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Die Erfindung bezieht sich auf eine Vorrichtung zum Entfernen von Bodenmaterial vor der Druckwand einer Schildvortriebsmaschine, im weiteren Text als „SVM” bezeichnet, nach Anspruch 1. Die Erfindung bezieht sich ferner auf ein Verfahren zum Entfernen von Bodenmaterial vor der Druckwand einer Schildvortriebsmaschine nach Anspruch 13.
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Es ist bekannt, für die Herstellung eines Tunnels eine Schildvortriebsmaschine (SVM) einzusetzen. Eine SVM weist ein längliches rohrförmiges Gehäuse auf, bei dem am vorderen Ende ein Schneidrad drehbar gelagert ist, das einen entsprechenden bzw. etwas größeren Außendurchmesser als der des Gehäuses aufweist. Innerhalb des Gehäuses befindet sich der Antrieb für das Schneidrad und eine hydraulische Vortriebsvorrichtung, die sich an der bereits hergestellten Tunnelwandung abstützt und damit den Vortrieb der SVM ermöglicht. Die Tunnelwandung wird innerhalb der SVM fortlaufend aus Tunnelsegmenten (sog. Tübbingen) aufgebaut. Je nach Größe des aufzufahrenden Tunnels kann der Durchmesser der SVM beträchtlich sein, zum Beispiel 18 m betragen. Auch die Länge einer derartigen Maschine ist beträchtlich, z. B. 100 m oder mehr. Der Typ des Schneidrades richtet sich nach dem zu lösenden Bodenmaterial, insbesondere ob es Steine oder Blöcke enthält. So gibt es typische Schneidräder für bindige Böden, für rollige Böden oder für Felsgestein. Falls mit Steinen oder Blöcken zu rechnen ist, werden die Schneidräder mit Vorrichtungen versehen, mit denen diese zerkleinert werden. Je nach Kornzusammensetzung des Bodenmaterials wird eine SVM mit Flüssigkeitsstützung (Hydroschild) oder mit Erddruckstützung (Erdruckschild) eingesetzt.
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Im ersten Fall wird der vom Schneidrad gelöste Boden mit Wasser, Bentonit, Polymeren o. ä. in einen breiigen Zustand versetzt, damit das Material durch Pumpen angesaugt und abgefördert werden kann. Der Bodenbrei bildet zugleich eine Membran an der Ortsbrust, den sogenannten Filterkuchen, der zur Stützung der Ortsbrust benötigt wird. Das Volumen der abgetragenen Bodenmengen vergrößert sich insbesondere durch den Wasserzusatz um das 5- bis 10-fache. Der Aufwand für dieses Vortriebsverfahren wird noch erhöht durch Entwässerung und Rückgewinnung der Bentonitsuspension und durch die Deponierung des geförderten Materials.
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Bei der Erddruckunterstützung wird das gelöste Bodenmaterial in der Abbaukammer, aus dem Zwischenraum zwischen Schneidrad und Druckwand, mit Hilfe eines Schneckenförderers abgefördert. Die Förderschnecke fördert das Material auf ein Förderband in der SVM. Auch hierfür wird der Boden konditioniert, etwa durch Injektion von Wasser, Bentonit, Polymeren o. ä. Konditionierungsmitteln und Vermischung mittels Schneidrad. Auch dieses Verfahren ist aus Gründen der Volumenvergrößerung aufwendig.
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Der oben angesprochene Schneckenförderer kann nur Steine mit einer geringen Kantenlänge, z. B. bis 20 cm, aufnehmen und fördern. Größere Steine und Blöcke im Boden müssen durch entsprechende Werkzeuge am Schneidrad, wie zum Beispiel Disken-Meißel, zerspant und damit förderbar gemacht werden. Werden größere Steine und Blöcke aus dem Bodenverband herausgebrochen, können sie in der Regel nicht mehr von dem Schneidrad bzw. von den Diskenmeißeln zerkleinert werden. Diese größeren Steine und Blöcke gelangen in den unteren Bereich des Zwischenraumes zwischen Rückseite des Schneidrades und Druckwand der SVM. Diese Steine und Blöcke müssen durch Öffnungen in der Druckwand bei Luftüberdruck in der Abbaukammer händisch zerkleinert und aufwendig geborgen werden. Dies führt zu erheblichen Behinderungen und Verzögerungen im Bauablauf. Beim Hydroschild werden daher häufig Brecher vorgesehen, was beim Erddruckschild nicht üblich ist.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung zum Entfernen von Bodenmaterial vor der Druckwand einer SVM anzugeben, das keine oder kaum eine Konditionierung des Bodenmaterials zu Abförderzwecken erfordert und technisch wenig aufwendig ist. Ferner sollen Behinderungen durch Steine und Mehrkosten vermieden werden.
