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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines pressgehärteten Stahlblechbauteils gemäß dem Oberbegriff von Patentanspruch 1 sowie eine Anlage zum Herstellen eines solchen pressgehärteten Stahlblechbauteils gemäß dem Oberbegriff von Patentanspruch 5.
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Aus der Massenfertigung von Kraftwagen, insbesondere Personenkraftwagen, ist der Einsatz von warmumgeformten Bauteilen aus dem Werkstoff 22MnB5 hinlänglich bekannt. Derartige warmumgeformte Bauteile aus warmumformbarem Stahlblech, insbesondere aus 22MnB5, werden zum heutigen Zeitpunkt weltweit und herstellerübergreifend in Stückzahlen von mehr als 100 Millionen Stück pro Jahr verbaut. Einsatz finden pressgehärtete Stahlblechbauteile in Karosserien der Kraftwagen, die bei einem Unfall eine hohe Stabilität und keine oder nur sehr geringfügige Deformationen aufweisen sollen.
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Kritisch ist hierbei jedoch die relativ geringe Bruchdehnung der pressgehärteten Bauteile aus 22MnB5, welche beispielsweise in einem Bereich von 5 bis 7% liegt. Somit kann kinetische Energie beziehungsweise Unfallenergie nur in sehr geringem Maße durch plastische Verformung der pressgehärteten Bauteile abgebaut werden. Eine Überlastung der Bauteile kann daher beispielsweise zum Reißen des jeweiligen Bauteils oder zu einem Versagen dieses führen.
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Für Fahrzeuganwendungen mit Anforderungen an eine besonders hohe Deformationsfähigkeit können daher keine voll ausgehärteten Bauteile aus 22MnB5 eingesetzt werden. Alternativen hierzu sind zum aktuellen Zeitpunkt warmumgeformte Bauteile aus mikrolegiertem Stahl oder aus Tailored Welded Blanks mit Bereichen aus presshärtbarem und mikrolegiertem Stahl. Nachteilig ist jedoch bei diesem Ansatz die geringe Festigkeit des mikrolegierten Stahls nach der Warmumformung. So beträgt die Festigkeit nach der Warmumformung beispielsweise nur circa 600 Megapascal. Dadurch sind größere Blechdicken im Vergleich zu festeren Werkstoffen mit ähnlicher Duktilität erforderlich.
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Wünschenswert sind für Fahrzeuganwendungen Blech- beziehungsweise Stahlblechbauteile, welche eine hohe Dehnung beziehungsweise Bruchdehnung von 10% oder mehr – gemessen in Anlehnung an ISO 6892-1 – sowie eine hohe Festigkeit beispielsweise in einem Bereich von einschließlich 1.200 bis einschließlich 2.000 Megapascal aufweisen. Aufgrund einer solch hohen Dehnung beziehungsweise Bruchdehnung und aufgrund der hohen Festigkeit würden derartige Bauteile sehr gute Unfalleigenschaften aufweisen und sich zur Realisierung von Rohbaukonstruktionen in Leichtbauweise insbesondere im Personenkraftwagen- und Nutzfahrzeugbereich anbieten. Derartige mechanische Eigenschaften würden eine deutlich größere Absorption von Anprallenergie im Falle eines Unfalls ermöglichen, womit ein besonders hoher Insassenschutz einherginge. Gleichzeitig ist jedoch die Realisierung eines nur geringen Kohlenstoffgehalts wünschenswert im Vergleich zu Komponenten der Massivumformung, um eine Schweißbarkeit zu gewährleisten.
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Eine praktische Entwicklung derartiger Stahlblechbauteile war bisher aufgrund der Nichtverfügbarkeit von entsprechenden Halbzeugen beziehungsweise Bauteilrohlingen und Anlagentechniken zur Verarbeitung der Bauteile nicht (oder nur unter sehr hohem Aufwand) möglich.
