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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Anlage für das Herstellen von mehrscheibigen Flachglasprodukten.
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Mehrscheibige Flachglasprodukte weisen mehrere miteinander verbundene, parallel zueinander ausgerichtete im Wesentlichen gleich große einzelne Flachglasscheiben auf. Typische mehrscheibige Flachglasprodukte sind Isolierglasscheiben oder Verbundglasscheiben.
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Des Weiteren werden einzelne Flachglasscheiben kurz als ”Einzelscheiben” bezeichnet.
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Isolierglasscheiben bestehen aus zwei oder mehr Einzelscheiben, welche parallel zueinander in jeweils einem kleinen Abstand zueinander angeordnet sind. Zwischen benachbarten Einzelscheiben ist ein Hohlraum eingeschlossen. Am Randbereich der Flächen der Einzelscheiben umlaufend, befinden sich zwischen je zwei benachbarten Einzelscheiben jeweils ein Abstandhalter und eine Versiegelung.
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Verbundglasscheiben bestehen aus mehreren Einzelscheiben zwischen denen sich eine damit verklebte Schicht eines nicht glasigen Materials befindet, typischerweise eine Kunststofffolie.
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Ein typischer üblicher Herstellungsablauf für Isolierglasscheiben weist folgende Teilfolge von Arbeitsschritten auf:
- a) die Einzelscheiben zuschneiden
- b) die Einzelscheiben waschen
- c) die Einzelscheiben mit Abstandshalter versehen (Ausnahme Deckscheibe)
- d) die Einzelscheiben auf Fehler inspizieren und behebbare Fehler ausbessern (lokale Verunreinigungen entfernen).
- e) die Einzelscheiben miteinander verbinden (verpressen) und optional den Zwischenraum mit einem gewünschten Gas befüllen.
- f) Verbund aus mehreren Einzelscheiben inspizieren und behebbare Fehler ausbessern
- g) Verbund versiegeln
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In einer Abwandlung dieser Schrittfolge sind die obigen Schritte c (Abstandhalter anbringen) und d (Inspektion der Einzelscheiben) vertauscht. Ebenso können die Schritte f und g vertauscht werden.
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Wenn bei einem der Inspektionsschritte nicht behebbare Fehler festgestellt werden, durch welche gegen gültige Qualitätsschranken verstoßen wird, wird die betreffende Einzelscheibe oder der betreffende Verbund aus dem Herstellprozess entnommen und bildet dann Ausschuss.
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Sehr oft verzichtet man auf den Punkt f (Inspektion des Verbundes) da man davon ausgeht, dass sich diese Inspektion erübrigt, wenn die Inspektion der Einzelscheiben (Punkt d) sehr streng durchgeführt wird und als Ergebnis von Punkt d alle fehlerhaften Einzelscheiben ausgeschieden werden.
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Die Inspektion (Schritt d und ggf. f) erfolgt üblicherweise mittels automatischer Oberflächeninspektionsanlagen die auf optischen Messmethoden und automatischer datentechnischer Auswertung optischer Messergebnisse basieren. Es gibt dazu eine Vielzahl von Prinzipien und Veröffentlichungen in der Patentliteratur und darüber hinaus. Als Beispiele seien die Schriften
WO 200026647 A1 ,
DD 258659 A1 ,
EP 317638 B1 ,
JP 2002257756 A1 und
DE 3610484 C2 genannt.
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Bei dem beschriebenen Herstellungsablauf kommt es zu den folgenden Nachteilen:
Wenn auf den Schritt f (Inspektion des Verbundes aus mehreren Einzelscheiben) verzichtet wird, kommt es entweder störend oft zu Auslieferung von Produkten die gültigen Qualitätsstandards widersprechen oder es muss die Inspektion der Einzelscheiben (Schritt d) dermaßen streng durchgeführt werden, dass oftmals auch Einzelscheiben ausgemustert werden mit denen gültige Qualitätsstandards an sich schon noch erfüllbar wären.
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Wenn Fehler erst im Schritt f (Inspektion des Verbundes aus mehreren Einzelscheiben) erkannt werden, muss der ganze Verbund, der aus mehreren Einzelscheiben besteht, ausgemustert werden obwohl oftmals Einzelscheiben an sich die Qualitätsvorgaben erfüllen würden. Zusätzlich zu den mit dem Ausscheiden unnütz gewordenen Einzelteilen ist auch die gesamte schon an dem Verbund geleistete Arbeit entwertet.
