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Die Erfindung betrifft ein Hundegeschirr bestehend aus sich im Rückenbereich kreuzenden Halsgurten, Bauchgurt, Brustgurt und einem rückenseitigen Gurt zur Befestigung einer Leine.
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Hundegeschirre werden in unterschiedlichster Form und aus unterschiedlichsten Materialien kommerziell angeboten. Ein Modell z. B. der Firma Hunter besteht aus Gurten um den Hals und um den Bauch des Hundes, welche mit einem Rückensteg entlang der Wirbelsäule und einem Bauchsteg durch Metallringe verbunden werden. Zur Verstellbarkeit sind die Gurtbänder nicht unterpolstert und die Haut und das Haarkleid des Hundes können an den Druck- und Knotenpunkten geschädigt werden. Durch den Verlauf des Rückenstegs wird Druck auf aufeinanderfolgende Wirbelkörper ausgeübt.
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Hundegeschirre, welche umgangssprachlich als Norweger-Geschirre bezeichnet werden, bestehen aus einem umlaufenden Bauchgurt, einem quer über die Brust verlaufenden Brustgurt und einem weiteren Gurt, der mit dem Bauch- und Brustgurt fest verbunden ist. An diesem weiteren Gurt befindet sich ein Ring, an dem die Leine befestigt wird. Da dieser Gurt nicht abnehmbar ist und konstruktionsbedingt schlaufenartig über dem Rücken nach oben ragt, kann sich der Hund im Freilauf leicht z. B. im Unterholz verfangen.
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An der Stelle, wo Bauch- und Brustgurt miteinander verbunden sind, schließt der weitere Gurt schräg an, so dass dort eine Auflagefläche in Form eines Dreieckes entsteht. Diese Auflagefläche sitzt direkt auf den Schulterblättern und behindert dadurch das reibungslose Gleiten der Schulterblätter auf den darunter liegenden Muskeln. Darüber hinaus werden die Schulterblätter beim Zug des Hundes an der Leine durch das Geschirr zusammen und nach oben verschoben. Davon ausgehend, dass das Vorwärtsfähren der Vordergliedmaße maßgeblich durch das reibungslose Gleiten der Schulterblätter herbeigeführt wird, kann durch die Form solcher Geschirre der Bewegungsapparat des Hundes negativ beeinflusst werden. Der Brustgurt verläuft auf Höhe der Schultergelenke und behindert so die physiologische Ausführung der Vorwärtsbewegung im Bereich der Gelenke.
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Durch die fehlenden halsnahen Gurte ist es für den Hund einfach, aus dem Geschirr rückwärts rauszuschlüpfen. Dies kann zu gefährlichen Situationen führen, wie z. B. im Straßenverkehr.
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Ein abgewandeltes Norweger-Geschirr ist das Modell der Firma Julius K9. Bei diesem Modell ist der Bauchgurt nicht umlaufend, sondern in einen Bauchriemen und ein Schulterteil unterteilt, wobei der Schulterteil nicht nur aus Gurtband besteht, sondern flächig sattelähnlich ausgebildet ist. Dieser Bereich ist sehr steif und passt sich nicht der individuellen Form eines jeden Hundes an, außerdem kann der Hund unter diesem Schulterteil schwitzen und Feuchtigkeit sammelt sich darunter.
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Darüber hinaus ist ein Hundegeschirr aus der Gebrauchsmusterschrift
DE 20 2009 007 056 U1 bekannt, bei dem eine Geschirranordnung mit einem Schulterteil, einem Bauchriemen, welcher beidseitig mit dem Schulterteil verbunden ist und mit dem Schulterteil ein umgreifendes Geschirrelement bildet, und einem Brustriemen gebildet ist, welcher vom Schulterteil nach vorn stehend angeordnet und beidseitig hiermit verbunden ist, wobei an dem Bauchriemen ein seitlich angeordneter Verschluss gebildet ist, welcher außenseitig und überlappend mit der Geschirranordnung gebildet ist. Dieses Hundegeschirr kann auch dadurch gekennzeichnet sein, dass an dem Schulterteil ein Griffelement angeordnet ist. Wie beim bereits erwähnten Modell der Firma Julius K9 ist auch hier der Schulterteil flächig und sattelähnlich ausgebildet und daher sehr steif. Ansammlungen von Feuchtigkeit sind hier ebenfalls zu erwarten. Durch die große Auflagefläche des Schulterteiles und den waagerecht über die vordere Brust und die Schultergelenke verlaufenden Brustriemen besteht die Gefahr, dass die Schulterblätter des jeweiligen Hundes beim Gleiten in der Vorwärtsbewegung auf der darunter liegenden Muskulatur und die Schultergelenke eingeschränkt werden. Durch den am Schulterteil mittig fixierten Ring zur Befestigung einer Leine kann sich das Schulterteil bei Zug des Hundes an der Leine derart verformen, dass es negative Einflüsse auf den Hundekörper, insbesondere im Bereich der Schulterblätter, bewirken kann. Durch die Fixierung der Leine an nur diesem einen Punkt am Hundegeschirr, welcher nicht in alle Richtungen frei beweglich ist, besteht bei dynamischen Bewegungsabläufen die Gefahr, dass das Geschirr nicht im korrekten Sitz am Hundekörper verbleibt. Die Auswirkungen von dynamischen Bewegungen finden daher am Geschirr mit direktem Kontakt zum Hundekörper statt. Analog der Betrachtung des vorgenannten Norweger-Geschirres kann sich auch hier der Hund beim Freilauf mit dem Griffelement leicht z. B. im Unterholz verfangen.