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Die
US 2012/0273096 A1 offenbart eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Herstellen eines pressgehärteten Stahlblechbauteils, wobei ein aus einem warmumformbaren Stahlwerkstoff gebildeter Bauteilrohling, aus welchem das Stahlblechbauteil hergestellt wird, zumindest auf die Austenitisierungstemperatur des Stahlwerkstoffs mittels einer Heizvorrichtung erwärmt wird. Daran anschließend wird der Bauteilrohling mittels eines Umformwerkzeugs warmumgeformt. Daran anschließend wird der Bauteilrohling in einem Bauteilbereich auf mindestens 200°Celsius in dem Umformwerkzeug abgekühlt, wobei ein anderer Bauteilbereich durch werkzeugtechnische Maßnahmen auf einer Temperatur oberhalb 200°Celsius gehalten wird. In einem weiteren Schritt wird der Bauteilrohling vom Umformwerkzeug zu einer Erwärmungsvorrichtung verbracht. Schließlich wird der Bauteilrohling unter Stabilisierung des Austenits mittels der Erwärmungsvorrichtung angelassen.
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Die in der
US 2012/0273096 A1 vorgeschlagene Verarbeitungsroute in Kombination mit dem vorgeschlagenen Werkstoff stellt allerdings keine Lösung für die eingangs beschriebene Problematik der Herstellung eines homogenen Bauteils mit besonders hoher Dehnung sowie gleichzeitig besonders hoher Festigkeit dar. Insbesondere diejenigen Bauteilbereiche, die gemäß
US 2012/0273096 A1 auf eine Temperatur unterhalb von 200°C abgeschreckt werden, weisen am Fertigteil eine sehr hohe Festigkeit in Kombination mit einer sehr geringen Bruchdehnung von kleiner 10% auf. Nachteilig in
US 2012/0273096 A1 ist zudem, dass Werkzeugbereiche auf 550°C erwärmt werden müssen, um in Teilbereichen eine Erhöhung der Duktilität durch bainitische und/oder perlitisch-ferritische Phasentransformationen hervorzurufen. Eine derartige Werkzeugtemperatur hat zur Folge, dass spezielle und vergleichsweise teure Werkzeugwerkstoffe eingesetzt werden müssen. Neben den Kosten für die Heizenergie besteht ein weiterer Nachteil in der verlängerten Zykluszeit zur Herstellung eines solchen Bauteils. Da die bainitischen und/oder perlitisch-ferritische Phasentransformationen im Vergleich zur Martensittransformation deutlich langsamer ablaufen, wird die Verweilzeit des Bauteils im Werkzeug verlängert. Die Taktzeit wird um genau diesen Anteil reduziert, was zusätzliche Kosten verursacht.
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Auch
DE 10 2010 003 997 A1 offenbart ein Verfahren zur Herstellung eines pressgehärteten Stahlbauteils, bei dem ein Stahlblech auf eine Temperatur oberhalb der Austenitisierungstemperatur erwärmt, umgeformt, auf eine Temperatur < 200°C abgekühlt und anschließend angelassen wird. Für das Anlassen ist dabei auch bei dem in der
DE 10 2010 003 997 A1 beschriebenen Verfahren eine weitere Erwärmung vonnöten, die Heizenergie erfordert und die Zykluszeit verlängert.
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Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren und eine Anlage der eingangs genannten Art derart weiterzuentwickeln, dass pressgehärtete Stahlblechbauteile mit besonders hoher Duktilität und gleichzeitig besonders hoher Festigkeit auf einfache, zeit- und kostengünstige Weise hergestellt werden können.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 sowie durch eine Anlage mit den Merkmalen des Patentanspruchs 6 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen mit zweckmäßigen und nicht-trivialen Weiterbildungen der Erfindung sind in den übrigen Ansprüchen angegeben.
