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Die Erfindung betrifft ein einteiliges enossales Dentalimplantat mit einem verbesserten Übergangsbereich zwischen Implantat und Zwischenstück (Abutment).
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Dentale Implantate können so in den Kieferknochen eingebracht werden, dass ihre Oberkante bündig mit dem Knochen abschließt oder oberhalb davon im Bereich des bedeckenden Zahnfleischs endet.
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Die auf dem Implantat verankerte Zahnkrone wird üblicherweise durch ein Zwischenstück oder Aufbauelement, das sogenannte Abutment, im Sinne einer Dübel-Schraube-Verbindung (Dübel = Implantat, Schraube = Abutment) mit dem Implantat verschraubt. Dieses Abutment hat den gleichen Durchmesser wie das Implantat, so dass sich ein bündiger Übergang ergibt.
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Im Bereich dieses Übergangs kommt es in den ersten Monaten nach Belastung des Implantats zu einem Abbau des Kieferknochens von etwa 1 mm. Das wird unter anderem darauf zurückgeführt, dass im Übergangsbereich zwischen Implantat und Abutment ein Spalt besteht, in dem sich Bakterien vermehren können (Zipprich et al., 2007). Ebenso wurde in zahlreichen Studien (Atieh et al., 2010) gezeigt, dass es einen positiven Effekt auf den Erhalt des Knochens hat, wenn das Abutment einen geringeren Durchmesser als das Implantat hat, das Abutment also nicht auf der Außenkante des Implantats aufsetzt (Prinzip des ”platform-matchings”), sondern nach zentral versetzt ist und somit weiter innen liegt (Prinzip des ”platform-switchings” – Canullo et al., 2011; Khurana et al., 2011). Hierdurch rückt das Implantat-Abutment-Interface weiter von der Knochengrenze weg, was eine bessere Entfaltung des Knochens sowie eine bessere Zahnfleischanlagerung ermöglicht.
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Die
DE 10 2011 012 212 A1 betrifft ein dentales Kiefernimplantat zum Tragen von Zahnersatz mit einem einstückigen Implantatkörper mit einem Einwachsabschnitt, der eine Einwachsstruktur zum Verwachsen mit einem Patienten-Kiefernknochen aufweist. Die
EP 0 111 134 A1 offenbart ein Kiefernimplantat aus keramischem Werkstoff, das an seinem unteren, zur Verankerung im Kiefernknochen vorgesehenen Teil als konische, an ihrem Ende abgerundete Schraube ausgebildet ist.
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Der Erfindung liegt das Problem zugrunde, dass im Bereich des Übergangs von Implantat zu Abutment ein nicht zu vermeidender Mikrospalt vorliegt, der eine Retentionsnische für Bakterien darstellt. Durch die Platzierung dieses Mikrospalts unmittelbar oberhalb des Knochens kommt es zu dessen ständiger Kontamination und bakteriellen Belastung. Infolgedessen lässt sich im Zuge der natürlichen Umbauprozesse nach dem Einbringen eines Implantats im Bereich der Implantatschulter (= Oberkante) röntgenologisch ein Resorptionsvorgang beobachten, der unter anderem auf die von dem Spalt ausgehende bakterielle Belastung zurückzuführen ist.
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Dieses Problem wird erfindungsgemäß durch das in Patentanspruch 1 definierte einteilige enossale Dentalimplantat gelöst.
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Vorteilhafte und/oder bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Die erfindungsgemäße Lösung besteht in der Verlagerung des Übergangs von Implantat zu Abutment nach koronal, was durch zwei Veränderungen der Implantatform an dessen Schulter bewirkt wird. Zum einen endet das erfindungsgemäße Implantat nicht auf der Höhe des Knochens, sondern ragt beispielsweise etwa 2 mm darüber hinaus, weist also einen ”Kopfteil” auf. Dadurch wird der mit Bakterien besiedelte Spalt vom Knochen weg nach oben verlegt. Zum anderen ist der Durchmesser des Implantats auf Höhe des Knochens beispielsweise um 1 mm (bzw. der Radius um 0,5 mm) reduziert, d. h. zentral (nach innen) versetzt, um den Druck auf den Knochen in diesem Bereich zu reduzieren.