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Die Zielsetzung der Erfindung ist es daher, ein Hundegeschirr zu schaffen, welches insbesondere in der Bewegung den anatomischen Besonderheiten jedes einzelnen Hundes gerecht wird und höchstmögliche Bewegungsfreiheit und Tragekomfort zulässt. Dadurch sollen Beeinträchtigungen und Folgeschäden insbesondere am Bewegungsapparat aber auch an Haut und Haarkleid vermieden werden.
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Erfindungsgemäß wird diese Zielsetzung durch ein Hundegeschirr nach Anspruch 1 mit Unteransprüchen gelöst.
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Das Hundegeschirr wird immer individuell nach Maß bezogen auf die jeweilige Anatomie des betreffenden Hundes mit Zwischenproben durch kompetente Personen bzw. entsprechend geschulte Personen angepasst und angefertigt. Die einzelnen Gurtbänder als Trägermaterial sind komplett, mit Ausnahme der beiden verstellbaren Einheiten des beidseitigen Bauchgurtes, gepolstert und ohne Metallteile mit permanentem Kontakt zum Hundekörper miteinander verbunden. Die Farbe von Gurtband und Polsterung können nach Geschmack des Besitzers ausgewählt werden. Optional kann eine dekorative Borte auf das Gurtband aufgebracht werden. Zum Öffnen/Schließen und Verstellen des Bauchgurtes werden gebogene Kunststoffschließer verwendet. Weitere Verstellmöglichkeiten sind aufgrund der Maßarbeit nicht erforderlich, so dass die Gurtbänder durchgängig unterpolstert sind. Alle verwendeten Materialien werden entsprechend der Größe des Hundes ausgewählt und verarbeitet.
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In Ausgestaltung der Erfindung verteilt sich der Druck beim Zug des Hundes an der Leine auf die stark bemuskelte Nackenpartie, was durch die beiden halsnahen Halsgurte (1a) gewährleistet wird. Dabei werden empfindliche Körperregionen wie Kehlkopf, Schilddrüse etc. durch die v-förmig zulaufenden Gurte geschont. Dadurch, dass sich die beiden Halsgurte (1a) am Übergang von Halswirbel- und Brustwirbelsäule kreuzen, entsteht ein gekreuzter Rückenbereich, wodurch auf einen zusätzlichen Rückensteg entlang der Wirbelsäule bzw. ein Schulterteil verzichtet werden kann. Somit kann die empfindliche Wirbelsäule weitestgehend freigehalten werden. Beim Zug des Hundes an der Leine hebt sich der gekreuzte Rückenbereich von der Wirbelsäule ab, so dass hier kein Druck auf die Wirbelkörper entsteht.
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Durch die vorgenannte Anordnung der Gurte im Hals- und Rückenbereich werden die Schulterblätter und die Schultergelenke frei gehalten und durch keine Gurte o. ä. blockiert, was ein freies Gleiten der Schulterblätter auf der darunterliegenden Muskulatur und somit eine ungehinderte Vorwärtsbewegung des Hundes ermöglicht. Der Brustgurt (5) verläuft senkrecht mittig über den vorderen Teil der Brust, so dass weder Schulterblätter noch Schultergelenke eingeschränkt werden. Die vorgenannten Eigenschaften entsprechen den Erkenntnissen der Jenaer Studie zur Fortbewegung von Hunden (Prof. Dr. Martin S. Fischer, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Publikation „Hunde in Bewegung” 2011). Des Weiteren wird durch die halsnahen Gurte (1a) ein Herausschlüpfen erschwert.