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Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruches 1 gelöst.
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Bei der erfindungsgemäßen Vorrichtung sind nur im unteren Bereich der Druckwand mindestens zwei parallel zur Achse der SVM angeordnete Rohre axial verschiebbar gelagert. Ihr hinteres Ende ist geschlossen oder kann mit einer Verschlussvorrichtung versehen werden. Mit dem hinteren Ende des Rohrs ist ein Linearantrieb verbindbar und dem vorderen Ende ist ein Schieber zugeordnet, wobei die Schieber in oder an der Druckwand gelagert sind. Mit Hilfe der Schieber lassen sich die Öffnungen in der Druckwand dicht verschließen. In den Rohren ist jeweils ein Kolben verschiebbar gelagert, der über eine Stange über das hintere Ende des Rohrs geführt und mit einem zweiten Linearantrieb verbunden ist. Das Rohr wird vom Linearantrieb soweit von der Druckwand nach hinten verfahren, dass sich das vordere Ende des Rohrs um einen ausreichenden Abstand von der Druckwand entfernt, der ausreicht, um vom Kolben das Material aus dem Rohr auszustoßen.
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Die Aufnahme von Material erfolgt dadurch, dass bei geöffnetem Schieber das Rohr vom Linearantrieb in den Raum zwischen Schneidrad und Druckwand der SMV vorgeschoben wird und dabei das vom Schneidrad mehr oder weniger zerkleinerte Material aufnimmt. Anschließend wird das Rohr zunächst soweit zurückgezogen, dass der Schieber die Öffnung in der Druckwand wieder verschließen kann.
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Zu Beginn liegt der Kolben an dem Schieber an, bevor dieser geöffnet wird. Beim Öffnen des Schiebers und dem Vorschieben des Rohrs drückt das Material gegen den Kolben und drängt diesen in den hinteren Bereich. Darüber hinaus kann der Schieber aktiv noch weiter nach hinten gefahren werden, um ausreichend Raum für aufzunehmendes Material schaffen. Ist der Füllvorgang beendet, wird das Rohr vom Linearantrieb zurückgezogen, wobei der Schieber schließt, sobald das Ende des Rohrs knapp hinter der Schieberebene liegt. Nunmehr kann das Rohr noch weiter nach hinten geschoben werden, um ausreichend Platz zu lassen, damit der Kolben das Material aus dem Rohr ausbringen kann. Mit Hilfe geeigneter Förderzeuge kann dann das auf den Boden fallende Material entfernt werden.
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Werden nach einer Ausgestaltung der Erfindung drei Rohre im unteren Bereich der Druckwand gelagert, reicht deren Förderleistung aus, um einen Vortrieb der SVM von 0,75 m/h (Geschwindigkeit des Tübbingverbaus) zuzulassen. Die Rohre haben dabei einen Durchmesser von etwa 2 m. Auch die Fülllänge der Rohre kann mindestens 2 m betragen.
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Ein großer Vorteil der Erfindung besteht darin, dass auch große Steine mit Kantenlänger < 1,5 m aufgenommen werden könnten. Die Speichen des Schneidrades werden vorzugsweise so gewählt, dass Steine mit einer maximalen Kantenlänge von etwa 1,5 m aus dem Bodenverband gelöst und in den Raum zwischen Rückseite des Schneidrades und der Druckwand der SVM gefördert werden können. In der Mitte des Schneidrades ist vorzugsweise ein sogenannter Zentrumsschneider angeordnet, der große Steine zerspaltet und in die Öffnung des Schneidrades bewegen kann. Das Schneidrad ist, wie an sich bekannt, über die zentrale Welle für das Schneidrad begehbar, so dass durch Öffnungen in den Speichen des Schneidrades unter Druckluft Findlinge oder dergleichen mit entsprechenden Geräten zerstört werden können.
