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Die Erfindung betrifft eine Kupplungsvorrichtung, insbesondere für Bahnen zur Vermeidung von Entgleisungen.
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Bei dem Betrieb von Schienenfahrzeugen geschieht es mitunter, dass dieses Schienenfahrzeug oder einige dessen Räder das Gleis verlässt. Dadurch können Schäden an Geleisen und Fahrwerken entstehen oder es kommt in den schlimmsten Fällen sogar zu einem Zugunglück mit toten und verletzten Menschen.
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Im Folgenden wird als Entgleisung nicht nur das Verlassen der Schienen sondern auch das „zweispurig Fahren” verstanden, welches bei einer fehlerhaften Bedienung einer Weiche auftreten kann und eine Trennung des Zuges auf zwei Gleise hervorruft. Unter Entgleisen wird auch der Zustand umfasst, dass ein Rad oder eine Gruppe von Rädern aus den Gleisen gesprungen ist, ohne dass dies bemerkt wird, selbst wenn diese wieder nach einer Zeit in die Gleise zurückspringen, da während der Entgleisung bereits Schäden am Zug, an der Gleisanlage entstehen können oder gar ein Unglück an dem betreffenden Zug oder einem entgegenkommenden Zug dadurch hervorgerufen wird.
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Zur Zeit wird Entgleisungen mit einem Bremsvorgang entgegengewirkt, was jedoch den Nachteil hat, dass erstens die Entgleisung bemerkt werden muss und zweitens ein Unglück noch nicht stattgefunden haben darf.
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Wenn ein Zugteil entgleist kann es vorkommen, dass weitere Zugteile über die über die Kupplungen wirkenden Kräfte ebenfalls entgleisen, was zu einem entgleisen des gesamten Zuges führen kann. Dies stellt ebenfalls einen großen Nachteil dar.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es, die Nachteile des Standes der Technik zu überwinden und eine Bahnkupplung zur Verfügung zu stellen, mittels derer eine Entgleisung eines Zugteils sich nicht auf andere Zugteile überträgt und insbesondere eine optimale Bremsung durchgeführt wird.
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Diese Aufgabe wird durch eine Kupplungsvorrichtung gemäß den Ansprüchen gelöst.
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Die erfindungsgemäße Kupplungsvorrichtung umfasst mindestens eine Kupplungseinheit umfassend Kupplungselemente und eine Einheit zur Bestimmung der Auslenkung der Kupplungselemente, wobei im Falle eines Überschreitens eines vorgegebenen Maximalwerts der Auslenkung der betreffenden mindestens einen Kupplungseinheit ein Entgleissignal generiert wird und/oder die betreffende Kupplung gelöst wird.
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Die Kupplungseinheit kann nach den bekannten Kupplungsprinzipien ausgeführt sein. Bevorzugte Kupplungseinheiten sind als Schraubenkupplung, Rangierkupplung, Kurzkupplung oder Mittelpufferkupplung ausgeführt. Eine besonders bevorzugte Kupplungseinheit ist als Scharfenbergkupplung ausgeführt. Die Kupplungselemente, die eine bestimmte Kupplungseinheit aufweist, sind dem Fachmann bekannt und umfassen bevorzugt Elemente der Gruppe Haken, Ösen, Schrauben, Bügel, Greifer, Nuten und Stangen.
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Mit dem Begriff „Auslenkung” ist dabei nicht nur eine sichtbare Bewegung um eine Winkel gemeint (geometrische Auslenkung), sondern auch eine Kraft, die eine Auslenkung bedingen könnte (und für eine Biegung von starren Kupplungsteilen sorgt. Dies liegt in den unterschiedlichen Ausführungsformen von Kupplungen begründet. Eine einfache Schraubenkupplung, bei der eine Kette oder ein Kupplungsstrang an einen Haken gehängt wird, wird bei einer seitlichen Auslenkung der betreffenden Waggons diese nachvollziehen und bei einem Entgleisen geometrisch zur Seite oder gar nach oben oder unten ausgelenkt werden. Bei einer starren Kupplung, wie z. B. der Scharfenbergkupplung wird an der Kupplung direkt keine geometrische Auslenkung zu erkennen sein sondern eine seitwärts gerichtete oder vertikal ausgerichtete Kraft angreifen, während sich die Achsgestelle der Waggons drehen und für eine Auslenkung der Waggons sorgen. In diesem Falle kann die Auslenkung der Waggons zueinander gemessen werden und daraus die „Auslenkung” der Kupplung ermittelt werden (wie sie wäre, wenn die Kupplung eine einfache Schraubkupplung wäre) oder aber (ggf. zusätzlich) die auf diese Kupplungselemente wirkende Kraft orthogonal zur Längsachse der Kupplungseinheit („Auslenkungskraft”) ermittelt werden. Beides, die geometrische Auslenkung und die Auslenkungskraft sind in Kombination aber auch unabhängig voneinander ein Maß für „Auslenkung” gemäß den Ansprüchen. Auch wenn die Waggons nicht zwingend Teil der Erfindung sind, lässt sich die Auslenkung bildlich als Stellung der Waggons zueinander vorstellen oder (wenn die Waggons aufgrund einer Entgleisung parallel versetzt zueinander stehen) zumindest als Stellung der Achsgestelle zu den Waggons. Die Auslenkungskraft ist zumeist der vektorielle Anteil der Zugkraft, der orthogonal zu der Längsachse des der betreffenden Kupplungseinheit zugeordneten Waggons (oder ggf. Achsgestell) gerichtet ist.
