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Die Erfindung betrifft Parkassistenzsysteme für Kraftfahrzeuge.
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Bei Parkassistenzsystemen mit automatisierter Querführung wird die Lenkung des Fahrzeugs während des Einparkvorgangs vom System übernommen. Die Längsführung muss der Fahrer durch entsprechendes Beschleunigen und Bremsen selbst übernehmen. Bei Parkassistenzsystemen mit automatisierter Querführung und automatisierter Längsführung wird auch die Aufgabe der Längsführung je nach Automatisierungsgrad der Längsführung teilweise oder vollständig vom Parkassistenzsystem übernommen. Bei Parkassistenzsystem mit automatisierter Querführung und vollautomatisierter Längsführung werden beispielsweise die Lenkung, die Bremse, der Fahrzeugantrieb und das Schalten des Automatikgetriebes (beispielsweise von dem Rückwärtsgang in den Vorwärtsgang) vom Parkassistenzsystem gesteuert. Bei derartigen Parkassistenzsystemen hat der Fahrer beispielsweise die Möglichkeit, per Betätigung eines Bedienelements, beispielsweise einer Taste, das Fahrzeug selbständig einparken und optional ausparken lassen zu können. Ferner sind Parkassistenzsysteme mit Querführung und teilautomatisierter Längsführung bekannt, bei denen der Fahrer den Antrieb steuert, jedoch die Bremssteuerung und optional auch die Getriebesteuerung vom Parkassistenzsystem übernommen wird.
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Für die Längsführung weisen Parkassistenzsysteme mit automatisierter Steuerung des Fahrzeugantriebs typischerweise einen Geschwindigkeitsregler zur Regelung der Fahrzeuggeschwindigkeit auf eine durch das Parkassistenzsystem vorgegebene Sollgeschwindigkeit auf.
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Ein beispielhaftes Parkassistenzsystem mit automatisierter Querführung und vollautomatisierter Längsführung ist in der Druckschrift „Parkassistent mit Längs- und Querführung", Dirk Ahrens, 5. Tagung Fahrerassistenz der TU München, München, 2012 beschrieben, die beispielsweise unter dem Link „http://www.ftm.mw.tum.de/uploads/media/21_Ahrens.pdf” im Internet abrufbar ist. In der manuellen Vorbeifahrt eines Fahrzeugs an parkenden Fahrzeugen wird mittels einer seitlichen Sensorik eine geeignete Längsparklücke gefunden und diese dem Fahrer in einem Display im Fahrzeug optisch angezeigt. Der Fahrer bestätigt dann die gefundene Parklücke. Wenn sich der Fahrer in einem gültigen Startkorridor neben dem vorderen Begrenzungsobjekt befindet, von dem aus eine mögliche Fahrtrajektorie in eine gültige Parkendposition existiert, erfolgt eine Aktivierung des Parkmanövers durch Drücken und Halten einer Parktaste und anschließendem Lösen der Bremse. Nach Aktivierung des Parkmanövers parkt das Fahrzeug rückwärts mit selbstständiger Steuerung der Lenkung und selbstständiger Steuerung der Längsbewegung in einem oder mehreren Zügen in die Längsparklücke ein. Das Umschalten des Getriebeganges zwischen den Zügen wird vom Parkassistenzsystem gesteuert.
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Zur Umfelderkennung verwenden Parkassistenzsysteme im Allgemeinen eine Ultraschallsensorik. Ein Mehrzahl von Ultraschallsensoren sind dabei typischerweise sowohl an der Front (beispielsweise am vorderen Stoßfänger) und am Heck (beispielsweise am hinteren Stoßfänger des Kraftfahrzeugs) angeordnet, beispielsweise jeweils 4 oder 5 baugleiche Ultraschallsensoren an der Front und am Heck.
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Zur Detektion eines Objekts und Bestimmung des Abstands zu dem Objekt wird ein Ultraschallsensor zum Aussenden eines Ultraschallsignals angesteuert und anschließend das empfangene Ultraschallecho des zuvor emittierten Ultraschallsignals ausgewertet.
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Durch fahrzeugexterne Ultraschall-Störquellen können störende Ultraschallereignisse empfangen werden, die nicht zu einem zuvor emittierten Signal gehören. Bekannte Ultraschall-Störquellen sind beispielsweise Fahrzeuge in der Nähe, starker Regen, Maschinenlärm und vor allem Ultraschallechos von anderen, ebenfalls mit einer Ultraschall-Sensorik ausgestatteten Fahrzeugen.
