-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Bremsassistenten in einem Kraftfahrzeug, wobei ein Zeitpunkt des Beginns eines durch den Bremsassistenten eingeleiteten und von einer Bremsanlage ausgeführten Bremsvorgangs zur Verringerung der Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs aufgrund eines von einer Sensoreinrichtung des Kraftfahrzeugs detektierten Hindernisses ermittelt wird, nach der im Oberbegriff von Anspruch 1 näher definierten Art.
-
Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Kraftfahrzeug mit einem Bremsassistenten, mit einer Bremsanlage und mit einer Sensoreinrichtung gemäß der im Oberbegriff von Anspruch 10 näher definierten Art.
-
Ein gattungsgemäßes Verfahren ist aus der
DE 10 2011 116 112 A1 bekannt. Dabei wird ein Reibwert zwischen dem Kraftfahrzeug und der Fahrbahn, auf dem sich dasselbe bewegt, in die Auslegung des Notbremsassistenzsystems einbezogen.
-
Grundsätzlich steigt die Bedeutung von Fahrerassistenzsystemen zur Unfallvermeidung bei Kraftfahrzeugen. Insbesondere Bremsassistenten bzw. Notbremssysteme leisten einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von Unfällen bzw. zur Abschwächung der Folgen von Unfällen. Die Wirkung dieser Bremsassistenten hängt dabei entscheidend vom rechtzeitigen Eingriffszeitpunkt und damit vom Fahrbahnzustand bzw. vom Reibwert zwischen den Reifen des Kraftfahrzeugs und der Fahrbahn ab.
-
Regen, Schnee und Eis auf der Fahrbahn verringern den Reibwert gegenüber dem Reibwert einer trockenen Fahrbahn erheblich. Da sich mit sinkendem Reibwert der Bremsweg des Kraftfahrzeugs entsprechend verlängert, ergibt sich für den Bremsassistenten zwangsläufig die Notwendigkeit, früher einzugreifen.
-
Um die notwendige Akzeptanz seitens des Fahrers zu erreichen, werden die Bremsassistenten derzeit auf einen hohen Reibwert ausgelegt, was aus zweierlei Gründen sinnvoll ist: Da der tatsächliche Reibwert meist nicht bekannt ist, würde ein zu frühes Eingreifen des Bremsassistenten, was im Falle der Ermittlung eines zu niedrigen Reibwerts auftreten würde, zu einer fehlenden Akzeptanz beim Fahrer führen. Des Weiteren ereignen sich mehr als 70 % der durch einen Bremsassistenten adressierten innerörtlichen Auffahrunfälle auf trockener Fahrbahn.
-
Mit der in der
DE 10 2011 116 112 A1 beschriebenen Einbeziehung des Reibwerts zwischen dem Kraftfahrzeug und der Fahrbahn mit einer entsprechend angepassten Entscheidung hinsichtlich des Zeitpunkts des Eingriffs kann dabei im Falle eines vom System angenommenen zu hohen Reibwerts im Vergleich zu heutigen Systemen kein Vorteil erzielt werden. Es ergibt sich jedoch auch kein Nachteil, da, wie erwähnt, bei heutigen Systemen stets von einem hohen Reibwert ausgegangen wird. Bei bestimmten Konstellationen, beispielsweise wenn auf der Fahrbahn Schnee liegt und von einem Nassreibwert ausgegangen wird, können sich gegenüber der heutigen Auslegung Vorteile ergeben, da ein früheres Eingreifen des Bremsassistenten erfolgt. Falls der ermittelte Reibwert jedoch zu niedrig ist, würde der Bremsassistent früher als notwendig eingreifen und einen Bremsvorgang mit auf Hochreibwert ausgelegter Verzögerung ausführen. Ein solcher Bremsvorgang könnte mit maximaler Verzögerung ausgeführt werden, weil die sich derzeit im Einsatz befindlichen Systeme so ausgelegt sind, dass sie stets den maximal zur Verfügung stehenden Reibwert ausnutzen, da die Systeme von einer Notsituation mit hoher Unfallwahrscheinlichkeit ausgehen. Neben einer fehlenden Akzeptanz beim Fahrer würde ein solches Verhalten des Bremsassistenten aufgrund des zu frühen und damit für den nachfolgenden Verkehr unerwarteten Abbremsens zusätzlich zu erheblichen Sicherheitsrisiken führen.