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Um ein Verfahren zu schaffen, mittels welchem pressgehärtete Bauteile mit einer besonders hohen Duktilität und gleichzeitig mit einer besonders hohen Festigkeit auf zeit- und kostengünstige Weise hergestellt werden können, ist es bei dem erfindungsgemäßen Verfahren vorgesehen, dass der Bauteilrohling unter Vermeidung einer Abkühlung des Bauteilrohlings auf weniger als die Martensit-Finish-Temperatur Mf, vorzugsweise auf weniger als 200° Celsius, unmittelbar vom Umformwerkzeug zu der Erwärmungsvorrichtung verbracht wird. Durch dieses unmittelbare Verbringen beziehungsweise durch den unmittelbaren Transfer vom Umformwerkzeug zu beziehungsweise in die Erwärmungsvorrichtung zum Anlassen kann eine übermäßige Abkühlung des Bauteilrohlings vermieden werden. Aufgrund von sehr hohen Abkühlraten beim Umformen, das heißt beim Presshärten des Bauteils mit einem extrem schnellen Übergang in eine isotherme Haltephase bei definierten Temperaturen spielt der Übergang vom Warmumformwerkzeug in die Erwärmungsvorrichtung zum Anlassen und die Vermeidung der Abkühlung des Bauteilrohlings auf weniger als 200° Celsius eine wichtige Rolle, um pressgehärtete Bauteile im Rahmen einer Massenfertigung kostengünstig mit einer hohen Duktilität und einer hohen Festigkeit herstellen zu können. Dies ist mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens realisierbar, so dass pressgehärtete Bauteile mit einer hohen Duktilität, beispielsweise mit einer Bruchdehnung von 10% oder mehr, sowie mit einer hohen Festigkeit, beispielsweise mit einer Festigkeit in einem Bereich von einschließlich 1.200 Megapascal bis einschließlich 2.000 Megapascal zeit- und kostengünstig hergestellt werden können. Insbesondere kann eine Bruchdehnung in einem Bereich von einschließlich 10% bis einschließlich 20% realisiert werden. Infolge der hohen Bruchdehnung beziehungsweise der hohen Duktilität weisen die mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens herstellbaren pressgehärteten Stahlblechbauteile ein sehr hohes Energieaufnahmevermögen infolge plastischer Deformation auf, so dass sie beispielsweise bei einem Unfall eines Kraftwagens einen besonders hohen Betrag an Aufprallenergie in Verformungsenergie umwandeln können. Gleichzeitig weisen die pressgehärteten Stahlblechbauteile aufgrund der verbesserten Duktilität eine verbesserte Crash-Robustheit auf, woraus ein besonders vorteilhaftes Unfallverhalten zur Realisierung eines sehr guten Insassenschutzes resultiert. Im Vergleich zu anderweitig, beispielsweise durch Walzprofilieren von Martensitphasenstählen, hergestellten Bauteilen kann so ein verbesserter Insassenschutz bei gleichem oder sogar geringerem Einzelteilgewicht realisiert werden. Gegenüber warmumgeformten Bauteilen aus 22MnB5 und insbesondere aus mikrolegiertem Stahl kann die Wanddicke weiter reduziert werden, so dass pressgehärtete Stahlblechbauteile mit einer sehr geringen Wanddicke und somit mit einem sehr geringen Gewicht realisiert werden können.
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Im Vergleich zu herkömmlichen Stahlblechbauteilen ermöglicht das erfindungsgemäße Verfahren eine weitere Erhöhung der Festigkeit durch den Einsatz von martensitischem Stahl. Das übliche martensitische Gefüge ist die härteste Gefügevariante bei Stählen. Gleichzeitig ist ein rein martensitisches Gefüge sehr spröde und je nach Kohlenstoffgehalt ermöglicht es nur eine geringfügige Verformung, so dass Dehnwerte beziehungsweise Bruchdehnungen üblicherweise unter 7% liegen.