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Die der Erfindung zu Grunde liegende Aufgabe besteht darin, den beschriebenen Herstellungsablauf so zu verbessern, dass der Anteil an Ausschuss verringert wird und dennoch die gültigen Qualitätskriterien für auszuliefernde Produkte zuverlässig eingehalten werden.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass als Ergebnis des Schrittes d (Inspektion einer einzelnen Flachglasscheibe) nicht wie bisher einfach nur entschieden wird ”zulässig” oder ”nicht zulässig”, sondern dass Merkmale der einzelnen Flachglasscheibe, deren Relevanz für die Qualität des Gesamtproduktes durch das Zusammenwirken mit weiteren Einzelscheiben beeinflussbar sind, datentechnisch aufgezeichnet werden und dass das Verbinden der betreffenden Einzelscheibe mit einer oder mehreren weiteren ebenso inspizierten Einzelscheiben an Hand der aufgezeichneten Information automatisch dahingehend optimiert wird, dass Qualitätsminderungen des Endproduktes minimiert werden und dass möglicher Ausschuss schon vorzeitig erkannt wird.
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Dieses vorerst etwas abstrakt und aufgabenhaft klingende erfindungsgemäße Lösungsprinzip wird im Folgenden beispielhaft an Hand von Zeichnungen und der Beschreibung eines Herstellungsbeispiels erläutert und veranschaulicht.
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1: zeigt beispielhaft in Form eines Flussdiagramms eine beispielhafte erfindungsgemäße Folge von Verfahrensschritten für die Herstellung einer Isolierglasscheibe welche drei Einzelscheiben aufweist.
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2: zeigt in seitlicher Schnittansicht den prinzipiellen Aufbau einer Isolierglasscheibe wie sie entsprechend 1 gefertigt werden soll.
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Eine erste schon zugeschnittene Einzelscheibe A wird im Arbeitsschritt 1 gewaschen. Im Arbeitsschritt 2 wird ein Abstandhalterprofil 20 an ihr durch Kleben befestigt. Das Abstandhalterprofil 20 ist beispielsweise ein schlankes Rechteckprofil aus Aluminium oder Edelstahl. Es verläuft auf einer Seite der Einzelscheibe A nahe an deren Rand um die Fläche herum.
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Im Arbeitsschritt 3 wird die Einzelscheibe A mitsamt dem daran befestigten Abstandshalterprofil 20 mit optischen Methoden inspiziert. Dieses Inspizieren umfasst:
- – Länge und Breite der Einzelscheibe vermessen
- – Abstand des Abstandhalterprofils 20 vom jeweiligen Randbereich entlang des Umfangs der Einzelscheibe vermessen
- – Untersuchen der Scheibenoberfläche auf Fehler wie Brüche, Sprünge, Kratzer, Trübungen, Verschmutzungen, Einschlüsse, Blasen, Stellen an denen Material abgeplatzt ist, etc.
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In Arbeitsschritt 3 kann auch ein Korrektur-Arbeitsschritt durchgeführt werden in welchem behebbare Fehler korrigiert werden, typischerweise oberflächliche Verunreinigungen weggeputzt werden.
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Alle Messergebnisse nämlich Abmessungen, Art, Ort und Größe von Fehlerstellen werden datentechnisch gespeichert.
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Im Arbeitsschritt 4 wird mit datentechnischen Mitteln durch Vergleich mit datentechnisch hinterlegten Vorgaben automatisch überprüft ob durch die Einzelscheibe die vorgegebenen Qualitätskriterien eingehalten werden. Diese Qualitätskriterien betreffen Abmessungstoleranzen, die Positionsgenauigkeit des Abstandshalters auf der Scheibe, Art, Anzahl, Größe, und Häufungen von Fehlerstellen.
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Wenn die datentechnische Auswertung im Schritt 4 ergibt dass vorgegebene Grenzen von Qualitätskriterien verfehlt werden, wird die Einzelscheibe ausgemustert; die Einzelscheibe ist also Ausschuss. Anstatt dieser Einzelscheibe muss eine weitere Einzelscheibe und ein weiteres Abstandshalterprofil in die Schritte 1, 2, 3 des Fertigungsprozesses eingebracht werden.
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Im häufigeren Normalfall werden zwar – wie bei jedem realen Prozess – Abweichungen von idealen Abmessungen und Positionsgenauigkeiten festzustellen sein und es werden oftmals auch einzelne kleinere Fehlerstellen festzustellen sein, aber die Auswertung wird ergeben, dass die Einzelscheibe im weiteren Fertigungsverlauf verwendbar ist.
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Von erfindungsgemäß wesentlicher Bedeutung ist, dass trotzdem die Auswertung in Arbeitsschritt 4 ergeben hat, dass die Einzelscheibe weiter verwendbar ist, die in Schritt 3 gewonnenen Daten bezüglich Maßtoleranzen und festgestellten Fehlerstellen zur späteren Verwendung – die weiter unten beschrieben ist – weiter gespeichert werden.