-
Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zum Betreiben eines Bremsassistenten in einem Kraftfahrzeug zu schaffen, das unter Verwendung des Reibwerts zwischen dem Kraftfahrzeug und der Fahrbahn ein verbessertes Ansprechverhalten aufweist.
-
Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch die in Anspruch 1 genannten Merkmale gelöst.
-
Erfindungsgemäß wird also der Eingriffszeitpunkt des Bremsassistenten den Fahrbahnbedingungen bzw. dem Reibwert zwischen dem Kraftfahrzeug und der Fahrbahn angepasst, wobei jedoch die angeforderte Bremsverzögerung, d. h. die Verzögerung des Fahrzeugs mittels der von dem Bremsassistenten gesteuerten Bremsanlage, jeweils auf die entsprechend der Fahrbahnbedingungen bzw. des Reibwerts zwischen dem Kraftfahrzeug und der Fahrbahn notwendige Bremsverzögerung begrenzt wird.
-
Die erfindungsgemäße Lösung ermöglicht also ein auf dem Zustand der Fahrbahn basiertes, früheres Eingreifen der Notbremsfunktion bei verringertem Reibwert entsprechend des Fahrbahnzustands und adressiert damit zusätzliche Unfallszenarien, wodurch von bisherigen Systemen nicht umfasste Unfallarten vermieden werden können. Andererseits werden zu frühe und zu starke Bremsvorgänge, die neben einer nicht vorhandenen Akzeptanz durch den Fahrer dazu führen könnten, dass nachfolgende Fahrzeuge auf das eigene Kraftfahrzeug auffahren, verhindert. Des Weiteren ist durch das Vermeiden einer unverhältnismäßig hohen und zu früh angesetzten Bremsverzögerung eine maximale Lenkfähigkeit für den Fall gewährleistet, dass sich der Fahrer für ein Notausweichmanöver entscheidet. Das erfindungsgemäße Verfahren erhöht demnach die Sicherheit bei dem von dem Bremsassistenten gesteuerten Bremsvorgang.
-
Eine sehr wirkungsvolle Möglichkeit zur erfindungsgemäßen Begrenzung der Bremsverzögerung kann in einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung darin bestehen, dass die Intensität des durch den Bremsassistenten eingeleiteten Bremsvorgangs so ausgewählt wird, dass sie die Intensität eines für den Bremsassistenten festgelegten Referenznotbremsprofils nicht übersteigt.
-
Ein mögliches Kriterium in Bezug auf die genannte Begrenzung der Intensität des Bremsvorgangs kann darin bestehen, dass der Bremsvorgang derart durch den Bremsassistenten eingeleitet wird, dass das Integral der Bremsverzögerung über die Dauer des Bremsvorgangs oder über den während des durch den Bremsassistenten eingeleiteten Bremsvorgangs zurückgelegten Weg das Integral der Bremsverzögerung über die Dauer des Bremsvorgangs oder über den während des Bremsvorgangs zurückgelegten Weg des für den Bremsassistenten festgelegten Referenznotbremsprofils nicht übersteigt. In der praktischen Anwendung wird das Referenznotbremsprofil meist von der Zuverlässigkeit und der Sicherheitsklassifizierung der Sensoreinrichtung festgelegt.