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Die Einheit zur Bestimmung der Auslenkung der Kupplungselemente umfasst bevorzugt Elemente zum Messen der Auslenkung einer Kupplungseinheit, insbesondere Drucksensoren oder Sensoren zur Messung einer Biegung oder einer Kraft, und/oder sie umfasst Elemente, welche bei Überschreiten einer bestimmten Auslenkung brechen, abreißen oder sich zumindest lösen (z. B. Sollbruchstellen, Sollbruchelemente). Da jedes einer Belastung unterliegende Material bei einem gewissen Schwellwert bricht oder abreißt, sei hier angemerkt, dass der Fachmann weiß, das eine Sollbruchstelle bzw. ein Sollbruchelement dergestalt ist, das es bricht bzw. abreißt bevor der Schwellwert für ein entsprechendes Element ohne Sollbruchausführung erreicht ist. Da die maximalen Belastungen für alle Teile einer Kupplung normiert oder vorgegeben sind, kann man von einer „Grenzlast” für jedes Element sprechen, was der maximalen Belastung eines Elements in normaler Ausführung (ohne Sollbruchstelle) entspricht. Bevorzugt beträgt die maximale Belastung einer Sollbruchstelle bzw. eines Sollbruchelements weniger als 90% der Grenzlast, insbesondere weniger als 70% der Grenzlast (oder sogar weniger als 50% der Grenzlast). In einer bevorzugten Ausführungsform misst die Einheit zur Bestimmung der Auslenkung den Druck auf mindestens einen der Puffer des Zuges, welche im Bereich der betreffenden Kupplung angeordnet sind.
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Bevorzugte Sollbruchelemente sind Scherbolzen oder Elemente, die eine interne Verriegelung und ein in dieser Verriegelung verriegeltes Element aufweisen welche sich bei Überschreiten einer vorher festgelegten Kraft aus dieser Verriegelung löst, jedoch insbesondere so, dass es wieder fest verriegeln lässt, der Lösungsvorgang also reversibel ist.
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Die Auslenkung der Kupplung ist dabei nicht zwingend ausschließlich die seitliche Auslenkung, sondern bevorzugt auch eine Auslenkung nach oben oder nach unten.
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Die vorgegebene Maximalauslenkung zu den Seiten ergibt sich aus den Wagenlängen und Kurvenradien bzw. Weichenradien. Bei Bahnbetrieben existieren Normen, wie groß die Auslenkung einer Kupplung maximal sein darf, oder die Maximalauslenkung lässt sich aus den minimalen Wagenlängen und minimalen Kurvenradien der Gleisstrecke ermitteln. Die vorgegebene Maximalauslenkung nach oben und unten ergibt sich aus den Wagenlängen und maximalen Steigungen bzw. Gefällen. Auch diese Maximalauslenkung lässt sich aus den minimalen Wagenlängen und minimalen Radien der Übergänge zu einer Steigung bzw. zu einem Gefälle der Gleisstrecke ermitteln. In dem Falle, dass eine Maximalauslenkung um einen bestimmten Wert überschritten ist, wird seitens der Kupplungsvorrichtung von einem Entgleisen (worunter auch ein Zweigleisigfahren verstanden wird) ausgegangen. Auch wenn bei manchen Anwendungen bereits bei einem Überschreiten der Maximalauslenkung um mehr als 1% (101% der Maximalauslenkung) von einem Entgleisen ausgegangen werden kann, wäre es doch für andere Anwendungen von Vorteil erst ab einer Auslenkung von mehr als 110%, insbesondere mehr als 150% oder gar mehr als 200%, der Maximalauslenkung von einem Entgleisen auszugehen. Beim Überschreiten des vorgenannten Wertes über der Maximalauslenkung wird also das besagte Entgleissignal generiert und/oder die betreffende Kupplung gelöst.
