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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Warmumformteils für eine Fahrzeugkarosserie.
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Aus der Fahrzeugherstellung ist der Einsatz von pressgehärteten Warmumformteilen zur Herstellung von Fahrzeugkarosserien bekannt. Solche Warmumformteile, welche bei einem Unfall eine hohe Stabilität und keine oder nur sehr geringfügige Deformationen aufweisen sollen, werden bevorzugt aus Blechplatinen aus Mangan-Bor-Stahl wie 22MnB5 hergestellt. Problematisch an solchen Warmumformteilen ist jedoch, dass diese eine relativ geringe Duktilität von 5% aufweisen, was z.B. zu Problemen im Verbau, insbesondere etwaigen Fügeprozessen, der Warmumformteile führen kann. Außerdem können diese Warmumformteile bei einem Unfall kinetische Energie nur in sehr geringem Maße durch plastische Verformung abbauen.
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Ein Verfahren zum Herstellen eines Warmumformteils für eine Fahrzeugkarosserie, welches das Problem der geringen Duktilität angeht, ist z.B. aus
DE 10 2013 010 946 B3 bekannt. Nach diesem Verfahren wird ein aus einem warmumformbaren Stahlblech gebildeter Bauteilrohling mittels einer Heizvorrichtung zumindest auf die Austenitisierungstemperatur des Stahlwerkstoffs erwärmt, wird der Bauteilrohling mittels eines Umformwerkzeugs warmumgeformt und wird der Bauteilrohling in dem Umformwerkzeug auf eine Temperatur oberhalb der werkstoffspezifischen Martensit-Finishtemperatur abgekühlt. Dann wird der Bauteilrohling unter Vermeidung einer Abkühlung dessen auf weniger als die werkstoffspezifische Martensit-Finishtemperatur unmittelbar vom Umformwerkzeug zu einer Erwärmungsvorrichtung verbracht und mittels dieser unter Stabilisierung des Austenits angelassen. Mit diesem bekannten Verfahren lassen sich pressgehärtete Warmumformteile aus Stahlblech mit hoher Duktilität und gleichzeitig hoher Festigkeit herstellen. Allerdings beansprucht der für das Erzielen der hohen Duktilität erforderliche, gesonderte Prozessschritt des Anlassens in der Erwärmungsvorrichtung zusätzliche Prozesszeit und Energie, was den Herstellungsaufwand erhöht.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein wie eingangsgenanntes Verfahren so bereitzustellen, dass ein pressgehärtetes Warmumformteil hoher Duktilität und Festigkeit für eine Fahrzeugkarosserie mit geringerem Herstellungsaufwand herstellbar ist.
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Dies wird mit einem Verfahren gemäß Anspruch 1 erreicht. Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen definiert.
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Gemäß der Erfindung weist ein Verfahren zum Herstellen (im Folgenden Herstellungsverfahren genannt) eines Warmumformteils für eine Fahrzeugkarosserie die folgenden Verfahrensschritte auf: Bereitstellen eines Bauteils aus einem presshärtbaren Metallmaterial mit einer Austenitisierungstemperatur unterhalb von 800 °C, Erwärmen des Bauteils zumindest auf dessen Austenitisierungstemperatur, Warmumformen des erwärmten Bauteils zu dem Warmumformteil vorbestimmter Form mittels eines Warmumformwerkzeugs, Abkühlen des Warmumformteils in dem Warmumformwerkzeug auf eine Temperatur zwischen der Martensit-Starttemperatur und der Martensit-Finishtemperatur des Metallmaterials, so dass das Warmumformteil pressgehärtet wird unter Ausbildung eines martensitischen Gefüges mit einem Anteil von Restaustenit in seinem Metallmaterial, Verbinden des den Anteil von Restaustenit enthaltenden, pressgehärteten Warmumformteils mit anderen Komponenten der Fahrzeugkarosserie zu einem Teileverbund, Durchführen einer zur Fertigung der Fahrzeugkarosserie erforderlichen Bearbeitung des Teileverbunds, wobei der Teileverbund auf eine Bearbeitungstemperatur in einem Bereich von 170 °C bis 220 °C erwärmt und auf dieser für eine Bearbeitungszeit gehalten wird, so dass den Anteil von Restaustenit stabilisierende Prozesse, wie insbesondere eine lokale Diffusion von Kohlenstoff aus dem Martensit in den Restaustenit und/oder eine Relaxation des Gitters und/oder ein Abbau von etwaigen Eigenspannungen, in dem Metallmaterial des Warmumformteils erzielt werden.