-
Alternativ oder zusätzlich kann im Hinblick auf die Begrenzung der Intensität des Bremsvorgangs vorgesehen sein, dass die maximale Bremsverzögerung des durch den Bremsassistenten eingeleiteten Bremsvorgangs die maximale Bremsverzögerung des für den Bremsassistenten festgelegten Referenznotbremsprofils nicht übersteigt.
-
Eine vorteilhafte Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann darin bestehen, dass bis zum Erreichen eines Abstands des Kraftfahrzeugs von dem Hindernis, an dem ein Ausweichen des Kraftfahrzeugs ohne eine Kollision mit dem Hindernis noch möglich ist, die Bremsverzögerung derart begrenzt wird, dass eine Lenkbarkeit des Kraftfahrzeugs zur Durchführung eines dem Hindernis ausweichenden Ausweichmanövers möglich ist. Auf diese Weise wird verhindert, dass ein frühzeitig nahe der physikalischen Grenze durchgeführter Bremsvorgang zu einer reduzierten Lenkbarkeit des Kraftfahrzeugs führt.
-
In diesem Zusammenhang kann außerdem vorgesehen sein, dass nach Unterschreiten eines Abstands zwischen dem Kraftfahrzeug und dem Hindernis, ab dem ein Ausweichen des Kraftfahrzeugs ohne eine Kollision mit dem Hindernis nicht mehr möglich ist, eine maximal angeforderte Bremsverzögerung ausgeführt wird. Damit wird, wenn ein Ausweichen vor dem Hindernis ohnehin nicht mehr möglich ist, eine maximale Bremsverzögerung durchgeführt, um die Aufprallgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs bei dem nicht mehr zu verhindernden Aufprall auf das Hindernis soweit wie möglich zu reduzieren.
-
Ein Kraftfahrzeug mit einem Bremsassistenten, mit einer Bremsanlage und mit einer Sensoreinrichtung ist in Anspruch 10 angegeben. Hierbei kann für den Fall, dass die Sensoreinrichtung als Kamera ausgeführt ist, dieselbe zur Objekterkennung und zur Erkennung des Zustands der Fahrbahn und einer daraus abgeleiteten Reibwertklasse eingesetzt werden.
-
Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den restlichen Unteransprüchen. Nachfolgend sind Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand der Zeichnung prinzipmäßig dargestellt.
-
Es zeigt:
-
1 eine sehr schematische Darstellung eines Kraftfahrzeugs, mit dem das erfindungsgemäße Verfahren durchgeführt werden kann;
-
2 ein Diagramm, in dem verschiedene Bremsverzögerungen über der Zeit dargestellt sind;
-
3 ein weiteres Diagramm, in dem verschiedene Bremsverzögerungen über der Zeit dargestellt sind;
-
4 ein Diagramm, in dem eine Bremsverzögerung über einem Abstand des Kraftfahrzeugs von einem Hindernis dargestellt ist; und
-
5 ein weiteres Diagramm, in dem verschiedene Bremsverzögerungen über der Zeit dargestellt sind.
-
1 zeigt eine sehr schematische Darstellung eines Kraftfahrzeugs 1, das sich auf einer Fahrbahn 2, beispielsweise einer Straße, bewegt. Vor dem Kraftfahrzeug 1 befindet sich auf der Fahrbahn 2 ein Hindernis 3, beispielsweise ein auf der Fahrbahn 2 stehendes weiteres Fahrzeug. Als Hindernis 3 kommen jedoch zum Beispiel auch Menschen, Tiere oder Gegenstände in Betracht. Das Kraftfahrzeug 1 weist in an sich bekannter Weise mehrere Räder 4 auf, die mit jeweiligen, nicht bezeichneten Bremsen einer Bremsanlage 5 des Kraftfahrzeugs 1 ausgestattet sind. Die Bremsanlage 5 wird von einem Bremsassistenten 6 angesteuert, der Teil eines nicht dargestellten Steuergeräts des Kraftfahrzeugs 1 sein kann. Das Kraftfahrzeug 1 weist des Weiteren eine Sensoreinrichtung 7 auf, die in der Lage ist, das Hindernis 3 zu erkennen, und die, beispielsweise über das angedeutete Steuergerät, mit dem Bremsassistenten 6 in Verbindung stehen kann. Darüber hinaus ist im vorliegenden Fall eine zweite Sensoreinrichtung 8 vorgesehen, die den Zustand der Fahrbahn 2 und daraus abgeleitet eine Reibwertklasse oder direkt den Reibwert oder eine Reibwertklasse bestimmt. Vorzugsweise soll der Reibwert vorausschauend vor dem auch als Egofahrzeug bezeichneten Kraftfahrzeug 1 erfasst werden.
