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Einleitung
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur quantitativen und objektiven Messung der Benetzbarkeit von Fasermaterialien. Unter Fasermaterialien werden gemäß der Erfindung natürliche Fasern auf Proteinbasis (z. B. Wolle, Kaschmir, Seide, Federn von Vögeln, Humanhaar, usw.), natürliche oder regenerierte Cellulosefasern (z. B. Baumwolle, Leinen, Hanf, Viskose, Newcell usw.) und synthetische Fasern (z. B. Polyester, Polyamid, Polyacryl usw.) verstanden.
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Die Benetzbarkeit von Fasern ist sowohl für den Textilveredler als auch für den Verbraucher von Textilien von größter Bedeutung. Ebenfalls wichtig ist das Benetzungsverhalten von Humanhaar bei kosmetischen Behandlungen. Die Benetzbarkeit kann akußerdem eine Auskunft über Faser- bzw. Haarqualität, Schädigung und/oder über vorhergehende Behandlungen geben.
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In der Textilindustrie ist es via. üblich, die Benetzbarkeit von textilen Flächengebilden zu prüfen. Hierfür sind dem Fachmann verschiedene Verfahren bekannt [1]. Ein ungleich schwierigeres Problem liegt vor, wenn man Aussagen über die Netzfähigkeit eines Materials braucht, das in Form von einzelnen Fasern (z. B. Flocke, Kammzug, Humanhaar, usw.) vorliegt. Alle bisher bekannten relevanten Methoden sind mit hohem technischem und Arbeitsaufwand (Handling von Einzelfasern und Bedienung der Geräte) verbunden. Bedingt durch die Ungleichmäßigkeit des Materials bei Naturfasern ist eine sehr große Anzahl von Messungen notwendig. Dies gilt in besonderem Maße für Humanaarproben. Zur Beurteilung der Netzfähigkeit von Einzelfasern wird häufig der Randwinkel gemessen, außerdem kann man die kritische Oberflächenspannung bestimmen [1]. All. Diese Methoden sind, wie oben beschrieben, extrem arbeitsaufwendig [1].
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Nach einem in einer Patentschrift 1998 beschriebenen Verfahren [1] ist es möglich, eine größere Anzahl von Fasern als Gesamtheit auf einmal zu prüfen, in dem die Benetzbarkeit durch das Sinken eines Faserverbundes charakterisiert wird. Hierdurch kann man – bei geeigneter Probenentnahme und – vorbereitung – in einer einzigen Messung Information über die Benetzbarkeit des gesamten Prüfmaterials erhalten. Durch das Verfahren ist eine quantitative Charakterisierung und ein objektiver Vergleich verschiedener Fasern, Ausrüstungen und Veredlungsverfahren oder auch haarkosmetischer Behandlungen möglich.
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Nach der o. g. Methode wird ein parallelisiertes Faserbündel in einen Schrumpfschlauch (solche Schläuche werden in der Elektronikindustrie verwendet) eingebracht und anschließend erhitzt. Aus dem so behandelten Schlauch werden die Prüflinge auf gewünschte Länge geschnitten. Die Prüflinge werden dann in das Prüfmedium (z. B. Wasser, Tensidlösung oder organisches Lösungsmittel) gebracht und mit Hilfe einer geeigneten Maßnahme bzw. Konstruktion daran gehindert, bedingt durch die in die Probe eingeschlossene Luft, „aufzuschwimmen”. Es ist für das Verfahren nicht von Belang, wie diese Frage gelöst wird. Man kann z. B. die Proben mit Fäden festbinden oder auch eine Bank mit Bohrungen verwenden, s. [1].
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Die Methode eignet sich auch – bei der Verwendung unterschiedlicher Lösungsmittel – zur Bestimmung der kritischen Oberflächenspannung.
