-
Die Erfindung betrifft ein Testverfahren zur Ermittlung von Kennwerten der Materialermüdung bei radialer Belastung eines Stents mit einem Stent-Design aus metallischen Streben.
-
Stand der Technik und technologischer Hintergrund
-
Die Implantation von Stents ist seit vielen Jahren eine Standardmaßnahme zur zumindest temporären Stabilisierung von Hohlorganen im menschlichen Körper. Die Stents bestehen dabei zumeist aus einem metallischen Drahtgeflecht, dessen Streben in vorgebbaren Mustern verlaufen (Stentdesign). In der praktischen Anwendung wird der Stent erheblichen mechanischen Belastungen ausgesetzt, sei es im Zuge des Crimpens auf einen Katheter, beim Dilatieren am Implantationsort oder nach der Implantation im biologischen System durch wiederkehrende Kontraktion des umgebenden Gewebes.
-
Materialermüdung der Stents im praktischen Einsatz könnte zu erheblichen Komplikationen führen, so dass sehr umfangreiche Untersuchungen der mechanischen Kennwerte im Vorfeld und für die Zulassung notwendig sind. Zur Ermittlung von Kennwerten der Materialermüdung bei Stents mit einem Stentdesign aus metallischen Streben sind zahlreiche Verfahren und Vorrichtungen entwickelt worden. So beschreibt beispielsweise
US 2010/0242620 A1 ein Testsystem zur Erfassung der Materialermüdung, bei dem die zu vermessenden Stents an ihren Enden fest am Rahmen der Testvorrichtung eingespannt werden. Zur Simulation radialer Belastungen des Stents, wie sie beispielsweise beim Crimpen, Dilatieren oder nach der Implantation im biologischen System auftreten, wird in das Innere des Stents ein reversibel inflatierbarer Ballon platziert. Weitere Testvorrichtungen zur Durchführung von Belastungsversuchen an Stents, insbesondere der Bestimmung der Beanspruchungsgrenzen, sind exemplarisch
US 2003/0110830 A1 und
US 2007/0163340 A1 zu entnehmen.
-
Ermüdungstests an koronaren Stents werden bisher nach einem nicht standardisierten Verfahren unter pulsierender radialer Belastung durchgeführt. Dazu wird der Stent in einen dünnwandigen Schlauch bzw. einer Arterie implantiert und mit pulsierendem Druck von außen oder innerhalb des Schlauchs beaufschlagt. Allerdings sind bei diesem Vorgehen die aufbringbaren Verschiebungen am Stent begrenzt, sobald plastische Verformungsanteile auftreten. Einige Stentdesigns können daher nicht vollständig mit bekannten Testvorrichtungen untersucht werden. Zudem sind die Testvorrichtungen des Standes der Technik zweckmäßigerweise für radiale Belastungsversuche am Stent ausgelegt, deren Durchführung sehr zeitintensiv ist. So sind für vergleichbare zyklische Belastungsversuche an Stents häufig 400 Mio. Lastwechsel für die Zulassung zu dokumentieren. Im Falle eines radialen Belastungsversuchs würde diese Anzahl an Lastwechseln eine Versuchsdauer von bis zu vier Monaten bedingen.
-
Es besteht daher der anhaltende Bedarf nach einem neuen Testverfahren, das in der Durchführung zuverlässig, aber nach Möglichkeit deutlich beschleunigt physiologisch relevante Kennwerte der Materialermüdung im Falle zyklisch-radialer Belastung des Stents liefert. Wenn möglich, sollten derartige Belastungsversuche mit hoher Frequenz und Belastungsamplitude durchführbar sein.
-
Zusammenfassung der Erfindung
-
Ein oder mehrere der geschilderten Nachteile des Standes der Technik lassen sich mit Hilfe des erfindungsgemäßen Testverfahrens zur Ermittlung von Kennwerten der Materialermüdung bei radialer Belastung eines Stents mit einem Stent-Design aus metallischen Streben vermeiden oder zumindest mindern. Das Testverfahren umfasst dazu die Schritte:
- i) Bereitstellen eines zu untersuchenden Stents mit einem vorgegebenen Stentdesign;
- ii) Herstellen eines Probe-Stents mit einem Stent-Design, das um 90° gegenüber dem zu untersuchenden Stentdesign gedreht ist; und
- iii) Durchführen eines mechanischen Belastungstests mit dem Probe-Stent, bei dem der Probe-Stent entlang seiner Längsachse belastet wird.
