-
Die vorliegende Erfindung betrifft einen Kolben für einen Verbrennungsmotor, mit einem Kolbenkopf und einem Kolbenschaft, wobei der Kolbenkopf eine umlaufende Ringpartie mit in Ringnuten aufgenommenen Kolbenringen sowie im Bereich der Ringpartie einen umlaufenden Kühlkanal aufweist, der zumindest teilweise ein Kühlmittel in Form eines niedrig schmelzenden Metalls oder einer niedrig schmelzenden Metalllegierung enthält.
-
In modernen Verbrennungsmotoren sind die Kolben im Bereich der Kolbenböden immer höheren Temperaturbelastungen ausgesetzt. Dies führt im Betrieb zu erheblichen Temperaturunterschieden zwischen dem Kolbenkopf und dem Kolbenschaft. Damit ist auch das Einbauspiel der Kolben im kalten Motor unterschiedlich zum Einbauspiel im warmen Motor. Zur Lösung dieses Problems wurden Kolben entwickelt, die ein Kühlmittel in Form eines niedrig schmelzenden Metalls oder einer niedrig schmelzenden Metalllegierung enthalten. Die gute Wärmeleitfähigkeit dieser Kühlmittel bewirkt, dass die Wärme effektiver vom Kolbenkopf weg geleitet wird, so dass die Temperaturunterschiede zwischen Kolbenkopf und Kolbenschaft reduziert werden.
-
In der Praxis hat sich herausgestellt, dass bei derartigen Kolben wesentlich mehr Wärme zu den Ringnuten gelangt, wodurch die Kolbenringe sich auf Temperaturen von bis zu 250°C erwärmen. Diese Erwärmung führt zu einer vermehrten Brandspurbildung und zu einem vorzeitigen Verschleiß der Kolbenringe. Dies gilt sowohl für Kolbenringe aus einem metallischen Werkstoff als auch für Kolbenringe aus einem Chrom-Keramik-Werkstoff.
-
Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, einen gattungsgemäßen Kolben so weiterzuentwickeln, dass die Kolbenringe im Betrieb nicht vorzeitig verschleißen.
-
Die Lösung besteht darin, dass die Laufflächen der Kolbenringe zumindest teilweise mit einer Beschichtung auf der Basis von Chromnitrid versehen sind.
-
Für den Fachmann völlig überraschend hat sich herausgestellt, dass Kolbenringe, deren Laufflächen zumindest teilweise mit einer Beschichtung aus Chromnitrid versehen sind, im Betrieb mit gattungsgemäßen, ein metallisches Kühlmittel enthaltenden Kolben auch nach langen Laufzeiten nur wenig verschleißen und somit eine hohe Standzeit aufweisen.
-
Vorteilhafte Weiterbildungen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
-
Die erfindungsgemäß vorgesehene Beschichtung ist vorzugsweise mittels eines PVD-Verfahrens aufgebracht. Die Dicke der erfindungsgemäß vorgesehenen Beschichtung beträgt vorzugsweise bis zu 100 μm, besonders bevorzugt zwischen 5 μm und 60 μm. Diese Werte stellen einen guten Kompromiss zwischen Verschleißbeständigkeit einerseits und Material- bzw. Fertigungsaufwand dar.
-
Die Vickers-Härte der erfindungsgemäß vorgesehenen Beschichtung beträgt vorzugsweise 300 HV bis 1.800 HV. Die Porosität der erfindungsgemäß vorgesehenen Beschichtung beträgt zur Optimierung der Verschleißbeständigkeit vorzugsweise 2 Vol.-% bis 10 Vol.-% bezogen auf das Volumen der Beschichtung.
-
Besonders bevorzugt ist eine Beschichtung auf der Basis von Chromnitrid, die zusätzlich Niobnitrid (NbN) enthält.
-
Niedrig schmelzende Metalle, die zur Verwendung als Kühlmittel geeignet sind, sind insbesondere Natrium oder Kalium. Als niedrig schmelzende Metalllegierungen können insbesondere Galinstan®-Legierungen, niedrig schmelzende Bismut-Legierungen und Natrium-Kalium-Legierungen eingesetzt werden.
-
Als sog. Galinstan®-Legierungen werden Legierungssysteme aus Gallium, Indium und Zinn bezeichnet, die bei Raumtemperatur flüssig sind. Diese Legierungen bestehen aus 65 Gew.-% bis 95 Gew.-% Gallium, 5 Gew.-% bis 26 Gew.-% Indium und 0 Gew.-% bis 16 Gew.-% Zinn. Bevorzugte Legierungen sind bspw. solche mit 68 Gew.-% bis 69 Gew.-% Gallium, 21 Gew.-% bis 22 Gew.-% Indium und 9,5 Gew.-% bis 10,5 Gew.-% Zinn (Schmp. –19°C), 62 Gew.-% Gallium, 22 Gew.-% Indium und 16 Gew.-% Zinn (Schmp. 10,7°C) sowie 59,6 Gew.-% Gallium, 26 Gew.-% Indium und 14,4 Gew.%- Zinn (ternäres Eutektikum, Schmp. 11°C).
