. Außerdem sind weitere Abweichungen zwischen dem homo-epitaktischen und dem hetero-epitaktischen Aufwachsen deutlich zu erkennen. Diese zwar geringen, aber systematisch qualitativen Abweichungen werden im Folgenden anhand von 6 näher erläutert.
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Die 6 zeigt RA-Spektren, die aus den Farbplots der 1 und 5 extrahiert wurden (jeweils bei 400°C). Die genau festgelegte Präparation gewährleistete eine atomar geordnete (2 × 2)/c(4 × 2)-Rekonstruktion beider Oberflächen (homo-epitaktisch/hetero-epitaktisch). Bezüglich der in-situ RAS-Quantifizierung von APDs wird das Spektrum des homo-epitaktischen GaP(100) als Referenz genutzt. Das invertierte Spektrum (gestrichelt) wird erreicht, wenn die Oberflächenstruktur um 90° gedreht wird. Die blaue Kurve zeigt eine GaP/Si(100) Schichtstruktur mit APD-Gehalt, durch den die Oberfläche lokal um 90° gedreht wird. Der Skalierungsfaktor zum Anfitten der blauen Kurve an die rote Kurve beträgt m = 1,8. Gut zu erkennen sind jedoch die deutlichen Abweichungen der beiden Kurven voneinander in den lokalen Extrema, was zeigt, dass ein systematischer Fehler (Unterschiede in der optischen Struktur der beiden – identisch präparierten – Oberflächen) offenbar nicht berücksichtigt wurde. Hierbei handelt es sich um Interferenzeffekt aufgrund von Reflexion an der Grenzfläche beim hetero-epitaktisch abgeschiedenen GaP.
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Aus dem Skalierungsfaktor m bzw. aus dem Anteil a
off (= 1/m) der Oberfläche (der Anteil, der zur Reflexion beiträgt) kann der Anteil a
APD (Domänenverteilung, Anteil von APD und Hauptphasendomänen) von APDs auf der Oberfläche durch einfache Verhältnisrechnung ermittelt werden. Es gilt:
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Für m = 1,8 ergibt sich damit ein Anteil aAPD ≅ 22%.
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Das RA-Spektrum (Δr/r)ref der atomaren Oberflächenrekonstruktion der P-reichen GaP(100) Referenz (ref) stammt ausschließlich von der Oberfläche (1). Das RA-Spektrum der Probe (spl) GaP/Si(100) umfasst auch einen zusätzlichen RAS-Anteil aufgrund der vergrabenen Grenzfläche (5). Aufgrund ihrer Phasenabhängigkeit ist die optische Interferenz im RA-Spektrum abhängig von der Wellenlänge λ, von der Dicke d des GaP-Films, von seinem Brechungsindex n = n(λ) und von der Phasenverschiebung, die mit dem Interferenzfaktor f = f(λ, d, n(λ)) erfasst wird. Der Interferenzfaktor bestimmt den Anteil der konstruktiven (+) oder destruktiven (–) Überlagerung zweier Wellen und liegt entsprechend zwischen –1 ≤ f ≤ +1.
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Prinzipiell ist der GaP-Film als Resonator vom Typ Fabry-Pérot aufzufassen, es gilt
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Die Reflexionsgrade an der Oberfläche (surf) und an der Grenzfläche (int) sind Anteile der totalen (absoluten, da unnormierten) Reflexionsgrade an der gesamten Probe: <r spl / eff> = <r spl / surf> + f·<r spl / int> (3a)
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Davon unabhängig tritt Interferenz auch in der Reflexions-Anisotropie auf: Δr spl / eff = Δr spl / surf + f·Δr spl / int (3b)
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Beide Terme (3a), (3b) werden zur Berechnung des aktuellen RAS-Signals gemäß (2) benötigt. Aufgrund der Normalisierung des RAS hat die Reflexion an der Grenzfläche
((<r spl / int> ≠ 0) zwingend einen Einfluss auf das RAS, auch wenn die Grenzfläche keine Anisotropie aufweist
(Δr spl / int = 0) . Es können aber verschieden begründete Anisotropien auftreten (aufgrund von spezieller Atomanordnung (i), Gitterspannungen (b), Raumladungszonen (c), mesoskopisch angeordneten Strukturen (m) usw.). Es gilt:
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Dieser interferenzbedingte Anisotropie-Anteil an der Reflexions-Anisotropie erschwert die Ermittlung des APD Anteils. Dieser muss also angenähert werden durch eine Unterscheidung zwischen der Interferenz der Grenzfläche, die aufgrund der Normalisierung berücksichtigt werden muss (d. h. Einfluss in 3(a)), und der anisotropen Interferenz (d. h. Einfluss in 3(b)).