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Die Auswertelogik heutiger Ultraschall-Sensoriken verfügt häufig über die Möglichkeit, eine fahrzeugexterne Ultraschallstörung zu detektieren.
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Die Detektion einer Ultraschallstörung erfolgt beispielsweise über die Auswertung von besonders intensiven Ultraschallereignissen, die nicht zur emittierten Signalintensität passen, oder anhand von Ultraschallechos, die in einem unplausiblen Zeitfenster empfangen werden.
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Durch den Störschall fahrzeugexterner Ultraschall-Störquellen wird eine korrekte Abstandsermittlung gestört. Es können hierdurch sowohl relevante Abstandsinformationen überdeckt werden als auch falsche Abstandswerte im Nah- und Fernbereich ermittelt werden.
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Ein mit einem Geschwindigkeitsregler ausgestattetes Parkassistenzsystem mit Längsführung ist auf eine korrekte Abstandsbestimmung mittels der Ultraschall-Sensorik angewiesen, um vorhandene Sicherheitsziele zu erfüllen, beispielsweise um rechtzeitig zur Verhinderung einer Kollision mit einem Fußgänger oder einem anderem Hindernisobjekt zu bremsen. Wenn ein Störschallereignis vorliegt, ist die Verlässlichkeit der Ultraschall-Sensorik nicht mehr gewährleistet. Aufgrund dessen ist es zur Erfüllung der bestehenden Sicherheitsziele zweckmäßig, bei Erkennen des Eintretens eines Störschallereignisses das Fahrzeug automatisch sofort in den Stillstand abzubremsen.
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Bei etwa 5–8% aller Parkmanöver tritt mindestens ein erkanntes Störschallereignis auf. Die sofortige Bremsung des Fahrzeugs in den Stillstand bedeutet eine hohe Beeinträchtigung des Parkierkomforts in Umgebungen mit starken fahrzeugexternen Ultraschall-Störschallquellen (z. B. in der Innenstadt).
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Es ist Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zum automatischen Bremsen eines Kraftfahrzeugs bei Feststellen eines Störschallereignisses während eines automatisierten Parkmanövers anzugeben, welches mit einer geringen Beeinträchtigung des Parkierkomforts einhergeht und welches dennoch die bestehenden Sicherheitsziele vollumfänglich erfüllt. Ferner ist die Aufgabe auf die Angabe eines Parkassistenzsystems mit entsprechender Funktion gerichtet.
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Die Aufgabe wird durch die Merkmale der unabhängigen Patentansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen sind in den abhängigen Ansprüchen beschrieben.
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Ein erster Aspekt der Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bremsen eines Kraftfahrzeugs bei Vorliegen eines Störschallereignisses im Rahmen eines automatisierten Parkmanövers. Das automatisierte Parkmanöver wird mittels eines Parkassistenzsystems mit automatisierter Querführung und zumindest teilautomatisierter Längsführung ausgeführt, wobei die Längsführung zumindest die Bremssteuerung umfasst, so dass das Parkassistenzsystem während des Parkmanövers automatisch die Bremse steuert. Es ist von Vorteil, wenn die Längsführung vollautomatisiert ist, so dass Bremse, Antrieb und Getriebe vom Parkassistenzsystem (über entsprechende Steuergeräte, die vom Parkassistenzsystem angesteuert werden) gesteuert werden.
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Zur Umfelderfassung wird während des Parkmanövers eine Ultraschall-Sensorik verwendet. Gemäß dem Verfahren wird zunächst das Eintreten eines Störschallereignisses festgestellt. Anschließend wird fortlaufend der bereits zurückgelegte Fahrweg seit Feststellen des Eintretens des Störschallereignisses bestimmt. Außerdem wird (bevor überhaupt ein Bremsvorgang ausgelöst wird) ein erwarteter Bremsweg bis zum Stillstand des Fahrzeugs prognostiziert. Die Prognose des Bremsweges wird vorzugsweise fortlaufend aktualisiert, da der Bremsweg beispielsweise von der jeweiligen Fahrtgeschwindigkeit abhängt. Fortlaufend wird ein resultierender Fahrweg aus dem bereits zurückgelegten Fahrweg und dem prognostizierten Bremsweg bestimmt. Es wird dann fortlaufend geprüft, ob der resultierende Fahrweg die Bremsbedingung erfüllt. Wenn der resultierende Fahrweg so groß geworden ist, dass dieser die Bremsbedingung erfüllt, wird das Fahrzeug gebremst.
