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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Überwachung der Werkzeugatmung bei einer Formgebungsmaschine mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 sowie eine Spritzgießmaschine mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 17.
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Unter Formgebungsmaschinen sind dabei im Allgemeinen Spritzgießmaschinen, Spritzpressen, Pressen und dergleichen zu verstehen. Das Folgende bezieht sich der Einfachheit halber auf Spritzgießmaschinen, ist aber für andere Formgebungsmaschinen ebenso gültig.
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Beim Aufbau der Schließkraft durch die Schließeinheit verformen sich Werkzeug und Maschine. Beim Einspritzen entsteht unter dem im Formhohlraum herrschenden Forminnendruck eine Auftreibkraft, welche zu einer teilweisen oder gänzlichen Rückstellung der durch die Schließkraft erzeugten Verformung führt. Dieser unter der Auftreibkraft entstehende Effekt wird als Werkzeugatmung bezeichnet. Dabei werden zum einen das Volumen des Formhohlraums und somit auch die Formteilqualität beeinflusst. Darüber hinaus kann sich durch diese Atmung an der Werkzeugtrennebene ein Spalt öffnen, in den Schmelze eindringt. Die möglichen Folgen sind Schwimmhäute und Gratbildung am produzierten Formteil bzw. dauerhafte Werkzeugschädigungen durch rückfedernde Werkzeugteile, die den überspritzten Kunststoff in den Stahl pressen. Abrundung der Werkzeugkanten an der Trennebene sowie bleibende Gratbildung sind mögliche Folgen. Die Werkzeugatmung ist damit ein wichtiger Parameter, der nicht nur die Formteilqualität wesentlich mit beeinflusst, sondern dessen Überwachung auch dem Werkzeugschutz dient.
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Gegenwärtig wird die Werkzeugatmung üblicherweise durch Wegaufnehmer bzw. sogenannte Messuhren an der Trennebene gemessen. Es ist bekannt, dass in Zusammenhang mit der Werkzeugatmung ein Anstieg der Schließkraft erfolgt. Hierzu existieren auch verschiedene Schriften, die diesen Anstieg der Schließkraft nutzen um beispielsweise ein Überspritzen zu erkennen oder die Höhe der Schließkraft zu optimieren (
EP 0947 305 A2 ,
US 2010/0109182 A1 ,
US 2010/0109183 A1 ).
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Der Stand der Technik nutzt teilweise den beschriebenen Schließkraftanstieg um die Schließkraft zu optimieren oder vor Überspritzungen zu warnen. Die Einstellung einer Toleranz für eine Schließkrafterhöhung ist aber für den durchschnittlichen Bediener alles andere als intuitiv.
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Aufgabe der Erfindung ist es ein Verfahren zur Überwachung der Werkzeugatmung bei einer Spritzgießmaschine bereitzustellen, welches zum einen ohne den Einsatz von Sensoren zur direkten Messung der Werkzeugatmung an der Trennebene auskommt und zum anderen eine intuitive Bedienung erlaubt. Es ist außerdem Aufgabe der Erfindung eine Spritzgießmaschine zur Durchführung eines solchen Verfahrens bereitzustellen.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1, 13, 15 und 16 sowie eine Spritzgießmaschine mit den Merkmalen des Anspruchs 17 gelöst.
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Dies geschieht einerseits indem während eines Einspritzvorgangs wenigstens eine Schließkraftänderung gemessen wird und aus der Schließkraftänderung wenigstens eine charakteristische Größe einer Werkzeugatmung bestimmt wird.
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Andererseits geschieht dies, indem zur Messung der Schließkraftänderung ein Referenzschließkraftverlauf in einem Referenzzyklus ohne Einspritzvorgang bestimmt wird, indem ein Schließkraftverlauf mit Einspritzvorgang gemessen wird und indem die Schließkraftänderung durch einen Vergleich zwischen dem Schließkraftverlauf und dem Referenzschließkraftverlauf bestimmt wird. Bei schwankenden Schließkraftverläufen kann hierdurch die Genauigkeit der Bestimmung der Schließkraftänderung erhöht werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren erlaubt, aus dem Schließkraftverlauf die Werkzeugatmung quantitativ zu berechnen. Der so ermittelte Atmungs-Wert kann dann beispielsweise an der Steuerung angezeigt und infolgedessen protokolliert und überwacht werden. Eine Information einer für die Werkzeugatmung charakteristischen Größe stellt eine für den Bediener besser begreifbare Größe dar als beispielsweise die im Stand der Technik übliche Darstellung eines Schließkraftanstiegs. Als charakteristische Größen sind dabei jegliche Größen zu verstehen, welche die durch die Werkzeugatmung hervorgerufene Verformung des Werkzeugs und der Spritzgießmaschine verdeutlichen.