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Für eine zweite Einzelscheibe B und ein zweites Randprofil 20 werden gleich wie die Schritte 1, 2, 3, 4 bei der Einzelschreibe A die Arbeitsschritte 1', 2', 3', 4' durchfahren und auch die entsprechenden Messergebnisse aus dem Inspektionsschritt 2' gespeichert.
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Eine dritte Einzelscheibe C durchfährt in schon für die Einzelscheibe A beschriebener Weise die Arbeitsschritte 1'' (waschen), 3'' (inspizieren) und 4'' (auswerten, entscheiden ob brauchbar oder nicht). Ein Arbeitsschritt 2'' (Anbringen eines Abstandshalterprofils) entfällt für die Einzelscheibe C, da diese schon die Deckscheibe des zu bildenden Verbundes ist und daher nicht mit einem Abstandshalterprofil ausgestattet zu werden braucht.
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Im erfindungsgemäßen Arbeitsschritt 5 wird datentechnisch vorab überprüft ob die Einzelscheiben A, B, C welche allesamt jeweils in Auswertungsschritt 4, 4', 4'' für Einzelscheiben als prinzipiell für die Weiterverarbeitung geeignet bewertet wurden, auch tatsächlich zusammenpassen.
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Eine derartige Prüfung auf Kombinierbarkeit kann schon für zwei Einzelscheiben stattfinden sobald sie vorliegen. Die Prüfung wird dann mit jeder Einzelscheibe die weiter hinzukommt um die Berücksichtigung der weiter hinzugekommenen Einzelscheibe ergänzt.
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Die Norm bzw. Richtlinie für das jeweilige Glasprodukt, im vorliegenden Beispiel eine Isolierglasscheibe, ist einzuhalten. Wie schon angedeutet ist die Einhaltung dieser Norm bzw. Richtlinie aber nicht nur von den Eigenschaften der Einzelscheiben allein abhängig, sondern auch davon, wie die Einzelscheiben zusammenwirken.
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Dazu zwei Beispiele:
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Beispiel 1:
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Bedingt durch die Sichtbarkeit bei fertig eingebauter Isolierglasscheibe gibt es bezüglich des Abstandes der Abstandhalter 20 vom jeweils naheliegenden Scheibenrand der anliegenden Einzelscheiben ein relativ weites Toleranzfeld. Ebenso gibt es bezüglich der Abmessungen der Einzelscheiben wie auch des Scheibenverbundes in der zur Scheibenebene parallelen Richtung ein relativ weites Toleranzfeld. Ein sehr enges Toleranzfeld gibt es allerdings bezüglich dessen, dass die durch die jeweiligen Abstandhalter 20 umschlossenen Rechtecke (bei rechteckförmigen Scheiben) bei fertig montiertem Isolierglas in der zur Scheibenebene normalen Richtung hintereinander liegen, in der zur Scheibenebene parallelen und zu ihrer jeweiligen Längsrichtung normalen Richtung möglichst wenig (am besten gar nicht) gegeneinander verschoben sein sollen.
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Im Schritt 5 gemäß 1 ist daher (unter anderem) zu prüfen ob die durch die beiden Abstandshalter 20 umfassten Rechtecke (bei rechteckigen Einzelscheiben) ausreichend genau gleiche Abmessungen haben und wie gegebenenfalls diese Rechtecke in Bezug auf den jeweiligen Rand der Einzelscheibe A, B liegen an denen die Abstandshalter in Schritt 2, 2' befestigt wurden. Dabei kann der Fall auftreten, dass bei besagten beiden Einzelscheiben, die durch jeweils einen Abstandshalter 20 gebildeten Rechtecke ausreichend gut gleiche Abmessungen haben, gegenüber den Rändern der jeweiligen Einzelscheiben aber stärker unterschiedlich verrückt sind, als sie es am fertigen mehrscheibigen Flachglasprodukt gegeneinander sein dürfen. In diesem Fall können die beiden Einzelscheiben dennoch kombinierbar sein, wenn sie beim Zusammenfügen so gegeneinander verschoben angeordnet sind, dass zwar nicht die Scheibenränder miteinander fluchten, wohl aber die durch die beiden Abstandshalter 20 umschlossenen Rechteckflächen. Das Feststellen der diesbezüglichen Möglichkeit und Handlungserfordernis erfolgt in Arbeitsschritt 5 gemäß 1. Das Durchführen der jeweiligen Anpassungshandlung (passendes Verschieben der Einzelscheiben gegeneinander und/oder Drehen einer Einzelscheibe um 180° um eine zur Scheibenebene normale Achse und/oder Schwenken der Einzelscheibe um eine zur Glasebene parallel und zu einer Seitenkante normal liegende Achse) erfolgt in Arbeitsschritt 7 gemäß 1.
