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Hintergrund der Erfindung
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Die vorliegende Erfindung betrifft Verfahren zur Herstellung von reduziertem Graphenoxid, d.h. von Graphen und Graphenähnlichen Materialien, sowie damit hergestelltes reduziertes Graphenoxid von hoher Reinheit und dessen Verwendung.
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Die Entdeckung von Graphen im Jahre 2004 führte zu einem außerordentlichen Boom in der akademischen Forschung, in den Materialwissenschaften und in der Nanotechnologie. Graphen (eine einatomige Lage von Graphit) ist aus sp2-konjugierten Kohlenstoffatomen aufgebaut, deren Bindungen stärker als die sp3-Bindungen im Diamant sind und die dem Graphen eine einzigartige Kombination vorteilhafter Eigenschaften wie mechanische Festigkeit, außergewöhnlich hohe thermische und elektrische Leitfähigkeit und ungewöhnlich hohe thermische Stabilität verleihen. Zu den vielversprechendsten Anwendungen zählen beispielsweise nanoelektronische Geräte, Kompositmaterialien, Solarzellen, Superkondensatoren, Sensoren, Energiespeichermaterialien, Terahertz-Detektoren und Sender in der Verteidigungstechnologie und Telekommunikation.
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Die Chemie und die zahlreichen Anwendungen von Graphen, Graphenoxid und deren Derivaten wurde ausführlich in verschiedenen Übersichtsartikeln (z.B. Zhu et al. in Adv. Mater. 22 (2010), 3906) beschrieben. Als effektivste indirekte Methode zur Erzeugung von hochqualitativem Graphen (d.h. von fast 100-%ig reduziertem Graphenoxid (GO)) stellt sich die Reduktion von GO in kolloidaler Lösung dar. Durch Filtration kann so z.B. freitragendes papier-ähnliches Material erhalten werden. Die Reduktion von GO kann durch thermische Methoden, auf nasschemischem Weg durch Reduktion mit beispielsweise Hydrazin, Dimethylhydrazin, Hydrochinon oder NaBH4, photokatalytisch mit TiO2 oder ZnO, oder über Elektrolyse erfolgen. Alle diese Verfahren ergeben elektrisch leitendes Material.
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CN 102328926 A beschreibt die Herstellung von löslichem reduziertem Graphen in Wasser, Methanol oder Ethanol durch UV-Bestrahlung unter Zugabe einer Aminoverbindung (2,2,6,6-Tetramethyl-4-piperidinol oder 2,2,6,6-Tetramethyl-4-amino-piperidin) als Reduktionsmittel.
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In Nanoscale 2011, 3, Seiten 4662-4669, wird die UV-Bestrahlung einer wässrigen Graphenoxid-Suspension in Anwesenheit eines silber- bzw. kupferbeschichteten Silicium-Nanodrahts beschrieben.
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CN 101966989 A beschreibt die photokatalytische Reduktion von Graphen unter Verwendung von Zinkoxid in Wasser mittels UV-Bestrahlung.
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Die thermische Methode kommt als einzige ohne den Einsatz von Lösemitteln aus, hat aber klare Nachteile wie stark gewinkelte Graphenlagen (erschwert die homogene Mischung in Polymermatrizen), sehr hohe Prozesstemperaturen bis zu 1000° C und einen hohen Gewichtsverlust (30 %).
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Die chemische Reduktion von GO kann wie folgt vereinfacht zusammengefasst werden:
Reduktant + GO → Produkt des Reduktanten + Reduziertes GO
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Die effektivste Reduktion von GO erhält man mit Hydrazin als Reduktionsmittel (Tung et al., Nature Nanotech. 4 (2009), 25).
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Die Effektivität von Hydrochinon, Pyrogallol und NaBH4 ist im Vergleich dazu vernachlässigbar klein. Aufgrund der hohen Toxizität und der explosiven Natur von Hydrazin und seinen Derivaten kann dieser Weg industriell nicht verfolgt werden.
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Interessanterweise ist Vitamin C (Ascorbinsäure) fast genauso effektiv für die Reduzierung von GO wie Hydrazin, aber es ist ebenfalls für eine Massenproduktion zu teuer. Dehydroascorbinsäure als Endprodukt der Reaktion mit Ascorbinsäure hat keine sinnvolle Verwertungsmöglichkeit und muss entsorgt werden.
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Entsorgungsprobleme gibt es auch beim Einsatz von schwefelhaltigen Reduktionsmitteln.
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Die elektrochemische Reduktion scheint sehr effektiv zu sein und vermeidet hoch-toxische Verbindungen wie Hydrazin, jedoch machen die Abscheidung des Produktes auf den Elektroden sowie der hohe Energieverbrauch den elektrochemischen Prozess weniger attraktiv.
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Die photokatalytische Reduktion von GO ist viel weniger effektiv als die Hydrazin-basierte oder elektrochemische Methoden. Außerdem ist die Trennung von Graphen und TiO2 schwierig aufgrund der Abscheidung des Produktes auf dem Photokatalysator.
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Trotz des großen Interesse an Graphen und GO sind Informationen zur Strahlenchemie dieser Verbindungen kaum vorhanden. Zwei Publikationen (Xu et al., Appl. Phys. Lett. 98 (2011), 18312; Chen et al., Mater. Lett. 65 (2011), 1229) behandeln reduktive und oxidative sowie struktur-störende Effekte von sehr hohen Dosen (500 kGy) bei der Elektronenbestrahlung von trockenen Schichten in einer aeroben Umgebung. Diese Bedingungen sind für ein effektives und wirtschaftliches Verfahren zur Reduktion von GO ungeeignet.
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Eine jüngere Veröffentlichung von Zhang et al. (J. Mater. Chem., 22 (2012), 7775) beschreibt ein strahlenchemisches Reduktionsverfahren, bei dem reduzierende Radikale mit Hilfe von Gammastrahlung erzeugt werden.
