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Die Erfindung betrifft ein enossales Implantat welches durch erfindungsgemäße Mittel eine optimale Krafteinleitung bei kieferorthopädische Anwendungen ermöglicht.
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Grundlegende Probleme von Dentalimplantaten sind bisher die unphysiologische Lasteinleitung und die mangelhafte Berücksichtigung der Parodontfunktion. Ebenso problematisch ist der transgingivale Durchführungsbereich, der vielfach zu Periimplantitis infolge Plaqueakkumulation führt. Weiterhin gibt es massive und den Patienten belastende Probleme bei der Explantation frakturierter Implantate, insbesondere bei s.g. BOI- bzw. Tellerimplantaten.
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Ein weiteres Problem ist die aseptische Lockerung von Implantaten, die häufig durch mangelnde Kongruenz zwischen vorkonfektionierten Implantaten und den existierenden Verhältnissen in der Extraktionskavität verursacht wird. Dieses führt dann auch zu einer ungenügenden Primärstabilität. Eine unzureichende geometrische Adaption d.h. eine Strukturinkompatibilität, führt weiterhin zu ungünstigen Lastverteilungsmustern, so dass ein biologischer und mechanischer Gleichgewichtszustand nicht erreicht wird.
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Durch den veränderten Kraftfluss im Kiefer werden einige Knochenbereiche weniger stark belastet. Dieser Effekt wird als "stress shielding" bezeichnet. Der Knochen wird dort durch das steife Implantat entlastet und durch den fehlenden mechanischen Reiz allmählich abgebaut. Ebenso wie unterbelastete Bereiche können durch die veränderte Lastsituation auch überbelastete Zonen im Knochen auftreten. So führt der Steifigkeitssprung des Systems Knochen-Implantat im Bereich der Implantatspitze vielfach zu einem verstärkten Knochenanbau.
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Zur Induktion einer proximalen Verankerung ist ein Implantatdesign erforderlich, das ein knöchernes Anwachsen in diesem Bereich fördert, z.B. durch eine osseointegrative Oberflächengestaltung. Unmittelbar nach der Implantatinsertion beginnt sich der Knochen an die veränderte Situation anzupassen. Dieses wird als s.g. "Reparationsphase" bezeichnet und ist durch einen massiven Umbau des Knochens in unmittelbarer Implantatumgebung gekennzeichnet. Dabei wird Knochen sowohl an- als auch abgebaut. Weiterhin wird ein inniger Kontakt zwischen Knochen und Implantat als hilfreicher Faktor für die Integration angesehen. Zu Beginn der Reparationsphase liegt noch kein verwachsener Verbund von Knochen und Implantat vor. Dadurch sind unter der täglichen Belastung Relativbewegungen zwischen Knochen und Implantat möglich. Geringe Bewegungen im Spalt werden bisher vielfach als heilungsfördernd angesehen. Sowohl die Reparationsphase als auch die daran anschließende Stabilisationsphase sind durch mechanisch stimulierten Knochenumbau charakterisiert.
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Gegenwärtig werden überwiegend Schraub- und s.g. Plattenimplantate klinisch eingesetzt, wobei als Werkstoffe fast ausschließlich Reintitan, die Legierung TiAI6V4, Zr02 und PEEK Verwendung finden. Titan und Titanlegierungen verfügen jedoch über die besten osseointegrativen Eigenschaften.
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In verschiedenen Veröffentlichungen werden daher enossale Zahnimplantate offenbart, welche die Form einer Schraubenfeder haben (
DE 102008053104 A1 ,
US 6213775 B1 ,
US 3435526 A ). Aus
US 2012225408 A1 ist ein Federbefestigungsmittel bekannt, welches aus einer Spirale besteht. Durch diese Ausgestaltung kann das Implantat vollständig vom Knochen durchwachsen werden.
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Darstellung der Erfindung
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Die vorliegende Erfindung hat zur Aufgabe, durch ein enossales Implantat sowohl die vorhandenen lastaufnahmefähigen Knochenregionen optimal zu nutzen als auch eine optimale Abstimmung auf die Zielgewebe und zu erwartenden Lasten zu erreichen.