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In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Zeit zwischen dem Presshärten und dem Verbinden bzw. dem auf die Bearbeitungstemperatur Erwärmen des Warmumformteils nicht kritisch ist bzw. es dafür keine Zeitvorgaben zu erfüllen gibt, da sich das Warmumformteil nach dem Presshärten in einem bei Raum- bzw. Umgebungstemperatur metastabilen Zustand befindet, in dem sich im Gefüge des Warmumformteils nichts verändert, solange das Warmumformteil keine mechanische oder thermische Überlast erfährt. Demgemäß kann die Zeit zwischen dem Presshärten und dem Verbinden bzw. dem auf die Bearbeitungstemperatur Erwärmen des Warmumformteils z.B. auch einige Tage betragen.
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Durch die Bearbeitung des Teileverbunds, d.h. das Erwärmen des Teileverbunds auf die Bearbeitungstemperatur von etwa 170 °C bis etwa 220 °C und das Halten des Teileverbunds auf der Bearbeitungstemperatur über die Bearbeitungszeit, werden in dem Gefüge des im Teileverbund enthaltenen Warmumformteils den Restaustenit stabilisierende Prozesse erzielt. Das Warmumformteil erhält dadurch bei immer noch sehr hoher Zugfestigkeit von z.B. etwa 1600 MPa eine gegenüber einer herkömmlichen Herstellung höhere Duktilität von > 10 %.
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Da dieses Anlassen bzw. Partitionieren (das Erwärmen auf Bearbeitungstemperatur und das Halten auf der Bearbeitungstemperatur) des Warmumformteils im Rahmen der ohnehin zur Herstellung der Fahrzeugkarosserie erforderlichen Bearbeitung des Teileverbunds durchgeführt wird, d.h. ohne einen gesonderten Prozessschritt mit zusätzlicher Prozesszeit und Energie, kann die hohe Duktilität des Warmumformteils mit geringerem Herstellungsaufwand erzielt werden. Das bedeutet, dass sich das Anlassen bzw. Partitionieren problemlos, insbesondere einfach und kostenneutral, in eine Serienfertigung von Fahrzeugkarosserien integrieren lässt.
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Allgemein ausgedrückt umfasst das erfindungsgemäße Herstellungsverfahren nachfolgend einer Warmumformung (Austenitisieren, Umformen und Abschrecken) eine Partitionierung (Umverteilung von Kohlenstoff zur Stabilisierung des Restaustenits) und/oder eine Relaxierung bzw. Entspannung und/oder einen Abbau von Eigenspannungen. Vorteilhaft fällt bei diesem Quench-und-Partitioning-Prozess (Abschrecken und Auslagern zur Verteilung von Kohlenstoff) aber der Schritt der Partitionierung / Relaxierung / Eigenspannungsabbaus unabhängig von der Warmumformung mit dem ohnehin zur Herstellung der Fahrzeugkarosserie erforderlichen Bearbeitungsprozess des Teileverbunds zusammen.
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Durch die hohe Festigkeit des Warmumformteils kann potentiell dünneres Metallmaterial für dessen Herstellung genutzt werden. Durch die verbesserten mechanischen Eigenschaften, insbesondere die höhere Duktilität, des Warmumformteils können anspruchsvolle zusätzliche Prozessschritte, wie z.B. das Weichglühen von Flanschen oder partielle Prozessführungen während einer Erwärmung für Tailored-Properties, wegfallen.
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Beim konventionellen Austenitisieren gibt es durch die relativ hohe Austenitisierungstemperatur von etwa 950 °C hohe Energiekosten und ist in der Regel nur eine Aluminium-Silizium-Beschichtung des Bauteils möglich. Eine Aluminium-Silizium-Beschichtung des Bauteils erfordert eine relativ lange Aufheizzeit vor der Warmumformung und bewirkt einen hohen Verschleiß im Warmumformwerkzeug. Außerdem stellt eine Aluminium-Silizium-Beschichtung des Bauteils keinen kathodischen Korrosionsschutz des Warmumformteils bereit.