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Dieses Verfahren erfordert jedoch lange Reaktionszeiten (typischerweise im Bereich von 40 Stunden), eine hohe Strahlendosis (35 kGy werden als optimal angegeben) und die Abwesenheit von Sauerstoff. Weitere Nachteile sind die Beschränkung auf bestimmte Reduktionsmittel (nur Alkohole, wobei Ethanol bevorzugt ist) und die Bildung toxischer Endprodukte wie Acetaldehyd (im Fall von Ethanol).
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Zusammenfassend kann man feststellen, dass alle genannten Methoden zur Reduktion von GO aus unterschiedlichen Gründen Nachteile, insbesondere für eine industrielle Massenproduktion von graphen-ähnlichem Material, aufweisen.
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Vor diesem Hintergrund besteht eine Aufgabe der Erfindung in der Bereitstellung eines neuen Verfahrens zur Herstellung von reduziertem Graphenoxid, mit welchem die oben aufgeführten Nachteile herkömmlicher Verfahren ganz oder weitgehend vermieden werden. Eine weitere Aufgabe der Erfindung ist die Bereitstellung von reduziertem Graphenoxid bzw. von Graphenähnlichen Materialien mit hoher Reinheit, welche frei von unerwünschten Fremdatomen sind und einen sehr hohen Reduktionsgrad aufweisen.
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Überraschend konnten diese Aufgaben durch die Bereitstellung des erfindungsgemäßen Verfahrens nach Anspruch 1 und die Bereitstellung des reduzierten Graphenoxids nach Anspruch 19 gelöst werden. Speziellere Aspekte und bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung sind Gegenstand der weiteren Ansprüche.
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Beschreibung der Erfindung
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung von reduziertem Graphenoxid umfassend mindestens die folgenden Schritte:
- a) Bereitstellung einer Dispersion von Graphenoxid in einem wässrigen Medium, das Wasser und mindestens eine Reduktionsmittel-Vorläuferverbindung enthält, welche bei Elektronenbestrahlung oder Bestrahlung mit UV-Strahlung einer Wellenlänge im Bereich von 200 nm bis 320 nm reduzierende Radikalspezies ergibt,
- b) Bestrahlung der Dispersion mit Elektronenstrahlung oder UV -Strahlung einer Wellenlänge im Bereich von 200 nm bis 320 nm, wobei im Falle der UV-Bestrahlung als organische Reduktionsmittel-Vorläuferverbindungen eine Kombination von Aceton/Isopropanol verwendet wird, wobei Graphenoxid durch die bei der Bestrahlung gebildeten reduzierenden Radikalspezies in reduziertes Graphenoxid überführt wird.
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Untersuchungen der Erfinder führten zu dem Ergebnis, dass GO hocheffizient in wässrigen Lösungen reduziert werden kann durch die Reaktion mit freien reduzierenden Radikalen, welche auf einfache Weise durch Elektronenbestrahlung oder UV-Bestrahlung gebildet werden.
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Hauptvorteile dieser Vorgehensweise sind die relativ niedrigen Prozesstemperaturen und die kurze Prozesszeit in der Größenordnung von Minuten. Im Gegensatz zu den meisten der bisher zur Reduktion von GO bekannten chemischen Reduktionsmitteln sind die hier verwendeten Reduktionsmittel nicht toxisch und ihre Reaktionsprodukte können einfach abgetrennt werden.
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In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens erfolgt die Erzeugung der reduzierenden Radikalspezies mittels Elektronenbestrahlung.
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Zur Bestrahlung mit Elektronenstrahlung kann beispielweise ein im Stand der Technik bekannter Linearbeschleuniger (mit 10-20 MeV wie z.B. von Toriy Company, Russland, im Handel erhältlich) eingesetzt werden.
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Zur Bestrahlung mit UV-Strahlung ist grundsätzlich jede Strahlungsquelle geeignet, welche Photonen mit der gewünschten Wellenlänge erzeugt. Bevorzugte Strahlungsquellen sind Laser, Halogenlampen, Mittel- und Hochdruckquecksilberstrahler, Excimerlampen.
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Die Reduktion von GO durch Elektronenstrahlung erfolgt typischerweise bei einer Dosis im Bereich von 5-30 kGy, vorzugsweise 7-25 kGy, für einen Zeitraum von 1 bis 20 min, vorzugsweise von 1 bis 15 min oder 5 bis 10 min.
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Die optimale Dosis ist von der GO-Konzentration der wässrigen Dispersion abhängig, typischerweise beträgt sie bei 0,01 bis 0,1 g/l GO ca. 7-9 kGy, bei 0,2 bis 0,5 g/l GO ca. 10-25 kGy, bei 0,5 bis 1 g/l GO ca. 25-30 kGy, z.B. bei 0,04 g/l GO ca. 7-9 kGy, bei 0,4 g/l ca. 20-25 kGy.
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Die Reduktion durch UV-Strahlung wird in der Regel bei einer absorbierten UV-Dosis im Bereich von > 1 mJ/cm3, z.B. im Bereich von 2-7 J/cm3 bei Bestrahlung bei einer Wellenlänge von 254 nm, im Bereich von 8-15 J/cm3 (222 nm) oder im Bereich von 15-65 J/cm3 (311 nm), durchgeführt werden. Die Bestrahlungszeiten liegen hierbei typischerweise in einem Zeitraum von 1 bis 35 min, vorzugsweise von 1 bis 10 min (siehe Tabelle 1).
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Geeignete Dosen können vom Fachmann unschwer mit Routineversuchen ermittelt werden.
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Im Falle der Bestrahlung mit Elektronenstrahlung sind als Reduktionsmittel-Vorläuferverbindungen grundsätzlich alle anorganischen oder organischen Verbindungen geeignet, welche bei Elektronenbestrahlung reduzierende Radikalspezies bilden. Spezieller ist die mindestens eine Reduktionsmittel-Vorläuferverbindung aus der Gruppe, die CO2, Alkohole, Aldehyde, Carbonsäuren und Ketone umfasst, ausgewählt.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist die mindestens eine Reduktionsmittel-Vorläuferverbindung aus der Gruppe, die aus CO2, einem einwertigen oder mehrwertigen Alkohol mit 1-10 C-Atomen, vorzugsweise Methanol, Ethanol, Isopropanol, Ethylenglycol, Glycerin, ein Zucker, z.B. Saccharose, besonders bevorzugt Isopropanol, einer Carbonsäure mit 1-10 Atomen, vorzugsweise Formiat, und Aceton besteht, ausgewählt.