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Das Entgleissignal kann im Grunde jegliches Signal sein. Es kann ein Tonsignal, ein optisches Signal oder aber auch ein elektrisches oder elektromagnetisches Signal sein. Selbst das Lösen der betreffenden Kupplung kann als ein Entgleissignal angesehen werden. Bevorzugte Entgleissignale sind elektrische Signale, die über Stromleitungen weitergeleitet und mittels dessen dem Zugpersonal oder einer Steuerelektronik zugänglich gemacht werden, oder elektromagnetische Signale (Funksignale), die von einem Empfänger im Zug empfangen werden und mittels dessen dem Zugpersonal oder einer Steuerelektronik zugänglich gemacht werden.
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Das Lösen der betreffenden Kupplung kann aufgrund der vorgenannten Sollbruchstellen/Sollbruchelemente automatisch bei Überschreiten der Maximalauslenkung erfolgen. Es kann aber auch aufgrund einer automatischen Lösung der Kupplung aufgrund des Entgleissignals erfolgen, was den Vorteil hat, dass sich die Kupplung nach dem Lösen wieder verkuppeln ließe. Bevorzugt ist die maximale Belastung der Sollbruchstelle bzw. der Sollbruchelemente dergestalt, dass sie sich bei der oben genannten Überschreitung der Maximalauslenkung lösen bzw. brechen. Dazu sind sie bevorzugt an den Positionen der Kupplung angeordnet, an denen bei einer Auslenkung maximale Kräfte auftreten.
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Zusammengefasst ist die Funktion der erfindungsgemäßen Kupplungsvorrichtung die folgende:
Bei einem normalen Betrieb der Kupplung wirken zunächst ausschließlich Zugkräfte in Längsrichtung des Zuges auf diese. Bei einer Kurvenfahrt kommen Kräfte hinzu, die von der Längsrichtung abweichen, da die Kupplung zur Seite ausgelenkt wird. Diese seitlich wirkenden Auslenkungen (als geometrische Auslenkung und/oder als Kraft) werden von der Erfindung gemessen oder wirken zumindest auf die Sollbruchstellen/Sollbruchelemente. Bei Überschreiten einer festgelegten Auslenkung über der vorgegebenen Maximalauslenkung der Kupplung (seitlich bzw. vertikal), die im Normalbetrieb also nicht vorkommt, muss davon ausgegangen werden, dass ein Zugteil entgleist ist. In diesem Zustand ist die Kupplung über das normale Maß hinaus abgeknickt oder belastet. Dies wird von den Sensoren der Erfindung erkannt und das Entgleissignal wird generiert oder diese Kraft bewirkt, dass sich die Sollbruchstellen bzw. Sollbruchelemente lösen und die Kupplung abreißt oder sich zumindest löst. Dies hat zur Folge, dass ein entgleister Wagen die übrigen Zugteile nicht von den Schienen ziehen kann, und damit die Wahrscheinlichkeit einer Entgleisung zusätzlicher Zugteile minimiert wird. Außerdem werden insbesondere mittels des Entgleissignals Entgleisungen gemeldet, die man ansonsten möglicherweise nicht bemerkt hätte.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform wird ein Entgleissignal bei einer geringeren Auslenkung einer Kupplung ausgelöst als für ein Lösen der Kupplung vorliegen muss. Insbesondere wird das Lösen der Kupplung erst bewirkt wenn die Auslenkung mindestens 1%, insbesondere mindestens 10%, mehr beträgt als die Auslenkung bei der das Entgleissignal generiert wurde.
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Bevorzugt umfasst die Vorrichtung noch eine Bremseinheit oder zumindest eine Steuereinheit für eine Bremseinheit. Die einfachste Form einer Steuereinheit ist bereits bei den meisten Zügen mit einer Druckluftbremse vorhanden und besteht aus Druckluftschläuchen und Schlauchkupplungen zwischen den Wagen bzw. zwischen Wagen und Lok. In dem Fall, dass ein Schlauch abreißt, was automatisch mit einem Lösen/Abreißen der betreffenden Kupplung geschieht, reißt auch der Schlauch ab, was in einem Druckverlust resultiert. Ein solcher Druckverlust aktiviert automatisch die Druckluftbremsen.
