-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugs. Die Erfindung betrifft ferner ein Fahrerassistenzsystem sowie ein Computerprogramm.
-
Stand der Technik
-
Verfahren zum Schätzen eines Reibwerts sind als solche bekannt. Hierbei ist der geschätzte Reibwert ein Maß für eine Reibung zwischen einem Rad des Fahrzeugs und einer Fahrbahn, auf welcher das Rad abrollt. Basierend auf dem geschätzten Reibwert kann eine Soll-Trajektorie für das Fahrzeug ermittelt werden. Basierend auf der Soll-Trajektorie kann dann das Fahrzeug geführt werden.
-
Offenbarung der Erfindung
-
Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe kann darin gesehen werden, ein verbessertes Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugs bereitzustellen.
-
Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe kann auch darin gesehen werden, ein Fahrerassistenzsystem für ein Fahrzeug anzugeben.
-
Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe kann des Weiteren darin gesehen werden, ein Computerprogramm bereitzustellen.
-
Diese Aufgaben werden mittels des jeweiligen Gegenstands der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand von jeweils abhängigen Unteransprüchen.
-
Nach einem Aspekt wird ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugs bereitgestellt,
- – wobei abhängig von einem geschätzten Reibwert erste Trajektorienparameter zum Berechnen einer Soll-Trajektorie des Fahrzeugs ermittelt werden, wobei der geschätzte Reibwert ein Maß für eine Reibung zwischen einem Rad des Fahrzeugs und einer Fahrbahn ist, auf welcher das Rad abrollt,
- – wobei abhängig von zumindest einem Parameter entweder die Soll-Trajektorie des Fahrzeugs abhängig von den ersten Trajektorienparametern berechnet wird oder
- – wobei zweite Trajektorienparameter abhängig von einem neuen Reibwert ermittelt werden, der kleiner ist als der geschätzte Reibwert, wobei die Soll-Trajektorie des Fahrzeugs abhängig von den zweiten Trajektorienparametern berechnet wird,
- – wobei das Fahrzeug abhängig von der ermittelten Soll-Trajektorie geführt wird.
-
Nach noch einem Aspekt wird ein Fahrerassistenzsystem für ein Fahrzeug bereitgestellt, wobei das Fahrerassistenzsystem eine Verarbeitungseinrichtung umfasst, die eingerichtet ist, das Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugs durchzuführen.
-
Nach einem weiteren Aspekt wird ein Computerprogramm bereitgestellt, welches Programmcode zur Durchführung des Verfahrens zum Betreiben eines Fahrzeugs umfasst, wenn das Computerprogramm in einem Computer ausgeführt wird.
-
Die Erfindung umfasst also insbesondere den Gedanken, abhängig von dem Parameter das Fahrzeug entweder abhängig von einer Soll-Trajektorie zu führen, die basierend auf den ersten Trajektorienparametern ermittelt oder berechnet wurde, oder basierend auf einer Soll-Trajektorie, die basierend auf zweiten Trajektorienparametern ermittelt oder berechnet wurde. Hierbei wurden die zweiten Trajektorienparameter abhängig von einem neuen Reibwert ermittelt, der kleiner ist als der geschätzte Reibwert. Das heißt also insbesondere, dass abhängig von dem Parameter eine Neuberechnung von Trajektorienparametern durchgeführt wird, wobei bei der Neuberechnung oder Neuermittlung angenommen wird, dass ein kleinerer Reibwert vorliegt als der geschätzte Reibwert. Es wird also angenommen, dass weniger Reibung zwischen dem Rad und der Fahrbahn vorhanden ist als bei der Ermittlung der ersten Trajektorienparameter.
-
Die Soll-Trajektorie, die basierend auf den zweiten Trajektorienparametern berechnet wurde, berücksichtigt diese verminderte Reibung. Das Fahrzeug wird somit vorsichtiger und sicherer geführt werden.