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Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen definiert.
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Es kann vorgesehen sein, dass die wenigstens eine charakteristische Größe der Werkzeugatmung für den Bediener visuell dargestellt wird, wodurch dem Bediener die Information über die Werkzeugatmung auf Wunsch zur Verfügung stehen. Die visuelle Darstellung erfolgt vorzugsweise über einen Bildschirm.
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Besonders bevorzugt vorgesehen ist eine Ausführungsform bei der eine Federsteifigkeit, welche eine Verformung der Schließeinheit unter Schließkraft und Einspritzdruck zumindest näherungsweise beschreibt, bei der Bestimmung der charakteristischen Größe der Werkzeugatmung verwendet wird.
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Zur Bestimmung der Federsteifigkeit können während eines Schließkraftaufbaus wenigstens zwei Schließkraftwerte und wenigstens zwei Formpositionswerte bestimmt werden.
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Dies geschieht vorzugsweise während eines Schließkraftaufbauvorgangs oder eines Schließkraftabbauvorgangs, wodurch erstens auch dynamische Effekte der Steifigkeit der Schließeinheit erfasst werden können und zweitens gleichzeitig andere Einstellversuche durchgeführt werden können.
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In einer bevorzugten Ausführungsform kann vorgesehen sein, dass zur Erfassung des kraftabhängigen Verlaufs der Federsteifigkeit während eines Schließkraftaufbaus eine Vielzahl von Schließkräften und Formpositionen bestimmt werden und der kraftabhängige Verlauf der Federsteifigkeit bei der Bestimmung der charakteristischen Größe verwendet wird. Nichtlineare Effekte der Steifigkeit der Schließeinheit können auf diese Weise erfasst werden.
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Um dem Bediener detaillierte Informationen über dien Formgebungsprozess zur Verfügung zu stellen kann aus einem zeitlichen Verlauf der Schließkraftänderung ein zeitlicher Verlauf der wenigstens einen charakteristischen Größe der Werkzeugatmung bestimmt werden und für den Bediener visuell dargestellt werden.
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Um einen für den Bediener besonders leicht greifbaren Wert anzugeben, kann es vorteilhaft sein, dass als die wenigstens eine charakteristische Größe der Werkzeugatmung ein maximaler Atmungsweg verwendet wird.
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Um dem Bediener besonders genaue Informationen über den Spritzgießzyklus zu liefern, kann aus dem zeitlichen Verlauf der Schließkraft ein zeitlicher Verlauf der wenigstens einen charakteristischen Größe der Werkzeugatmung bestimmt werden und für den Bediener dargestellt werden.
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Die Messung des Schließkraftverlaufs erfolgt vorzugsweise durch Messung einer Vielzahl von Schließkräften in aufeinanderfolgenden Zeitschritten. Der Referenzschließkraftverlauf kann auf ähnliche Weise bestimmt werden, wobei es aber durchaus auch möglich ist, diesen mit Hilfe einer Simulation oder dergleichen zu bestimmen.
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Hierbei kann es vorteilhaft sein, dass beim Vergleich zwischen dem Schließkraftverlauf und dem Referenzschließkraftverlauf ein Kraftoffset berücksichtig wird, um beispielsweise wechselnden thermischen Situationen im Werkzeug Rechnung zu tragen.
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Für eine automatisierte Kontrolle der Werkzeugatmung kann bei Überschreiten oder Unterschreiten eines Toleranzwertes durch die wenigstens eine charakteristische Größe für die Werkzeugatmung im selben oder in einem nachfolgenden Zyklus ein Alarm an einen Bediener abgegeben werden und/oder eine Schließkraft erhöht oder verringert werden und/oder ein Einspritzdruck verringert werden.