-
Niedrig schmelzende Bismut-Legierungen sind zahlreich bekannt. Dazu gehören bspw. LBE (eutektische Bismut-Blei-Legierung, Schmp. 124°C), Roses Metall (50 Gew.-% Bismut, 28 Gew.-% Blei und 22 Gew.-% Zinn, Schmp. 98°C), Orionmetall (42 Gew.-% Bismut, 42 Gew.-% Blei und 16 Gew.-% Zinn, Schmp. 108°C); Schnelllot (52 Gew.-% Bismut, 32 Gew.-% Blei und 16 Gew.-% Zinn, Schmp. 96°C), d'Arcets-Metall (50 Gew.-% Bismut, 25 Gew.-% Blei und 25 Gew.-% Zinn), Woodsches Metall (50 Gew.-% Bismut, 25 Gew.-% Blei, 12,5 Gew.-% Zinn und 12,5 Gew.-% Cadmium, Schmp. 71°C), Lipowitzmetall (50 Gew.-% Bismut, 27 Gew.-% Blei, 13 Gew.-% Zinn und 10 Gew.-% Cadmium, Schmp. 70°C), Harpers Metall (44 Gew.-% Bismut, 25 Gew.-% Blei, 25 Gew.-% Zinn und 6 Gew.-% Cadmium, Schmp. 75°C), Cerrolow 117 (44,7 Gew.-% Bismut, 22,6 Gew.-% Blei, 19,1 Gew.-% Indium, 8,3 Gew.-% Zinn und 5,3 Gew.-% Cadmium, Schmp. 47°C); Cerrolow 174 (57 Gew.-% Bismut, 26 Gew.-% Indium, 17 Gew.-% Zinn, Schmp. 78,9°C), Fields Metall (32 Gew.-% Bismut, 51 Gew.-% Indium, 17 Gew.-% Zinn, Schmp. 62°C) sowie die Walkerlegierung (45 Gew.-% Bismut, 28 Gew.-% Blei, 22 Gew.-% Zinn und 5 Gew.-% Antimon).
-
Geeignete Natrium-Kalium-Legierungen können 40 Gew.-% bis 90 Gew.-% Kalium enthalten. Besonders geeignet ist die eutektische Legierung NaK mit 78 Gew.-% Kalium und 22 Gew.-% Natrium (Schmp. –12,6°C).
-
Das Kühlmittel kann zusätzlich Lithium und/oder Lithiumnitrid enthalten. Falls beim Befüllen Stickstoff als Schutzgas verwendet wird, kann dieses mit dem Lithium zu Lithiumnitrid abreagieren und auf diese Weise aus dem Kühlkanal entfernt werden.
-
Das Kühlmittel kann ferner Natriumoxide und/oder Kaliumoxide enthalten, falls während des Befüllens ggf. vorhandene trockene Luft mit dem Kühlmittel reagiert hat.
-
Vorzugsweise weist der erfindungsgemäße Kolben mit Nabenbohrungen versehene Kolbennaben auf, die über Nabenanbindungen an der Unterseite des Kolbenkopfes angeordnet sind, wobei die Kolbennaben über Laufflächen miteinander verbunden sind, wobei mindestens eine nach außen verschlossene Bohrung vorgesehen ist, die zwischen einer Lauffläche und einer Nabenbohrung angeordnet ist und wobei die mindestens eine Bohrung in den Kühlkanal mündet. Mit dieser Maßnahme wird erreicht, dass die im Bereich des Kolbenbodens erzeugte Wärme über den Kolbenkopf in den Kolben geleitet und über die vergleichsweise großflächigen Laufflächen abgegeben wird. Damit wird im Betrieb eine gleichmäßigere Wärmeverteilung über den gesamten Kolben erreicht und die Bildung von Ölkohle vermieden. Ferner wird eine effektivere Kühlung des gesamten Kolbens erzielt. Durch die zusätzliche Erwärmung des Bereiches zwischen Kolbennabe und Kolbenschaft wird eine zusätzliche thermische Ausdehnung des Kolbenschafts bewirkt und dadurch das Warmspiel zwischen Kolben und Zylinder reduziert.