-
Aufgrund der Parametrisierung kann somit in vorteilhafter Weise auf unterschiedliche Situationen oder Umgebungsbedingungen individuell reagiert werden. Entweder wird also das Fahrzeug basierend auf den ersten Trajektorienparametern geführt. Es wird also unter der Prämisse geführt, dass der geschätzte Reibwert vorliegt. Oder das Fahrzeug wird basierend auf den zweiten Trajektorienparametern geführt. Es wird also unter der Prämisse geführt, dass der neue Reibwert vorliegt, also unter der Annahme einer kleineren Reibung. Ein verminderter Reibwert wird insbesondere je nach Fahrsituation ausgewählt. Wenn beispielsweise ein Vertrauensmaß des geschätzten Reibwerts sehr niedrig ist, dann wird vorzugsweise der angenommene Reibwert auf zum Beispiel Eis oder Schnee (kleinst möglicher Reibwert) gesetzt im Winter, wohingegen im Sommer nur nasse, Aquaplaning oder Ölspur als niedrigster Reibwert angenommen wird. Das heißt also insbesondere, dass ein Reibwert als verminderter oder neuer Reibwert verwendet wird, der einem Reibwert bei Vorliegen der vorstehend genannten Fahrbahnoberflächenzustände (Eis, Schnee, Nässe, Aquaplaning, Ölspur) entspricht. Dies insbesondere abhängig von der Jahreszeit (Sommer, Winter).
-
Dadurch kann in vorteilhafter Weise bereits vor einem Rutschen oder einem Schleudern des Fahrzeugs aufgrund eines zu geringen realen Reibwerts reagiert werden, indem eine Soll-Trajektorie berechnet wird, die eine verringerte Reibung berücksichtigt.
-
Trajektorienparameter im Sinne der vorliegenden Erfindung, also insbesondere die ersten und die zweiten Trajektorienparameter, sind insbesondere geeignet, um für eine Berechnung einer Solltrajektorie verwendet zu werden. Das heißt also insbesondere, dass die Trajektorienparameter Randbedingungen für oder bei einer Führung des Fahrzeugs beschreiben oder charakterisieren.
-
Der Reibwert kann insbesondere ein Maß für eine Reibung zwischen mehreren Rädern des Fahrzeugs und der Fahrbahn sein.
-
Unter einer Fahrbahn im Sinne der vorliegenden Erfindung kann insbesondere ein Weg, eine Straße oder eine Fahrstrecke verstanden werden.
-
Nach einer Ausführungsform kann vorgesehen sein, dass der Parameter ein Wahrscheinlichkeitswert ist, der dem geschätzten Reibwert zugeordnet wird, wobei der Wahrscheinlichkeitswert eine Wahrscheinlichkeit angibt, dass der geschätzte Reibwert einem realen Reibwert entspricht, wobei der Wahrscheinlichkeitswert mit einem vorbestimmten Wahrscheinlichkeitsschwellwert verglichen wird und wobei abhängig von dem Vergleich die Soll-Trajektorie des Fahrzeugs entweder abhängig von den ersten Trajektorienparametern berechnet wird oder die zweiten Trajektorienparameter abhängig von dem neuen Reibwert ermittelt werden.
-
Der reale Reibwert im Sinne der vorliegenden Erfindung ist insbesondere ein Maß für eine reale Reibung zwischen dem Rad (oder den mehreren Rädern) des Fahrzeugs und der Fahrbahn.
-
Ein Wahrscheinlichkeitswert entspricht insbesondere einem Vertrauensmaß, also wie weit kann dem geschätzten Reibwert vertraut werden, also wie verlässlich ist dieser. Das heißt also insbesondere, dass der Wahrscheinlichkeitswert einem Fehler des geschätzten Reibwerts entspricht. Ein Wahrscheinlichkeitswert von 0 bedeutet insbesondere, dass der Reibwert nicht bekannt ist oder nicht geschätzt werden kann oder kein Reibwert vorliegt.
-
Durch den Vergleich mit dem Schwellwert kann somit in vorteilhafter Weise entschieden werden, ob die Soll-Trajektorie mit den ersten Trajektorienparametern berechnet wird oder ob erst zweite Trajektorienparameter ermittelt werden sollen, worauf dann basierend auf diesen zweiten Trajektorienparametern die Soll-Trajektorie ermittelt oder berechnet wird.