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Durch die beim erfindungsgemäßen Herstellungsverfahren definierte geringere Austenitisierungstemperatur von kleiner als 800 °C, insbesondere etwa 700 °C bis etwa 750 °C, des Metallmaterials ist es möglich, eine Zink-Eisen-Beschichtung auf das Bauteil zu applizieren, welche ggf. einen kathodischen Korrosionsschutz des Warmumformteils gewährleisten kann. Außerdem wird durch die sinkenden Energiekosten der Herstellungsaufwand zusätzlich reduziert.
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Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung wird die Bearbeitungszeit so bestimmt, dass sie in einem Bereich von 15 min bis 25 min liegt. Bevorzugt beträgt die Bearbeitungszeit etwa 20 min. Durch eine derartige Bestimmung der Bearbeitungszeit werden optimal eine Umverteilung von Kohlenstoff, eine Relaxation und ein Abbau von Eigenspannungen zur Stabilisierung des Restaustenits erzielt.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung wird als die zur Fertigung der Fahrzeugkarosserie erforderliche Bearbeitung des Teileverbunds eine elektrochemische Tauchlackierung, insbesondere kathodische Tauchlackierung, des Teileverbunds durchgeführt, wobei das Erwärmen des Teileverbunds auf die Bearbeitungstemperatur und das Halten des Teileverbunds auf der Bearbeitungstemperatur im Rahmen eines Lackeinbrennprozesses der elektrochemischen Tauchlackierung durchgeführt werden.
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Gemäß der Erfindung wird das den Anteil von Restaustenit enthaltende, pressgehärtete Warmumformteil mittels z.B. Schweißens oder Ähnlichem mit anderen Komponenten wie Karosseriepressteilen der Fahrzeugkarosserie zu dem Teileverbund verbunden. Dieser Teileverbund kann die vollständige Fahrzeugkarosserie oder einen aus mehreren Komponenten bestehenden Teil der vollständigen Fahrzeugkarosserie repräsentieren. Durch die Nutzung des Lackeinbrennprozesses der elektrochemischen Tauchlackierung für das Erwärmen des Teileverbunds auf die Bearbeitungstemperatur und das Halten des Teileverbunds auf der Bearbeitungstemperatur kann die Verbesserung der Duktilität des pressgehärteten Warmumformteils einfach und mit geringem Aufwand in eine Serienfertigung von Fahrzeugkarosserien integriert werden.
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Gemäß noch einer Ausführungsform der Erfindung wird als das Metallmaterial für das Bauteil ein Mangan-Bor-Stahl verwendet, welcher sich gut presshärten lässt und hervorragende Festigkeitseigenschaften aufweist. Mangan-Bor-Stähle werden in vielfältigen Formen hergestellt und lassen sich daher einfach beschaffen. Bevorzugt wird dann ein Mangan-Bor-Stahl verwendet, welcher hinsichtlich seiner Legierungselemente wie Mangan, Silizium und Kohlenstoff so angepasst ist, dass nach der Warmumformung des Bauteils ein restaustenitisch-martensitischer Gefügezustand im Metallmaterial des Warmumformteils erzielbar ist und selbst nach dem Prozess der Warmumformung - vor der thermischen Nachbehandlung - ausreichend Duktilität für Fügeoperationen bereit steht (z.B. >5%).
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Bevorzugt wird nach dem erfindungsgemäßen Herstellungsverfahren die Austenitisierungstemperatur des Metallmaterials des Bauteils durch Einstellen eines Mangananteils und eines Kohlenstoffanteils des Metallmaterials vordefiniert. Genauer werden ausgehend von der Grundkonfiguration eines Mangan-Bor-Stahls wie z.B. 22MnB5 der Mangananteil und der Kohlenstoffanteil des Mangan-Bor-Stahls jeweils so erhöht, dass der Mangan-Bor-Stahl eine Austenitisierungstemperatur von kleiner als 800 °C, insbesondere 700 °C bis 750 °C, aufweist. Bevorzugt wird als das Metallmaterial für das Bauteil ein Stahl mit 0,10 % bis 0,18 % Kohlenstoff, 5,5 % bis 8,5 % Mangan, weniger als 0,5 % Silizium und mehr als 0,05 % Vanadium als Legierungselementen verwendet.
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Die Erfindung erstreckt sich ausdrücklich auch auf solche Ausführungsformen, welche nicht durch Merkmalskombinationen aus expliziten Rückbezügen der Ansprüche gegeben sind, womit die offenbarten Merkmale der Erfindung - soweit dies technisch sinnvoll ist - beliebig miteinander kombiniert sein können.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsformen und unter Bezugnahme auf die beigefügte Figur beschrieben werden.