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Bei ansonsten gleichen Bedingungen und Verwendung von Ethylenglycol, Glycerin oder Saccharose statt Isopropanol als Vorläuferverbindung beträgt die Ausbeute an reduziertem Graphenoxid etwa 84 %, 81 % bzw. 57 % (bezogen auf Isopropanol als 100 %).
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Bei Bestrahlung mit UV-Strahlung wird erfindungsgemäß eine Kombination von Aceton/Isopropanol als organische Reduktionsmittel-Vorläuferverbindungen verwendet.
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Die Bildung der GO-reduzierenden Radikalspezies aus der Vorläuferverbindung geschieht typischerweise durch eine Reaktion der Vorläuferverbindung mit primären Radikalspezies, wie hydratisierten Elektronen, H-Radikalen und OH-Radikalen, welche als unmittelbare Radiolyseprodukte von H2O gebildet werden.
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Ein besonderer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, dass bereits geringe Konzentrationen der Reduktionsmittel-Vorläuferverbindung(en) im wässrigen Medium zu sehr guten Ergebnissen führen.
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Typischerweise ist bzw. sind beim erfindungsgemäßen Reduktionsverfahren eine oder mehrere organische Reduktionsmittel-Vorläuferverbindung(en) in einer Gesamtkonzentration von nicht mehr als 10 Gew.-%, bevorzugter nicht mehr als 5 Gew.-%, vorzugsweise 0,1-2 Gew.-%, besonders bevorzugt 0,02-0,5 Gew.-% in dem wässrigen Medium vorhanden. Die Ausbeute an reduziertem GO bei 0,03 Gew.-% EtOH erreicht schon ca. 85 % der Ausbeute im gleichen System, aber mit 2 Gew.-% EtOH.
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Insbesondere bei Verwendung eines Alkohols, wie Ethanol oder Isopropanol, reichen bereits ca. 0,1 Gew.-% in der Regel aus, um eine sehr weitgehende Reduktion zu erzielen.
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Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, dass die Reduktion nicht nur unter Ausschluss von Sauerstoff durchgeführt werden kann. Das erfindungsgemäß verwendete wässrige Medium kann sich in einer Gasatmosphäre, welche CO2, N2, N2O, Luft oder Mischungen davon umfasst, befinden oder mit einem Gas, welches CO2, N2, N2O, Luft oder Mischungen davon umfasst, gesättigt sein.
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Die Anwesenheit von solchen Gasen, wie z.B. CO2, die bei Elektronenbestrahlung oder UV-Bestrahlung selbst GOreduzierende Radikale (z.B. CO2 •--Radikale) bilden, oder von Gasen wie N2O, die Radikale bilden, welche die Entstehung von reduzierenden Radikalen aus einer entsprechenden organischen Vorläuferverbindung fördern, stellt eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung dar.
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In einer speziellen und besonders bevorzugten Ausführungsform wird die Reduktion in einem wässrigen Medium, das mit CO2 gesättigtes Wasser und 1 mM bis 10 mM Formiat enthält, durchgeführt.
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Die Anwesenheit von Formiat fördert die Reduktionsreaktion dadurch, dass es oxidierende OH-Radikale quantitativ in hoch reduzierende CO2 •--Radikale umwandelt, zusätzlich zu den CO2 •--Radikalen, welche direkt durch die Reaktion von CO2 mit hydratisierten Elektronen (als Folge der Bestrahlung) entstehen. Das heißt, man erhält ca. die doppelte Konzentration an reduzierenden CO2 •--Radikalen. Das Formiat wird im Laufe der Reduktion in CO2 überführt, so dass hier kein zusätzliches Abfallprodukt entsteht und nahezu ein Kreislauf von CO2 entsteht.
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Die Reduktion von GO kann ebenfalls effizient in einem wässrigen Medium, das mit CO2 gesättigtes Wasser und 0,1-5 Gew.-% eines anderen OH-Radikalfängers, z.B. eines Alkohols wie obengenannt, enthält, durchgeführt werden. Dabei entfallen jedoch die besonderen Vorteile von Formiat, nämlich die Anwesenheit einer nur sehr geringen Konzentration an organischem Additiv (1 mM entspricht lediglich 0,0068 Gew.-%) und die Vermeidung eines zusätzlichen Abfallprodukts.
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Die Reduktion von GO kann ferner auch einfach in CO2-gesättigter wässriger GO-Dispersion durchgeführt werden. Dann beträgt die Ausbeute von reduziertem GO aber nur ca. 40 % im Vergleich zum System Formiat/CO2-gesättigte wässrige GO-Dispersion.
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Wird die Reduktion von GO mittels CO2 (d.h. CO2 •--Radikalen) bei einem pH-Wert > 4,5 durchgeführt, entsteht durch Dimerisierung von CO2 •--Radikalen, die nicht mit GO reagieren, Oxalat. Sowohl Ameisensäure als auch Oxalsäure könnten aber erforderlichenfalls durch Erhitzung (Zersetzung bei 101 bzw. 157 °C) leicht von reduziertem GO-Produkt abgetrennt werden.
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In einer anderen speziellen Ausführungsform wird das erfindungsgemäße Verfahren mit Isopropanol bzw. einer Kombination von Isopropanol und Aceton als Reduktionsmittel-Vorläuferverbindung(en) durchgeführt.
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Bei Verwendung von Isopropanol wird als organisches Reaktionsprodukt der Reduktion Aceton erzeugt. Aceton ist im Vergleich zu anderen Reaktionsprodukten von organischen Reduktionsmitteln relativ untoxisch und stellt nur ein geringes Umwelt- und Entsorgungsproblem dar.