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Der an zwei Punkten (7 + 8) angebrachte rückenseitige Gurt (9), an dem die Leine am frei laufenden Ring (10) befestigt wird (nachfolgend als Leinenanschlusselement bezeichnet), stellt sicher, dass sich die auf den Hundekörper einwirkenden Kräfte gleichmäßig auf mehrere Punkte verteilen, um so zu starken Druck auf die Wirbelsäulenregion zu verhindern. Durch diese flexible Einheit wird außerdem, bei Bewegung des Hundes in alle Richtungen, der Sitz des Geschirres weitestgehend nicht verändert, um auch in diesen Situationen der Zielsetzung des Hundegeschirres gerecht zu werden. Die Auswirkungen von dynamischen Bewegungen finden daher im Bereich dieses Leinenanschlusselementes und daher vor dem Geschirr und somit auch vor dem Hundekörper statt. Dieser Gurt wird durch zwei Karabiner (8) an zwei Punkten (7) am Geschirr befestigt, so dass er bei Bedarf, z. B. bei Freilauf des Hundes, entfernt werden kann, um so ein Verfangen im Unterholz o. ä. zu verhindern. Das Leinenanschlusselement dient außerdem als Griff.
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Der beidseitige Bauchgurt (3), der jeweils seitlich um den Brustkorb verläuft, ist so schräg angesetzt, dass nie nur ein Rippenpaar alleine belastet wird, sondern sich auch hier der Druck gleichmäßig über die Seiten des Hundes verteilt. Bei der Positionierung des beidseitigen Bauchgurtes wird beachtet, dass das jeweils letzte Rippenpaar (sog. „Fleischrippen”) frei bleibt, da ein Druck in diesem Bereich dazu führen könnte, dass sich diese Rippen ins Gewebe bohren, da sie anatomisch bedingt nicht mit dem Brustbein des Hundes verbunden sind, sondern frei ins Gewebe hinein ragen.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird anhand der 1 bis 3 erläutert. Es zeigen:
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1 eine Draufsicht des Hundegeschirres
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2 eine Seitenansicht des Geschirres am Hund
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3 eine Draufsicht des Geschirres am Hund
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Das Hundegeschirr besteht als Trägermaterial aus einem Gurtband (12) und wird mit Neopren (11) unterpolstert. Optional kann eine dekorative Borte (13) auf das Gurtband genäht werden. Die Halsgurte (1a) beginnen mittig an der Brust des Hundes und verlaufen entlang des Halses, bis sie sich an der Oberseite des Hundes im Rückenbereich kreuzen und weiter im vorhandenen Winkel bis zu den Steckschließern (2) enden. Zur Fixierung der Winkel sind im gekreuzten Rückenbereich parallel zur Wirbelsäule beidseitig Zwischengurte (6) festgenäht. An diesen Zwischengurten (6) werden am Treffpunkt mit den hinteren Teilen der Halsgurte (1b) die Ringe (7) angenäht, um dort das Leinenanschlusselement (8 + 9 + 10) befestigen zu können. Das Leinenanschlusselement besteht aus zwei Karabinern (8), an die ein Gurt genäht ist (9), auf dem sich ein freilaufender Ring (10) befindet, an welchem die Leine befestigt wird.
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An den Steckschließern (2) wird beidseitig der Bauchgurt (3) durchgeführt und an der Unterseite mit dem Brustgurt (5) vernäht. Um eine Verstellbarkeit des beidseitigen Bauchgurtes (3) zu gewährleisten, ist jeweils ein Verstellschieber (4) auf jede Seite des Bauchgurtes (3) geschoben. Die Treffpunkte der beiden Bauchgurtseiten (3) an der Unterseite des Hundes und der beiden Halsgurtseiten (1a) an der Brust des Hundes sind mit dem Brustgurt (5) vernäht.
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Bezugszeichenliste
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- 1a
- vordere Halsgurte
- 1b
- hintere Halsgurte
- 2
- Steckschließer
- 3
- Bauchgurte
- 4
- Verstellschieber
- 5
- Brustgurt
- 6
- Zwischengurte
- 7
- Öse
- 8
- Karabiner
- 9
- rückenseitiger Gurt „Leinenanschlusselement”
- 10
- Öse zur Befestigung einer Leine
- 11
- Polsterung
- 12
- Gurtband
- 13
- Borte