- 1 zeigt ein Zeitdiagramm zur Erläuterung des Verfahrens zum Herstellen eines Warmumformteils für eine Fahrzeugkarosserie gemäß einer Ausführungsform der Erfindung.
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Im Folgenden wird ein Verfahren zum Herstellen (im Folgenden Herstellungsverfahren genannt) eines Warmumformteils für eine Fahrzeugkarosserie (beide nicht gezeigt) unter Bezugnahme auf 1 beschrieben. Mit anderen Worten ausgedrückt handelt es sich bei dem erfindungsgemäßen Warmumformteil um ein warmumgeformtes und dabei pressgehärtetes Karosseriebauteil, welches eine Komponente einer Fahrzeugkarosserie bildet.
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Im Rahmen des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens wird ein Bauteil (in 1 nicht dargestellt) aus einem presshärtbaren Metallmaterial mit einer Austenitisierungstemperatur unterhalb von 800 °C, insbesondere mit einer Austenitisierungstemperatur in einem Bereich von 700 °C bis 750 °C, bereitgestellt. Das Bauteil kann z.B. als ebene Platine bzw. ebener Blechzuschnitt bereitgestellt werden, kann aber auch z.B. als ein vorumgeformtes und/oder vorgestanztes Bauteil aus Metallblech bereitgestellt werden.
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Als das Metallmaterial für das Bauteil wird bevorzugt ein Mangan-Bor-Stahl verwendet, welcher hinsichtlich seiner Legierungselemente wie Mangan, Silizium und Kohlenstoff so angepasst ist, dass nach der Warmumformung des Bauteils ein restaustenitisch-martensitischer Gefügezustand im Metallmaterial des Warmumformteils erzielbar ist.
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Insbesondere wird nach dem erfindungsgemäßen Herstellungsverfahren die Austenitisierungstemperatur des Metallmaterials des Bauteils durch Einstellen eines Mangananteils und eines Kohlenstoffanteils des Metallmaterials vordefiniert. Genauer werden ausgehend von der Grundkonfiguration eines Mangan-Bor-Stahls wie z.B. 22MnB5 der Mangananteil und der Kohlenstoffanteil des Mangan-Bor-Stahls jeweils so erhöht, dass der Mangan-Bor-Stahl eine Austenitisierungstemperatur von kleiner als 800 °C, insbesondere 700 °C bis 750 °C, aufweist. Beispielsweise kann als das Metallmaterial für das Bauteil zur Herstellung des Warmumformteils ein Stahl mit 0,10 % bis 0,18 % Kohlenstoff, 5,5 % bis 8,5 % Mangan, weniger als 0,5 % Silizium und mehr als 0,05 % Vanadium als Legierungselementen verwendet werden.
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1 zeigt in einem Zeitdiagramm, in dem die Horizontalachse die Prozesszeit t repräsentiert und die Vertikalachse die Temperatur T repräsentiert, in Volllinie den weiteren Ablauf des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens. Nach dem erfindungsgemäßen Herstellungsverfahren wird das Bauteil von einem Zeitpunkt t0 bis zu einem Zeitpunkt t1 zumindest auf die Austenitisierungstemperatur des Metallmaterials des Bauteils oder leicht darüber erwärmt. Diese Erwärmung erfolgt z.B. in einer Vorwärmvorrichtung (in 1 nicht gezeigt) wie einem mit Brenngas oder elektrisch betriebenen Vorwärmofen. Genauer wird das Bauteil von dem Zeitpunkt t0 bis zu dem Zeitpunkt t1 auf die Austenitisierungstemperatur von etwa 700 °C bis 750 °C erwärmt und über einen Zeitraum von dem Zeitpunkt t1 bis zu einem Zeitpunkt t2 auf der Austenitisierungstemperatur oder leicht darüber gehalten, so dass eine Austenitisierung des Gefüges des Metallmaterials des Bauteils erzielt wird.
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Als Vergleich ist in 1 in Strichlinie die herkömmliche Erwärmung auf eine Austenitisierungstemperatur von etwa 950 °C gezeigt.