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Die Erfindung beruht auf der Erkenntnis, dass Störschallereignisse überwiegend nur eine geringe Zeitdauer andauern (beispielsweise ca. 300–600 ms); seltenere Störschallereignisses können aber auch über mehrere Sekunden andauern. In einem Zeitraum eines typischen Störschallereignisses von beispielsweise 300–600 ms wird aufgrund der typischerweise geringen Fahrgeschwindigkeit während des Parkmanövers (typischerweise ≤ 1 m/s) nur ein geringer Fahrweg zurückgelegt, der als nicht sicherheitskritisch anzusehen ist. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 0,5 m/s und einer Zeitdauer von 600 ms wird beispielsweise ein Fahrweg von 30 cm zurückgelegt. Zusätzlich muss noch der Bremsweg berücksichtigt werden, um den im Fall einer Bremsung die zurückgelegte Fahrstrecke noch vergrößert würde. Bei größeren Werten für den resultierenden Fahrweg, der sich aus dem bereits zurückgelegten Fahrweg seit Eintritt des Störschallereignisses und dem anschließenden Bremsweg bis zum Stillstand ergibt, kann bei ungebremster Weiterfahrt von der Gefahr einer Kollision ausgegangen werden.
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Erfindungsgemäß wird der Eintritt des Störschallereignisses festgestellt und fortlaufend der bereits zurückgelegte Fahrweg seit Störschalleintritt bestimmt. Außerdem wird der prognostizierte Bremsweg bis in den Stillstand bestimmt, vorzugsweise auch fortlaufend. Erst, wenn der resultierende Fahrweg aus dem zurückgelegten Fahrweg und der prognostizierten Bremsweg eine bestimmte Bremsbedingung erfüllt, erfolgt eine Bremsung. Dieser resultierende Fahrweg entspricht vorzugsweise derjenigen Fahrstrecke seit Feststellen des Störschalleintretens, die bei sofortiger Bremsauslösung bis zum Erreichen des Stillstands insgesamt abgefahren wird. Das Fahrzeug wird vorzugsweise bis in den Stillstand abgebremst, sofern das Störschallereignis solange andauert.
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Sofern die Bremsbedingung erfüllt ist und das Fahrzeug abgebremst wird, wird vorzugsweise auch im Fall einer Längsführung mit Antriebssteuerung auch die Geschwindigkeitsregelung über den Geschwindigkeitsregler unterbrochen. Die Längsführung erfolgt dann nicht mehr über den Geschwindigkeitsregler, sondern sowohl das Antriebsmoment als auch das Bremsmoment werden dann vorzugsweise jeweils rampenförmig auf definierte Zielwerte gesteuert.
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Vorzugsweise erfüllt der resultierende Fahrweg die Bremsbedingung, wenn der resultierende Fahrweg größer oder größer gleich einem Schwellwert ist. Hierbei entspricht der Schwellwert vorzugsweise einem Wert im Bereich von 40 cm bis 120 cm, insbesondere ungefähr dem Wert 80 cm.
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Der resultierende Fahrweg wird vorzugsweise aus der Summe aus dem bereits zurückgelegten Fahrweg und dem Bremsweg bestimmt, insbesondere entspricht der resultierende Fahrweg dieser Summe.
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Nach Feststellen des Eintretens des Störschallereignisses wird fortlaufend geprüft, ob das Störschallereignis noch vorliegt. Es wäre auch alternativ denkbar, dass nicht fortlaufend, sondern nur unmittelbar vor Auslösen des Bremsens geprüft wird, ob das Störschallereignis noch vorliegt. Ein Bremsen wird dann ausgelöst, sofern der resultierende Fahrweg die Bremsbedingung erfüllt und zusätzlich unmittelbar vor Auslösen des Bremsens noch das Störschallereignis vorliegt.
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Wie vorstehend ausgeführt, ist es von Vorteil, wenn nach Feststellen des Eintretens des Störschallereignisses fortlaufend geprüft wird, ob das Störschallereignis noch vorliegt. Wenn festgestellt wird, dass das Störschallereignis nicht mehr vorliegt, kann der bereits zurückgelegte Fahrweg auf null zurückgesetzt werden. Dieser Maßnahme liegt die Idee zugrunde, dass nach Wegfall des Störschallereignisses die Ultraschall-Sensorik nicht mehr beeinträchtigt wird.
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Sofern das Bremsen (beispielsweise mit einer definierten Bremsmomentenrampe, z. B. 3000–5000 Nm/s) nach Erfüllen der Bremsbedingung bereits begonnen hat und danach festgestellt wurde, dass das Störschallereignis nicht mehr vorliegt, wird der Bremsvorgang beendet und der normale Regelbetrieb der Regelung der Fahrzeuggeschwindigkeit über den Geschwindigkeitsregler wieder aufgenommen.