-
In einer weiteren Ausführungsform kann vorgesehen sein, dass die Trajektorienparameter Elemente ausgewählt aus der folgenden Gruppe von Trajektorienparametern sind: Querbeschleunigungsprofil, Längsbeschleunigungsprofil, Verzögerungsprofil, maximale Querbeschleunigung, maximale Längsbeschleunigung, maximale Verzögerung, Soll-Abstand des Fahrzeugs zu einem dem Fahrzeug vorausfahrenden Fahrzeug, seitlicher Soll-Abstand des Fahrzeugs zu Objekten bezogen auf eine Fahrtrichtung des Fahrzeugs seitlich vom Fahrzeug, Soll-Kurvenaußenabstand des Fahrzeugs zu einem Kurvenaußenabschnitt, Soll-Kurveninnenabstand des Fahrzeugs zu einem Kurveninnenabschnitt, Soll-Geschwindigkeit, Soll-Verzögerung, Soll-Kurvengeschwindigkeit und Soll-Kurvenverzögerung.
-
Diese Trajektorienparameter charakterisieren gut und umfassend Randbedingungen bei der Führung des Fahrzeugs. Dadurch ist also in vorteilhafter Weise eine zuverlässige Ermittlung oder Berechnung einer Soll-Trajektorie bewirkt. Eine solche Soll-Trajektorie berücksichtigt somit in vorteilhafter Weise vorliegende Rand- und Umweltbedingungen des Fahrzeugs.
-
In einer anderen Ausführungsform kann vorgesehen sein, dass beim Ermitteln der zweiten Trajektorienparameter folgende Bedingung erfüllt sein muss: Die zweiten Trajektorienparameter sind kleiner als die ersten Trajektorienparameter für zumindest einen der folgenden Trajektorienparameter: Querbeschleunigungsprofil, Längsbeschleunigungsprofil, Verzögerungsprofil, maximale Querbeschleunigung, maximale Längsbeschleunigung, maximale Verzögerung, Soll-Geschwindigkeit, Soll-Verzögerung, Soll-Kurvengeschwindigkeit und Soll-Kurvenverzögerung.
-
Durch das Vorsehen der vorstehenden Bedingung wird eine sichere und vorsichtigere Fahrstrategie bewirkt. Dies kann in vorteilhafter Weise ein Unfallrisiko vermindern. Allgemein wird das Fahrzeug somit langsamer geführt im Vergleich zu einer Soll-Trajektorie, die abhängig von den ersten Trajektorienparametern ermittelt oder berechnet wurde.
-
In noch einer Ausführungsform kann vorgesehen sein, dass beim Ermitteln der zweiten Trajektorienparameter folgende Bedingung erfüllt sein muss: Die zweiten Trajektorienparameter sind größer als die ersten Trajektorienparameter für zumindest einen der folgenden Trajektorienparameter: Soll-Abstand des Fahrzeugs zu einem dem Fahrzeug vorausfahrenden Fahrzeug, seitlicher Soll-Abstand des Fahrzeugs zu Objekten bezogen auf eine Fahrtrichtung des Fahrzeugs seitlich vom Fahrzeug, Soll-Kurvenaußenabstand des Fahrzeugs zu einem Kurvenaußenabschnitt und Soll-Kurveninnenabstand des Fahrzeugs zu einem Kurveninnenabschnitt.
-
Durch das Vorsehen der vorstehenden Bedingung wird eine sichere und vorsichtigere Fahrstrategie bewirkt. Ein Unfallrisiko kann in vorteilhafter Weise vermieden werden. Allgemein wird durch das Erfüllen der vorstehenden Bedingung bewirkt, dass das Fahrzeug mehr Abstand zu Objekten in seinem Umfeld einhält. Somit kann beispielsweise in vorteilhafter Weise ein Bremsweg verlängert werden.
-
In einer anderen Ausführungsform kann vorgesehen sein, dass das Berechnen der Soll-Trajektorie ferner abhängig von einem Betriebszustand eines Fahrerassistenzsystems durchgeführt wird.
-
Ein Betriebszustand eines Fahrerassistenzsystems kann insbesondere ein aktiver Betriebszustand sein, in welchem das Fahrerassistenzsystem aktiviert ist. Ein Betriebszustand kann beispielsweise ein deaktivierter Betriebszustand sein, in welchem das Fahrerassistenzsystem beispielsweise keinen Eingriff in die Fahrzeugführung durchführt.