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Der Erfindung liegt dabei die Idee und die Erkenntnis zugrunde, dass es für eine Erhöhung der Dehnung beziehungsweise Bruchdehnung erforderlich ist, die Spannung zwischen den martensitischen Nadeln zu reduzieren und dadurch bessere Bedingungen für ein plastisches Verhalten der Stahlblechbauteile zu leisten. Eine Möglichkeit hierzu besteht darin, zwischen den martensitischen Nadeln dünne austenitische Folien zu bilden. Dies ist beispielsweise durch eine unvollständige Umwandlung aus der Austenitphase auf Martensit technisch möglich. Bei einer Unterbrechung des Abkühlens oberhalb der sogenannten Martensit-Finish-Temperatur Mf wandelt der Austenit in Martensit um, aber es bleibt ein kleiner Anteil des Austenits erhalten. Die Martensit-Finish-Temperatur Mf ist dabei die Temperatur, bei der die Martensitumwandlung zum größten Teil abgeschlossen ist. Wenn unmittelbar danach das Gefüge des Stahlblechbauteils beziehungsweise des Bauteilrohlings auf einer leicht erhöhten Temperatur gehalten wird, wandert der Kohlenstoff aus dem übersättigten Martensit durch Diffusion in den Austenit. Um dies zu erreichen, wird der umgeformte Bauteilrohling unmittelbar vom Warmumformwerkzeug in eine Erwärmungsrichtung transferiert, wobei eine Abkühlung des Bauteilrohlings auf weniger als 200° Celsius vermieden wird. Hierdurch kann der Austenit besonders gut stabilisiert werden, da durch die unmittelbare Verbringung Restwärme aus dem Warmumformprozess beim Anlassen genutzt werden kann. Durch den direkten Transfer des Bauteilrohlings vom Warmumformwerkzeug in die (zum Anlassen des Bauteils verwendete) Erwärmungseinrichtung wird der Austenit im Bauteilrohling stabilisiert und bleibt auch nach einer weiteren Abkühlung des Bauteilrohlings beziehungsweise des fertig hergestellten Stahlblechbauteils auf Raumtemperatur in dem Bauteilgefüge erhalten. Dieser sogenannte Restaustenit reduziert die Spannung zwischen den Martensitnadeln und bewirkt, dass das Gefüge bei hohen Festigkeiten gleichzeitig eine gegenüber dem Martensit wesentlich bessere Dehnung beziehungsweise Duktilität aufweist. Als besonders vorteilhaft hat sich als Ausgangsmaterial für die Herstellung des Bauteilrohlings die Verwendung einer Stahllegierung mit den folgenden Legierungselementen gezeigt:
- – Kohlenstoff (C) in einem Bereich von einschließlich 0,2 bis einschließlich 0,5 Gewichtsprozent (Gew.-%),
- – Silizium (Si) in einem Bereich von einschließlich 0,5 bis einschließlich 2,9 Gew.-%,
- – Mangan in einem Bereich von einschließlich 0,7 bis einschließlich 4,1 Gew.-%,
- – bis zu 0,1 Gew.-% Phosphor (P),
- – bis zu 0,1 Gew.-% Schwefel (S),
- – Aluminium (Al) in einem Bereich von einschließlich 0,001 bis einschließlich 0,5 Gew.-%,
- – Chrom (Cr) in einem Bereich von einschließlich 0,1 bis 1,5 Gew.-%,
- – Titan (Ti) in einem Bereich von einschließlich 0,01 bis einschließlich 0,2 Gew.-%,
- – Bor (B) in einem Bereich von einschließlich 0,01 bis einschließlich 0,03 Gew.-%
- – und bis zu 0,025 Gew.-% Stickstoff (N).
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Zur Erfindung gehört auch eine Anlage gemäß dem Oberbegriff von Patentanspruch 5, wobei es erfindungsgemäß vorgesehen ist, dass sich die Erwärmungsvorrichtung unmittelbar an das Umformwerkzeug anschließt, so dass der Bauteilrohling unter Vermeidung einer Abkühlung des Bauteilrohlings auf weniger als 200° Celsius unmittelbar vom Umformwerkzeug zu der und insbesondere in die Erwärmungsvorrichtung verbringbar ist. Vorteilhafte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind als vorteilhafte Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Anlage anzusehen und umgekehrt. Mittels der erfindungsgemäßen Anlage können pressgehärtete Stahlblechbauteile mit einer besonders hohen Festigkeit und gleichzeitig mit einer besonders hohen Duktilität auf einfache, zeit- und kostengünstige Weise insbesondere im Rahmen einer Massenfertigung hergestellt werden. Insbesondere ist es möglich, eine besonders hohe Stückzahl mit nur geringem Ausschuss zu vermeiden, da eine übermäßige Abkühlung des Bauteilrohlings nach dem Abkühlen im Umformwerkzeug und vor dem Anlassen vermieden wird.
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Gegenüber dem konventionellen Presshärten beispielsweise von Bauteilen aus 22Mn65 ist die Erwärmungsvorrichtung als weitere Heizvorrichtung zum Stabilisieren des Restaustenits vorgesehen. Bei der Erwärmungsvorrichtung handelt es sich vorzugsweise um einen Rollenherd- oder Hubbalkenofen.