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Um Beschädigungen am Spritzgießwerkzeug zu vermeiden, kann es vorgesehen sein, dass bei Überschreiten eines Toleranzwertes durch die wenigstens eine charakteristische Größe für die Werkzeugatmung ein Einspritzvorgang abgebrochen wird und/oder eine Nachdruckphase eingeleitet werden.
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Des Weiteren ist eine automatische Optimierung der eingestellten Schließkraft auf eine zulässige Maximalatmung möglich, um den Energieverbrauch so gering wie möglich zu halten.
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Hierbei ist bevorzugt vorgesehen, dass ein Grenzwert für die wenigstens eine charakteristische Größe der Werkzeugatmung vorgegeben wird, dass bei wenigstens einem Spritzgießzyklus ein erfindungsgemäßes Verfahren durchgeführt wird und dass bei Überschreiten des Grenzwerts durch die wenigstens eine charakteristische Größe der Werkzeugatmung der Schließkraftsollwert erhöht wird.
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Besonders einfach kann diese Optimierung durchgeführt werden, indem ein Atmungssollwert vorgegeben wird und indem bei Unterschreiten des Atmungssollwertes durch die wenigstens eine charakteristische Größe der Werkzeugatmung der Schließkraftsollwert verringert wird.
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Eine derartige Optimierung der Schließkraft führt zu einer Reduktion von Belastung oder Verschleiß des Werkzeugs, reduziertem Energiebedarf der Spritzgießmaschine sowie einer kürzeren Zykluszeit.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform kann die Optimierung des Schließkraftsollwerts automatisch erfolgen. Dabei kann vorgesehen sein, dass
- - mehrere Formgebungszyklen durchgeführt werden, wobei der Schließkraftsollwert ausgehend von einem Wert, bei welchem die charakteristische Größe der Werkzeugatmung nicht vom Schließkraftsollwert abhängt, verringert wird und jeweils die charakteristische Größe der Werkzeugatmung erfindungsgemäß bestimmt wird,
- - ein Übergangswert des Schließkraftsollwerts zu einem Bereich, in welchem die charakteristische Größe der Werkzeugatmung eine Abhängigkeit vom Schließkraftsollwert aufweist, identifiziert wird und
- - der optimierte Schließkraftsollwert in Abhängigkeit des Übergangswertes der Schließkraft festgelegt wird.
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In einer weiterhin besonders bevorzugten Ausführungsform, welche eine automatische Optimierung des Schließkraftsollwerts ermöglicht, kann vorgesehen sein, dass
- - ein unterer Grenzwert für eine Änderung wenigstens einer charakteristischen Größe der Werkzeugatmung mit der Schließkraft in Abhängigkeit einer Federsteifigkeit, welche eine Verformung der Schließeinheit unter Schließkraft und Einspritzdruck zumindest näherungsweise beschreibt, vorgegeben wird,
- - mehrere Formgebungszyklen durchgeführt werden, wobei der Schließkraftsollwert ausgehend von einem Wert, bei welchem die charakteristische Größe der Werkzeugatmung nicht vom Schließkraftsollwert abhängt, verringert wird und jeweils die charakteristische Größe der Werkzeugatmung erfindungsgemäß bestimmt wird sowie
- - der optimierte Schließkraftsollwert in Abhängigkeit des Wertes des Schließkraftsollwerts, bei dem der untere Grenzwert durch die Änderung der wenigstens einen Werkzeugatmung unterschritten wird, festgelegt wird.
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In beiden Ausführungsformen, welche eine automatische Optimierung des Schließkraftsollwerts ermöglichen, kann der optimierte Schließkraftsollwert einfach als der Übergangswert bzw. der Wert, bei dem der untere Grenzwert durch die Änderung der wenigstens einen Werkzeugatmung unterschritten wird, festgelegt werden. Es ist jedoch beispielsweise auch möglich den Schließkraftsollwert immer etwas höher (Verhindern eines Spaltes zwischen den Formhälften) oder etwas niedriger (bewusstes Atmungsprägen, Verbesserung der Werkzeugentlüftung) zu wählen.