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Die Nachteile dieser Methode liegen in der Probenvorbereitung:
- 1. Die Herstellung der Proben – inkl. Wärmebehandlung – ist aufwendig
- 2. Die Erfahrung zeigte, dass – hierdurch bedingt – die reproduzierbare Herstellung der Prüflinge viel Mühe und Erfahrung erfordert
- 3. Die nicht unerhebliche thermische Belastung der Proben kann das Prüfmaterial je nach Ausrüstung der Faser (z. B. durch Umorienteirung von dünnen Adsorptionsschichten auf der Faseroberfläche) erheblich verändern wobei diese Veränderungen die Hydrophilie des Prüflings empfindlich beeinflussen können.
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Überraschenderweise wurde nun gefunden, dass auch ohne den Einsatz von speziellen Schrumpfschläuchen für die Messung geeignete Prüflinge hergestellt werden können, hierfür kommen eine ganze Reihe anderer Schläuche, Röhre oder Halme in Frage. Als besonders gut geignet erwiesen sich verschiedene handelsübliche Trinkhalme.
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Das erfindungsgemäße und im folgenden beschriebene Verfahren weist also wichtige Vorteile auf:
- 1. Die Herstellung der Proben – inkl. Wärmebehandlung – ist wesentlich einfacher und schneller als beim bisherigen Verfahren
- 2. Bedingt durch die einfachere Herstellung der Prüflinge sind die Ergebnisse besser repoduzierbar
- 3. Da die Proben thermisch überhaupt nicht belastet werden ist die Aussagekraft der Ergebnisse erheblich gesteigert
- 4. Verwendet man handelsübliche Trinkhalme, bestehen sie aus reinem PP und enthalten außer ggf. Farbpigmenten keinerlei Begleitstoffe wie Weichmacher, die die Messungen beeinflussen können.
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Beschreibung des Verfahrens
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Gegenstand der Erfindung ist demgemäß ein Verfahren, nach dem die Benetzbarkeit durch das Sinken eines Faserverbundes charakterisiert wird. Die erfindungsgemäße, Methode eignet sich auch – bei der Verwendung unterschiedlicher Lösungsmittel – zur Bestimmung der kritischen Oberflächenspannung.
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Herstellung des Faserverbundes, Probenvorbereitung
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Ein Faserverbund kann aus einer variierbaren Anzahl (≥ 2) von Fasern bestehen. Es gibt viele Möglichkeiten, einen Faserverbund aus Einzelfasern herzustellen, so z. B. durch Zusammenbinden, Flechten, Spinnen, Zwirnen, Kleben, Klammern usw. Nach dem hier beschriebenen erfindungsgemäßen Verfahren wird ein parallelisiertes Faserbündel in einen Polymerschlauch, -rohr oder Halm (bestehend z. B. aus Polyolefin wie PE oder PP, Polyester, PVC, Polymilchsäure (PLA), Teflon, Cellulose usw.) mit Hilfe eines geeigenten Trichters oder auf anderem Wege (die Faser können z. B. durch den Schlauch gezogen werden) eingebracht. Aus dem so hersgestelltem Muster werden die Prüflinge auf gewünschte Länge (bevorzugt 0,5 bis 10 cm, besonders bevorzugt 2–4 cm) zugeschnitten. Als „Polymermantel” für die Probenherstellung haben sich verschiedene handelsübliche Trinkhalm-Qualitäten als besonders gut geignet erwiesen. Der Durchmesser dieser Trinkhalme variiert in einem relativ weiten Bereich, bevorzugt werden – zwecks eines ekonomischen Einsatzes der verfügbaren Haarmaterials – Trinkhalme mit 3–8 mm Durchmesser, besonders bevorzugt können 4–6 mm Durchmesser eingesetzt werden.