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Für den Fall, dass Steine sich im Bereich des Schiebers befinden, wird nach einer Ausgestaltung der Erfindung der Schieber mit einer konvex kreisbogenförmigen stabilen Schneide versehen. Mit Hilfe von vorzugsweise zwei kräftigen Hydraulikzylindern können Steine gespalten oder so verschoben werden, dass der Schieber in die vorgesehene Führung einfahren kann.
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Um das Füllvolumen zu optimieren, kann der Kolben des Rohrs um etwa einen weiteren Meter zurückgefahren werden, so dass die Füllstrecke bzw. die füllbare Zylinderlänge 2,5 m beträgt. Dies setzt voraus, dass der aufzunehmende Boden entsprechende Fließeigenschaften hat. Diese wird hergestellt durch die Funktion des Schneidrades und des Zentrumschneiders sowie durch das Vermischen mit vorhandenem oder zugeführtem Wasser, mit Feinkornboden, Bentonit, Polymeren, Tensiden oder ähnlichem. Das Zylinderrohr wird soweit zurückgezogen, dass zwischen der Innenseite der Druckwand und dem vorderen Ende des Zylinderrohrs ein Abstand von ca. 2 m entsteht. Wie schon erwähnt, wird mit dem Kolben der Boden aus dem Zylinderrohr herausgepresst. Das herausgepresste Material wird in der Folge mit entsprechenden Vorrichtungen aufgenommen und abgefördert. Unmittelbar danach kann das Rohr wieder in seine Ausgangslage bewegt werden.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung hat den großen Vorteil, dass sie bei Bodenverhältnissen eingesetzt werden kann, bei denen üblicherweise sogenannte Erddruckschilder eingesetzt werden. Sie eignet sich jedoch auch für Verhältnisse, bei denen sonst Hydroschilde eingesetzt werden. Es ergibt sich somit der Sondervorteil, dass wechselnden Bodenverhältnissen einer Tunneltrasse begegnet werden kann, ohne dass ein Systemwechsel zwischen Erddruckschild und Hydroschild vorgenommen werden muss. Auf eine Konditionierung des Bodens kann weitgehend verzichtet werden.
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Die Rohre können unabhängig voneinander angesteuert und eingesetzt werden, so dass eine Bodenförderung auch fortgesetzt werden kann, wenn ein Rohrförderer beschädigt ist oder repariert werden muss.
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Die Anordnung der Rohre lediglich im unteren Bereich zur Förderung des Bodenmaterials hat den weiteren Vorteil, dass große konstruktive Umbaumaßnahmen bei herkömmlichen SVM entfallen, bei denen eine Förderschnecke das Material vor der Druckwand der SVM aufnimmt.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird nachfolgend anhand von Zeichnungen näher erläutert.
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1 zeigt äußerst schematisch die Frontansicht einer SVM nach der Erfindung ohne Schneidrad.
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2 zeigt den Querschnitt durch die SVM nach 1 im vorderen Bereich, wobei links von 2 eine Frontansicht des Schiebers nach 1 dargestellt ist.
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3–6 zeigen eine ähnliche Darstellung wie 2 in unterschiedlichen Betriebsphasen der SVM.
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Eine SVM 10 weist einen zylindrischen Mantel 12 auf. Auf die Abmessungen eines solchen Mantels wird nicht eingegangen, weil aus dem Stand der Technik bekannt.
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Die Größe einer SVM hängt von dem herzustellenden Tunnel ab. Das vordere Ende des Mantels 12 wird durch eine Druckwand 14 abgeschlossen. Vor der Druckwand sitzt ein Schneidrad 16 (siehe 2–7). Es wird von einer Welle 18 angetrieben, die sich axial durch den Mantel 12 und die Druckwand 14 erstreckt und von einem nicht gezeigten Antrieb angetrieben wird. Auf einem Kreis 20 um die Längsachse der SVM 10 sind unten in der Druckwand 14 drei zylindrische Öffnungen 22, 24, 26 vorgesehen. Die Öffnungen 22–26 aller Durchgänge liegen nahe an der unteren Innenwand des Mantels 12. Jeder Öffnung 22–26 ist ein Schieber zugeordnet, wobei in 2 lediglich für die mittlere Öffnung 24 ein Schieber 28 gezeigt ist, der von zwei parallelen Hydraulikzylindern 30, 32 betätigt wird. In 1 ist der Schieber 28 in einer zurückgezogenen Stellung gezeigt, in der der Durchgang 24 offen ist. Es versteht sich, dass den Öffnungen oder Durchgängen 22 und 26 ähnliche Schieber zugeordnet sind.