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Die Verwendung einer Kombination von Isopropanol und Aceton als Reduktionsmittel-Vorläuferverbindungen ist besonders vorteilhaft bei Bestrahlung mit UV-Licht. Aceton absorbiert Licht, wird angeregt und reagiert im angeregten Zustand mit Isopropanol. Dabei entstehen zwei gleiche reduzierende Radikale entsprechend den folgenden Gleichungen:
(CH3)2CO + hν → (CH3)2CO* (A)
(CH3)2CO* + (CH3)2CHOH → 2 (CH3)2C•(OH) (B)
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Vorzugsweise wird dabei eine Kombination von Aceton/Isopropanol in einer Konzentration von 0,01-1 Gew.-% Aceton und 0,5-8 Gew.-%, bevorzugter 1-5 Gew.-%, Isopropanol verwendet. Das Verfahren wird typischerweise mit einer absorbierten UV-Dosis im Bereich von 2-7 J/cm3 (Bestrahlung bei einer Wellenlänge von 254 nm), 8-15 J/cm3 (222 nm) oder 15-65 J/cm3 (311 nm) durchgeführt.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren können die mindestens eine Reduktionsmittel-Vorläuferverbindung und ihre Reaktionsprodukte unschwer von dem reduziertem Graphenoxid durch Verdampfung abgetrennt werden. Damit entfallen aufwendige und kostspielige Filtrations- und Waschschritte.
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Dabei können entweder nur die leicht flüchtigen organischen Bestandteile abgetrennt werden, oder es kann die gesamte flüssige Phase verdampft werden. Im ersteren Fall wird eine stabile wässrige Dispersion von reduziertem Graphenoxid erhalten, welche über Monate hinweg stabil bleibt und direkt weiterverarbeitet werden kann. Im letzteren Fall wird das reduzierte Graphenoxid als Pulver erhalten, welches als solches weiterverarbeitet oder wieder in einem gewünschten Lösungsmittel, z.B. Wasser, gelöst werden kann. Auch auf diesem Weg kann eine stabile wässrige Dispersion von reduziertem Graphenoxid erhalten werden.
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In einer weiteren speziellen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens enthält das wässrige Medium ferner eine zusätzliche Vorläuferverbindung, welche bei Bestrahlung im Schritt b) nicht-reduzierende Radikale bildet, die mit dem reduzierten Graphenoxid eine kovalente Bindung eingehen können. Auf diese Weise kann das reduzierte Graphenoxid mit gewünschten Substituenten modifiziert werden.
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In einer Variante dieses Verfahrens wird zuerst die Reduktion durchgeführt und dann dem wässrigen Medium nach der Reduktion eine weitere Vorläuferverbindung zugegeben, welche bei Elektronenbestrahlung oder UV-Bestrahlung nicht-reduzierende Radikale bildet, die mit dem reduzierten Graphenoxid eine kovalente Bindung eingehen können, und anschließend eine weitere Elektronenbestrahlung oder UV-Bestrahlung durchgeführt, bei der diese Radikale gebildet werden und mit dem reduzierten Graphenoxid eine kovalente Bindung eingehen.
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Die zusätzlichen Vorläuferverbindungen sind insbesondere aus der Gruppe ausgewählt, welche organische Sulfoxide, organische Halogenverbindungen, Kohlenwasserstoffe, Persulfate etc. umfasst.
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In einer Verfahrensvariante erfolgt die Modifizierung durch die Additionsreaktion von redox-inerten freien Radikalen zum GO oder reduzierten GO.
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Solche Spezies können z.B. bei dem Reaktion von organischen Sulfoxiden mit •OH-Radikalen gemäß der folgenden Gleichung entstehen:
•OH + R1R2SO → H2O + R1S (O) OH + R2 • (oder R2S (O) OH + R1 •) (C) .
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Im Falle von DMSO führt diese Reaktion zu Erzeugung von Methylradikalen CH3 • mit 92 % Ausbeute.
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Alternativ können die redox-inerten freien Radikale aus der Reaktion von hydratisierten Elektronen (oder anderen stark reduzierenden Radikalen) mit halogenierten Kohlenwasserstoffen RHal (Hal = Br, Cl, I) gemäß der folgenden Gleichung entstehen:
eaq - + RHal → R• + Hal- (D)
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Die organischen Reste R sind nicht besonders beschränkt und es kommen grundsätzlich alle organischen Reste in Frage, welche die obigen Reduktion von GO und die Additionsreaktionen nicht stören. Diese Reste können insbesondere aus der Gruppe ausgewählt sein, welche verzweigte oder unverzweigte Alkylreste, vorzugsweise mit 1-20 C-Atomen, Alkylreste, die mit nichtreduktiven funktionellen Gruppen, welche die Reduktion von GO nicht beeinflussen, substituiert sind, Heteroalkylreste, insbesondere mit 1-20 C-Atomen, Arylreste und Heteroarylreste, insbesondere mit 1-12 C-Atomen, umfasst.
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Eine Modifizierung ist auch möglich durch die Addition von oxidierenden freien Radikalen.
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Beispielsweise sind hoch oxidierende SO4 •- Radikale (erzeugt durch Reaktion von hydratisierten Elektronen (eaq-) mit Persulfat oder durch Photolyse von Persulfat) für die schnelle Addition an Substrate mit -C=C-Doppelbindung(en) bekannt.
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Auf diese Weise kann das reduzierte Graphenoxid mit gewünschten funktionellen Gruppen wie Sulfat, Alkyl, Heteroalkyl, Aryl, Heteroaryl etc. modifiziert werden.
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Nachdem reduziertes GO im Vergleich zum GO viel mehr konjugierte Stellen mit sp2-Bindungen aufweist, die für Additionsreaktionen zur Verfügung stehen, ist die Modifizierung nach der Reduktion von primärem GO in der Regel bevorzugt.
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Andererseits bietet die Verfahrensvariante mit gleichzeitiger Modifizierung und Reduktion den Vorteil eines einfacheren und schnelleren Verfahrensablaufs.