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Der absolute Reflexionsgrad
<r spl / eff> umfasst prinzipiell zwei verschiedene Arten von Wellenlängenabhängigkeit: zum einen eine Abhängigkeit vom reinen Emissionsspektrum E
l(λ) von der verwendeten Lichtquelle (z. B. eine Xe-Lampe) und zum anderen vom spezifischen materialabhängigen Reflexionsgrad
R spl / abs(λ) . Wegen der Faltung
<r spl / eff> = R spl / abs(λ)·El(λ) haben zeitkontinuierliche Änderungen aufgrund der Alterung der Lichtquelle somit einen Einfluss. Es sollten also alle Messungen in möglichst direkter Abfolge durchgeführt werden, um den Alterungseinfluss zu reduzieren. Es gilt:
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Aus Gleichung (4) zur Ermittlung der wohl definierten relativen materialabhängigen Reflexion der Probe ist ersichtlich, dass aus der Kenntnis des absoluten, materialabhängigen Reflexionsgrads der Referenz R ref / abs(λ) prinzipiell Werte für den materialabhängigen Reflexionsgrad der Probe R spl / abs(λ) errechenbar sind. In der Praxis ermöglicht der absolute Reflexionsgrad R spl / abs(λ) jedoch einen direkten Zugang zu den Filminterferenzen (vergleiche 7), weil die Oberflächenstrukturen des homo-epitaktisch abgeschiedenen GaP(100) und des hetero-epitaktisch abgeschiedenen GaP/Si(100) aufgrund der geforderten identischen Präparation (gleiche Präparationsroutinen, gleiche Präparationsparameter) identisch sind (bis auf den APD-Gehalt). Nur bei den heteroepitaktischen Proben kann der Reflexionsgrad noch durch eine Reflexion an der Phasengrenze überlagert werden. Dabei variiert die Überlagerung je nach Phase von konstruktiv bis destruktiv in Abhängigkeit von der Wellenlänge λ und der Schichtdicke d. Es entsteht im relativen Reflexionsgrad der Probe eine beragerung nach Art der Fabry-Pérot-Oszillationen (vergleiche 7).
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Die 7 zeigt den relativen (materialabhängigen) Reflexionsgrad der GaP/Si(100) Probe R spl / abs(λ) in Relation (Quotientenbildung) mit dem relativen (materialabhängigen) Reflexionsgrad der GaP(100) Referenz R ref / abs(2) bei gleichen Abscheidungs- und Messbedingungen. Deutlich sind die Fabry-Pérot-Oszillationen zu erkennen (Unterschiede der lokalen Extrema; bei Schichtdickenunterschieden von 20 nm sieht man Vorzeichenwechsel der Interferenzextrema bei ca. 3 eV). Diese verschwinden bei höheren Energien (>E1) aufgrund der zunehmenden Absorption des GaP-Films. Der Einfluss der Interferenz auf das RAS eines hetero-epitaktischen Schichtenaufbaus mit einer vergrabenen Grenzfläche in einem Energiebereich zwischen 1,5 eV und 3,2 eV ist damit nachgewiesen. Der relative Reflexionsgrad der Probe schwankt in diesem Bereich zwischen 0,6 und 1,5 – nur allein aufgrund der einfachen Fabry-Pérot-Qszillationen. Somit treten bei deren Vernachlässigung Fehler in der Größenordnung von 20% bezogen auf die APD-Konzentration aAPD auf. Dabei werden anisotrope Interferenzerscheinungen aber immer noch vernachlässigt.
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Der Einfluss der Interferenz sollte in Veröffentlichung 1 durch einen Vergleich der präparierten Probe mit APDs und ohne APDs (dann als Referenz genommen) berücksichtigt werden, was aber eine aufwändige Präparation und eine aufwändige ex-situ-Verifizierung der Referenz erforderlich machte, wobei auch die Verifizierung durch die angewandten Nachweismethoden (AFM, TEM) immer nur kleine Ausschnitte betraf. Schließlich war bei jeder Präparation immer sicherzustellen, dass die Probe und die Referenz genau dieselbe Schichtdicke aufwiesen. Die vorliegende Erfindung mit einer Berücksichtigung von Interferenz aufgrund der Grenzflächenreflexionen nach Art der Fabry-Pérot-Oszillationen minimiert diesen Fehlereinfluss ohne aufwändige Probenpräparation und ex-situ-Verfizierungen, erfordert aber eine strenge Einhaltung der Präparations- und Messbedingungen, was aber schlussendlich eine erheblich leichtere Handhabung bedeutet.