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Sofern das Fahrzeug nach Erfüllen der Bremsbedingung durch das hierdurch ausgelöste Bremsen bereits in den Stillstand verzögert wurde und festgestellt wird, dass das Störschallereignis nicht mehr vorliegt, setzt das Parkassistenzsystem vorzugsweise das Parkmanöver fort, wobei das Fahrzeug wieder in Bewegung versetzt wird.
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Es ist von Vorteil, wenn im Fall des für den Fahrer spürbaren und unerwarteten Bremsens des Fahrzeugs ein akustischer oder optischer Warnhinweis an den Fahrer ausgelöst wird. Ein optischer Warnhinweis kann beispielsweise angeben, dass eine fahrzeugexterne Störung der Ultraschallsensorik vorliegt.
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Hierbei ist es von Vorteil, wenn der Warnhinweis um eine bestimmte Zeitdauer verzögert nach dem Bremsbeginn ausgelöst wird und nicht sofort ausgelöst wird, wenn gebremst wird. Der Warnhinweis wird aber nur ausgelöst, wenn unmittelbar vor Auslösen des Warnhinweises noch das Störschallereignis vorliegt. Diesem Vorgehen liegt die Erkenntnis zugrunde, dass ein kurzzeitiges Bremsen (beispielsweise ein Bremsen von 100–200 ms Dauer) aufgrund des Wegfalls des Störschallereignisses für den Fahrer kaum spürbar ist und ein Warnhinweis den Fahrer in diesem Fall nur verunsichern würde. In solchen Fällen wird das Auslösen des Warnhinweises unterbunden und der Parkvorgang für den Fahrer ohne bemerkten Störeinfluss fortgesetzt.
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Ein zweiter Aspekt der Erfindung betrifft ein Parkassistenzsystem mit automatisierter Querführung- und zumindest in Bezug auf die Bremssteuerung automatisierter Längsführung zur Durchführung automatisierter Parkmanöver eines Kraftfahrzeugs. Vorzugsweise handelt es sich um eine vollautomatisierte Längsführung mit Steuerung des Antriebs, der Bremse und des Getriebes. Das Parkassistenzsystem verwendet eine Ultraschall-Sensorik zur Umfelderfassung während des Parkmanövers. Das Parkassistenzsystem ist eingerichtet, das Eintreten eines Störschallereignisses festzustellen und den bereits zurückgelegten Fahrweg seit Feststellen des Eintretens des Störschallereignisses fortlaufend zu bestimmen. Ferner ist dieses in der Lage, einen zu erwartenden Bremsweg bis zum Stillstand des Fahrzeugs zu prognostizieren; die Prognose über den zu erwartenden Bremsweg wird vorzugsweise fortlaufend aktualisiert. Das Parkassistenzsystem bestimmt einen resultierenden Fahrweg aus dem bereits zurückgelegten Fahrweg und dem prognostizierten Bremsweg und prüft fortlaufend, ob der resultierende Fahrweg eine Bremsbedingung erfüllt. Bei Erfüllen der Bremsbedingung löst das Parkassistenzsystem ein Bremsen des Kraftfahrzeugs aus.
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Das Parkassistenzsystem umfasst vorzugsweise ein Querführungssteuergerät, an welchem die Ultraschall-Sensorik angeschlossen ist, und das für die Querführung der Parkassistenzfunktion zuständig ist. Ferner ist ein Längsführungssteuergerät vorgesehen, das für die Längsführung der Parkassistenzfunktion zuständig ist. Das Querführungssteuergerät steuert beispielsweise das Steuergerät einer Fremdkraftlenkung (typischerweise elektronische Lenkung) an. Das Längsführungssteuergerät dient zumindest der Ansteuerung eines Bremssteuergeräts der Betriebsbremse. Im Fall einer vollautomatisierten Längsführung dient das Längsführungssteuergerät ferner noch der Ansteuerung eines Motorsteuergeräts des Fahrzeugantrieb und eines Getriebesteuergeräts des Automatikgetriebes. Die Steuergeräte, insbesondere das Querführungssteuergerät und das Längsführungssteuergerät, sind vorzugsweise über einen gemeinsamen Fahrzeugkommunikationsbus zur Datenkommunikation miteinander verbunden. Ein derartige Struktur ist beispielsweise in der vorstehend genannten Druckschrift „Parkassistent mit Längs- und Querführung", Dirk Ahrens, 5. Tagung Fahrerassistenz der TU München, München, 2012 beschrieben, deren Offenbarungsgehalt hiermit in den Offenbarungsgehalt der Anmeldung durch Bezugnahme mit aufgenommen wird.