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Die Stabilität des erfindungsgemäß hergestellten reduzierten Graphenoxids in einer wässrigen oder wässrig/organischen Dispersion (mit oder ohne Reduktionsmittel oder Reduktionsmittel-Reaktionsprodukte) ist hoch (Langzeitstabilität für typischerweise mindestens mehrere Monate). Trotzdem kann eine weitere Verbesserung der Stabilität, beispielsweise für bestimmte Anwendungen, wünschenswert sein.
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Diese kann durch eine physikalische oder chemische Stabilisierungs-Modifizierung von reduziertem Graphenoxid in seiner wässrig/organischen Dispersion durch die Anwesenheit von stabilisierenden Tensiden, Polymeren oder Monomeren mit großer Löslichkeit in Wasser erreicht werden.
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Geeignete stabilisierende Polymere sind z.B. Polyacrylsäure (PAS) und deren Salze, Polyvinylpyrrolidone (PVP) etc. Alternativ können diese Polymere auch in-situ durch Polymerisation von Monomeren, wie z.B. Acrylsäure, Acrylate, Vinylpyrrolidon, während der Bestrahlung erzeugt werden.
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Diese stabilisierenden Substanzen zeigen eine starke Wechselwirkung durch Van-der-Waals-Anziehung oder π-π-Stacking mit kohlenstoffartigen Strukturen wie z. B. Graphit, Kohlenstoffnanoröhren, Graphen, Graphenoxid etc. Eine solche physikalische Modifizierung kann sowohl während als auch nach der Reduktion erfolgen, wobei im letzteren Fall keine Bestrahlung mehr stattfindet. Im ersteren Fall werden die stabilisierenden Substanzen bereits vor der Bestrahlung dem wässrigen Medium zugegeben. Diese Verfahrensvariante ist für alle physikalisch stabilisierenden Substanzen, welche die Reduktion durch Bestrahlung nicht stören, z.B. PAS, PVP, geeignet.
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Wenn die Reaktionsbedingungen so eingestellt sind, dass ein gewisser Teil der primären freien Radikale mit dem Polymer, Monomer oder Tensid reagiert und dabei die entsprechende Radikale bildet, die in der Lage sind, kovalent an das reduzierte GO zu binden, handelt es sich um eine chemische Stabilisierungs-Modifizierung. Diese kann sowohl während als auch nach der Reduktion von GO erfolgen, dabei ist aber eine Bestrahlung Voraussetzung.
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Ein weiterer Aspekt der vorliegenden Erfindung betrifft das sehr weitgehend reduzierte Graphenoxid, welches mit dem erfindungsgemäßen Verfahren erhältlich ist und ein C/O-Verhältnis von mindestens 10, vorzugsweise > 13 und/oder einen Oberflächenwiderstand im Bereich von höchstens 104 bis 105 Ω/Quadrat aufweist. Dieses Produkt ist, mit Ausnahme von O-und H-Atomen, frei von eingebauten Fremdatomen, die aus den Reduktionsmitteln stammen. Im Gegensatz dazu werden bei dem Reduktionsverfahren mit Hilfe von Hydrazin zwar ebenfalls Produkte mit einem hohen C/O-Verhältnis erhalten, dabei findet jedoch immer ein gewisser Einbau von N-Atomen statt.
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Wie bereits oben erwähnt, kann das erfindungsgemäße reduzierte Graphenoxid insbesondere in Form einer langzeitstabilen wässrigen Dispersion vorliegen. Diese Dispersion kann frei von stabilisierenden Zusätzen sein oder Stabilisierungsmittel wie PAS, PVP oder Tenside enthalten. Die zusätzliche Stabilisierung kann auf einer physikalischen und/oder chemischen Wechselwirkung wie oben beschrieben beruhen.
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Das erfindungsgemäß hergestellte reduzierte Graphenoxid bzw. die erfindungsgemäß hergestellten graphen-ähnlichen Materialien eignen sich für eine Vielfalt von Einsatzgebieten.
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Einige spezielle Anwendungen sind die Verwendung als Elektrodenmaterial für Batterien und Doppelschichtkondensatoren oder elektrisch leitende Beschichtungen z.B. bei elektronischen und optoelektronischen Komponenten und Sensoren, oder als Komponente von Polymerwerkstoffen und Nanokompositen, insbesondere zur Verleihung von anti-statischen und hochfrequenzabschirmenden Eigenschaften. Weitere Einsatzmöglichkeiten sind z.B. Solarzellen, Brennstoffzellen, Energiespeichermaterialien, leitfähige Tinten, und Anwendungen in der Telekommunikation und Biotechnologie.
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Figurenliste
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- 1 zeigt einen Vergleich der Reduktionsergebnisse (als Extinktionen im Wellenlängenbereich von 200-900 nm) bei gleicher Elektronenbestrahlung (EB) von Graphenoxid (GO) in Gegenwart verschiedener Alkohole.
- 2 zeigt den Einfluss der EB-Dosisrate (Einzeldosis /Schritt) auf die Reduktionseffizienz.
- 3 zeigt die Reduktionseffizienz in Abhängigkeit von der EB-Gesamtdosis bei einer gegebenen GO-Konzentration.
- 4 zeigt den Einfluss der GO-Konzentration auf die optimale Gesamtdosis bei Elektronenbestrahlung.
- 5 zeigt den Einfluss der Gegenwart von Sauerstoff auf die Reduktion mittels Elektronenbestrahlung.
- 6 zeigt die Ergebnisse einer UV-Reduktion von GO in Gegenwart von verschiedenen Alkholkonzentrationen.
- 7 zeigt einen Vergleich der XPS-Spektren von GO und reduziertem GO, das auf verschiedene Weise reduziert wurde.
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Die folgenden Ausführungsbeispiele dienen zur näheren Erläuterung der Erfindung, ohne dieselbe jedoch auf die speziellen Parameter und Bedingungen der Beispiele zu beschränken.
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Allgemeine Methoden und Materialien
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Alle Chemikalien wurden analysenrein von Aldrich bezogen und ohne weitere Reinigung verwendet. Lösungen wurden stets frisch aus Millipore-gefiltertem Wasser (R > 18 MΩ) kurz vor der Bestrahlung hergestellt.