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Die Lösung der Aufgabe erfolgt durch ein enossales Implantat mit einer besonderen konstruktiven Auslegung bzw. geometrischen Konfiguration, welche die Anforderungen leichte Implantierbarkeit, Strukturkompatibiltät und Osseointegration vereint.
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Das erfindungsgemäße enossale Implantat besteht aus einem Implantatkopf mit Innenkonus für die Aufnahme einer Suprakonstruktion, einer ein- oder mehrteiligen Manschette, einem Implantatschaft und einer Spiralbandstruktur. Der Implantatkopf ist mit seinem Innenkonus mit dem Implantatschaft, welcher als Hohlzylinder ausgebildet ist, kraft- oder formschlüssig verbunden. Der Innenkonus verfügt über eine proximal weiterführende axiale Durchgangsbohrung zum Hohlzylinder. In den Hohlzylinder sind radial über seinen Umfang verteilt mehrere Durchgangsbohrungen eingefügt. Die Spiralbandstruktur ist um den Implantatschaft angeordnet und distal mit der Manschette kraft- oder formschlüssig verbunden.
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Die Spiralbandstruktur besteht aus einem ein- oder mehrlagigen Spiralband in Form einer semisteifen Schraubenfeder und ist im Kieferknochenbereich angeordnet. In einer Ausführungsform ist die Spiralbandstruktur mehrlagig ausgeführt, wobei die einzelnen Spiralbänder dann gleichlaufend oder gegenläufig angeordnet sind.
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Das Spiralband verfügt über eine abgerundete Kantengeometrie zur Vermeidung mechanischer Irritationen im sensiblen spongiösen Bereich. Die abgerundete Kantengeometrie ist vor allem für das Außen liegende Spiralband sinnvoll. An seinem proximalen Ende ist das Spiralband durch ein Kalottenabschlusselement abgeschlossen. Die Spiralbandstruktur besteht in einer Ausführungsform aus einer superelastischen oder NiTi-Formgedächtnislegierung, welche sich im Kieferknochenbereich entfaltet. Auch hier ist zu sehen, dass die abgerundete Kantengeometrie von Vorteil ist.
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Durch die Durchgangsbohrungen im Implantatschaft werden zur Unterstützung der Entfaltung der Spiralbandstruktur temperierte physiologische Flüssigkeiten im Bereich von 35° C bis 42° C geführt. Bei diesen handelt es sich beispielsweise um eine isotonische NaCI-Lösung.
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Der Implantatkopf hat eine sich distal verjüngende konvex-konkav ausgebildeten Konusaußenfläche. Zur besseren Haftung der Suprakonstruktion ist die Konusaußenfläche in einer Ausführungsform mit Längsrillen versehen.
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Die ein- oder mehrteilige Manschette ist mit dem Implantatkopf formschlüssig verbunden. Der Implantatkopf, die Manschette, der Implantatschaft und die Spiralbandstruktur sind für einen modularen Aufbau in verschiedenen Formen und Größen konstruierbar. Dadurch wird gewährleistet, dass das Implantat an die patientenindividuellen physischen Bedingungen angepasst werden kann.
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Für eine besondere Ausführungsform sind die Oberflächen sowohl an den Innen- als auch an den Außenseiten und in den Öffnungsflächen mit Mikrostrukturen in Form von Mikropfosten- und/oder Grabenstrukturen versehen. Desweiteren können die oben genannten Oberflächen mit Fibronektin, fokaler Adhäsionskinase oder ähnlichen adhäsionsfördernden Proteinen beschichtet sein.
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Anwender im Sinne der Erfindung sind in der Hauptsache Zahnärzte. Die Vorteile für den Zahnarzt ergeben sich im Bereich der Implantologie/ Mund-, Kiefer-Gesichtschirurgie aus der einfachen patientenindividualisierten Implantation (Zeitersparnis) sowie im Bereich der Prothetik einer besseren CAD/CAM gestützten Planbarkeit, wobei Implantologie und Prothetik immer im fachübergreifenden Konsens bereits in der Implantatplanungsphase involviert sein sollten. Für den Patienten liegt der Vorteil in einer Verkürzung der Implantationsdauer, in der Sofortbelastbarkeit sowie in einer verbesserten Langzeitfunktionalität.