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Messung
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Die Prüflinge werden dann in das Prüfmedium (z. B. Wasser, Tensidlösung oder organisches Lösungsmittel) gebracht und mit Hilfe einer geeigneten Maßnahme bzw. Konstruktion daran gehindert, bedingt durch die in die Probe eingeschlossene Luft, „aufzuschwimmen”. Es ist für das Verfahren nicht von Belang, wie diese Frage gelöst wird. Man kann z. B. die Proben mit Fäden festbinden. Man kann auch eine Bank mit Bohrungen verwenden, wie in [1] beschrieben. Es sind aber noch andere Lösungen denkbar, z. B. durch den Bau eines Drahtgestells mit integrierten Ringöffnungen.
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Nach dem Einbringen der Proben in die Flüssigkeit wird die Zeit vom Augenblick des Eintauchens bis zum Beginn des Sinkens des Prüflings bestimmt. Die Ermittlung der Sinkzeit kann „subjektiv” durch Beobachtung der Proben erfolgen und z. B. mit einer Stoppuhr gemessen werden, oder mit Hilfe einer automatischen Einrichtung z. B. unter Anwendung von Lichtschranken und elektronischen Zeitmeßgeräten, oder auch unter Einsatz der digitalen Bildanalyse, indem das Programm z. B. das „Verschwinden der Objekte” aus dem gewählten Bildausschnitt zeitabhängig automatisch registriert, wobei die Prüftätigkeit auch durch eine rechnergestützte Auswertung bzw. Verarbeitung der Daten erleichtert zusätzlich erleichtert und beschleunigt werden kann.
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Beispiele
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Geräte und Materialien:
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- Glasgefäß (15 cm breit, 7,5 cm tief, 15 cm hoch)
- Bank aus 0,5 cm dickem Plexiglas (vgl. ) mit den Maßen: 12,5 cm breit; 4 cm tief; 8 cm hoch. Der Durchmesser der Bohrungen betrug 6 mm.
- Trinkhalm aus Polyopropylen, farbig, externer Durchmesser 5 mm.
- Fasermaterial: europäisches Humanhaar
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Probenvorbereitung und Prüfung:
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Ein 13 cm langes prallelisiertes Haarbündel von 1,30 g Gewicht wurde in einen 13 cm langes Stück eines Trinkhalms unter Hilfenahme eines kleinen Glastrichters eingeführt. Aus dem mit Haar gefüllten Halm wurden mit Hilfe eines scharfen Messers – wenn nicht anders beschrieben (Tab. 1) – fünf 2 cm lange Prüflinge geschnitten wobei die Endstücke verworfen wurden. Durch eine Pfeilmarkierung wurde die Ausrichtung der Haare festgehalten. Die Plexiglasbank wurde in das Glasgefäß gestellt und letzteres mit dem ”Sinkmedium” (Wasser) gefüllt, und zwar so, dass über dem oberen Ende der Proben sich eine Wassersäule von 50 mm befindet.