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Der Schieber 28 weist eine untere konvex kreisbogenförmige Kante 34 auf, die als Schneide ausgebildet ist.
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Im Folgenden wird der Betrieb der gezeigten Vorrichtung nur für den mittleren Durchgang 24 beschrieben. Diesem ist, wie auch den anderen Durchgängen, ein zylindrisches Rohr 36 zugeordnet, das von einem nicht gezeigten Linearantrieb achsparallel betätigbar ist. Der Linearantrieb, z. B. ein Hydraulikzylinder, ist nicht dargestellt. Das Rohr 36 ist im Durchgang 24 geführt und kann, wie in 4 dargestellt, bis zum Schneidrad 16 gefahren werden. Es kann nach hinten gefahren werden mit einem Abstand von der Druckwand 14, wie dies in 7 zu erkennen ist. Nachstehend wird der Betrieb der gezeigten Vorrichtung anhand der Figuren erläutert.
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Die SVM wird über geeignete Mittel vorgetrieben unter Abstützung an bereits hergestellten Tunnelelementen. Dieser Vorgang ist allgemein bekannt. Das Schneidrad 16 lockert und löst anstehenden Boden und fördert ihn in den Zwischenraum zwischen Schneidrad 16 und Druckwand 14. In der Ausgangsposition ist der Schieber 28 von einer Ausnehmung in der Wandung des Durchgangs 24 aufgenommen, wie leicht zu erkennen ist. Diese Ausnehmung ist in 3 mit 40 bezeichnet. In der geschlossenen Stellung dichtet der Schieber 28 den Innenraum der SVM gegenüber dem Raum vor der Druckwand 24 ab. In Letzterem herrscht ein Überdruck, gegenüber welchem der Innenraum der SVM abgeschirmt werden muss.
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In 2 ist ferner zu erkennen, dass ein Kolben 42 im Rohr 36, der von einem nicht gezeigten Linearantrieb betätigt wird und dessen Stange über das hintere geschlossene Ende des Rohrs 36 übersteht, am Schieber 28 anliegt. Anschließend wird der Schieber 28 geöffnet und das Zylinderrohr 36 wird bis annähernd zum Schneidrad 26 vorgeschoben. Hierbei füllt es sich mit dem Material, das sich zwischen Schneidrad 16 und Druckwand 14 befindet, wobei der Kolben 42 aufgrund des vorhandenen Druckes allmählich zurückgedrängt wird, bis nahe in Anlage am hinteren Ende des Zylinderrohrs 36. Für den letzten Weg des Kolbens 42 muss unter Umständen der Linearantrieb eingesetzt werden, um Platz zu schaffen für das in das Rohr 36 gepresste Material.
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Das ganz oder teilweise befüllte Rohr 36 wird anschließend zurückgezogen, wie dies in 5 gezeigt ist. Sobald das Rohr 36 eine Position erreicht hat, in der der Schieber 28 geschlossen werden kann, wird dieser betätigt, wodurch der Durchgang 24 wieder abgeschlossen ist.
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Danach wird das Rohr 36 mit Hilfe des nicht gezeigten Linearantriebs weiter zurückgefahren, bis zu einem erheblichen Abstand zur Druckwand 24, was in 6 dargestellt ist. Bei einer Position des Rohrs 36 in 6 wird anschließend der Kolben 42 vorgeschoben, um das Material aus dem Rohr zu pressen, was in 7 dargestellt ist. Das Material fällt in den Zwischenraum zwischen dem vorderen Ende des Rohrs 36 und der Druckwand 14 und kann dann von einer geeigneten Vorrichtung aufgenommen und abgefördert werden.
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Es versteht sich, dass der Betrieb der Rohre für die anderen Durchgänge 22 und 26 gleich abläuft, wobei jedoch der Betrieb der einzelnen Rohre 36 für die Durchgänge 24-26 unabhängig voneinander sein kann.