-
Mit dem Kraftfahrzeug 1 kann ein Verfahren zum Betreiben des Bremsassistenten 6 durchgeführt werden, bei dem ein Zeitpunkt des Beginns eines durch den Bremsassistenten 6 eingeleiteten und von der Bremsanlage 5 ausgeführten Bremsvorgangs, der dazu dient, die Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs 1 aufgrund des von der Sensoreinrichtung 7 detektierten Hindernisses 3 zu verringern, in Abhängigkeit einer nicht dargestellten Entfernung des Kraftfahrzeugs 1 von dem Hindernis 3, einer Differenz zwischen der Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs 1 und der Geschwindigkeit des Hindernisses 3 und/oder einer, beispielsweise in dem Steuergerät, errechneten Zeitdauer bis zu einem Auftreffen des Kraftfahrzeugs 1 auf das Hindernis 3 und einem, beispielsweise von der Sensoreinrichtung 7 oder der Sensoreinrichtung 8 ermittelten Reibwert zwischen dem Kraftfahrzeug 1 und der Fahrbahn 2 ermittelt wird. Die Höhe der von dem Bremsassistenten 6 bewirkten Bremsverzögerung wird gemäß dem Verfahren zum Betreiben des Bremsassistenten 6 auf eine in Abhängigkeit des Reibwerts zwischen dem Kraftfahrzeug 1 und der Fahrbahn 2 notwendige Bremsverzögerung begrenzt.
-
Hierbei wird vorzugsweise der Reibwert vor Beginn des Bremsvorgangs abgeschätzt und in Abhängigkeit davon der Eingriffszeitpunkt der Notbremsung bestimmt. Potenzielle, als das Hindernis 3 in Frage kommende Objekte in der Umgebung des Kraftfahrzeugs 1 werden mittels der Sensoreinrichtung 7, die selbstverständlich auch mehrere einzelne Sensoren in einem sogenannten Sensor-Setup aufweisen kann, erkannt.
-
Beispielsweise kann die Sensoreinrichtung 7 Radar-, Lidar-, Kamera- und/oder Ultraschallsensoren oder beliebige Kombinationen daraus umfassen. Insbesondere wenn zur Abschätzung bzw. Ermittlung des Reibwerts ein Kamerasensor eingesetzt wird, können Klassifikationsverfahren eingesetzt werden, die anhand von charakteristischen Merkmalen in den von dem Kamerasensor erzeugten Videobildern auf den Zustand der Fahrbahn 2 schließen. Wenn die Sensoreinrichtung 7 als Kamera ausgeführt ist, kann diese außerdem zur Objekterkennung und zur Erkennung des Zustands der Fahrbahn 2 und der daraus abgeleiteten Reibwertklasse eingesetzt werden. Des Weiteren sind Polarisations- und Laserverfahren denkbar, die das von der Fahrbahn 2 reflektierte Licht bzw. das Verhältnis zwischen reflektiertem und absorbiertem Licht je nach Zustand der Fahrbahn 2 unterscheiden können. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Reibwert zwischen dem Kraftfahrzeug 1 und der Fahrbahn 2 bzw. den Zustand der Fahrbahn 2 beispielsweise durch eine Infrarotsensorik zu ermitteln, die ebenfalls auf die oben beschriebene Art und Weise zur Anpassung des Zeitpunkts des Eingriffs des Bremsassistenten 6 verwendet werden kann. Beispielsweise kann es sich bei der Sensoreinrichtung 8 um eine Infrarotsensorik handeln. Des Weiteren sind sämtliche Kombinationen der beschriebenen Sensorsysteme und eine Fusion mit in dem Kraftfahrzeug 1 vorhandenen Fahrdynamikdaten, Reifendaten und/oder Wetterdaten und jegliche Art von Fahrdynamikmodellen zur Abschätzung bzw. Plausibilisierung des zur Verfügung stehenden Reibwerts bzw. der Reibwertklasse denkbar.