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Insbesondere die letzten beiden Verfahren erlauben die Optimierung des Schließkraftsollwerts ohne Zyklen durchführen zu müssen bei denen die Schließkraft so gering ist und daher die Werkzeugatmung so groß ist, dass Beschädigungen am Werkzeug auftreten können.
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Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung sind anhand der Figuren sowie der dazu gehörigen Figurenbeschreibung ersichtlich. Dabei zeigen:
- 1 die Veränderung der Formposition bei einem Schließkraftaufbau,
- 2 den Schließkraftverlauf während eines Spritzgießzyklus und eines Referenzzyklus ohne Einspritzen sowie die zugehörige, erfindungsgemäß berechnete Atmung,
- 3 eine der 3 ähnliche Abbildung, wobei ein Kraftoffset zwischen den Schließkräften im Spritzgießzyklus und im Referenzzyklus auftaucht,
- 4 eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Schließeinheit mit hydraulischem Schließantrieb,
- 5 eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Schließeinheit mit elektrischem Schließantrieb und
- 6 typischer Verlauf der Werkzeugatmung (bzw. deren Ableitung) in Abhängigkeit der Schließkraft.
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Ermittlung der Federsteifigkeit
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Das System aus Werkzeug und Spritzgießmaschine (Kniehebel, Rahmen, Holme etc.) kann unter Schließkraft im Wesentlichen als vorgespannte Feder betrachtet werden. Bei der vorliegenden Erfindung werden die Eigenschaften dieser Feder während des Schließkraftaufbaus ermittelt. Während die mechanischen Eigenschaften der Maschine im Allgemeinen als aus der Konstruktion bekannt vorausgesetzt werden können, sind die Eigenschaften des Gesamtsystems maßgeblich durch das Werkzeug mit beeinflusst. Im einfachsten Fall kann der Kraftverlauf in diesem Gesamtsystem beim Schließkraftaufbau durch das Hooke'sche Gesetz
beschrieben werden. Die Kraft F steht dabei in einem linearen Verhältnis zu der durch die Schließbewegung hervorgerufenen Verformung x. Der Parameter k wird dabei als Federkonstante bezeichnet. Im Allgemeinen kann k dabei als unabhängig von der Dehnung der Feder angenommen werden. Natürlich kann alternativ die Abhängigkeit von der Dehnung also k=k(x) mit betrachtet werden. Mithilfe der in der Maschine vorhandenen Weg- und Kraftmesssysteme kann so beispielsweise während der Kraftaufbauphase diese Federkonstante k des Gesamtsystems aus Maschine und Werkzeug ermittelt werden. Im einfachsten Fall genügt die Messung der Schließkräfte F
1 und F
2 an zwei unterschiedlichen Formpositionen x
1 und x
2 während des Schließkraftaufbaus (
1). Die Federkonstante ergibt sich in diesem Fall als
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Die Formpositionen können bei elektrischen Schließeinheiten sehr präzise über den Absolutwertgeber des Antriebs ermittelt werden, es ist nur eine Umrechnung mit bekannten Übersetzungsverhältnissen des Antriebssystems (Getriebe, Spindel, Kniehebel) erforderlich.
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Bei hydraulischen Maschinen erfolgt die Messung der Formposition im Allgemeinen über einen Wegaufnehmer am Schließzylinder: Während des Schließkraftaufbaus sind die Formpositionen hypothetische Werte, die aber genau die Verformung des Gesamtsystems von Maschine und Werkzeug widerspiegeln. Die Schließkraft wird bei hydraulischen Maschinen von einer Messung des Öldrucks im Schließzylinder abgeleitet, bei elektrischen Schließeinheiten wird die Schließkraft über eigene Sensoren erfasst. Für genauere Resultate können die Werte von x und F während des Schließkraftaufbaus auch an einer Vielzahl von Positionen gemessen werden. Aus diesen Wertepaaren kann beispielsweise durch lineare Regression der Wert der Federkonstante k ermittelt werden. Auch eine Ermittlung einer dehnungsabhängigen Federkonstante k=k(x) ist aus einer Vielzahl von gemessenen (x,F) Punktepaaren grundsätzlich möglich.