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Die Spektraländerungen von elektronenbestrahlten oder UVbestrahlten Graphenoxid (GO)-Lösungen wurden mit einem UV-VIS-Spektrometer TIDAS-II (Spectralytics GmbH) verfolgt. AFM-Messungen wurden mit einem Dimension Icon (Bruker)-Atomkraftmikroskop durchgeführt. Die thermogravimetrische Analyse der Proben erfolgte in einer Stickstoffstromatmosphäre bei einer Heizrate von 10°C min-1 unter Verwendung einer Pyris I-Apparatur (Perkin Elmer, USA). Ramanspektren wurden von 800 bis 3600 cm-1 auf einem RFS100-Gerät (Bruker) mit Nd:YA6-Laser (1064 nm) aufgezeichnet und XPS-Spektren auf einem Axis Ultra-Gerät (Kratos, Manchester, UK). Die Leitfähigkeitsmessungen von frei-stehenden Filmen von graphenähnlichen Materialien (reduziertem Graphenoxid) erfolgten mittels einer Vier-Punkt-Sonde von Materials Development Corporation (Chatsworth, CA), wobei ein Sondenkopf mit eine Nadeldistanz von etwa 1 mm zum Einsatz kam.
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Die Fehlergrenzen aller strahlungsbasierten Daten liegen im Bereich von + 10 %.
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Dispersionen von GO wurden unter Verwendung von einzelschichtigem GO (bezogen von Cheaptubes.com (USA)) und Millipore-Wasser in einem Ultraschallbad hergestellt. Eine wässrige Lösung von 0,4 g/l GO wurde durch Bewegung im Ultraschallbad für 3 h hergestellt, gefolgt von Vakuumfiltration durch Millipore-HVPL-Membranfilter mit 0,45 µm Porengröße. Das auf dem Filter abgesetzte GO wurde dann mit reichlich Wasser gewaschen und nach Lufttrocknung in dem gewünschten Volumen an Millipore-Wasser 1 h lang im Ultraschallbad redispergiert. Die erhaltene GO-Lösung mit einem natürlichen pH-Wert von 4,0 wurde dann 4 h lang mit 4000 Upm zentrifugiert. Nur eine sehr geringe Menge an GO setzte sich ab. Die dekantierte GO-Dispersion wurde für die nachfolgend beschriebenen Experimente eingesetzt. Erforderlichenfalls wurde der pH-Wert mit KOH-Lösung eingestellt. Eine gewünschte GO-Konzentration wurde durch Verdünnung der Stammlösung mit Millipore-Wasser erhalten. Die Präparation von freistehenden Filmen von graphen-ähnlichen Materialien erfolgte durch Vakuumfiltration wässriger Lösungen von reduziertem GO durch einen Anodisc-Membranfilter (von Whatman, Durchmesser 47 mm, 0,2 µm Porengröße) nach einem etablierten Standardverfahren.
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Soweit nicht anders angegeben, wurden die Experimente bei Raumtemperatur durchgeführt.
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BEISPIEL 1
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Reduktion von Graphenoxid mittels Elektronenbestrahlung in Gegenwart von Alkoholen
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Zur Elektronenbestrahlung von GO-Systemen wurde ein 10 MeV-Linearbeschleuniger ELEKTRONIKA (Toriy Company, Moskau) eingesetzt, der mit einer Wiederholungsrate von 50 Hz und einer Pulslänge von 4 µs betrieben wurde. Hierbei wurde ein Scanner (Breite bis 40 cm, Scan-Frequenz 1 Hz) und ein beweglicher Tisch zur Bestrahlung der Proben verwendet.
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Die Bildungsrate von freien Radikalen ist abhängig von der Strahlendosis pro Schritt, welche im Bereich von 1 bis 10 kGy pro Schritt variiert wurde. Die Dosis bezogen auf Graphit als Referenzdosis wird mit einem Kalorimeter bestimmt.
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Die Elektronenbestrahlung von wässrigen GO-Dispersionen erfolgte in Glasreaktionsgefäßen, die mit einem Gummistopfen verschlossen wurden, um die Sättigung der Dispersion mit einem gewünschten Gas oder einer Mischung von Gasen (N2, N2O, CO2 etc.) zu erlauben.
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1. Wässrige Dispersionen von 0,025 g/l GO wurden wie oben beschrieben hergestellt, dazu wurden 2 Gew.-% eines Niederalkyl-Alkohols (1-10 C-Atome) als OH-Radikalfänger zugegeben, die Dispersionen wurden auf pH 10 eingestellt und mit Stickstoff gesättigt.
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Die Vorgabe des pH-Werts 10 erfolgte, um einen direkten Vergleich zu den bekannten Reduktionsmitteln Hydrazin und Ascorbinsäure, mit denen die Reduktionsreaktion bei diesem pH-Wert durchgeführt wurde, zu ermöglichen.
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Grundsätzlich kann im Verfahren der Erfindung der pH-Wert in einem breiten Bereich von 3 bis 11 variiert werden. Dabei ändern sich mehrere Parameter, z.B. die Carboxylgruppen am Graphenoxid könnten protoniert oder deprotoniert sein. Bei niedrigem pH-Wert könnten Protonen mit hydratisierten Elektronen reagieren. Bei höherem pH-Wert könnten reduzierende Radikale deprotonieren und ihr Reduktionspotential wird dadurch gesteigert. Der Fachmann kann einen optimalen pH-Wert für das jeweilige System unschwer durch Routineversuche ermitteln.
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Die Elektronenbestrahlung erfolgte mit einer Gesamtdosis von 21 kGy in Schritten von jeweils 3 kGy. Die Zeitdauer eines Bestrahlungsschrittes lag hier bei etwa 40 s (die Bestrahlungsdauer der Schritte kann je nach gewünschter Dosis entsprechend eingestellt werden).
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1 zeigt die Ergebnisse für vier verschiedene Alkohole (MeOH, EtOH, 2-PrOH, t-BuOH):
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Das Absorptionsmaximum bei 266 nm, das mit der Graphenstruktur assoziiert wird, ist am stärksten bei Ethanol und Isopropanol ausgeprägt, bei Methanol etwas geringer und bei t-Butanol deutlich geringer. Somit war unter diesen Bedingungen die GO-Reduktion in Gegenwart von Ethanol und Isopropanol am erfolgreichsten.