-
Die erfindungsgemäße Lösung sieht demnach vor, dass zunächst ein Probe-Stent mit einem Stentdesign, das bezüglich der Längsachse des Stents um 90° gedreht ist, aus demselben Material wie der zu untersuchende Stent hergestellt wird. Dadurch wird erreicht, dass die typische Stegverformung, die bei radialer Kompression/Expansion und im Folgenden bei der physiologischen Belastung des Stents im Körper auftritt, in longitudinale Richtung transformiert wird. Dies ermöglicht eine vollumfängliche Erfassung physiologisch-radialer Belastungen auch wenn hohe plastische Verformungsanteile auftreten. Ferner ermöglicht die Übertragung auf ein axiales Testsystem eine schnellere Versuchsdurchführung zur Ermittlung physiologisch-relevanter Belastungsdaten. Durch die Transformation des ursprünglichen Stentdesigns des zu untersuchenden Stents in ein um 90° gedrehtes Stentdesign beim Probe-Stent sind zyklisch-axiale anstelle zyklisch-radialer Belastungsversuche zur Ermittlung der Kennwerte für die Materialermüdung durchführbar. Besonders vorteilhaft ist, dass sich zyklisch-axiale Belastungsversuche mit wesentlich höherer Frequenz und Belastungsamplitude durchführen lassen (hyperphysiologische Versuchsbedingungen), so dass die Versuchsdauer deutlich reduziert wird. Zudem ist die Durchführung zyklisch-axialer Belastungsversuche weniger aufwendig und die entsprechenden Apparaturen sind kostengünstiger in der Anschaffung, im Betrieb und Wartung. Das Prinzip ist auf jedes Stentdesign anwendbar, beschleunigt die Design- und Prozessentwicklung und verkürzt den Zulassungsprozess.
-
Der Probe-Stent weist vorzugsweise jeweils endseitig zwei ringförmige Abschnitte auf, zwischen denen ein mittlerer Abschnitt mit dem gedrehten Stentdesign angeordnet ist. An den beiden endseitigen Abschnitten wird der Probe-Stent in einer herkömmlichen Testvorrichtung, mit der zyklisch-axiale Belastungsversuche durchführbar sind, eingespannt. Die Endabschnitte schaffen somit einen definierten, für axiale Belastungsversuche weitgehend inerten Abschluss zum mittleren Abschnitt, der das zu untersuchende Stentdesign enthält. Zur besseren Anbindung des gedrehten Stentdesigns kann zwischen endseitigem Abschnitt und mittlerem Abschnitt ein schmaler Übergangsbereich mit Übergangsstegen vorhanden sein. Die Breite des Übergangsbereichs ist in der Regel geringer als 2 mm.
-
Vorzugsweise weist der mittlere Abschnitt eine Länge im Bereich von 2 bis 20 mm auf. Eine zu große Länge des mittleren Abschnitts erhöht das Risiko des Knickens des Probe-Stents in der Testvorrichtung, eine zu starke Verkleinerung erlaubt kein sinnvolles Testen mehr. Insbesondere entspricht die Länge des mittleren Abschnitts des Probe-Stents dem 0,5 bis 2 fachen, besonders bevorzugt 0,8 bis 1,5 fachen Umfang des zu untersuchenden Stents (Umfang vor Crimpen oder Dilatieren des Stents). Besonders bevorzugt ist die Länge des mittleren Abschnitts des Probe-Stents gleich dem Umfang des zu untersuchenden Stents. Mit den genannten Vorgaben sind die am Probe-Stent gewonnenen Kennwerte ohne Weiteres auf das Stentdesign des zu untersuchenden Stents übertragbar.
-
Weitere bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung.
-
Kurzbeschreibung der Figuren
-
Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels und den dazugehörigen Figuren näher erläutert.
-
Es zeigen:
-
1 einen Stent mit einem zu untersuchenden Stentdesign;
-
2 eine fotografische Abbildung eines Probe-Stents mit einem gegenüber dem Stent aus 1 um 90° verdrehten Stentdesign;
-
3 den mittleren Abschnitt des Probe-Stents aus 2 in Vergrößerung;
-
4 den mittleren Abschnitt des Probe-Stents aus 2 nach axialer Stauchung zur Simulation des Crimpen;
-
5 den mittleren Abschnitt des Probe-Stents aus 2 nach axialer Streckung zur Simulation der Dilatation; und
-
6 eine Darstellung des eingespannten Probe-Stents aus 2 in einer Testvorrichtung.