-
Somit kann eine noch genauere und auf die konkret vorliegende Situation abgestimmte Berechnung der Soll-Trajektorie bewirkt werden. Wenn beispielsweise ein Fahrerassistenzsystem (zum Beispiel ein ESP, ein ABS oder ein TCS ("Traction Control System" (auf Deutsch: Traktionskontrolle))) aktiv ist, also einen Eingriff in die Fahrzeugführung durchführt, so kann dies ein Zeichen für einen verminderten Reibwert sein im Vergleich zu dem geschätzten Reibwert. Dies wird dann dadurch berücksichtigt, indem beispielsweise die Trajektorienparameter entsprechend nach oben oder nach unten angepasst werden.
-
In einer anderen Ausführungsform kann vorgesehen sein, dass das Berechnen der Soll-Trajektorie ferner abhängig von einem Aktorsignal eines Fahrzeugaktors durchgeführt wird.
-
Insbesondere können mehrere Aktoren, also mehrere Fahrzeugaktoren vorgesehen sein, die jeweils entsprechende Aktorsignale aussenden respektive bereitstellen. Ein Aktor kann beispielsweise eine Lenkung, eine Bremse oder ein Motor sein. Dadurch kann in vorteilhafter Weise eine noch genauere und auf die konkret vorliegende Situation abgestimmte Berechnung der Soll-Trajektorie bewirkt werden. Insbesondere wird ein Stellpotenzial des oder der Aktoren berücksichtigt. Zur besseren Unterscheidung des Fahrerassistenzsystems umfassend die Verarbeitungseinrichtung, die eingerichtet ist, das Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugs durchzuführen, im Vergleich zu dem Fahrerassistenzsystem, das vorstehend im Zusammenhang mit dem Betriebszustand genannt wurde, kann das Fahrerassistenzsystem, dessen Betriebszustand erfasst und für die Berechnung der Soll-Trajektorie verwendet wird, als ein weiteres Fahrerassistenzsystem bezeichnet werden. Es können insbesondere mehrere weitere Fahrerassistenzsysteme vorgesehen sein, dessen jeweiliger Betriebszustand erfasst und für die Berechnung der Soll-Trajektorie verwendet wird.
-
Das Stellpotential (oder Aktorpotential) im Sinne der vorliegende Erfindung ist zum Beispiel beim Motor das maximale Motormoment oder bei der Lenkung das maximale Lenkmoment oder bei der Bremse das maximale Bremsmoment. Ist man in der Nähe des jeweiligen Maximums der vorstehend genannten Momente, dann kann von dem Aktor oder Steller nicht mehr gestellt werden. Der Aktor (Steller) / Fahrbahn oder die Reibung sind an der Grenze des Möglichen. Das Berücksichtigen heißt also insbesondere, dass das Berechnen der Soll-Trajektorie insbesondere abhängig von jeweils einem oder mehreren jeweiligen Stellpotentialen der vorstehend genannten Aktoren oder Steller (Motor, Bremse, Lenkung) durchgeführt wird.
-
In einer weiteren Ausführungsform kann vorgesehen sein, dass der Parameter zumindest ein Element ausgewählt aus der folgenden Gruppe von Parametern ist: Streckentyp, Streckenort, Anzahl von Kurven eines Streckenabschnitts, Vegetation, durch welche eine Strecke führt, Wetter, Klima, Jahreszeit, Uhrzeit, Vorliegen einer Räumungsmeldung, Information aus einer Umfelderfassung, momentane Fahrzeugposition, Information aus einer digitalen Karte, Fahrereingabe.
-
Dadurch kann in vorteilhafter Weise auf vielfältige Situationen eingegangen werden, sodass eine Soll-Trajektorie berechnet werden kann, die die vorliegende Situation ganz konkret berücksichtigt. Somit kann in vorteilhafter Weise eine Fahrzeugsicherheit erhöht werden.
-
Insbesondere kann der Parameter folgende Kriterien beschreiben:
- – Güte der Reibwertschätzung und Vertrauensmaß der Reibwertschätzung
- – Fahrstrategie und Planung: welche Strecke wird befahren? Kritische Strecke mit vielen engen Kurven? Strecke in Waldzonen, Flussbiegungen (Risiko für Überschwemmung, Aquaplaning, Frieren der Fahrbahn erhöht?), unkritische Strecke mit hauptsächlich Geraden, wenig Krümmung (Autobahn)?
- – Wetterlage, Jahreszeit, Klimabedingungen, Räumungsmeldungen über zum Beispiel Cloud-Services etc.