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Danach wird das erwärmte Bauteil in ein Warmumformwerkzeug (in 1 nicht gezeigt) eingebracht, das z.B. einen Werkzeugoberteil und einen Werkzeugunterteil aufweist, welche zusammen eine gewünschte Teiletopographie bzw. eine vorbestimmte Form für das Warmumformteil definieren. Das in das Warmumformwerkzeug überführte erwärmte Bauteil wird durch vertikales Zusammenfahren von Werkzeugoberteil und Werkzeugunterteil zu einem Warmumformteil mit der vorbestimmten Form bzw. Teiletopographie warmumgeformt (warmgepresst).
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Das Warmumformteil wird dann in dem Warmumformwerkzeug in einem Zeitraum von dem Zeitpunkt t2 an auf eine Temperatur (z.B. ca. 220 °C) zwischen der Martensit-Starttemperatur und der Martensit-Finishtemperatur des Metallmaterials abgekühlt bzw. abgeschreckt, so dass das Warmumformteil pressgehärtet wird unter Ausbildung eines martensitischen Gefüges mit einem Anteil von Restaustenit in seinem Metallmaterial.
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Nach der Presshärtung des Warmumformteils und Abkühlung dessen auf einen Werkzeugentnahmetemperatur kann das Warmumformteil bis auf Umgebungstemperatur (Zeitpunkt t3) abkühlen und wird einer Weiterverarbeitung zur Herstellung der Fahrzeugkarosserie zugeführt. Im Rahmen dieser Weiterverarbeitung wird das den Anteil von Restaustenit enthaltende, pressgehärtete Warmumformteil mittels z.B. Schweißens oder Ähnlichem mit anderen Komponenten wie Karosseriepressteilen der Fahrzeugkarosserie zu einem Teileverbund verbunden. Dieser Teileverbund kann die vollständige Fahrzeugkarosserie oder einen aus mehreren Komponenten bestehenden Teil der vollständigen Fahrzeugkarosserie repräsentieren.
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Nach dem erfindungsgemäßen Herstellungsverfahren wird dann eine zur Fertigung der Fahrzeugkarosserie erforderliche Bearbeitung des Teileverbunds durchgeführt. Im Rahmen dieser Bearbeitung des Teileverbunds wird der Teileverbund von einem Zeitpunkt t4 bis zu einem Zeitpunkt t5 auf eine Bearbeitungstemperatur in einem Bereich von 170 °C bis 220 °C erwärmt und auf dieser Bearbeitungstemperatur für eine Bearbeitungszeit von dem Zeitpunkt t5 bis zu einem Zeitpunkt t6 gehalten, so dass den Anteil von Restaustenit stabilisierende Prozesse, wie insbesondere eine lokale Diffusion (Partitionierung) von Kohlenstoff aus dem Martensit in den Restaustenit und/oder eine Relaxation des Gitters und/oder ein Abbau von etwaigen Eigenspannungen, in dem Metallmaterial des Warmumformteils erzielt werden. Die Bearbeitungszeit t5 bis t6 wird so bestimmt, dass sie in einem Bereich von 15 min bis 25 min (bevorzugt etwa 20 min) liegt. Nach Ablauf der Bearbeitungszeit t5 bis t6 kann der Teileverbund auf Umgebungstemperatur abkühlen, wie in 1 gezeigt.
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In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Zeit zwischen dem Presshärten und dem Verbinden bzw. dem auf die Bearbeitungstemperatur Erwärmen des Warmumformteils nicht kritisch ist bzw. es dafür keine Zeitvorgaben zu erfüllen gibt, da sich das Warmumformteil nach dem Presshärten in einem bei Raum- bzw. Umgebungstemperatur metastabilen Zustand befindet, in dem sich im Gefüge des Warmumformteils nichts verändert, solange das Warmumformteil keine mechanische oder thermische Überlast erfährt. Demgemäß kann die Zeit zwischen dem Presshärten und dem Verbinden bzw. dem auf die Bearbeitungstemperatur Erwärmen des Warmumformteils z.B. auch einige Tage betragen, wie durch die Trennung der Prozesslinie zwischen den Zeitpunkten t3 und t4 angedeutet.
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Nach dem erfindungsgemäßen Herstellungsverfahren wird als die zur Fertigung der Fahrzeugkarosserie erforderliche Bearbeitung des Teileverbunds bevorzugt eine elektrochemische Tauchlackierung, insbesondere kathodische Tauchlackierung, des Teileverbunds durchgeführt. Das Erwärmen des Teileverbunds auf die Bearbeitungstemperatur von etwa 170 °C bis etwa 220 °C und das Halten des Teileverbunds auf der Bearbeitungstemperatur werden dann im Rahmen eines Lackeinbrennprozesses der elektrochemischen Tauchlackierung durchgeführt.