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Ein weiterer wesentlicher Vorteil ergibt sich aus der generellen Vermeidbarkeit von Augmentationen, die allein der Implantatbettschaffung dienen, da eine optimale Ausnutzung des vorhandenen ortsständigen Knochens erfolgt, wodurch zeit- und kostenintensive Augmentationen vermieden werden können.
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Ebenso ist eine relativ schonenden Wiederentfernbarkeit bei evtl. notwendigen Implantatrevisionen möglich. Dabei ist von großem Vorteil, dass die Spiralbandstruktur die Explantation erleichtert.
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Ausführung der Erfindung
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Das erfindungsgemäße enossale Implantat dient zur optimalen Krafteinleitung durch unterschiedliche Steifigkeitsverteilungen im Implantat selbst.
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Die Erfindung wir anhand von Zeichnungen näher erläutert. Hierzu zeigt
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1 eine bevorzugte Ausführungsform in einer Schnittdarstellung,
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2 Explosionsdarstellung von 1
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Das enossale Implantat nach 1 ist modular aufgebaut und besteht im Wesentlichen aus einem Implantatkopf 1, einer Suprakonstruktion 2, einer ein- oder mehrteiligen Manschette 3, einem Implantatschaft 5 und einer ein- oder mehrlagigen Spiralbandstruktur 6. Der Implantatkopf 1 ist mit dem Implantatschaft 5 kraft- oder formschlüssig verbunden. Alle hier aufgeführten Teile sind je nach Implantatumfeld einsetzbar und können in verschiedenen Größen und Formen patientenindividuell eingebracht werden.
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Der Implantatkopf 1 ist an seinem distalem Ende mit einem Innenkonus 101 für die Anbringung einer Suprakonstruktion 2 verbunden, bei welcher es sich in dem gezeigten Ausführungsbeispiel um ein auf dem Implantatkopf 1 befestigten Zahnersatz handelt. Es können als Suprakonstruktion 2 Mittel für die Aufnahme von künstlichen Zähnen oder Zahnbrücken, Teil- oder Vollprothesen oder deren Haltekonstruktionen vorgesehen sein. Die hier nicht weiter gezeigten Mittel für die Aufnahme von künstlichen Zähnen oder dgl. können die üblichen, für die Einbringung von künstlichen Zähnen bekannten Verbindungen haben. Die (lösbare) Konnektierung des Abutments kann beispielsweise sowohl über Gewinde- als auch über Konus-Steckverbindungen erfolgen.
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Der Implantatkopf 1 hat eine sich distal verjüngende konvex-konkav ausgebildeten Konusaußenfläche 103, welche vorteilhafterweise mit Längsrillen versehen sein kann, um eine verbesserte Retention der Suprakonstruktion zu ermöglichen.
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Der Innenkonus 101 besteht aus einem anderen Material als das enossalen Teil, bevorzugt aus Titan, TiAI6V4 oder CrCoMo und ist von diesem thermisch getrennt. Die thermische Isolation erfolgt über eine ein- oder mehrteilige Manschette 3. In dem vorliegenden Ausführungsbeispiel ist die Manschette 3 mehrteilig, wobei die distale Seite beispielsweise aus einer Al2O3- oder ZrO2-Keramikscheibe 301 besteht. Die Manschette 3 ist formschlüssig (gesteckt oder über ein Gewinde) mit dem Implantatkopf 1 verbunden.
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An den Implantatkopf 1 schließt sich der damit verbundene Implantatschaft 5 an und ist hauptsächlich zur Einbringung in den Kieferknochen vorgesehen.