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Der mit der Erfindung erzielte Vorteil besteht insbesondere darin, dass der Effekt des Durchmesser-reduzierten Abutments auch noch bei dichter Verbindung auf Knochenniveau im Implantatschulterbereich genutzt werden kann und gleichzeitig kein Spalt im Bereich des Austritts aus dem Knochen vorliegt.
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Eine weitere vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung für den Einsatz im Bereich der ästhetischen Zone, d. h. an den Schneidezähnen, besteht darin, dass der am Zahnfleisch endende Teil nicht horizontal verläuft, sondern nach bukkal, d. h. in Richtung der Lippen, abgeschrägt ist.
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Beispielhafte Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Dentalimplantats sind in den beigefügten Zeichnungen dargestellt und werden im Folgenden ohne Beschränkung und somit lediglich zur Veranschaulichung der Erfindung detaillierter beschrieben.
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1 ist eine Seitenansicht eines erfindungsgemäßen Dentalimplantats.
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2 ist eine Seitenansicht einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Dentalimplantats für den Einsatz im Bereich der ästhetischen Zone, d. h. an den Schneidezähnen.
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Eine Bezugszeichenliste befindet sich am Ende der Beschreibung.
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Das Implantat kann beispielsweise in den Durchmessern 4,0 und 5,0 mm und in den Längen 6,5, 8,0, 9,5, 11,0, 12,5 und 14,0 mm angefertigt werden. Dies sind übliche Abmessungen und finden sich in jedem Sortiment. Grundsätzlich bestehen hinsichtlich der Implantatabmessungen und -proportionen natürlich keine besonderen Beschränkungen und der Fachmann passt diese nach Maßgabe der praktischen Gegebenheiten an.
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Das erfindungsgemäße Implantat kann aus jedem üblicherweise zur Herstellung von Implantaten verwendeten Material bestehen, beispielsweise aus Titan oder keramischen Materialien. Titan hat den Vorteil, dass sein Elastizitätsmodul dem von Knochen ähnelt. Außerdem ist es biologisch neutral (biokompatibel) und löst keine allergischen oder Fremdkörperreaktionen aus. Dies liegt daran, dass Titan eine direkte molekulare Verbindung mit dem Knochen eingehen kann. Der im Knochen liegende Teil des Implantats kann vorteilhafterweise eine sandgestrahlte und geätzte, sogenannte ”SLA”-Oberfläche (SLA = ”Sandblasting with Large grit followed by Acid etching”) aufweisen. Das Ergebnis der SLA-Behandlung ist eine Makrorauhigkeit der (Titan) Oberfläche, durch welche sich die Knochenzellen besser mit dieser verbinden können.
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Die Anzahl der Außenwindungen des Implantats kann vorteilhafterweise im oberen Bereich ansteigen (sog. progressives Windungsdesign). In dem Bereich, in dem es aus dem Knochen austritt, reduziert sich der Durchmesser erfindungsgemäß um beispielsweise 1 mm (= ”platform-switch”). Im Bereich der folgenden 2 mm erhöht sich der Durchmesser mit einem konkaven Verlauf (wie bei einer Senkkopfschraube) wieder auf 6 mm. Daraufhin reduziert sich der Durchmesser wieder auf 4 mm, wodurch ein Platz bzw. Rand von 2 mm (beidseitig je 1 mm) für das Abutment entsteht.
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Um das Implantat während der Einheilphase abzudecken, kann eine Abdeckschraube (”healing abutment”) vorgesehen werden. Diese ist beispielsweise insgesamt 2,5 mm hoch und etwa 6,0, 7,4 oder 8,8 mm breit, und ihre Außenwände können beispielsweise einen Winkel von 0°, 15° oder 30° zur Implantatachse bilden. Die Abdeckschraube wird durch das Innengewinde im Implantatinneren, welches über einen Sechskant verfügt, mit einer Schraube von 1,2 oder 1,8 mm Durchmesser verschraubt, ebenso wie die spätere definitive Restauration.