-
Des Weiteren ist es auch möglich, den Reibwert zwischen dem Kraftfahrzeug 1 und der Fahrbahn 2 mittels Fahrzeug-zu-Fahrzeug- oder Fahrzeug-zu-Infrastruktur-Kommunikationsdaten zu ermitteln. Dabei kann ein von einem anderen Fahrzeug in der Umgebung des Kraftfahrzeugs 1 beispielsweise bei einer Bremsung mit einem ABS- oder ESP-System ermittelter Reibwert per Funk an das eigene Kraftfahrzeug 1 übermittelt werden. Des Weiteren ist es möglich, eine Information über den Zustand der Oberfläche der Fahrbahn 2, beispielsweise nass, trocken, schneebedeckt, vereist oder dergleichen, dazu zu benutzen, einen Reibwert, einen wahrscheinlichen Reibwert oder eine Reibwertklasse zu bestimmen.
-
In 2 ist ein Diagramm dargestellt, in dem die Bremsverzögerungen verschiedener Bremsvorgänge über der Zeit schematisch dargestellt sind. Auf eine Bemaßung der Achsen der Diagramme der 2 bis 5 wurde, mit Ausnahme der Abszisse in 4, verzichtet, da diese bei jedem Kraftfahrzeug unterschiedlich sein können.
-
Mittels der mit "A" bezeichneten Linie ist ein Referenznotbremsprofil dargestellt, das für den Bremsassistenten 6 festgelegt wurde. Das Referenznotbremsprofil stellt die maximale Bremsverzögerung dar, die der Bremsassistent 6 aufgrund der von der Sensoreinrichtung 7 gelieferter Daten ausführen darf, und ist auf einen trockenen Zustand der Fahrbahn 2 ausgelegt. In Abhängigkeit von der Qualität und der Sicherheitsklassifizierung der Sensoreinrichtung 7 kann das Referenznotbremsprofil selbstverständlich unterschiedlich verlaufen.
-
Bei dem hierin beschriebenen Verfahren kann vorgesehen sein, dass eine Intensität des durch den Bremsassistenten 6 eingeleiteten Bremsvorgangs so ausgewählt wird, dass sie die Intensität des für den Bremsassistenten 6 festgelegten Referenznotbremsprofils nicht übersteigt. Beispielsweise kann dabei vorgesehen sein, dass die maximale Bremsverzögerung des durch den Bremsassistenten 6 eingeleiteten Bremsvorgangs die maximale Bremsverzögerung des für den Bremsassistenten 6 festgelegten Referenznotbremsprofils nicht übersteigen darf. Eine diese Bedingung verletzende Linie ist mit "B" bezeichnet und es ist erkennbar, dass hier eine wesentliche höhere Bremsverzögerung vorliegt als bei der Linie "A". Da eine derart hohe Bremsverzögerung zu einer verringerten Akzeptanz durch den Fahrer des Kraftfahrzeugs 1 und/oder einer Gefährdung für den nachfolgenden Verkehr bzw. Fahrer führen kann, wird diese gemäß dem hierin beschriebenen Verfahren vorzugsweise vermieden.