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2. Zur Feststellung des Einflusses der Dosisrate der Bestrahlung auf die Reduktion von GO wurde eine N2-gesättigte wässrige GO-Dispersion (0,04 g/l GO) mit 2 % Isopropanol (pH 7) mit unterschiedlichen Dosisraten und Gesamtdosen im Bereich von 2,3 kGy bis 23,1 kGy elektronenbestrahlt.
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2 zeigt die Ergebnisse für vier verschiedene Gesamtdosen.
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Es lässt sich feststellen, dass bei der niedrigen Dosisrate (Dosis/Schritt) von 1,15 kGy das höchste Reduktionsniveau bereits mit einer relativ geringen Gesamtdosis der Bestrahlung von 9,2 kGy erreicht wird, während bei einer dreifach höheren Dosisrate dieses Niveau sogar mit einer Gesamtdosis von 23,1 kGy nicht erreicht wird.
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Dies liegt wohl daran, dass bei zu hohen Konzentrationen der reduzierenden Spezies die Selbstterminationsreaktionen dieser Spezies (proportional zum Quadrat der Konzentration) gegenüber der Reduktionsreaktion mit GO (proportional zur Konzentration der reduzierenden Spezies) überwiegen. Das heißt, der Anteil der mit GO reagierenden Radikale kann durch Verringerung der stationären Radikalkonzentration erhöht werden.
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3. Weitere Versuche wurden zur Ermittlung einer optimalen Gesamtdosis für eine gegebene GO-Konzentration und eine gegebene Dosisrate durchgeführt.
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Dazu wurden zunächst wässrige GO-Dispersionen (0,4 g/l GO; pH 4) mit 2 Gew.-% Isopropanol, die mit N2 gesättigt waren, bei Dosisraten von 1,1-1,2 kGy mit unterschiedlichen Gesamtdosen bestrahlt. Die Proben wurden vor der Aufzeichnung von Spektren 1:9 mit Wasser verdünnt.
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3 zeigt die entsprechenden UV-VIS-Spektren (3a) und differentiellen UV-VIS-Spektren (3b), welche ein Maximum über alle Wellenlängen mit λ > 260 nm bei 22 kGy absorbierter Energie, eine leichte Abnahme bei 27 kGy und eine deutliche Abnahme bei 32 kGy zeigen. Diese Abnahme ist vermutlich auf Transformationsprozesse des reduzierten GO zurückzuführen.
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In einem weiteren Versuch wurde die optimale Gesamtdosis für zwei verschiedene GO-Konzentrationen ermittelt.
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Dabei wurden die wässrigen GO-Dispersionen (0,4 g/l GO bzw. 0,04 g/l; pH 4) mit 2 Gew.-% Isopropanol, die mit N2 gesättigt waren, bei Dosisraten von 1,1-1,2 kGy mit steigenden Gesamtdosen bestrahlt. Für die Messung wurden die Proben 1:9 mit Wasser verdünnt
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4 zeigt die Ergebnisse als graphische Darstellung des jeweils erhaltenen Extinktionsaufbaus bei zwei verschiedenen Wellenlängen (400 nm bzw. 600 nm). Für die geringere GO-Konzentration wird die optimale Dosis bei einem Wert von etwa 9 kGy erhalten (Erreichung eines Plateaus; 4a), während sich für die zehnfach höhere GO-Konzentration ein Wert von 22 kGy ergibt (Erreichung eines Plateaus; 4b).
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In beiden Fällen wurde eine sehr weitgehende Reduktion von GO erzielt. Die Qualität des Produkts lässt sich auf einfache Weise anhand des Verhältnisses der Extinktionen bei etwa 270 nm (Graphen) und 231 nm (GO) abschätzen. Bei der Reduktion mit Hydrazin wird ein A270/A231-Verhältnis im Bereich von 1,7-1,8 erhalten. Ähnliche Werte werden auch mit den beiden oben beschriebenen Systemen erhalten.
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4. Zur Untersuchung des Einflusses von Sauerstoff auf die Reaktion wurden wässrige GO-Dispersionen (0,05 g/l GO; pH 7,8) mit 2 Gew.-% Methanol, die mit Luft bzw. N2O gesättigt waren, mit Dosisraten von etwa 3 kGy bis zu einer Gesamtdosis von 24 kGy bestrahlt und UV-Vis-Spektren aufgezeichnet.
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5 zeigt, dass die Werte für die Reduktion im sauerstoffhaltigen Reaktionsmedium nahezu an die Werte mit Sauerstofffreiem Medium herankommen (85 + 5 %). Das heißt, die inhibierende Wirkung von Sauerstoff ist nur relativ gering und ein Entgasen der GO-Dispersionen ist nicht erforderlich. Dies stellt einen deutlichen verfahrenstechnischen Vorteil dar.
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BEISPIEL 2
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Reduktion von Graphenoxid mittels Elektronenbestrahlung In Gegenwart von CO2/Formiat
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Wässrige GO-Dispersionen (0,033 g/l GO; pH 7) wurden hergestellt wie oben beschrieben, mit CO2 gesättigt und 1-10 mM Natriumformiat zugegeben. Die Elektronenbestrahlung erfolgte bei einer Dosisrate von 1,2 kGy/Schritt mit einer Gesamtdosis von 9,6 kGy.
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BEISPIEL 3
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Reduktion von Graphenoxid mittels UV-Bestrahlung
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Die Photoreduktion von wässrigen GO-Dispersionen erfolgte in einer Quarzzelle (3 ml Lösung mit einem flüssigkeitsfreien Raum darüber und der Möglichkeit, die Lösung mit einem Gas oder Gasgemisch zu spülen, um eine schnelle Sättigung zu ermöglichen). UV-Lampen, die Licht einer Wellenlänge von 222 nm, 254 nm oder 311 nm erzeugten, wurden zur Photoreduktion eingesetzt.