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1 zeigt ein Beispiel für ein erfindungsgemäßes Implantat. Der in den Kiefernknochen einschraubbare stiftförmige Außengewindekörper 1 ist 11 mm lang und hat einen Durchmesser von 4 mm. Das Außengewinde ist mit dem Bezugszeichen 5 gekennzeichnet. Im oberen Teil ist das progressive Windungsdesign mit sich erhöhender Windungsanzahl erkennbar. Auf der Höhe des Kiefernknochens (das Knochenniveau ist mit dem Bezugszeichen 15 bezeichnet) ist der Durchmesser des Implantats um 1 mm reduziert (bzw. der Radius beidseitig um 0,5 mm), d. h. zentral nach innen versetzt (= ”platformswitch”), was mit dem Bezugszeichen 10 gekennzeichnet ist. Der Kopfteil 30 ist integraler Bestandteil des einteiligen Implantats und ragt nach dem Einschrauben aus dem Kiefernknochen heraus. Auf Knochenniveau 15 erhöht sich der Durchmesser des Kopfteils 30 koronal im Bereich der folgenden 2 mm mit einem konkaven Verlauf (wie bei einer Senkkopfschraube) wieder auf 6 mm (der Kopfteilbereich mit sich konkav erhöhendem Durchmesser ist mit dem Bezugszeichen 35 gekennzeichnet). Daraufhin reduziert sich der Durchmesser wieder auf 4 mm (der Kopfteil mit reduziertem Durchmesser ist mit dem Bezugszeichen 40 gekennzeichnet), wodurch ein Platz bzw. Rand (mit dem Bezugszeichen 25 gekennzeichnet) von beidseitig je 1 mm (d. h. der Durchmesser ist um 2 mm reduziert) für das Abutment entsteht. Hier entsteht beim Anbringen des Abutments unvermeidlich der problematische Mikrospalt.
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In diesem Beispiel ist das Implantat mit einer 6 mm durchmessenden Abdeckschraube 20 (”healing abutment”) versehen, d. h. die Außenkanten des Implantats und der Abdeckschraube bzw. des Abutments sind bündig und weisen keinen ”platform-switch” auf. Die Abdeckschraube ist 2,5 mm hoch und 6,0 mm breit und ihre Außenwände können beispielsweise einen Winkel von 0°, 15° oder 30° zur Implantatachse bilden.
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Bei diesem Beispiel wird der bakteriell besiedelte Mikrospalt zwischen Implantat und Abutment durch die erfindungsgemäße Konstruktion koronal verlagert und befindet sich nun 2 mm oberhalb des Kiefernknochenniveaus 15.
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2 ist eine Seitenansicht einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Dentalimplantats für den Einsatz im Bereich der ästhetischen Zone, d. h. an den Schneidezähnen, bei welcher der am Zahnfleisch endende Teil nicht horizontal verläuft, sondern nach bukkal, d. h. in Richtung der Lippen, abgeschrägt ist. Das Außengewinde 5 ist nicht dargestellt.
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Dem Fachmann ist natürlich klar, das zahlreiche funktionell gleichwirkende und gleichwertige Abwandlungen und Modifikationen des oben beispielhaft beschriebenen Implantats möglich sind, ohne den Schutzbereich der Patentansprüche zu verlassen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- stiftförmiger Außengewindekörper
- 5
- Außengewinde
- 10
- ”platform-switching” des Kopfteils
- 15
- Knochenniveau
- 20
- Abdeckschraube (”healing abutment”)
- 25
- Platz für das Abutment
- 30
- Kopfteil
- 35
- Kopfteilbereich mit koronal sich konkav erhöhendem Durchmesser
- 40
- Kopfteilbereich mit reduziertem Durchmesser
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Literatur
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- Atieh, M. A., Ibrahim, H. M. & Atieh, A. H. (2010) Platform switching for marginal bone preservation around dental implants: a systematic review and meta-analysis. J Periodontol 81, 1350–1366. doi:10.1902/jop.2010.100232.
- Canullo, L., Pace, F., Coelho, P., Sciubba, E. & Vozza, I. (2011) The influence of platform switching on the biomechanical aspects of the implant-abutment system. A three dimensional finite element study. Med Oral Patol Oral Cir Bucal 16, e852–856.
- Khurana, P., Sharma, A. & Sodhi, K. K. (2011) Influence of Fine Threads and Platform-Switching on Crestal Bone Stress around Implant – A Three Dimensional Finite Element Analysis. J Oral Implantol. doi:10.1563/AAID-JOI-D-10-00148.
- Zipprich, H., Weigl, P., Lange, B., Lauer, H. C. (2007) Erfassung, Ursachen und Folgen von Mikrobewegungen am Implantat-Abutment-Interface. Implantologie 15 (1), 31–46.