- – Indirekte Messverfahren: Informationen aus Umfelderfassung (Sichtverhältnisse der Kamera etc.), Infrarotsensor zur Reibwertschätzung etc.
- – Lokalisierung des Fahrzeugs, Karteninformationen: befindet sich das Fahrzeug in einem Gebiet, in dem es Winterverhältnisse gibt, befindet sich das Fahrzeug auf einer asphaltierten Straße oder einer Schotterstraße, befindet sich das Fahrzeug auf einem Alpenpass?
- – Fahrerinputs (Rückmeldung des Fahrers über HMI (Human Machine Interface, auf Deutsch: Mensch-Maschinen-Schnittstelle) zu den Wetter/Straßenverhältnissen)
-
Die Erfindung wird im Folgenden anhand von bevorzugten Ausführungsbeispielen näher erläutert. Hierbei zeigen:
-
1 ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens zum Betreiben eines Fahrzeugs,
-
2 ein Fahrerassistenzsystem,
-
3 ein Ablaufdiagramm eines weiteren Verfahrens zum Betreiben eines Fahrzeugs,
-
4 ein Ablaufdiagramm eines anderen Verfahrens zum Betreiben eines Fahrzeugs und
-
5 ein Fahrzeug, welches auf einer Straße fährt, wobei zwei unterschiedliche Soll-Trajektorien gezeigt sind.
-
1 zeigt ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens zum Betreiben eines Fahrzeugs.
-
Gemäß einem Schritt 101 werden abhängig von einem geschätzten Reibwert erste Trajektorienparameter zum Berechnen einer Soll-Trajektorie des Fahrzeugs ermittelt. Der geschätzte Reibwert ist ein Maß für eine Reibung zwischen einem Rad (oder mehreren Rädern) des Fahrzeugs und einer Fahrbahn, auf welcher das Rad (die Räder) abrollt (abrollen).
-
Abhängig von einem Parameter wird entweder gemäß einem Schritt 103 eine Soll-Trajektorie abhängig von den ersten Trajektorienparametern berechnet. Oder es werden gemäß einem Schritt 105 zweite Trajektorienparameter ermittelt, wobei dies abhängig von einem neuen Reibwert durchgeführt wird. Hierbei ist der neue Reibwert kleiner als der geschätzte Reibwert. Es wird dann gemäß einem Schritt 107 eine Soll-Trajektorie abhängig von den zweiten Trajektorienparametern berechnet. In einem Schritt 109 wird das Fahrzeug dann abhängig von der ermittelten Soll-Trajektorie, also entweder von der Soll-Trajektorie, gemäß dem Schritt 107 oder gemäß dem Schritt 103 geführt.
-
2 zeigt ein Fahrerassistenzsystem 201 für ein Fahrzeug (nicht gezeigt). Das Fahrerassistenzsystem 201 umfasst eine Verarbeitungseinrichtung 203. Die Verarbeitungseinrichtung 203 ist eingerichtet, das Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugs durchzuführen.
-
3 zeigt ein Ablaufdiagramm eines weiteren Verfahrens zum Betreiben eines Fahrzeugs.
-
In einem Schritt 301 werden erste Trajektorienparameter zum Berechnen einer Soll-Trajektorie des Fahrzeugs ermittelt. Dies abhängig von einem geschätzten Reibwert, der ein Maß für eine Reibung zwischen einem Rad des Fahrzeugs und einer Fahrbahn ist, auf welcher das Rad abrollt. Dem geschätzten Reibwert ist ein Wahrscheinlichkeitswert zugeordnet, der eine Wahrscheinlichkeit angibt, dass der geschätzte Reibwert einem realen Reibwert entspricht.
-
In einem Schritt 303 wird der Wahrscheinlichkeitswert mit einem vorbestimmten Wahrscheinlichkeitsschwellwert verglichen.
-
Wenn der Wahrscheinlichkeitswert größer ist als der vorbestimmte Wahrscheinlichkeitsschwellwert, so wird in einem Schritt 305 die Soll-Trajektorie basierend auf den ersten Trajektorienparametern ermittelt oder berechnet.
-
Wenn der Wahrscheinlichkeitswert kleiner ist als der vorbestimmte Wahrscheinlichkeitsschwellwert, so werden gemäß einem Schritt 307 zweite Trajektorienparameter ermittelt. Dies abhängig von einem neuen Reibwert, der kleiner ist als der geschätzte Reibwert.