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Eine bevorzugte Ausführungsform, welche sich besonders für eine elektropneumatische Bremsanlage eignet, umfasst eine Steuereinheit mit einer besonderen Regelung. Im Falle eines Entgleisens, wenn also ein Entgleissignal vorliegt, wird mittels der Steuereinheit die Bremsanlage des Zuges so geregelt, dass zumindest in dem letzten Wagen eine Notbremsung ausgeführt wird und in dem ersten Wagen in Fahrtrichtung hinter dem Entgleispunkt eine Bremsung mit einer geringeren Bremskraft als eine Notbremsung. Insbesondere werden bei allen dem ersten Wagen hinter dem Entgleispunkt folgenden Wagen eine Notbremsung ausgelöst. Dies hat den Vorteil, dass die nächste Kupplung nach dem Entgleispunkt aufgrund der unterschiedlichen Bremskräfte unter Spannung steht und einem Entgleisen des dem Entgleispunkt nachfolgenden Wagen dadurch noch stärker entgegengewirkt wird.
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Beispiele für bevorzugte Ausführungsformen der erfindungsgemäßen Vorrichtung sind in den Abbildungen dargestellt.
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1 zeigt schematisch eine bevorzugte Ausführungsform.
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2 verdeutlicht die Funktion einer Scharfenbergkupplung.
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3 zeigt die Elemente einer Scharfenbergkupplung und eine darauf wirkende Kraft.
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4 zeigt schematisch eine bevorzugte Ausführungsform einer Scharfenbergkupplung.
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1 zeigt schematisch einen Zug bestehend aus drei Zugteilen 1, welche mittels bevorzugten Kupplungsvorrichtungen miteinander verbunden sind. Die Zugteile 1 können Waggons, eine Lok oder Triebwagensektionen darstellen. Im Falle einer Entgleisung beispielsweise des linken Zugteils, bei einer angenommenen Bewegung nach links, würde die linke der beiden Kupplungsvorrichtungen aufgrund der auftretenden Scherkräfte ein Entgleissignal generieren.
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In 2 ist in drei untereinander angeordneten Darstellungen der Verkupplungsvorgang einer Scharfenbergkupplung dargestellt. Im obersten Teil sind die beiden Kupplungsteile getrennt und nähern sich aneinander an. Im zweiten Bild werden die Herzstücke (als halbrunde Scheiben in der Kupplung dargestellt) verdreht, was die Kuppelösen (Stangen) zum anderen Kupplungsteil hin verschiebt. Im dritten Bild sind die beiden Kupplungsteile verkuppelt und die Kuppelösen greifen in Nuten in den jeweiligen Herzstücken ein.
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In 3 ist eine gekuppelte Scharfenbergkupplung mit Herzstücken 3 und Kuppelösen 4 genauer dargestellt. Die Kuppelösen 4 sind mit einem drehbaren Bolzen 5 an dem jeweiligen Herzstück 3 angebracht. Dieser Bolzen 3 ist gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung als Sollbruchelement ausgeführt. Die Zugkraft wird im Falle einer normalen Fahrt gleichmäßig auf die beiden Bolzen 5 und die in den Nuten ruhenden Ösen der Kuppelösen 4 aufgeteilt, welche sie an das Herzstück 3 weitergibt (dieses ist über einen weiteren, als Kreis dargestellten Bolzen mit der Kupplung verbunden, welcher die Hauptlast letztendlich trägt). Wirkt nun eine seitliche Kraft auf die Kupplung, wie durch den Pfeil von unten angedeutet, wächst die Kraft an, die auf den linken Bolzen 5 wirkt. Dieser Bolzen 5 muss nun eine größere Kraft tragen als der rechte Bolzen 5 der anderen Kuppelöse 4.
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In 4 ist die Kupplung aus 3 dargestellt, in einem Zustand in dem nach einer Überschreitung der Maximalauslenkung die auf den linken Bolzen 5 (Scherbolzen), wirkende Kraft diesen zum Zerbrechen oder Abreißen gebracht und die linke Kuppelöse 4 gelöst hat. Da die gesamte Zugkraft nur noch auf die rechte Kuppelöse 4 wirkt, wird diese demzufolge ebenfalls abreißen, insbesondere, wenn auch diese gemäß der Erfindung ausgestaltet ist, und die Kupplung wird sich lösen.