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Ein dritter Aspekt der Erfindung ist auf ein derartiges Längsführungssteuergerät alleine gerichtet. Dieses Längsführungssteuergerät ist eingerichtet, ein Eintreten eines Störschallereignisses durch Kommunikation mit einem mit dem Längsführungssteuergerät über einen Fahrzeugbus verbindbaren Querführungssteuergerät zu registrieren. Ein solches Querführungssteuergerät, welches auch zur Auswertung des Signals der Ultraschallsensorik zuständig ist, detektiert den Eintritt eines Störschallereignisses und sendet daraufhin eine ein Störschallereignis anzeigende Information über den Fahrzeugbus an das Längsführungssteuergerät. Das Längsführungssteuergerät registriert den Eintritt des Störschallereignisses durch Empfang dieser Information und bestimmt fortlaufend den bereits zurückgelegten Fahrweg seit Registrieren dieser Information. Ferner prognostiziert dieses einen zu erwartenden Bremsweg bis zum Stillstand des Fahrzeugs; dies erfolgt vorzugsweise fortlaufend. Ferner wird seitens des Längsführungssteuergeräts fortlaufend ein resultierender Fahrweg aus dem bereits zurückgelegten Fahrweg und dem prognostizierten Bremsweg bestimmt. Das Längsführungssteuergerät prüft fortlaufend, ob der resultierende Fahrweg eine Bremsbedingung erfüllt. Bei Erfüllen der Bremsbedingung löst dieses ein Bremsen des Kraftfahrzeugs aus, indem beispielsweise das Längsführungssteuergerät ein Bremssteuergerät über den Fahrzeugbus derart ansteuert, dass dieses die Betriebsbremse auslöst.
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Das Längsführungssteuergerät ermöglicht also eine zeitverzögerte Zielbremsung zur Einhaltung eines definierten Maximalverfahrwegs bei einem erkannten Störschallereignis.
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Die vorstehenden Ausführungen zum erfindungsgemäßen Verfahren nach dem ersten Aspekt der Erfindung gelten in entsprechender Weise auch für das erfindungsgemäße Parkassistenzsystem nach dem zweiten Aspekt der Erfindung und für das erfindungsgemäße Längsführungssteuergerät nach dem dritten Aspekt der Erfindung. An dieser Stelle nicht explizit beschriebene vorteilhafte Ausführungsbeispiele des erfindungsgemäßen Parkassistenzsystems und des erfindungsgemäßen Längsführungssteuergeräts entsprechen den beschriebenen vorteilhaften Ausführungsbeispielen des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Die Erfindung wird nachfolgend unter Zuhilfenahme der beigefügten Zeichnungen anhand eines Ausführungsbeispiels beschrieben. In diesen zeigen:
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1 ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Bremsen eines Kraftfahrzeugs bei Vorliegen eines Störschallereignisses;
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2 einen beispielhaften Verlauf des Fahrwegs über der Zeit;
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3 einen beispielhaften Verlauf des Bremswegs ΔsB und des Bremszeitverzugs ΔtBV über der Fahrzeuggeschwindigkeit; und
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4 eine beispielhafte Partitionierung des Parkassistenzsystems in ein Längsführungssteuergerät und ein Querführungssteuergerät.
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In 1 ist ein beispielhaftes Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Bremsen eines Kraftfahrzeugs bei Vorliegen eines Störschallereignisses dargestellt.
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Nach Start des Verfahrens wird in der Abfrage 110 geprüft, ob ein Störschallereignis eingetreten ist.
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Wenn dies der Fall ist, wird in Schritt 120 der bereits zurückgelegte Fahrweg ΔsV seit Feststellen des Eintritts des Störschallereignisses bestimmt. Sollte später festgestellt werden, dass das Störschallereignis beendet ist, wird der zurückgelegt Fahrweg ΔsV auf null zurückgesetzt (s. Schritt 100).