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Das Umformwerkzeug ist bei dem Verfahren vorzugsweise temperierbar auf Temperaturen in einem Bereich von einschließlich 25° bis einschließlich 500° Celsius, um dadurch die Abschrecktemperatur und damit den Restaustenitgehalt des als Halbzeug fungierenden Bauteilrohlings zu kontrollieren und gezielt einzustellen. Beim Transfer vom Umformwerkzeug zur beziehungsweise in die Erwärmungsvorrichtung kann die Abkühlung des Bauteilrohlings durch Maßnahmen wie Heizstrahler und/oder Abschirmbleche vermieden oder gering gehalten werden, so dass eine Abkühlung des Bauteilrohlings auf weniger als 200° Celsius vermieden wird.
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In der Erwärmungsvorrichtung kann der Bauteilrohling beziehungsweise können Bauteilrohlinge auf Warenträgern aufliegen, mittels welchen der Bauteilrohling beziehungsweise die Bauteilrohlinge beispielsweise durch die Erwärmungsvorrichtung gefördert wird beziehungsweise werden. Der Warenträger kann dabei vorzugsweise einem thermischen Verzug der Komponente entgegenwirken.
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Als Werkstoffe für den Bauteilrohling und somit für das Stahlblechbauteil beziehungsweise Blechbauteil haben sich folgende Stahllegierungen als besonders vorteilhaft erwiesen:
(0,25–0,35) Gew.-%C + (0,5–0,7) Gew.-%Mn + (1,5–2,5) Gew.-%Si + (0,5–1,5) Gew.-%Cr + (0,001–0,008) Gew.-%B + max. 0,01 Gew.-%N + (0,015–0,08) Gew.-%Al + (0,001–0,009) Gew.-%Ti + (0,010–0,025) Gew.-%P + max. 0,010 Gew.-%S,
oder
(0,25–0,35) Gew.-%C + (1,2–1,8) Gew.-%Mn + (1,0–2,0) Gew.-%Si + (0,3–1,0) Gew.-%Cr + (0,001–0,008) Gew.-%B + max. 0,01 Gew.-%N + (0,015–0,08) Gew.-%Al + (0,001–0,009) Gew.-%Ti + (0,010–0,025) Gew.-%P + max. 0,010 Gew.-%S,
oder
(0,25–0,35) Gew.-%C + (1,2–1,8) Gew.-%Mn + (1,0–2,0) Gew.-%Si + (0,10–0,30) Gew.-%Cr + (0,001–0,008) Gew.-%B + max. 0,01 Gew.-%N + (0,015–0,08) Gew.-%Al + (0,001–0,009) Gew.-%Ti + (0,010–0,025) Gew.-%P + max. 0,010 Gew.-%S.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele sowie anhand der Zeichnungen; diese zeigen in:
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1 eine schematische Darstellung eines Verfahrens und einer Anlage zum Herstellen von pressgehärteten Stahlblechbauteilen, mit einem Umformwerkzeug zum Umformen eines Bauteilrohlings und mit einer Erwärmungsvorrichtung zum Anlassen des Bauteilrohlings, welcher vom Umformwerkzeug in die Erwärmungsvorrichtung verbracht wird, wobei sich die Erwärmungsvorrichtung unmittelbar an das Umformwerkzeug anschließt, so dass der Bauteilrohling unter Vermeidung einer Abkühlung des Bauteilrohlings auf weniger als Martensit-Finish-Temperatur, vorzugsweise auf weniger als 200° Celsius, unmittelbar vom Umformwerkzeug zu der Erwärmungsvorrichtung verbracht wird;
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2 ein schematischer Zeit-Temperatur-Verlauf des Bauteilrohlings im Rahmen der Durchführung des Verfahrens gemäß einer ersten Ausführungsform;
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3 eine schematische Darstellung der Anlage gemäß einer zweiten Ausführungsform;
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4 eine schematische Darstellung der Anlage gemäß einer dritten Ausführungsform; und
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5 einen schematischen Zeit-Temperatur-Verlauf des Bauteilrohlings im Rahmen der Durchführung des Verfahrens gemäß seiner zweiten Ausführungsform.
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In den Figuren sind gleiche oder funktionsgleiche Elemente mit gleichen Bezugszeichen versehen.