-
Vorzugsweise sind vier Bohrungen vorgesehen, die zwischen einer Lauffläche und einer Nabenbohrung angeordnet sind, um eine besonders gleichmäßige Temperaturverteilung im Kolben zu erreichen.
-
Die Menge des im Kühlkanal bzw. in der mindestens einen Bohrung aufgenommenen Kühlmittels hängt von seiner Wärmeleitfähigkeit und dem Grad der gewünschten Temperatursteuerung ab. Vorzugsweise weist das Kühlmittel eine Füllhöhe bis zur halben Höhe des Kühlkanals auf, um einen Shaker-Effekt und damit eine besonders wirksame Wärmeverteilung im Kolben zu erzielen.
-
Insbesondere wenn der Anteil der Verbrennungswärme, welcher während des Motorbetriebs in den Kolben abfließt, begrenzt werden soll, kann dies mit der Menge an eingefülltem Kühlmittel gesteuert werden. Es hat sich gezeigt, dass mitunter bereits eine Füllung von 3% bis 5% des Kühlkanalvolumens mit dem Kühlmittel ausreicht, um die Funktion des Kolbens sicherzustellen.
-
Der erfindungsgemäße Kolben besteht vorzugsweise im Wesentlichen aus einem eisenbasierten Werkstoff, bspw. einem Werkstoff aus der Gruppe umfassend ausscheidungshärtende Stähle, Vergütungsstähle, hochfestes Gusseisen und Gusseisen mit Lamellengraphit.
-
Ein Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung wird im Folgenden anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen in einer schematischen, nicht maßstabsgetreuen Darstellung:
-
1 ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Kolbens im Schnitt, aufgenommen in einer Zylinderlaufbuchse;
-
2 ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäß verwendeten Kolbenrings en Schnitt.
-
1 zeigt ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Kolbens 10. Der Kolben 10 kann ein einteiliger oder mehrteiliger Kolben sein. Der Kolben 10 kann aus einem eisenbasierten Werkstoff und/oder einem Leichtmetallwerkstoff hergestellt sein, wobei der eisenbasierte Werkstoff bevorzugt ist. In 1 ist der Kolben 10 in einer Zylinderlaufbuchse 30 aufgenommen, die wiederum in einem Kurbelgehäuse 40 aufgenommen ist.
-
Der Kolben 10 weist einen Kolbenkopf 11 mit einem eine Verbrennungsmulde 13 aufweisenden Kolbenboden 12, einem umlaufenden Feuersteg 14 und einer Ringpartie 15 mit Ringnuten 29 zur Aufnahme von Kolbenringen 28 auf. In Höhe der Ringpartie 15 ist ein umlaufender Kühlkanal 23 vorgesehen. Der Kolben 10 weist ferner einen Kolbenschaft 16 mit Kolbennaben 17 und Nabenbohrungen 18 zur Aufnahme eines Kolbenbolzens (nicht dargestellt) auf. Die Kolbennaben 17 sind über Nabenanbindungen 19 mit der Unterseite des Kolbenkopfes 11 verbunden. Die Kolbennaben 17 sind über Laufflächen 21, 22 miteinander verbunden.
-
Die erfindungsgemäß in den Ringnuten 29 aufgenommenen Kolbenringe 28 weisen, wie es in 2 schematisch dargestellt ist, in an sich bekannter Weise eine Lauffläche 31, eine obere Flanke 33, eine untere Flanke 34 und einen Ringrücken 35 auf. Die Kolbenringe 28 weisen zumindest an ihrer Lauffläche 31 eine Beschichtung 32 aus Chromnitrid auf. Zur Vereinfachung des Herstellungsverfahrens können selbstverständlich auch die anderen Außenflächen der Kolbenringe 28 mit Chromnitrid beschichtet sein. Alle Typen von Kolbenringen, deren Laufflächen mit Chromnitrid beschichtet werden können, sind für eine erfindungsgemäße Verwendung mit ein metallisches Kühlmittel aufweisenden Kolben geeignet.
-
Die Beschichtung 32 weist im Ausführungsbeispiel eine Dicke von 50 μm, eine Vickers-Härte von etwa 1.300 HV und eine Porosität von etwa 6 Vol.-% bezogen auf das Volumen der Beschichtung 32 auf.
-
Die Beschichtung 32 ist mittels eines PVD-Verfahrens, vorzugsweise eines Ionenplattierverfahrens hergestellt. Diese Herstellungsverfahren sind an sich bekannt.