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Die Entkopplung des gemessenen RA-Spektrums der Probe von isotropen Interferenzeffekten wird bei der Erfindung durch Einführung einer Korrekturfunktion
F spl / cor(λ, T, d) (mit T = Temperatur) erreicht, die indirekt gemessen, aber auch direkt berechnet werden kann. Hierzu sind vorteilhaft keine weiteren Messungen mit dem RAS, die zusätzliche Fehlerquellen enthalten können, erforderlich. Es gilt mit den Gleichungen (2) und (4) für das Fabry-Pérot-korrigierte Spektrum:
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Dieses Spektrums ist „künstlich”, da es aus Messungen an unterschiedlichen Objekten (Probe, Referenz) generiert wird. Weiterhin ist in Gleichung (5) zu erkennen, dass sich eine Unabhängigkeit von der Schichtdicke d ergibt, was wiederum sehr vorteilhaft ist, weil auf deren genaue Einhaltung nicht mehr zu achten ist. Somit ergibt sich bei der Erfindung ein einfaches Messverfahren zur Berücksichtigung isotroper Interferenz an der Grenzfläche ohne zusätzliche oder ex-situ-Messungen und ohne eine Abhängigkeit von der Schichtdicke von Probe und Referenz unter der strengen, aber einfachen Anforderung gleicher Präparations- und Messbedingungen.
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Die 8 verdeutlicht das oben angegebene Ergebnis für eine ungefähr 30 nm dicke GaP-Schicht auf Si(100) im Vergleich mit einer homo-epitaktischen GaP(100)-Referenz bei 300 K. In (a) ist der relative Reflexionsgrad R spl / rel(λ) (Quotientenbildung gemäß Gleichung (4)) zur Korrektur der Fabry-Pérot-Oszillationen im gemessenen RAS der Probe dargestellt. In (b) ist ein Vergleich des gemessenen RAS und des korrigierten RAS dargestellt. Es sind deutliche Abweichungen bis zu 20% zu erkennen. In (c) ist die Skalierung des korrigierten RAS an das RAS der homo-epitaktischen Referenz (GaP(100), APD frei) dargestellt. Es ergibt sich nunmehr ein Skalierungsfaktor m von 1,96 und damit ein Anteil von APDs in Höhe von 24,5%. Nunmehr ergibt sich ein Fehler von unter ±0,8% gegenüber der unkorrigierten Verfahrensweise mit einem Fehler von ±12%). Dabei ist jedoch der Fehler aufgrund von Anisotropie der Interferenz (gemäß Gleichungen (3b) und (3c)) noch nicht berücksichtigt.
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Unter der Voraussetzung gleicher Präparations- und Messbedingungen ergibt sich nach dem vorstehend erläuterten korrigierten Skalierungsverfahren für reine Reflexion an der Oberfläche (surf): Δr spl / surf = (0 – 2·aAPD)Δr ref / surf (6) und ausschließlich für die Oberfläche (ohne Anteile durch die Grenzfläche): <r ref / eff> = <R ref / surf> = <R spl / surf> (7)
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Unter Nutzung von Gleichung (3b) können diese Resultate in einer Transformationsformel zwischen dem RA-Spektrum von Probe und Referenz genutzt werden, wobei beliebige Strukturen aus einem dünnen, hetero-epitaktisch aufgewachsenen polaren Halbleiterfilm auf einem unpolaren Substrat eingesetzt werden können. Es gilt:
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Neben dem messbaren RA-Spektrum der Probe und der mess- bzw. aus Messungen ableitbaren Korrekturfunktion enthält die Gleichung (8) nurmehr zwei Variablen: die aktuelle Konzentration aAPD auf der Oberfläche der Probe und den komplexen Term an der Grenzfläche (int, mit Interferenzfaktor f), der den Anteil von ggfs. auftretender optischer Anisotropie aufgrund von Reflexion an der Grenzfläche ausdrückt. Die Existenz eines solchen Beitrags wird durch die noch bestehenden Abweichungen (Δ+, Δ– in 8(c)) bestätigt. Potenzielle Quellen für Grenzflächen-Anisotropie können die spezielle Grenzflächenausbildung und davon bedingte elektronische Übergänge sein. Bekannt sind auch Anisotropien aufgrund von Gitterverspannungen in z. B. pseudomorphen Schichten, verspannungsinduzierte Doppelbrechung, mesoskopischen Strukturen und Anti-Phasen-Grenzen. Bei einer Ermittlung der APD-Konzentration aAPD gemäß Gleichung (1) aus dem korrigierten Skalierungsfaktor m nach Anwendung der Korrekturfunktion F spl / cor ist ersichtlich, dass aus der Gleichung (8) nunmehr der Anteil im Reflexionssignal aufgrund von Anisotropie der Grenzfläche einfach ermittelt werden kann. Somit können einfache Rückschlüsse auf die Anisotropie und damit die Qualität der Grenzfläche gezogen werden. Diese Erkenntnisse lassen sich vorteilhaft in speziellen Anwendungen des Verfahrens zur Qualitätsbeurteilung von Substrat und Grenzfläche im Schichtaufbau eines polaren Halbleiterfilms auf einem unpolaren Substrat nutzen.