-
In einem Schritt 309 wird dann die Soll-Trajektorie basierend auf den zweiten Trajektorienparametern berechnet.
-
In einem Schritt 311 wird dann das Fahrzeug basierend auf der ermittelten Soll-Trajektorie geführt.
-
Somit kann in vorteilhafter Weise eine Situation adäquat berücksichtigt werden, in welcher ein geschätzter Reibwert vorliegt, der nur ein geringes Vertrauensmaß aufweist, oder in welcher kein Reibwert vorliegt oder dieser unbekannt ist.
-
4 zeigt ein Ablaufdiagramm eines anderen Verfahrens zum Betreiben eines Fahrzeugs.
-
In einem Schritt 401 findet eine Umfelderfassung statt. Es wird also insbesondere das Umfeld des Fahrzeugs erfasst. Dies insbesondere mittels einer Sensorik. Insbesondere wird im Schritt 401 ein Kartenmaterial für die Umfelderfassung bereitgestellt. Insbesondere kann eine Fahrzeugsensorik im Schritt 401 ausgelesen werden. Das heißt also insbesondere, dass im Schritt 401 ein Zustand des Fahrzeugs und ein Zustand des Umfelds des Fahrzeugs erfasst werden.
-
In einem weiteren Schritt werden die Informationen hinsichtlich des Umfelds und/oder des Zustands des Fahrzeugs einem Modul 403 bereitgestellt, wobei das Modul 403 einen Reibwert schätzen kann. Das Modul 403 kann insbesondere eine Fahrzeugbewegung schätzen. Dies insbesondere auf den bereitgestellten Informationen, die im Schritt 401 ermittelt wurden.
-
Als Ergebnis der Schätzung stellt das Modul 403 einen geschätzten Schlupf 405, einen geschätzten Schwimmwinkel 407 und einen geschätzten Reibwert 409 einer Verarbeitungseinrichtung 411 bereit.
-
In einer nicht gezeigten Ausführungsform kann vorgesehen sein, dass das Modul 403, also der Reibwertschätzer und der Fahrzeugbewegungsschätzer, von der Verarbeitungseinrichtung 411 umfasst ist.
-
Die Verarbeitungseinrichtung 411 umfasst ein weiteres Modul 419, das basierend auf den mittels des Moduls 403 bereitgestellten Werten erste Trajektorienparameter ermittelt oder berechnet.
-
Das Modul 403 berechnet oder ermittelt weiterhin einen Wahrscheinlichkeitswert, der dem geschätzten Reibwert 409 zugeordnet ist. Dieser Wahrscheinlichkeitswert ist mit dem Bezugszeichen 413 gekennzeichnet und entspricht einem Vertrauensmaß des geschätzten Reibwerts 409. Das Vertrauensmaß 413 wird einer Triggereinrichtung 415 der Verarbeitungseinrichtung 411 bereitgestellt. Diese vergleicht das Vertrauensmaß 413 mit einem vorbestimmten Wahrscheinlichkeitsschwellwert oder einem vorbestimmten Vertrauensschwellwert. Abhängig von dem Vergleich triggert die Triggereinrichtung 415 eine Neuberechnung der Trajektorienparameter. Hierfür sendet die Triggereinrichtung 415 ein entsprechendes Triggersignal an das weitere Modul 419.
-
Es kann beispielsweise vorgesehen sein, dass eine Cloud-Infrastruktur 417 weitere Informationen der Triggereinrichtung 415 bereitstellt, wobei die Triggereinrichtung 415 diese bereitgestellten Informationen nutzen kann, um zu entscheiden, ob sie die Neuberechnung der Trajektorienparameter triggert oder nicht.
-
Abhängig davon, ob die Neuberechnung angetriggert wurde oder nicht, berechnet das weitere Modul 419 zweite Trajektorienparameter. Dieses Mal unter der Prämisse, dass ein neuer Reibwert vorliegt, der kleiner ist als der geschätzte Reibwert.
-
Die Trajektorienparameter, die das weitere Modul 419 ermittelt oder berechnet hat, also entweder die ersten oder die zweiten Trajektorienparameter, werden einem anderen Modul 421 der Verarbeitungseinrichtung 411 bereitgestellt. Diese berechnet abhängig von den bereitgestellten Trajektorienparametern eine Soll-Trajektorie für das Fahrzeug. Diese Soll-Trajektorie wird dann einer Bewegungsregelungseinrichtung 423 bereitgestellt. Diese bildet abhängig von der Soll-Trajektorie Signale und stellt diese oder sendet diese an eine Aktuatorik 425 des Fahrzeugs.