-
Mit der Linie "C" ist ein ebenfalls nicht erlaubter Bremsvorgang dargestellt, da hierbei das Integral der Bremsverzögerung über die Dauer des Bremsvorgangs das Integral der Bremsverzögerung über die Dauer des Bremsvorgangs des für den Bremsassistenten 6 festgelegten Referenznotbremsprofils übersteigt. Es sind jedoch auch Fälle denkbar, bei denen das Integral der Bremsverzögerung größer sein kann als das Integral der Bremsverzögerung des Referenznotbremsprofils, insbesondere wenn zu einem sehr frühen Zeitpunkt mit einer relativ geringen Verzögerung gebremst wird, da sich in diesem Fall weniger negative Auswirkungen auf den nachfolgenden Verkehr ergeben.
-
Ein weiteres Intensitätskriterium könnte in dem durch den Bremsassistenten 6 eingeleiteten Bremsvorgangs zurückgelegten Weg des Referenznotbremsprofils liegen, der bei dem hierin beschriebenen Verfahren nicht überschritten werden darf. Eine solche Linie kann ähnlich zu der Linie "C" verlaufen.
-
Würde der Bremsvorgang gemäß der Linien "B" oder "C" ausgeführt, so wäre die mögliche Fehlerquelle zu hoch, so dass die Akzeptanz durch den Fahrer nicht vorhanden wäre und dieser möglicherweise den Bremsassistenten 6 ausschalten würde. Da die Verlässlichkeit und die Sicherheitsklassifizierung des Bremsassistenten 6 und/oder der Sensoreinrichtung 7 auch nicht für die zu hohe Intensität ausgelegt worden ist, würde der nachfolgende Verkehr durch zu intensive und/oder zu frühe Bremsungen inakzeptabel gefährdet werden.
-
Mit der Linie "D" ist ein Bremsvorgang dargestellt, der gemäß dem hierin beschriebenen Verfahren erlaubt ist und bei dem die Höhe der von dem Bremsassistenten 6 bewirkten Bremsverzögerung auf eine in Abhängigkeit des Reibwert zwischen dem Kraftfahrzeug 1 und der Fahrbahn 2 notwendige Bremsverzögerung beschränkt wird. Insbesondere wird bei dem mit der Linie "D" bezeichneten Bremsvorgang weder das Integral der Bremsverzögerung noch die maximale Bremsverzögerung des Referenznotbremsprofils überschritten.
-
Des Weiteren wäre es auch möglich, Auffahrwahrscheinlichkeiten und/oder Auffahrgeschwindigkeiten durch den Folgeverkehr als ein Intensitätskriterium zu verwenden. Mit dem Begriff der Intensität des Bremsvorgangs ist damit auch die Auswirkung des Bremsvorgangs auf dahinter fahrende Fahrzeuge umfasst.
-
In 3 sind wiederum verschiedene Bremsvorgänge anhand von Bremsverzögerungen über der Zeit dargestellt. Dabei ist mit "E" eine aufgrund der Referenznotbremsung angeforderte Bremsverzögerung über einer bestimmten Zeit dargestellt. Die waagrecht verlaufende Linie "F" bezeichnet ein physikalisches Maximum einer Bremsverzögerung, die sich in diesem Fall aufgrund des Zustands der Fahrbahn 2 ergibt. Mit der Linie "G" ist ein ohne Vorverlagerung des Bremseneingriffs durchgeführter Bremsvorgang dargestellt. Dagegen zeigt die Linie "H" einen mit der Vorverlagerung gemäß einem Aspekt des hierin beschriebenen Verfahrens umgesetzte Bremsverzögerung und es ist erkennbar, dass durch diese Vorverlagerung eine wesentlich bessere Bremswirkung erreicht werden kann, da bei korrekt erkanntem niedrigen Reibwert zwischen dem Kraftfahrzeug 1 und der Fahrbahn 2 die Verringerung der Bremsverzögerung und die damit erlaubte Vorverlagerung des Startpunkts des Bremsvorgangs zu einer effektiveren Notbremsung führt, da bei gleicher Reibwertausnutzung wie bei der Linie "G" schon deutlich früher gebremst wird. Das Integral zwischen den Linien "H" und "G" stellt die durch das hierin beschriebene Verfahren gewonnene Geschwindigkeitsreduzierung dar.