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Mit Hilfe einer kleinen Zange wurden die Prüflinge von unten in die Öffnungen der Plexiglasbank eingesetzt, wobei auf die gleiche Ausrichtung der Prüflinge (Pfeilmarkierung) geachtet wurde. Die Prüflinge wurden durch die Öffnungen vertikal in dem Sinkmedium gehalten. Ein Aufschwimmen der Prüflinge wurde durch passende Gummiringe die über die Prüflinge gestreift wurden verhindert. Die Prüflinge wurden der Reihe nach in die Plexiglasbank gesetzt und zum Zeitpunkt des Eintauchens der Prüflinge wurde jeweils eine Stoppuhr gestartet. Gemessen wurde die Zeit in Sekunden die die Prüflunge bis zur Benetzung – wodurch die im Faserbündel eingeschlossene Luft durch Wasser verdrängt wird – brauchten. Wurden die Proben durchnetzt, sanken sie zum Boden. Ergebnisse Tabelle 1. Wiederholbarkeit der Ergebnisse und Einfluss der Probenlänge
Vers. Nr. | Halm Nr. | Haar-Behandlung | Probenlänge cm | Sinkzeiten Wurzel >>>> Spitze s | Sinkzeit MW s |
85 | 31 | Bleiche 1 | 2 | 55, 37, 55, 22, 30 | 35 |
87 | 31 | Bleiche 1 | 2 | 35, 34, 36, 22, 16 | 29 |
92 | 31 | Bleiche 1 | 2 | 32, -, 44, 35, 51 | 41 |
86 | 31 | Bleiche 1 | 4 | 39, 36 | 38 |
| | | | | MW = 36 |
90 | 32 | Bleiche 1 | 2 | 33, 28, 27, 22, 15 | 25 |
91 | 32 | Bleiche 1 | 2 | 38, 36, 33, 31, 26 | 33 |
89 | 32 | Bleiche 1 | 3 | 44, 43, 29 | 36 |
Wiederholung von 89 nach 89a Trocknung | | | 44, 52, 21 | 39 |
93 | 33 | Bleiche 1 | 2 | 34, 40, 49, -, 22 | 36 |
| | | | | MW = 34 |
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Man sieht dass die Wiederholbarkeit der Ergebnisse – selbst bei der Anwendung verschiedener Trinkhalm-Provenienzen- gegeben ist (s. a. Vers. 89a). Die Robustheit der Methode ist belegt durch die Versuche 86 und 89 (Probenlänge 4 bzw. 3 cm) Tabelle 2. Einfluss von Haarbehandlungen auf die Benetzbarkeit
Vers. Nr. | Halm Nr. * | Haar | Haar Behandlung | Sinkzeiten Wurzel >>>> Spitze s | Sinkzeit MW s |
105 | 32 | Unbehandelt | keine | 34, 47, 25, 35, 29, 47 | 36 |
106 | 32 | Unbehandelt | Shampoo 1 | alle 1–2 | 1–2 |
x1 | 32 | Unbehandelt | Shampoo 2 | 18, 17, 18, 18, 16, 14 | 17 |
| | | Shampoo | | 501 |
x2 | 32 | Unbehandelt | Silikon-haltig | 691, 600, 467, 363, 382 | |
107 | 32 | Gebleicht 2 | keine | 52, 29, 34, 33, 29, 20 | 33 |
108 | 31 | Gebleicht 2 | keine | 26, 17, 18, 19, 15 | 19 |
109 | 32 | Gebleicht 2 | Shampoo 1 | alle 1–2 | 1–2 |
110 | 32 | Gebleicht 2 | Conditioner | 600, 452, 352, 390, 324, 275 | 399 |
Tabelle 3. Vergleich des erfindungsemäßen Verfahrens mit [1]
Vers. Nr. | Halm Nr. | Haar | Haar Beh. | Sinkzeit Halm s | Sinkzeit Schrumpfschl*. s |
105 | 32 | Unbehandelt | keine | 36 | 74 |
106 | 32 | Unbehandelt | Shampoo 1 | 1–2 | 1–2 |
107 | 32 | Gebleicht 2 | keine | 33 | 26 |
108 | 31 | Gebleicht 2 | keine | 19 | 26 |
109 | 32 | Gebleicht 2 | Shampoo 1 | 1–2 | 1–2 |
110 | 32 | Gebleicht 2 | Conditioner | 399 | 111 |
* gemäß [1]
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Man sieht, dass man mit beiden Methoden tendenziell vergleichbare Ergebnisse erhält und dass das erfindungsgemäße Verfahren eine bessere Differenzierung der Proben erlaubt. Außerdem ist bei dem neuen Verfahren ist die Reproduzierbarkeit deutlich besser (und die Probenvorbereitung wesentlich einfacher).
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Literatur
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- [1] A. Bereck and P. Paar, Verfahren und Vorrichtung zur Beurteilung der Benetzbarkeit und der kritischen Oberflächenspannung von Fasermaterialien, DE 198 26 081.4 , Anmeldung: 12. 06. 1998