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Durch diese Bearbeitung des Teileverbunds, d.h. das Erwärmen des Teileverbunds auf die Bearbeitungstemperatur von etwa 170 °C bis etwa 220 °C und das Halten des Teileverbunds auf der Bearbeitungstemperatur über die Bearbeitungszeit t5 bis t6, werden in dem Gefüge des Metallmaterials des im Teileverbund enthaltenen Warmumformteils den Anteil von Restaustenit stabilisierende Prozesse, wie insbesondere eine lokale Diffusion (Partitionierung) von Kohlenstoff aus dem Martensit in den Restaustenit und/oder eine Relaxation des Gitters und/oder ein Abbau von etwaigen Eigenspannungen, erzielt. Das Warmumformteil erhält dadurch eine gegenüber einer herkömmlichen Herstellung höhere Duktilität von etwa 10 % oder > 10%, wobei die Zugfestigkeit des Warmumformteils z.B. etwa 1600 MPa beträgt.
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Da dieses Anlassen bzw. Partitionieren (das Erwärmen auf Bearbeitungstemperatur und das Halten auf der Bearbeitungstemperatur) des Warmumformteils im Rahmen der ohnehin zur Herstellung der Fahrzeugkarosserie erforderlichen Bearbeitung des Teileverbunds durchgeführt wird, d.h. ohne einen gesonderten Prozessschritt mit zusätzlicher Prozesszeit und Energie, kann die hohe Duktilität des Warmumformteils mit geringerem Herstellungsaufwand erzielt werden. Das bedeutet, dass sich das Anlassen bzw. Partitionieren problemlos, insbesondere einfach und kostenneutral, in eine Serienfertigung von Fahrzeugkarosserien integrieren lässt.
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Allgemein ausgedrückt umfasst das erfindungsgemäße Herstellungsverfahren nachfolgend einer Warmumformung (Austenitisieren, Umformen und Abschrecken) eine Partitionierung (Umverteilung von Kohlenstoff zur Stabilisierung des Restaustenits) und/oder eine Relaxierung bzw. Entspannung und/oder einen Abbau von Eigenspannungen. Vorteilhaft fällt bei diesem Quench-und-Partitioning-Prozess (Abschrecken und Auslagern zur Verteilung von Kohlenstoff) aber der Schritt der Partitionierung / Relaxierung / Eigenspannungsabbaus unabhängig von der Warmumformung mit dem ohnehin zur Herstellung der Fahrzeugkarosserie erforderlichen Bearbeitungsprozess des Teileverbunds zusammen.
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Beim konventionellen Austenitisieren gibt es durch die relativ hohe Austenitisierungstemperatur von etwa 950 °C hohe Energiekosten und ist in der Regel nur eine Aluminium-Silizium-Beschichtung des Bauteils möglich. Eine Aluminium-Silizium-Beschichtung des Bauteils erfordert eine relativ lange Aufheizzeit vor der Warmumformung und bewirkt einen hohen Verschleiß im Warmumformwerkzeug. Außerdem stellt eine Aluminium-Silizium-Beschichtung des Bauteils keinen kathodischen Korrosionsschutz des Warmumformteils bereit.
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Durch die geringere Austenitisierungstemperatur von kleiner als 800 °C, insbesondere 700 °C bis 750 °C, ist es möglich, eine Zink-Eisen-Beschichtung auf das Bauteil zu applizieren, welche ggf. einen kathodischen Korrosionsschutz des Warmumformteils gewährleisten kann. Zudem kann Heizenergie eingespart werden.
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Durch die hohe Festigkeit des Warmumformteils kann potentiell dünneres Metallmaterial für dessen Herstellung genutzt werden. Durch die verbesserten mechanischen Eigenschaften, insbesondere die höhere Duktilität, des Warmumformteils können anspruchsvolle zusätzliche Prozessschritte, wie z.B. das Weichglühen von Flanschen oder partielle Prozessführungen während einer Erwärmung für Tailored-Properties, wegfallen.
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Bezugszeichenliste
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- T
- Temperatur
- t
- Prozesszeit
- t0-t6
- Zeitpunkte
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102013010946 B3 [0003]