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Beispiel 2:
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Glasprodukte dürfen eine gewisse Anzahl von Oberflächenfehlern wie beispielsweise dünnen Kratzern aufweisen, wobei die Gesamtlänge aller derartigen Kratzer ein bestimmtes (von der Scheibengröße abhängiges) Maß nicht überschreiten darf und wobei an keinem Flächenbereich eine bestimmte Häufigkeit von Fehlern pro Fläche überschritten werden darf.
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Für die Kombination mehrerer Einzelscheiben A, B, C ist daher in Schritt 5 zu prüfen, ob die aufsummierte Gesamtlänge aller an den Einzelscheiben bekannten Kratzer die zulässige Gesamtlänge für das fertige Produkt nicht überschreitet. Wenn die zulässige Gesamtlänge nicht überschritten wird ist weiters zu prüfen, ob es einen Flächenbereich gibt, an welchem, dadurch, dass an unterschiedlichen Einzelscheiben Kratzer an bestimmten Flächenkoordinatenbereichen gehäuft auftreten, am fertigen Glasprodukt an einem Koordinatenbereich die zulässige Menge von Fehlern pro Flächenbereich überschritten wird. Wenn dies der Fall ist, ist zu prüfen, ob dieses Überschreiten vermieden werden kann, wenn eine oder mehrere Einzelscheiben gegenüber der ursprünglich vorgesehen Lage um 180° geschwenkt wird. Wenn damit die Vermeidung möglich ist, ist dieses Schwenken die in Punkt 7 gemäß 1 durchzuführende Anpassung.
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Analoge Prüfungen und Anpassungen sind abhängig von den anzuwendenden Qualitätskriterien für alle in den Qualitätskriterien genannten Fehlerarten die durch die Anordnung mehrerer Einzelscheiben beeinflussbar sind, anzuwenden.
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Wenn in Schritt 5 festgestellt wird, dass es mit der jeweils geprüften Gruppe von Einzelscheiben A, B, C nicht möglich ist ein bestimmungsgemäßes, mehrscheibiges Flachglasprodukt zu bilden welches die Qualitätsanforderungen erfüllt, so brauchen die Einzelscheiben A, B, C deswegen nicht im Ausschuss zu landen. Die Einzelscheiben brauchen nur warten (Arbeitsschritt 6) und es müssen weitere Einzelscheiben die Arbeitsschritte 1, 2, 3, 4 bzw. 1', 2', 3', 4' bzw. 1'', 3'', 4'' durchlaufen und deren Kombinationsmöglichkeiten mit den wartenden Einzelscheiben müssen geprüft werden bis erkannt wird, mit welchen Einzelscheiben das gewünschte mehrscheibige Flachglasprodukt tatsächlich herstellbar ist – wenn erforderlich mit Anpassungen gemäß Arbeitsschritt 7. Schließlich werden die zueinanderpassenden drei Einzelscheiben A, B, C in Arbeitsschritt 8 zusammengefügt und mit einer Versiegelung 30 (2) versehen.
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Die am Beispiel 3-scheibiges Isolierglas angestellten Überlegungen lassen sich durch Fachleute auf dem Gebiet der Flachglasverarbeitung im Rahmen ihres üblichen fachmännischen Handelns auf andere mehrscheibige Flachglasprodukte wie beispielsweise Verbundglasscheiben übertragen.
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Durch die Erfindung wird unter Anwendung von kostengünstig erhältlichen Mitteln (vor allem Software) Ausschuss bei der Herstellung von mehrscheibigen Flachglasprodukten stark reduziert und der weiter oben genannte Arbeitsschritt f (”Verbund aus mehreren Einzelscheiben inspizieren und behebbare Fehler ausbessern”) kann weggelassen werden ohne dass darunter die Verlässlichkeit leidet, dass die ausgelieferten Produkte den gültigen Qualitätsstandards entsprechen. Damit ergeben sich ohne sonstige Nachteile deutliche Kosteneinsparungen sowie Einsparungen an Energie und Rohstoffen, welche alle letztendlich nicht nur den Herstellern von Flachglasprodukten sondern auch deren Kunden und der Allgemeinheit zu Gute kommen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 200026647 A1 [0010]
- DD 258659 A1 [0010]
- EP 317638 B1 [0010]
- JP 2002257756 A1 [0010]
- DE 3610484 C2 [0010]