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Der Implantatschaft 5 des erfindungsgemäßen enossalen Implantats ist als Hohlzylinder 502 ausgebildet. Das hierfür verwendete Material ist bevorzugt Titan, TiAI6V4 oder CrCoMo. Der Hohlzylinder 502 ist als Sanierungsbohrung ausgeführt, um von außen in das Implantat beispielsweise Medikamente einbringen zu können. Der Innenkonus 101 verfügt über eine proximal weiterführende Durchgangsbohrung 102, die den Innenkonus 101 mit dem Hohlzylinder 502 verbindet. In die Hohlzylinderwand des Hohlzylinders 502 sind radial mehrere Durchgangsbohrungen 501 eingefügt, welche über den Umfang der Hohlzylinderwand verteilt sind. Durch die Durchgangsbohrungen 501 im Implantatschaft 5 werden während der Insertion temperierte (beispielsweise im Bereich von 35°C bis 42°C) physiologische Flüssigkeiten, z. B. isotonische NaCI-Lösung appliziert um die Entfaltung einer um den Implantatschaft 5 angeordneten Spiralbandstruktur 6 zu unterstützen. Zusätzlich können bei bakteriellen Infektionen oder bei Periimplantitis über diesen perforierten Hohlzylinder 502 Medikamente appliziert werden.
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Die um den Implantatschaft 5 angeordnete, ein- oder mehrlagige Spiralbandstruktur 6 ist als semisteife Schraubenfeder ausgeführt. Das Spiralband 601 verfügt über eine abgerundete Kantengeometrie zur Vermeidung mechanischer Irritationen im sensiblen spongiösen Bereich. Die Spiralbandstruktur 6 ist distal mit der Manschette 3 kraft- oder formschlüssig verbunden. Das Spiralband 601 ist an seinem proximalen Ende durch ein Kalottenabschlusselement 602 abgeschlossen.
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Die Spiralbandstruktur 6 kann mehrlagig ausgeführt sein, wobei die einzelnen Spiralbänder 601 gleichläufig oder gegenläufig angeordnet sind. Die Spiralbandstruktur 6 besteht aus einer superelastischen bzw. NiTi-Formgedächtnislegierung, welche sich bei Körpertemperatur auf ihre endgültige Dimension bzw. Geometrie entfaltet. Die Spiralbandstruktur 6 erstreckt sich nur im Kieferknochenbereich, so dass der Formgedächtniseffekt auch nur dort auftritt. Die Geometrie der Spiralbandstruktur 6 ist so gewählt, dass diese beim Einbringen einen geringeren Durchmesser hat und kürzer ist als nach der Entfaltung. Die nach der endgültigen Entfaltung vorliegende Spiralbandstruktur 6 imitiert den Last aufnehmenden Teil des Parodonts (Sharpey'sche fasern), so dass dadurch eine wesentlich verbesserte Lasteinleitung in den Kieferknochen realisiert werden kann und somit zu einer schnelleren und besseren Osseointegration führt (Wolfsches Gesetz). Die Spiralbandstruktur ist sowohl für eine Früh- als auch Spätbelastung optimiert.
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Sinnvolle Beschichtungen der Oberfläche sowohl an der Innen- als auch an der Außenoberfläche und in den Öffnungsflächen mit Fibronektin, fokaler Adhäsionskinase o.ä. adhäsionsfördernden Proteinen verbessern und beschleunigen die Einheilung. Weiterhin ist es sinnvoll die Oberfläche mit Mikrostrukturen in Form von Mikropfosten- und oder Grabenstrukturen zu versehen.
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2 zeigt eine Explosionsdarstellung von 1. Der modulare Aufbau wird hier besonders deutlich. für den modularen Aufbau können der Implantatkopf 1, die Manschette 3, der Implantatschaft 5 und die Spiralbandstruktur 6 in verschiedenen Formen und Größen ausgeführt sein.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Implantatkopf
- 101
- Innenkonus
- 102
- Durchgangsbohrung
- 103
- Konusaußenfläche
- 2
- Suprakonstruktion
- 3
- Manschette
- 301
- Keramikscheibe
- 5
- Implantatschaft
- 501
- Durchgangsbohrungen im Implantatschaft
- 502
- Hohlzylinder
- 6
- Spiralbandstruktur
- 601
- Spiralband
- 602
- Kalottenabschlusselement
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102008053104 A1 [0007]
- US 6213775 B1 [0007]
- US 3435526 A [0007]
- US 2012225408 A1 [0007]