-
Der Kolbenschaft 16 weist im Ausführungsbeispiel vier Bohrungen 24 auf, von denen zwei Bohrungen 24a und 24b in 1 erkennbar sind. Die Bohrungen 24 verlaufen im Ausführungsbeispiel in etwa axial und parallel zur Kolbenmittelachse M. Die Bohrungen 24 können aber auch geneigt unter einem Winkel zur Kolbenmittelachse M verlaufen. Die Bohrungen 24 sind zwischen einer Lauffläche 21, 22 und einer Nabenbohrung 18 angeordnet. Die Bohrungen 24 münden in den Kühlkanal 23.
-
Im Ausführungsbeispiel kann der Kolben 10 bspw. in an sich bekannter Weise gegossen sein, wobei der Kühlkanal 23 und die Bohrungen 24 in an sich bekannter Weise mittels eines Salzkerns eingebracht werden können. Wesentlich ist, dass zumindest eine Bohrung 24a eine Öffnung 25 nach außen aufweist. Ein Kühlmittel 27, nämlich ein niedrig schmelzendes Metall oder eine niedrig schmelzende Metalllegierung, wie sie weiter oben beispielhaft aufgezählt sind, wird durch die Öffnung 25 in die Bohrung 24a gefüllt. Von dort aus verteilt sich das Kühlmittel 27 im Kühlkanal 23 sowie in den weiteren Bohrungen 24, 24b. Die Öffnung 25 wird anschließend dicht verschlossen, im Ausführungsbeispiel mittels einer eingepressten Stahlkugel 26. Die Öffnung 25 kann auch bspw. durch Aufschweißen eines Deckels oder Einpressen einer Kappe verschlossen werden (nicht dargestellt).
-
Die Größe der Bohrungen 24 und die Füllmenge des Kühlmittels 27 richten sich nach der Größe und dem Werkstoff des Kolbens 10. Durchschnittlich werden etwa. 10 g bis 40 g Kühlmittel 27 pro Kolben 10 benötigt. Die Kühlleistung kann über die Menge des zugegebenen Kühlmittels 27 unter Berücksichtigung seines Wärmeleitfähigkeitskoeffizienten gesteuert werden. Bspw. ist ein Füllstand im Kühlkanal 23 geeignet, der in etwa der halben Höhe des Kühlkanals 23 entspricht. In diesem Fall kann im Betrieb der an sich bekannte Shaker-Effekt für eine besonders wirksame Wärmeverteilung im Kolben zusätzlich genutzt werden. Für Natrium als Kühlmittel 27 mit einer Temperatur im Betrieb von 220°C ergibt sich bei einer Kühlleistung von 350 kW/m2 eine maximale Oberflächentemperatur des Kolbens 10 von etwa 260°C.
-
Zusätzlich kann die Unterseite des Kolbenkopfes 11 durch Anspritzen mit Kühlöl gekühlt werden.
-
Zum Befüllen der Bohrung 24a wird durch die Öffnung 25 eine Lanze eingeführt und mittels Stickstoff oder mittels eines anderen geeigneten Inertgases oder mittels trockener Luft gespült. Zur Einführung des Kühlmittels 27 wird dieses unter Schutzgas (bspw. Stickstoff, Inertgas oder trockene Luft) durch die Öffnung 25 geleitet, so dass das Kühlmittel 27 in die Bohrung 24a bzw. den Kühlkanal 23 aufgenommen wird.
-
Ein weiteres Verfahren zum Befüllen der Bohrung 24a zeichnet sich dadurch aus, dass nach dem Spülen mit Stickstoff, Inertgas oder trockener Luft die Bohrungen 24 und der Kühlkanal 23 evakuiert werden und das Kühlmittel 27 im Vakuum eingebracht wird. Damit kann sich das Kühlmittel 27 leichter im Kühlkanal 23 hin und her und in den Bohrungen 24 hinein und hinaus bewegen, da es nicht durch vorhandenes Schutzgas behindert wird.
-
Eine andere Möglichkeit, das Schutzgas aus dem Kühlkanal 23 bzw. den Bohrungen 24 zu entfernen, besteht darin, dass Stickstoff oder trockene Luft (d. h. im Wesentlichen eine Mischung aus Stickstoff und Sauerstoff) als Schutzgas zu verwenden und dem Kühlmittel 27 eine kleine Menge Lithium zuzusetzen, erfahrungsgemäß etwa 1,8 mg bis 2,0 mg Lithium pro Kubikzentimeter Gasraum (d. h. Volumen des Kühlkanal 23 plus Volumen der Bohrungen 24). Während bspw. Natrium und Kalium mit Sauerstoff zu Oxiden reagieren, reagiert das Lithium mit Stickstoff zu Lithiumnitrid. Das Schutzgas wird somit praktisch vollständig als Feststoff im Kühlmittel 27 gebunden.