-
Die Aktuatorik 425 führt dann entsprechend der Signale das Fahrzeug in einem Schritt 427. Hier findet also insbesondere eine Kraftübertragung von den Reifen oder Rädern (Reifenkraft) des Fahrzeugs auf die Fahrbahn statt.
-
Es kann insbesondere vorgesehen sein, dass Signale der Aktuatorik der Verarbeitungseinrichtung 411 zugeführt werden. Dies ist mit einem Pfeil mit dem Bezugszeichen 429 gekennzeichnet. Dadurch kann beispielsweise ein Stellpotenzial der Aktuatorik ausgenutzt werden. Eine Aktuatorik kann beispielsweise eine Lenkung, eine Bremse oder ein Motor sein oder umfassen.
-
Des Weiteren kann beispielsweise vorgesehen sein, dass die Bewegungsregelungseinrichtung 423 Betriebszustände von Fahrerassistenzsystemen, beispielsweise einem ABS, ESP oder TCS, an die Verarbeitungseinrichtung 411 rückmeldet. Dies ist mit dem Pfeil mit dem Bezugszeichen 431 gekennzeichnet.
-
Des Weiteren kann beispielsweise vorgesehen sein, dass die im Modul 403 geschätzten Werte der Bewegungsregelungseinrichtung 423 zwecks Regelung der Fahrzeugbewegung bereitgestellt werden. Dies ist insbesondere mit einem Pfeil mit dem Bezugszeichen 433 gekennzeichnet. Des Weiteren kann insbesondere vorgesehen sein, dass die im Schritt 401 ermittelten Informationen der Verarbeitungseinrichtung 411 unmittelbar oder direkt ohne den Umweg über das Modul 403 bereitgestellt werden. Dies ist insbesondere mit einem Pfeil mit dem Bezugszeichen 435 gekennzeichnet.
-
5 zeigt eine Straße 501, auf welcher ein Fahrzeug 503 fährt.
-
Hierbei ist das Fahrzeug 503 zu verschiedenen Zeitpunkten auf jeweils zwei verschiedenen Fahrzeugisttrajektorien gezeigt. Hierbei wurden die Fahrzeugisttrajektorien jeweils abhängig von einer entsprechenden Soll-Trajektorie geregelt. Im ersten Fall ist die Soll-Trajektorie basierend auf ersten Trajektorienparametern berechnet worden. Im zweiten Fall ist die Soll-Trajektorie basierend auf zweiten Trajektorienparametern berechnet worden. Sofern ein Bezugszeichen das Suffix "a" aufweist, so kennzeichnet dies die Trajektorie, die basierend auf den ersten Trajektorienparametern berechnet wurde. Sofern ein Bezugszeichen das Suffix "b" aufweist, so kennzeichnet dies den Fall, dass das Fahrzeug abhängig von der Soll-Trajektorie geführt wurde, die basierend auf den zweiten Trajektorienparametern ermittelt oder berechnet wurde. Eine Fahrtrichtung des Fahrzeugs 503 ist mit einem Pfeil mit dem Bezugszeichen 507 gekennzeichnet.
-
Die Bezugszeichen 505a, 509a, 511a, 513a und 515a zeigen also das Fahrzeug zu nacheinander folgenden Zeitpunkten, wenn es basierend auf der Soll-Trajektorie geführt ist, die basierend auf den ersten Trajektorienparametern ermittelt wurde.
-
Die Bezugszeichen 505b, 509b, 511b, 513b, 515b, 517b und 519b zeigen entsprechend zu den gleichen Zeitpunkten (Zeitpunkt 505a entspricht 505b; Zeitpunkt 509a entspricht 509b; Zeitpunkt 511a entspricht 511b; Zeitpunkt 513a entspricht 513b; Zeitpunkt 515a entspricht 515b) das Fahrzeug, wobei hier das Fahrzeug basierend auf einer Soll-Trajektorie geführt ist, die basierend auf den zweiten Trajektorienparametern berechnet wurde. Zu den Zeitpunkten 517b und 519b hat das Fahrzeug, wenn es basierend auf den ersten Trajektorienparametern geführt wurde, die Kurve bereits durchfahren und ist insofern in der 5 nicht mehr gezeigt. Insofern sind keine Bezugszeichen 517a und 519a gezeichnet.