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Berechnung der Werkzeugatmung aus dem Schließkraftverlauf
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In manchen Fällen weist der Schließkraftwert nach dem Schließkraftaufbau geringfügige Überschwinger, kurzfristige Schwingungen oder eine allmähliche Annäherung an den gewünschten Sollwert auf. Dies ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Mechanik, Schließantrieb und Schließkraftregelung. Für diese Fälle wird eine Lösung vorgeschlagen, bei der in einem Referenzzyklus ohne Einspritzvorgang der zeitliche Kraftverlauf F
ref(t) ermittelt und abgespeichert wird. Der zeitliche Verlauf der Werkzeugatmung in der Einspritzphase kann dann durch Differenzbildung zwischen dem aktuellen Kraftverlauf F(t) und dem Kraftverlauf aus dem Referenzzyklus F
ref(t) ermittelt werden (
2).
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Aus dem so ermittelten zeitlichen Verlauf der Atmung kann in der Folge auch der Maximalwert der Atmung bestimmt werden.
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Durch Temperaturänderungen kann es infolge der Wärmeausdehnung von Maschine (Rahmen, Kniehebel) bzw. Werkzeug zu geringfügigen Veränderungen der erreichten Schließkraft (um einen Schließkraft-Offset F
offset) gegenüber der gespeicherten Referenzkurve kommen. Dieser Schließkraft-Offset kann am Ende der Schließkraftaufbauphase (noch vor der Einspritzphase) durch Differenzbildung F(t)-F
ref(t) ermittelt werden. Dieser Offset muss in der Berechnung der Atmung mit berücksichtigt werden. Die Ermittlung dieses Kraft-Offsets kann wahlweise an einem einzelnen Punkt oder durch Mittelung über einen gewissen Zeitbereich erfolgen (
3).
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Automatische Schließkraftoptimierung basierend auf der Werkzeugatmung
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Um eine automatische Schließkraftoptimierung auf eine vorgegebene Maximalatmung durchzuführen, kann von der maximal möglichen Schließkraft oder von einem benutzerdefinierten Schließkraftstartwert die Schließkraft zyklusweise solange verringert werden, bis die Atmung den vorgegebenen Wert erreicht oder überschreitet. Bei einer Überschreitung muss die Schließkraft wieder erhöht werden bis der gewünschte Wert unterschritten oder genau erreicht wird. Die Kenntnis der Federkonstante erlaubt unter Umständen sogar die für das Erreichen der gewünschten Atmung erforderliche Änderung der Kraft vorauszuberechnen.
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Als Erweiterung dieser Optimierung der Schließkraft basierend auf einem durch den Benutzer vorgegebenen Sollwert der Werkzeugatmung ist auch eine Optimierung ohne gesonderte Vorgaben durch den Benutzer interessant. Die Eingabe eines sinnvollen Zielwerts für die Werkzeugatmung ist nämlich allenfalls für erfahrene Bediener, die auch über entsprechendes Wissen hinsichtlich der Werkzeugkonstruktion verfügen, möglich.
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Die nähere Betrachtung des Maximalwerts der Werkzeugatmung unter Variation der Schließkraft zeigt allerdings, dass auch eine Schließkraftoptimierung ohne gesonderte Benutzervorgabe möglich ist. Das erste Diagramm in 6 zeigt den Maximalwert der Werkzeugatmung aufgetragen über der Schließkraft.
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Die dabei entstehende Kurve kann in drei Bereiche unterteilt werden. Im ersten Bereich A bei hohen Schließkräften tritt keine nennenswerte Atmung auf und diese ist näherungsweise unabhängig von der Schließkraft. Im zweiten Bereich B beginnt die Werkzeugatmung (im Allgemeinen nichtlinear) mit abnehmender Schließkraft anzusteigen. Im dritten Bereich C bei noch geringeren Schließkräften verläuft die Maximalatmung näherungsweise linear mit der Schließkraft. Der Bereich B kann durch die zunehmende Rückstellung der Werkzeugstauchung im Bereich der Trennebene erklärt werden. Ist diese Werkzeugstauchung komplett abgebaut gelangt man in den Bereich C in dem die Atmung näherungsweise linear mit abnehmender Schließkraft zunimmt. Hier berühren sich die Werkzeughälften an den Trennebenen nicht mehr. Die Atmung ist in diesem Bereich normalerweise bereits deutlich zu groß, die Schließkraft also zu gering. Im Bereich A ist die Schließkraft jedenfalls noch ausreichend, da hier keine nennenswerte Atmung auftritt. Die optimale Schließkraft liegt also im Übergangsbereich B, meist nahe der Grenze zu Bereich A.