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1 zeigt in einer schematischen Darstellung den Ablauf eines Verfahrens zum Herstellen eines pressgehärteten Stahlblechbauteils in Form eines Blechbauteils aus einem Bauteilrohling, welcher aus einem warmumformbaren Stahlwerkstoff gebildet ist. Der Bauteilrohling wird auch als Halbzeug bezeichnet. Der Anschaulichkeit wegen ist das Verfahren anhand der Herstellung eines Stahlblechbauteils beziehungsweise Blechbauteils aus einem Bauteilrohling beschrieben. Das Verfahren eignet sich jedoch ohne Weiteres auch besonders gut für die Massenfertigung derartiger pressgehärteter Stahlblechbauteile.
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Zum Durchführen des Verfahrens ist eine in 1 im Ganzen mit 10 bezeichnete Anlage vorgesehen. Mittels der Anlage 10 wird der Bauteilrohling dem Verfahren unterzogen, wobei der Bauteilrohling im Verlaufe des Verfahrens erwärmt und abgekühlt wird. Dieses Erwärmen und Abkühlen ist besonders gut aus 2 erkennbar. 2 zeigt ein Diagramm 12, in das ein Zeit-Temperatur-Verlauf 14 des Bauteilrohlings eingetragen ist. Auf der Abszisse 16 des Diagramms 12 ist die Zeit t aufgetragen, wobei auf der Ordinate 18 des Diagramms 16 die Temperatur aufgetragen ist. Anhand des Zeit-Temperatur-Verlaufes 14 ist somit erkennbar, auf welche Temperatur der Bauteilrohling jeweils erwärmt beziehungsweise abgekühlt und wie lange der Bauteilrohling gegebenenfalls auf einer jeweiligen Temperatur gehalten wird.
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Wie aus 1 erkennbar ist, umfasst die Anlage 10 eine Heizvorrichtung 20, beispielsweise in Form eines Ofens, insbesondere eines Rollofens, wobei der Bauteilrohling in die Heizvorrichtung 20 verbracht und gegebenenfalls durch diese hindurchgefördert wird. Wie in Zusammenschau mit 2 erkennbar ist, wird der Bauteilrohling in einem ersten Schritt S1 des Verfahrens mittels der Heizvorrichtung 20 zumindest auf, vorzugsweise über die Austenitisierungstemperatur, des Stahlwerkstoffs, aus welchem der Bauteilrohling gebildet ist, erwärmt. Mit anderen Worten dient die Heizvorrichtung 20 zum Austenitisieren des Bauteilrohlings im ersten Schritt S1.
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Der Bauteilrohling kann beispielsweise in Form einer Platine vorliegen.
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Wie aus 2 erkennbar ist, wird der Bauteilrohling mittels der Heizvorrichtung 20 auf eine Temperatur oberhalb von 900° Celsius erwärmt, wobei in 2 die Temperatur von 900° Celsius anhand einer gestrichelten Linie 22 gekennzeichnet ist.
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Die Anlage 10 umfasst ferner ein Umformwerkzeug 24, welches beispielsweise in eine hydraulische Presse integriert ist. Der erwärmte Bauteilrohling wird von der Heizvorrichtung 20 beziehungsweise aus dieser zum Umformwerkzeug 24 beziehungsweise in dieses gebracht, insbesondere gefördert, und mittels des Umformwerkzeugs 24 in einem zweiten Schritt S2 des Verfahrens warmumgeformt. Im Zuge dieser Warmumformung und in der nachfolgenden Zuhaltephase wird der warmumgeformte Bauteilrohling in dem Umformwerkzeug 24 abgekühlt, jedoch nicht unter 200° Celsius abgekühlt (Schritt S3). Dabei kann vorgesehen sein, dass der Bauteilrohling auf eine Temperatur zwischen 200° Celsius und 500° Celsius abgekühlt wird. Mit anderen Worten wird der Bauteilrohling derart abgekühlt, dass die Bauteiltemperatur nach der Umformung nicht weniger als 200° Celsius und nicht mehr als 500° Celsius aufweist.