-
Wie die 5 zeigt, fährt das Fahrzeug 503 langsamer und mit mehr Abstand zu einem Kurvenaußenabschnitt, wenn es basierend auf der Soll-Trajektorie, die abhängig von den zweiten Trajektorienparametern ermittelt wurde, geführt ist. Wenn das Fahrzeug 503 basierend auf der Soll-Trajektorie, die basierend auf den ersten Trajektorienparametern ermittelt wurde, geführt wird, so durchfährt es die Kurve schneller.
-
Die Erfindung umfasst also insbesondere den Gedanken, eine Fahrstrategie, also eine Soll-Trajektorie, so an Umweltbedingungen anzupassen, dass kritische Fahrsituationen frühzeitig, also insbesondere bevor es zu einem Schleudern oder einem Ausbrechen des Fahrzeugs kommt, ausgeschlossen werden können. Hierbei wird insbesondere bei einem unbekannten Reibwert der Straße oder einem niedrigen Vertrauensmaß der Reibwertschätzung die Fahrstrategie entsprechend angepasst, also eine Soll-Trajektorie berechnet, die auf den zweiten Trajektorienparametern basiert.
-
Die Soll-Trajektorie ist dann beispielsweise wie folgt angepasst unter der Annahme, dass ein verminderter oder kleinerer Reibwert vorliegt als der geschätzte Reibwert:
- – Annahme eines geringeren maximalen Querbeschleunigungsprofils zur Soll-Trajektoriengenerierung, welches
- • zu weniger Spurwechseln
- • und/oder geringerer Querbeschleunigung bei Spurwechseln
- • zu geringeren Soll-Geschwindigkeiten in Kurven (und damit geringeren Querbeschleunigungen) führt.
- – Annahme eines geringeren maximalen Längsbeschleunigungs-/Verzögerungsprofils zur Soll-Trajektoriengenerierung, welches unter anderem zu größerem Soll-Abstand zu einem dem Fahrzeug vorausfahrenden Fahrzeug führt (geringere maximale Verzögerung möglich, falls das vorausfahrende Fahrzeug zum Stillstand kommt).
- – Größerer seitlicher Soll-Abstand zur Sicherheit im Fall von Seitenverkehr, um mehr Spielraum zu haben, um gegebenenfalls mit geringerer Querbeschleunigung auszuweichen, wenn ein relativ zum Fahrzeug anderes seitlich fahrendes Fahrzeug näher an das Fahrzeug gerät. Insbesondere wird ein Überholens von Seitenverkehr verhindert oder vermieden.
- – Größerer situationsabhängiger Soll-Abstand zum Kurveninnenabschnitt/-außenabschnitt, um geringere Querbeschleunigungen zu fahren und um Fahrbahnfläche bei unvorhergesehenem Unter-/Übersteuern des Fahrzeugs vorzusehen.
-
Als Kriterium für die Reduktion von maximaler Quer- und Längsbeschleunigung/-verzögerung oder auch Reifenkräften können unter anderem folgende Berechnungsmethoden angewandt werden:
- – Fahrzeugmodelle und/oder Kammscher Kreis und/oder vereinfachte physikalische Gleichungen, welche bei Annahme eines bestimmten Reibwerts (bei niedrigem Vertrauensmaß der Schätzung: Annahme von reduziertem Reibwert) entsprechend die maximale Quer- und Längsbeschleunigung/-verzögerung vermindern.
- – Rückmeldung des Bewegungsreglers/Eigenbewegungsschätzung/Aktuatorik zu beispielsweise
- • hoher Schlupf der Räder/Aufbau eines größeren Schwimmwinkels
- • hohe Ausnutzung des Stellpotenzials der Aktuatorik (z.B. hohe Lenkgradienten, maximales Motormoment, etc.)
- • aktiver Reglerzustand TCS/ABS/ESP.
-
Auf Basis dieser Kriterien kann dann insbesondere die Fahrstrategie und damit Trajektorienberechnung entsprechend angepasst werden und weniger dynamische konservative Trajektorien berechnet werden.