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Wässrige GO-Dispersionen (0,033 g/l GO; pH 4) wurden hergestellt wie oben beschrieben, 2 Gew.-% Isopropanol und 0,35 Gew.-% Aceton zugesetzt und mit Photonen unterschiedlicher Wellenlänge bestrahlt.
Tabelle 1
Wellenlänge / Atmosphäre | Intensität, mW/cm2 | Photonenfluss, Einstein/cm2 s | Reaktionsende, min | absorbierte Dosis,* J |
222 nm / N2 | 6,4 | 1,2 × 10-8 | 9 | 10,4 |
222 nm / Luft | 6,4 | 1,2 × 10-8 | 18 | 20,8 |
254 nm / N2 | 16 | 3,4 × 10-8 | < 2 | 5,8 |
311 nm/ N2 | 11 | 2,9 × 10-8 | 33 | 34 |
* bestrahltes Volumen = 3 cm3, bestrahlte Oberfläche = 3 cm2 |
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Tabelle 1 zeigt, dass unter diesen Bedingungen die effizienteste GO-Reduktion bei Bestrahlung mit UV-Licht von 254 nm erreicht wird (Reaktion in weniger als 2 Minuten abgeschlossen) und die Reduktion bei einer Wellenlänge von 311 nm am längsten (33 min) dauert. Die Anwesenheit von Sauerstoff erhöhte die Reaktionsdauer um das Doppelte, führte jedoch nicht zu einem geringeren Reduktionsgrad des Endprodukts.
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In einem weiteren Versuch wurde eine wässrige GO-Dispersion (0,04 g/l, pH 5, N2-gesättigt) ohne Zusätze oder mit Zusätzen mit UV-Licht (254 nm) bestrahlt. In jedem System gibt es ein Absorptionsplateau, die Zeitspanne bis zum Erreichen dieses Plateaus wird als Reaktionszeit bezeichnet. Die Reaktionszeiten betragen ca. 4 h im System ohne Zusätze, 1 h in Anwesenheit von 1 % Aceton und 1,5 h, wenn das System 2 % Isopropanol beinhaltet. Die erforderliche Reaktionszeit wird drastisch bis auf 2 Minuten reduziert, wenn gleichzeitig 1 % Aceton und 2 % Isopropanol im System sind.
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In einem weiteren Versuch wurden 3 ml einer wässrigen GO-Dispersion (0,033 g/l, pH 5) in einer Petrischale (∅ 5,7 cm) mit UV-Licht einer Mitteldruck-Quecksilberlampe auf einem Transportband bestrahlt. Die maximale Ausbeute an reduziertem GO wird bei einmaliger UV-Bestrahlung bei 1,2 m/min Transportbandgeschwindigkeit und 5,3 J/cm2 Dosis unter LuftAtmosphäre beobachtet. Unter N2-Atmosphäre wird der gleiche Reduktionsgrad von GO schon bei einer Dosis von 3,2 J/cm2 erreicht.
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In einem weiteren Versuch wurde eine wässrige GO-Dispersion (0,033 g/l, pH 7, N2-gesättigt) in Gegenwart von 1 Gew.-% Aceton und variablen Konzentrationen von Isopropanol (1-5 Gew.-%) mit UV-Licht (222 nm) bestrahlt (Photonenfluss: 7,15 × 1015 Photonen/cm2) und differentielle Spektren bei 500 nm aufgezeichnet.
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6 zeigt, dass unter diesen Bedingungen bei allen Isopropanolkonzentrationen ein Absorptionsplateau bei 500 nm nach etwa 7-8 Minuten Bestrahlung erreicht wird und dann ein allmählicher Abfall der Absorptionswerte erfolgt.
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BEISPIEL 4
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Charakterisierung des durch Elektronenbestrahlung bzw. UV-Bestrahlung erhaltenen reduzierten GO
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Die XPS-Spektren belegen eindeutig die äußerst effiziente Reduktion von GO sowohl in EB- als auch UV-Systemen.
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Zunächst wird eine drastische Verringerung des O/C-Atomverhältnisses beobachtet. Der Ausgangswert von 0,38 für GO sinkt auf etwa 0,1 für die elektronenbestrahlte Probe (42 kGy bei 3 kGy/Schritt) und auf 0,09 für die mit UV-Licht (222 nm) behandelte Probe.
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Das hohe Reduktionsniveau ist vergleichbar mit dem Niveau von Systemen mit Hydrazin, Vitamin C oder Aluminiumpulver als Reduktionsmittel (C/O-Verhältnisse von 0,08, 0,08 bzw. 0,05). Nach der Reduktion stieg der Anteil des sp2-Kohlenstoffpeaks (Graphenbindung) von etwa 37 % auf 66 % (EB) bzw. 71 % (UV).
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7 zeigt dies im Vergleich zu einer Hydrazin-reduzierten Probe: Hochaufgelöste C1s XPS Spektren für unreduziertes (a) und reduziertes GO (b-d); (b) mittels Hydrazin reduziert, (c) photochemisch mit 222 nm Photonen reduziert und (d) elektronenstrahl-reduziert.
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Einen weiteren Beleg für die erfolgreiche Reduktion von GO stellen die thermogravimetrischen Messungen (TGA) dar, welche eine wesentlich höhere thermische Stabilität der erhaltenen graphen-ähnlichen Materialien im Vergleich zu GO zeigen.
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Die erhaltenen Werte eines Gewichtsverlusts von 25% bei 800°C liegen unweit der Werte für die Produkte nach Reduktion durch Hydrazin (21 %) oder Vitamin C (16 %).
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Messungen der Leitfähigkeit des reduzierten GO zeigen eine drastische Erhöhung der Leitfähigkeit von 6-7 Größenordnungen bezüglich des Ausgangs-GO. Die Leitfähigkeiten wurden mit einer Vier-Punkt-Sonde gemessen und die Werte für sowohl die UV-reduzierten als auch die EB-reduzierten Proben sind vergleichbar mit denen, die mit dem bisher besten Reduktionsmittel Hydrazin erhalten werden (selbe Proben wie in 7).