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Die Anlage 10 umfasst darüber hinaus eine weitere Heizvorrichtung in Form einer Erwärmungsvorrichtung 26, welche als Ofen ausgebildet sein kann. Bei der Heizvorrichtung 20 und/oder der Erwärmungsvorrichtung 26 kann es sich um einen Rollenherdofen, einen Hubbalkenofen, einen Kettenförderofen oder einen Drehherdofen handeln. Jedoch ist auch der Einsatz anderer Heizvorrichtungen denkbar. Beispielsweise sind andere Möglichkeiten wie Kontaktplattenerwärmung, Erwärmung durch Heizstrahler, induktive Erwärmung, konduktive Erwärmung, Infraroterwärmung ebenso möglich, um den Bauteilrohling aufzuheizen beziehungsweise zu erwärmen. Insbesondere beim Einsatz von Ofen kann die Erwärmungsvorrichtung 26 durch Abwärme der Heizvorrichtung 20 beigeheizt werden.
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Nach dem Abkühlen des Bauteilrohlings im Umformwerkzeug 24 (Schritt S3) wird der Bauteilrohling aus dem Umformwerkzeug 24 zur beziehungsweise in die Erwärmungsvorrichtung 26 verbracht (Schritt S4). Die Erwärmungsvorrichtung 26 schließt sich dabei unmittelbar an das Umformwerkzeug 24 an, so dass der Bauteilrohling unter Vermeidung einer Abkühlung des Bauteilrohlings auf weniger als 200° Celsius unmittelbar vom Umformwerkzeug 24 zu der beziehungsweise in die Erwärmungsvorrichtung 26 verbracht wird. Dieser Transfer kann dabei vorzugsweise durch mehrachsige Industrieroboter oder Feedersysteme vorgenommen werden.
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Die Erwärmungsvorrichtung 26 kann insbesondere als Durchlaufofen ausgestaltet sein, so dass der Bauteilrohling durch die Erwärmungsvorrichtung 26 hindurch gefördert wird. Mittels der Erwärmungsvorrichtung 26 wird der Bauteilrohling in einem fünften Schritt S5 des Verfahrens unter Stabilisierung des Austenits im Gefüge des Bauteilrohlings angelassen. Um eine Aufnahme von atomarem Wasserstoff zu vermeiden, wird der Taupunkt in der Heizvorrichtung und in der Erwärmungsvorrichtung vorzugsweise kontrolliert und auf Werte kleiner 5°C eingestellt. Vorzugsweise auf Werte kleiner –5°C.
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Wie aus 2 erkennbar ist, wird der Bauteilrohling im Rahmen des Anlassens von der Temperatur, auf die der Bauteilrohling im dritten Schritt S3 abgekühlt wurde, wieder etwas erwärmt. Vorliegend wird der Bauteilrohling auf 250° Celsius abgekühlt, wobei er im fünften Schritt S5 auf mehr als 200° Celsius und weniger als 500° Celsius erwärmt wird und für eine Zeitspanne zwischen 2 und 15 Minuten in diesem Temperaturbereich gehalten wird.
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Nach dem Anlassen wird der Bauteilrohling von der Erwärmungsvorrichtung 26 zu beziehungsweise in eine Schneidvorrichtung 28 der Anlage 10 verbracht, wobei der Bauteilrohling, insbesondere in Form einer Platine, mittels der Schneidvorrichtung 28 geschnitten und in dieser auf Raumtemperatur abgekühlt wird (sechster Schritt S6). Schließlich wird der Bauteilrohling von der Schneidvorrichtung 28 im Rahmen einer Verkettung zu einer Fertigbeschnittvorrichtung 30 verbracht und mittels dieser in einem siebten Schritt S7 des Verfahrens fertig beschnitten und gereinigt.
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Der Zeit-Temperatur-Verlauf 14 veranschaulicht das Verfahren gemäß einer ersten Ausführungsform, wobei auch andere Temperaturen einstellbar sein können.
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Mittels des Verfahrens ist somit ein direktes oder indirektes Presshärten des Bauteilrohlings darstellbar, welcher vorzugsweise aus einem Bor-Manganstahl gebildet ist. Der Bauteilrohling kann dabei unbeschichtet oder beschichtet sein. Vorzugsweise ist der Bauteilrohling feueraluminiert oder feuerverzinkt. Die Blechdicke des Bauteilrohlings kann in einem Bereich von einschließlich 0,5 Millimeter bis einschließlich 3 Millimeter liegen. Mittels des Verfahrens sind pressgehärtete Stahlblechbauteile mit einer hohen Bruchdehnung und somit Duktilität sowie gleichzeitig mit einer sehr hohen Festigkeit auf kostengünstige sowie zeitgünstige Weise herstellbar.