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Der bereits zurückgelegte Fahrweg Δs
V kann durch Integration der Fahrgeschwindigkeit ausgehend von dem Zeitpunkt t
st des Feststellens des Eintritts des Störschallereignisses bis zum aktuellen Zeitpunkt t
a bestimmt werden:
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In Schritt 130 wird ein Bremsweg ΔsB bis zum Stillstand unter der Annahme prognostiziert, dass zum aktuellen Zeitpunkt ta eine Bremsung ausgelöst würde. Der Bremsweg ΔsB kann über die folgende Gleichung prognostiziert werden: ΔsB = v(ta)·ΔtB,g – 1 / 2a(t)·(ΔtB,g)2
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Hierbei beschreiben v(ta) die aktuelle Fahrzeuggeschwindigkeit zum aktuellen Zeitpunkt ta, ΔtB,g die gesamte Bremsdauer bis zum Stillstand des Fahrzeugs und a(t) die zeitabhängige Beschleunigung des Fahrzeugs.
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Die zeitabhängige Beschleunigung a(t) hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab.
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Der Bremsweg ΔsB wird vorzugsweise über eine Berechnungsfunktion f bestimmt, in die eine Vielzahl von Eingangsgrößen eingeht: ΔsB = f(v(ta); a(ta); μ; dM/dt; Δttot; r)
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Hierbei beschreiben μ den angenommenen Reibwert, dM/dt den gewählten Bremsgradienten, Δttot die bekannte Totzeit der Bremse und r den Reifenradius. Der Bremsgradient beschreibt die Steigung des Verlaufs des Bremsmoments MB über der Zeit t, wobei angenommen wird, dass das Bremsmoment ausgehend von null linear mit dem Bremsgradienten dM/dt ansteigt. Der Bremsgradient beträgt beispielsweise 3000 Nm/s.
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Typische Werte für den Bremsweg ΔsB sind ΔsB = 29 cm bei v(ta) = 0,5 m/s und ΔsB = 72 cm bei v(ta) = 1 m/s. 3 zeigt weitere beispielhafte Werte für den Bremsweg ΔsB über der Fahrgeschwindigkeit v(t).
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Im Schritt 140 wird der resultierende Fahrweg ΔsR durch Summation des bereits zurückgelegten Fahrwegs ΔsV und des Bremswegs ΔsB bestimmt: ΔsR = ΔsV + ΔsB
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In der Abfrage 150 wird geprüft, ob der resultierende Fahrweg ΔsR die Bremsbedingung erfüllt; hierzu wird geprüft, ob der resultierende Fahrweg ΔsR größer gleich einem Schwellwert ΔsR,TH ist. Als Schwellwert ΔsR,TH wird beispielsweise der Wert ΔsR,TH = 80 cm verwendet. Erfindungsgemäß erfolgt erst, wenn der resultierende Fahrweg ΔsR die Bremsbedingung erfüllt, eine Bremsung. Dazu wird gemäß der Abfrage 160 aber zusätzlich zur Bremsbedingung in der Abfrage 150 noch geprüft, ob das Störschallereignis weiterhin andauert. Wenn auch dies der Fall ist, erfolgt ein Bremsen in Schritt 170. Hierbei wird das Bremsmoment ausgehend von null rampenförmig mit dem Bremsgradienten dM/dt über der Zeit erhöht. Gleichzeitig wird die Regelung der Fahrzeuggeschwindigkeit unterbrochen und das Antriebsmoment zurückgenommen. Der Fahrzeugregler hat dann vorzugsweise keinen Durchgriff mehr. Sowohl das Antriebsmoment als auch das Bremsmoment werden vorzugsweise während der Störschallbremsung rampenförmig auf definierte Zielwert gesteuert. Beispielsweise wird das Bremsmoment rampenförmig in Richtung auf einen Maximalwert von 32000 Nm erhöht (dieser Wert kann aber nicht überschritten werden), wobei das rampenförmig Erhöhen beendet wird, wenn ein Stillstand des Fahrzeugs erreicht wird; bei Erreichen des Stillstands wird dann ein zum Halten notwendiges Haltemoment eingestellt, welches meistens geringer als das Bremsmoment kurz vor Erreichen des Stillstands ist. Das Antriebsmoment wird beispielsweise auf 0 Nm rampenförmig reduziert.
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In der Abfrage 180 wird geprüft, ob die Zeitdauer ΔtB seit Bremsbeginn größer als ein Schwellwert ΔtB,TH ist. Als Schwellwert wird beispielsweise der Wert ΔtB,TH = 200 ms verwendet. Solange das Störschallereignis andauert, wird das Bremsen fortgesetzt (s. Abfrage 190). Wenn die Zeitdauer ΔtB seit Bremsbeginn größer als der Schwellwert ΔtB,TH wird und das Störschallereignis noch weiterhin andauert, wird ein Warnhinweis an den Fahrer ausgelöst (s. Schritt 200). Der Warnhinweis wird vorzugsweise unabhängig von dem weiteren Anhalten des Störschalls für eine bestimmte Mindestzeitdauer (z. B. 3 s) angezeigt. Der Warnhinweis wird jedoch über die Mindestzeitdauer hinaus angezeigt, solange das Störschallereignis anhält.