-
Der Bremsassistent 6 und die Bremsanlage 5 können die angeforderte Verzögerung jedoch nur soweit umsetzen, bis es zu einer Schlupfregelung durch ein nicht dargestelltes Antiblockiersystem der Bremsanlage 5 kommt.
-
In 4 ist die Bremsverzögerung über einem Abstand des Kraftahrzeugs 1 von dem Hindernis 3 dargestellt. Hierbei bezeichnet die Linie "I" das sich in diesem Fall aufgrund des Zustands der Fahrbahn 2 ergebende Maximum der Bremsverzögerung. Mit der Linie "J" ist die sich aufgrund der nachfolgend beschriebenen Umstände beschriebene erlaubte Verzögerung und mit der Linie "K" die ebenfalls nachfolgend näher erläuterte umsetzbare Verzögerung exemplarisch dargestellt.
-
Da ein Bremseingriff nahe des durch die Linie "I" dargestellten physikalischen Maximums zu einer reduzierten Lenkbarkeit des Kraftfahrzeugs 1 führt, wird ein solcher Bremseneingriff vor dem Erreichen der sogenannten Point-to-Steer-Distanz, also dem Abstand des Kraftfahrzeugs 1 von dem Hindernis 3, ab dem ein Ausweichen des Kraftfahrzeugs 1 ohne eine Kollision mit dem Hindernis 3 nicht mehr möglich ist, vermieden. Dies erfolgt, wie exemplarisch mit der Linie "K" bezeichnet ist, dadurch, dass die Bremsverzögerung in diesem Fall so begrenzt wird, dass eine Lenkbarkeit des Kraftfahrzeugs 1 zur Durchführung eines Ausweichmanövers des Kraftfahrzeugs 1, mit welchem dem Hindernis 3 ausgewichen werden soll, möglich ist. Die äquivalente Point-to-Steer-Distanz ist im Wesentlichen Abhängigkeit von der Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs 1 bzw. der Relativgeschwindigkeit zwischen zwei Fahrzeugen, der Breite des Überlappungsbereichs und dem zum Ausweichen notwendigen Reibwert zwischen dem Kraftfahrzeug 1 und der Fahrbahn 2. Erst wenn das Kraftfahrzeug 1 den zu der entsprechenden aktuellen (Rest-)Fahrgeschwindigkeit passenden Point-to-Steer passiert hat, wird die dementsprechende Fahrzeugverzögerung erhöht. Mit anderen Worten, die maximal angeforderte Bremsverzögerung wird nach Unterschreiten des Abstands zwischen dem Kraftfahrzeug 1 und dem Hindernis 3, ab dem ein Ausweichen des Kraftfahrzeugs 1 ohne eine Kollision mit dem Hindernis 3 nicht mehr möglich ist, durchgeführt. Dies führt zu der in 4 dargestellten Linie "K". Durch diese Regelung kann ein sicheres Ausweichen des Kraftfahrzeugs 1 bei jedem Zustand der Fahrbahn 2 gewährleistet werden. Je geringer die Bremsverzögerung gewählt wird, desto mehr Potenzial steht für die zur Durchführung des Ausweichmanövers notwendige Querbeschleunigung zur Verfügung.