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3 zeigt die Anlage 10 gemäß einer zweiten Ausführungsform. Durch Richtungspfeile ist in 3 eine sogenannte Durchgangsrichtung des Bauteilrohlings veranschaulicht, in die der Bauteilrohling die Anlage 10 durchläuft.
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Die Anlage 10 gemäß der zweiten Ausführungsform umfasst einen in Durchgangsrichtung vor der Heizvorrichtung 20 zur Austenitisierung angeordneten Aufgaberollgang 32, mittels welchem der Bauteilrohling in die Heizvorrichtung 20 hineingefördert wird. An die Heizvorrichtung 20 schließt sich ein Abgaberollgang 34 an, mittels welchem der Bauteilrohling aus der Heizvorrichtung 20 herausbefördert wird. Der Aufgaberollgang 32 und der Abgaberollgang 34 können dabei Bestandteile der Heizvorrichtung 20 sein.
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Ferner umfasst die Anlage 10 gemäß der zweiten Ausführungsform einen Aufgaberollgang 36, mittels welchem der Bauteilrohling nach dem Abkühlen, das heißt nach dem Umformwerkzeug 24 in die Erwärmungsvorrichtung 26 hineingefördert wird. An die Erwärmungsvorrichtung 26 schließt sich ein weiterer Abgaberollgang 36 an, mittels welchem der Bauteilrohling nach dem Anlassen aus der Erwärmungsvorrichtung 26 herausgefordert wird. Auch der Aufgaberollgang 36 und der Abgaberollgang 38 können Bestandteile der Erwärmungsvorrichtung 26 sein. Somit kann der Bauteilrohling unmittelbar nach dem Abkühlen und ohne, dass er sich auf weniger als 200° Celsius abkühlt, vom Umformwerkzeug 24 in die Erwärmungsvorrichtung 26 zum Austenit-Stabilisieren verbracht werden.
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4 zeigt die Anlage 10 gemäß einer dritten Ausführungsform, bei welcher sich an den Abgaberollgang 38 weitere Pressen 40, 42, 44 zum Bearbeiten des Bauteilrohlings anschließen. Mittels der Presse 40 wird der Bauteilrohling beispielsweise gelocht. Mittels der Presse 42 wird der Bauteilrohling beschnitten, wobei der Bauteilrohling mittels der Presse 44 ein weiteres Mal beschnitten wird.
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5 zeigt den Zeit-Temperatur-Verlauf 14 für das Verfahren gemäß einer zweiten Ausführungsform. Im ersten Schritt S1 wird der Bauteilrohling mit einer Aufheizrate Tsoll1 für die Austenitisierung auf die mit A bezeichnete Austenitisierungstemperatur aufgeheizt und während einer Austenitisierungszeit B auf der Austenitisierungstemperatur A gehalten. Mit Tsoll2 ist eine Abkühlrate gekennzeichnet, mit welcher das Bauteil bei und/oder nach seiner Umformung, das heißt während des zweiten Schritts S2 und/oder während des dritten Schritts S3 abkühlt, wobei mit Tkrit-MS eine kritische Abkühlrate für die Entstehung von Martensit gekennzeichnet ist.
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Nach der Umformung und nach der Abkühlung wird der Bauteilrohling auf einer Haltetemperatur C während einer Haltezeit D1 im Umformwerkzeug 24 gehalten. Anschließend wird der Bauteilrohling vom Umformwerkzeug 24 in die Erwärmungsvorrichtung 26 transferiert, wobei dieser Transfer eine Transferzeit D2 dauert. Während dieser Transferzeit D2 wird vermieden, dass der Bauteilrohling auf weniger als 200° Celsius abkühlt.
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In der Erwärmungsvorrichtung 26 wird der Bauteilrohling mit einer Aufheizrate Tsoll3 auf eine Anlasstemperatur E aufgeheizt und auf der Anlasstemperatur E während einer Anlasszeit F gehalten. Nach dem Anlassen wird der Bauteilrohling mit einer Abkühlrate Tsoll4 beispielsweise auf Raumtemperatur abgekühlt.