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Außerdem wird die maximal zulässige Sollgeschwindigkeit vsoll,max des Fahrgeschwindigkeitsreglers während der aktiven Anzeige des Warnhinweises reduziert (s. Schritt 210), beispielsweise auf den Wert vsoll,max := 0,5 m/s. Dies soll einer potentiellen Ablenkung des Fahrers durch den aktiven Warnhinweis Rechnung tragen.
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Wenn in der Abfrage 190 festgestellt wird, dass das Störschallereignis weggefallen ist, wird der Fahrgeschwindigkeitsregler auf normalen Betrieb umgeschaltet (s. Schritt 220). Dieser Normalbetrieb des Längsreglers ist im Wesentlichen durch die Brems- und Antriebsmomentenbestimmung auf Basis der Differenz von Soll- zu Istgeschwindigkeit gekennzeichnet. Wenn das Fahrzeug bereits in den Stillstand abgebremst wurde, wird das Parkmanöver fortgesetzt und das Fahrzeug wieder beschleunigt. Wenn die Dauer der Anzeige einen bestimmten Schwellwert überschreitet, beispielsweise 3 s, wird der Warnhinweis abgeschaltet. Außerdem wird dann der Maximalwert vsoll,max der Sollgeschwindigkeit wieder erhöht, da keine potentielle Ablenkung des Fahrers vom Verkehrsgeschehen durch den aktiven Warnhinweis mehr besteht.
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2 zeigt den Verlauf 1 des Fahrwegs über der Zeit t bei konstanter Fahrgeschwindigkeit und ohne Bremsen. Vor dem Zeitpunkt tST wird noch kein Störschall erkannt (s. Abfrage 110 in 1). Zum Zeitpunkt t = tST wird das Eintreten eines Störschallereignisses erkannt (s. Abfrage 110). Es wird nicht sofort zum Zeitpunkt tST ein Bremsen ausgelöst, sondern das Bremsen erfolgt – wenn überhaupt – erst später zu einem Zeitpunkt tB. Die Zeitdifferenz ΔtBV zwischen dem Bremszeitpunkt tB und dem Zeitpunkt tST des Erkennens des Störschallereignisses entspricht einem Bremszeitverzug. Sofern innerhalb des Zeitraums ΔtBV des Bremszeitverzugs das Störschallereignis wieder wegfällt, wird das Bremsen nicht ausgelöst (s. Abfrage 160 in 1). Ab dem Zeitpunkt tST wird der seit dem Zeitpunkt tST bereits zurückgelegte Fahrweg ΔsV laufend bestimmt. Dieser nimmt über der Zeit t zu und entspricht der Differenz zwischen dem y-Wert des Verlaufs 1 zum jeweiligen Zeitpunkt t und dem y-Wert des Verlaufs 1 zum Zeitpunkt tST. In 2 ist der bereits zurückgelegte Fahrweg ΔsV zum Bremszeitpunkt tB markiert. Ferner ist der prognostizierte Bremsweg ΔsB zum Bremszeitpunkt tB markiert. Der gestrichelte Verlauf 2 gibt den tatsächlichen Fahrweg an, wenn zum Bremszeitpunkt tB gebremst wird. Zum Zeitpunkt tStill kommt das Fahrzeug dann in den Stillstand. Der Verlauf 3 entspricht dem prognostizierten Fahrweg bis in den Stillstand, der sich aus der Summe aus dem Verlauf 1 und dem prognostizierten Bremsweg ΔsB ergibt.
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Zum Bremszeitpunkt tB wird festgestellt, dass der bereits zurückgelegte Fahrweg ΔsV seit dem Zeitpunkt tST zuzüglich des prognostizierten Bremswegs ΔsB den Schwellwert ΔsR,TH (maximal erlaubter resultierender Fahrweg) erreicht oder bereits überschritten hat (s. Abfrage 150 in 1). Es wird ein Bremsen des Fahrzeugs ausgelöst (s. Schritt 170 in 1), sofern das Störschallereignis weiter vorliegt (s. Abfrage 160 in 1).