-
Falls zum Beispiel auf einer sommerlichen, trockenen Fahrbahn auf fehlerhafte Art und Weise ein zu niedriger Reibwert zwischen dem Kraftfahrzeug 1 und der Fahrbahn 2 erkannt wird, so wird gemäß einem Aspekt des hierin beschriebenen Verfahrens zwar der Startpunkt des Bremsvorgangs vorverlagert, je nach Befähigung der Sensoreinrichtung 7 und der maximal akzeptierten Vorverlagerung kann dies jedoch zu einer Verringerung des Geschwindigkeitsabbaus führen. Wie oben beschriebenen wird eine zu weite Vorverlagerung des Bremseingriffs vermieden, wenn der dazugehörige Point-to-Steer noch nicht erreicht worden ist, insbesondere da der Bremseingriff in diesem Fall auch für das Empfinden des Fahrers zu früh einsetzen würde. Um jedoch die Effektivität des Bremseingriffs zu erhöhen, kann in einem solchen Fall das Profil der Bremsverzögerung in Abhängigkeit vom Abstand zu dem Hindernis 3 während des Bremsvorgangs erhöht werden. Dieser Bremsvorgang, bei dem sowohl eine Vorverlagerung als auch eine derartige Anpassung durchgeführt wird, ist in 5 mit der Linie "L" dargestellt. Durch den parabelförmigen Anstieg innerhalb der Linie "L" wird also die oben unter Bezugnahme auf 4 erläuterte Point-to-Steer-Kurve gemäß der Linie "K" nachgebildet. Es ist also auch in den Fällen, in denen der Reibwert zwischen dem Kraftfahrzeug 1 und der Fahrbahn 2 nicht korrekt erkannt wird, eine Verbesserung gegenüber aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren gegeben. Die maximale Höhe der Bremsverzögerung wird durch das zuvor beschriebene Intensitätskriterium begrenzt, wie an der Linie "L" ersichtlich ist. Würde man der Point-to-Steer-Kurve folgen, so würde man zwar an das physikalisch mögliche Limit herankommen, würde aber einen Bremsvorgang mit einer derartigen Intensität durchführen, für die der Bremsassistent 6 nicht entwickelt worden ist.
-
Demgegenüber zeigt die Linie "M" in 5 eine Umsetzung mit Vorverlagerung, jedoch ohne Anpassung. Die Linie "N" zeigt einen ohne Vorverlagerung angeforderten Bremsvorgang und die Linie "O" einen ohne Vorverlagerung umgesetzten Bremsvorgang. Die Bremsvorgänge gemäß der Linien "M", "N" und "O" werden also vermieden. Das sich durch den Reibwert zwischen dem Kraftfahrzeug 1 und der Fahrbahn 2 ergebende physikalische Maximum ist durch die Linie "P" dargestellt.
-
Selbstverständlich werden auch bei diesem Bremsvorgang die oben unter Bezugnahme auf 2 erläuterten Intensitätskriterien nicht verletzt. Auf diese Weise wird also trotz möglicher fehlerhafter Vorverlagerung des Bremseneingriffs und Reduzierung der Bremsenintensität die volle Effektivität des mit dem Bremsassistenten 6 durchgeführten Bremsvorgangs gewährleistet. Die Erhöhung der Bremsverzögerung wird auch in diesem Fall nur so lange durchgeführt, bis das Antiblockiersystem ein Blockieren der Bremsanlage 5 detektiert. Des Weiteren wird vorzugsweise auch in diesem Fall die Erhöhung der Bremsverzögerung nur so lange durchgeführt, bis das Kraftfahrzeug 1 den zum Abstand des Kraftfahrzeugs 1 von dem Hindernis 3 und zur Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs 1 passenden Punkt, an dem ein Ausweichen vor dem Hindernis 3 noch möglich ist, also den oben beschriebenen Point-to-Steer, passiert hat.
-
Bezugszeichenliste
-
- 1
- Kraftfahrzeug
- 2
- Fahrbahn
- 3
- Hindernis
- 4
- Räder
- 5
- Bremsanlage
- 6
- Bremsassistent
- 7
- Sensoreinrichtung
- 8
- Sensoreinrichtung
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- DE 102011116112 A1 [0003, 0007]