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Am einfachsten ist dieser Bereich B zu finden, wenn anstatt des Maximalwerts der Atmung, dessen Änderungsrate unter Schließkraftänderungen betrachtet wird. Die Änderungsrate kann in der Praxis näherungsweise als Differenzenquotient von Maximalatmung und Schließkraft bei jeweils zwei unterschiedlichen Schließkräften berechnet werden. Diese Änderungsrate ist im zweiten Diagramm in 6 aufgetragen. Im Bereich A ist sie im Wesentlichen Null. Im Bereich B sinkt die Änderungsrate deutlich ins Negative und erreicht im Bereich C schließlich einen nahezu konstanten Wert. Durch Festlegung eines Zielbereichs für diese Änderungsrate kann die Schließkraft optimiert werden.
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Um den Zielbereich selbst automatisch festzulegen, macht man sich zunutze, dass der Betrag der Änderungsrate im linearen Bereich C im Wesentlichen mit der beispielsweise aus dem Schließkraftaufbau ermittelten reziproken Federkonstante des Gesamtsystems 1/k übereinstimmt. Die Ober- und Untergrenzen des Zielbereichs der Änderungsrate können auf Basis der bereits ermittelten Federkonstante durch Multiplikation mit vordefinierten Faktoren berechnet werden.
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Die Kenntnis der Federkonstante k erlaubt also die Vorgabe eines Schwellenwertes bzw. eines Zielbereichs für die Werkzeugatmung und in Folge für den Schließkraftsollwert. Es ist zu bemerken, dass die komplette Vermessung aller drei Bereiche A, B sowie C unter Verwendung eines erfindungsgemäßen Verfahrens nicht notwendig ist, da lediglich von größeren Schließkräften kommend der Zielbereich erreicht werden muss. Das Werkzeug wird also zu keinem Zeitpunkt einer zu großen Werkzeugatmung ausgesetzt, welche eine Beschädigung des Werkzeugs nach sich ziehen könnte.
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Überwachung der Werkzeugatmung und mögliche Aktionen
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Im laufenden Prozess kann es durch Veränderungen der Randbedingungen (zB. Schmelzeviskosität oder Änderung von Einspritzeinstellungen wie Einspritzgeschwindigkeit, Umschaltpunkt oder Nachdruckhöhe) zu Veränderungen der aufgrund des Forminnendrucks entstehenden Auftreibkraft und damit auch der Werkzeugatmung kommen. In diesem Fall ist eine Überwachung der Atmungswerte sinnvoll um beispielsweise ein Überspritzen zu verhindern. Bei Überschreitung eines Toleranzwerts sind verschiedene Aktionen denkbar, beispielsweise: Alarm oder Warnung, Erhöhung der Schließkraft im nächsten Zyklus um die Atmung zu reduzieren, Abbruch des laufenden Einspritzvorgangs bzw. Reduktion des Spritzdrucks und/oder Umschalten auf Nachdruck usw.
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4 und 5 zeigen erfindungsgemäße Schließeinheiten 1, die jeweils mit einem Kraftmessgerät 2 und einer Berechnungs- und Darstellungsvorrichtung 3 ausgerüstet sind. Das Kraftmessgerät ist mit der Berechnungs- und Darstellungsvorrichtung 3 verbunden.
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Bei hydraulischen Schließeinheiten 1, wie in 4, kann das Kraftmessgerät 2 als Druckaufnehmer im Hydraulikzylinder ausgeführt sein.
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Bei elektrischen Schließeinheiten 1, wie in 5, kann das Kraftmessgerät 2 als Drehmomentsensor am elektrischen Antrieb ausgeführt sein.
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In den meisten Anwendungsfällen wird die Berechnungs- und Darstellungsvorrichtung 3 in einer zentralen Maschinensteuerung integriert sein.