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Durch die um den Bremszeitverzug ΔtBV zeitverzögerte Bremsreaktion auf ein erkanntes Störschallereignis führt ein Großteil der Störschallereignisse, die nur von kurzer Dauer sind, nicht zu einer für den Fahrer spürbaren Bremsung bis in den Stillstand und somit nicht zu einer Komforteinschränkung. Gleichzeitig wird aber sichergestellt, dass für den Fall, dass der resultierende Summenfahrweg ΔsV + ΔsB bei einem länger anhaltendem Störschallereignis den maximal zulässigen Wert ΔsR,TH erreicht oder überschreitet, unverzüglich gebremst wird, so dass eine Gefährdung der Umgebung (z. B. von Fußgängern) aufgrund einer länger anhaltenden Einschränkung der Ultraschall-Sensorik ausgeschlossen wird.
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In 3 sind beispielhafte Werte für den Bremszeitverzug ΔtBV über der Fahrgeschwindigkeit v dargestellt (der Bremszeitverzug ΔtBV ist hier mit negativen statt mit positiven Werten dargestellt). Beispielsweise ergibt sich für eine während eines Parkmanövers typische Rangier-Fahrgeschwindigkeit von v = 0,4 m/s ein Bremszeitverzug ΔtBV von ungefähr 1,5 s; eine Bremsung würde also erst ca. 1,5 s nach Feststellen des Störschallereignisses ausgelöst; bis dahin ist das Störschallereignis mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits beendet, so dass mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Bremsen erfolgt. Mit Zunahme der Fahrgeschwindigkeit nimmt der Bremszeitverzug ΔtBV ab, so dass die Wahrscheinlichkeit eines Bremseingriffes zunimmt. Bei einer sehr hohen Geschwindigkeit von ca. 1,1 m/s ist der Bremszeitverzug ΔtBV auf null abgefallen, so dass hier unverzüglich nach Erkennen eines Störschallereignisses gebremst wird.
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4 zeigt ein Parkassistenzsystem, welches ein Querführungssteuergerät QF und eine Längsführungssteuergerät LF umfasst. Das Querführungssteuergerät QF ist für die Querführung der Parkassistenzfunktion zuständig. Ferner ist an dieses die Ultraschallsensorik USS angeschlossen. Die Längsführungseinheit LF ist für die Längsführung der Parkassistenzfunktion zuständig und umfasst einen Fahrgeschwindigkeitsregler. Die Querführungseinheit QF steuert das Steuergerät EPS der Fremdkraftlenkung (typischerweise elektronische Lenkung) an, beispielsweise über eine Radlenkwinkel-Schnittstelle. Ferner dient die Querführungseinheit QF auch der Positionsverfolgung des Fahrzeugs entlang der Trajektorie. Die Längsführungseinheit LF dient der Ansteuerung des Motorsteuergeräts DME des Fahrzeugantriebs, des Getriebesteuergeräts EGS des Automatikgetriebes und des Bremssteuergeräts DSC der Betriebsbremse. Die Steuergeräte LF, QF, EGS, DSC und EPS sind über einen gemeinsamen Fahrzeugkommunikationsbus (nicht dargestellt) miteinander verbunden, über den die dargestellten Signale zwischen diesen Steuergeräten laufen.
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Das Längsführungssteuergerät LF ist eingerichtet, ein Eintreten eines Störschallereignisses durch Kommunikation mit dem Querführungssteuergerät QF zu registrieren. Das Querführungssteuergerät QF, an dem auch die Ultraschallsensorik USS angeschlossen ist, detektiert den Eintritt eines Störschallereignisses und sendet eine ein Störschallereignisses anzeigende Information über den Fahrzeugbus an das Längsführungssteuergerät LF; diese Information wird in regelmäßigen Abständen aktualisiert. Anhand dieser Information kann das Längsführungssteuergerät LF feststellen, ob ein Störschallereignis eingetreten ist und ob dieses weiter anhält. Das im Zusammenhang mit 1 beschriebene Verfahren läuft vorzugsweise auf dem Längsführungssteuergerät LF ab, welches bei Eintritt der Bremsbedingung unter der Voraussetzung des weiteren Vorliegens des Störschallereignisses ein Bremsen durch Ansteuern des Bremssteuergerät DSC auslöst.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- „Parkassistent mit Längs- und Querführung”, Dirk Ahrens, 5. Tagung Fahrerassistenz der TU München, München, 2012 [0004]
- http://www.ftm.mw.tum.de/uploads/media/21_Ahrens.pdf [0004]
- „Parkassistent mit Längs- und Querführung”, Dirk Ahrens, 5. Tagung Fahrerassistenz der TU München, München, 2012 [0029]