-
Detaillierte Beschreibung der Erfindung
-
1 zeigt einen zu untersuchenden Stent 10 mit einem spezifischen Stentdesign. Der in 1 dargestellte Stent 10 besteht aus einer CoCr-Legierung. Wie ersichtlich, weist der Stent 10 ein filigranes Netzwerk aus mäanderförmig umlaufenden Stentstreben 12 auf, die über Verbindungsstege 13 miteinander verknüpft sind.
-
Zur Ermittlung von Kennwerten der Materialermüdung, die eine radiale Belastung des Stents charakterisieren, wird nun ein Probe-Stent aus demselben Material geschnitten, bei dem jedoch das Stentdesign um 90° gedreht ist. 2 ist eine fotografische Abbildung eines solchen Probe-Stents 20 für das in 1 dargestellte Stentdesign zu entnehmen. 3 zeigt eine Vergrößerung eines mittleren Abschnitts 24 des Probe-Stents 20 aus 2. Wie ersichtlich, verlaufen nunmehr die einzelnen Streben 22 des Stentdesigns nicht mehr mäanderförmig umlaufend sondern mäanderförmig in Längserstreckung zwischen den beiden endseitigen Abschnitten 26 des Probe-Stents 20. Entsprechend sind auch die Verbindungstege 23 um 90° gegenüber dem Stentdesign aus 1 gedreht. Die beiden Endabschnitte 26 haben vorliegend eine Länge von 5 mm. Der mittlere Abschnitt 24 mit dem gedrehten Stentdesign hat vorliegend eine Länge von 5,9 mm, was hier der Umfangslänge des in 1 dargestellten Stents entspricht. In einem Übergangsbereich zwischen dem endseitigen Abschnitt 26 und dem mittleren Abschnitt 24 sind – hier nur wenige µm lange – Übergangsstege 28 zur besseren Anbindung der Streben 22 vorhanden.
-
Der Probe-Stent der 2 wird mit seinen beiden endseitigen Abschnitten in eine Testvorrichtung eingespannt, die eine axiale Bewegung, also entgegen und mit der Längsachse des Probe-Stents durchführen kann. 6 ist ein Ausschnitt aus einer solchen Testvorrichtung 30 mit eingespanntem Probe-Stent 20 zu entnehmen. Dabei kann beispielsweise ein im Inneren des Probe-Stents 20 angeordneter Dorn während der Versuchsdurchführung ein Ausknicken des Probe-Stents 20 bei der Versuchsdurchführung verhindern.
-
4 ist eine fotografische Abbildung des Probe-Stents 20 aus 2 nach Stauchung mittels der in 6 dargestellten Testvorrichtung 30. In Folge der Stauchung beträgt die Länge des mittleren Abschnitts 24 nunmehr 3,5 mm. Die Länge des mittleren Abschnitts 24 entspricht dabei dem Umfang des ursprünglichen Stents nach Crimpen auf einen Ballonkatheter. Der Vorgang kann optisch oder über eine Kraftmessung überwacht werden und eine Brucherkennung kann sofort nach Bruch erfolgen.
-
Mit Hilfe der in 6 dargestellten Testvorrichtung 30 kann der Probe-Stent 20 auch in axialer Richtung gedehnt werden, um die Dilatation des zu untersuchenden Stents am Implantationsort zu simulieren (siehe 5). Am gestreckten Probe-Stent 20 können nun weggesteuert und mit einer physiologischen oder hyperphysiologischen Testamplitude und einer Testfrequenz von bis zu 200 Hz zyklisch-axiale Belastungsversuche durchgeführt werden. Die Ergebnisse dieser Belastungsversuche sind direkt übertragbar auf das Stentdesign des zu untersuchenden Stents und entsprechen dabei zyklisch-radialen Belastungen, wie sie in physiologischer Umgebung zu beobachten sind.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- US 2010/0242620 A1 [0003]
- US 2003/0110830 A1 [0003]
- US 2007/0163340 A1 [0003]