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Die Erfindung betrifft ein Saccharimeter zur nichtinvasiven Messung der Glucosekonzentration des Blutes.
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Es war in der Medizin eines der ersten Mittel, mit denen die Konzentration der Glucose im Blut hinreichend schnell bestimmt werden konnte. Es nutzt die Fähigkeit der natürlichen, nichtracemischen Glucose, linear polarisiertes Licht entlang seiner Ausbreitungsrichtung konzentrationsabhängig zu drehen. Demgemäß ist ein Saccharimeter eine Messanordnung, bei welcher linear polarisiertes Licht durch eine blutgefüllte Küvette mit bekannter Lauflänge des Lichtes gesandt wird, und bei der abschließend durch Drehung und Anpassung eines Analysators die von der Probe verursachte Winkeländerung der Polarisationsebene bestimmt wird. Die Winkeländerung ist dabei ein Maß für die Zuckerkonzentration. Es gilt die einfache Beziehung: φ = φ0·c·L mit
- φ0
- = Stoffkonstante (Drehung je Länge)
- c
- = Konzentration (Masse Glucose je Masse Probe)
- L
- = Lauflänge
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Dieses Messprinzip erfordert, dass die Probe durch Blutentnahme gewonnen wird. Für Diabetiker, die ihre Glucosekonzentration permanent überwachen müssen, ist jedoch eine anhaltende, invasive Entnahme von größeren Blutproben mit Belastungen, Nebenwirkungen und Unannehmlichkeiten verbunden. Entsprechend sind Messverfahren erwünscht, welche die Probenahme minimieren oder vermeiden. Gleichzeitig soll die Häufigkeit der Messungen mindestens so weit erhöht werden, dass sie als kontinuierlich gelten kann, damit gefährliche Hypo- oder Hyperglykämien rechtzeitig erkannt werden. Idealerweise erfolgt die Messung kontinuierlich und nichtinvasiv. Und idealerweise erfolgt auch die Insulinapplikation bedarfsgerecht, automatisch und nichtinvasiv, wobei die Aufmerksamkeit des Patienten nicht mehr benötigt wird. Das Ergebnis wäre eine Blutzuckerregelung.
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Nun ist von dem in der Saccharimetrie gebräuchlichen, polarisierten Licht (einschließlich Infrarot und Ultraviolett) bekannt, dass es Haut und nahezu alle Organe mit mehr oder weniger hinnehmbaren Verlusten zu durchdringen vermag, und dass die darin enthaltene Glucose die Polarisation beim Durchgang ändert. Entsprechend liegt es nahe, für die Messung anstelle der üblichen Küvette Organe, wie z. B. ein Ohrläppchen oder eine Hautfalte, in eine derartige Messanordnung einzubringen und auf eine Punktierung zu verzichten. Bei entsprechender Miniaturisierung der Vorrichtung liegt es auch nahe, eine Messvorrichtung am oder (nach einmal invasivem Eingriff) gar im Körper zu tragen.
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Bei der Messung an einem Organ anstelle einer Küvette gibt es jedoch eine Reihe von zusätzlichen, erschwerenden Einflüssen zu beachten. Das sind insbesondere:...
- – Inhomogenität der Probe
- – variierende Abmessung und Lage der Probe
- – variierende Durchblutung und Blutzusammensetzung (z. B. nach Unfällen)
- – variierende Umwelteinflüsse (z. B. Klima)
- – variierende Zusammensetzung der im Blut gelösten Zuckerarten
...und für die optische Saccharimetrie: - – Lichtabsorption des Organs
- – Lichtstreuung des Organs
- – Fremdlichteinstrahlung
- – Signal/Rauschabstand der Detektoren (Photoleiter, Photodiode, Photozelle u. a.)
- – Unterschiedlichkeit von verschiedenen Lichtemittern, Detektoren etc.
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Ein Vorschlag, welcher trotz dieser Einflüsse eine Messung der Glucosekonzetration erlaubt, wurde von Bärner und Kleeberg in
DE 10 2008 023 725 A1 beschrieben.
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Ihnen zufolge besteht ein wesentliches Hindernis für die Benutzung eines optischen Saccharimeters in dem überaus geringen Verhältnis von Nutzsignal im Detektor zum Eigenrauschen der Messelektronik. Sie begründen, dass mindestens ein Signal-/Rausch-Verhältnis von 10–7 aufzulösen ist und beschreiben hierzu die geeignete Ausbildung eines phasenempfindlichen Lock-in-Gleichrichters. Ferner verbietet sich eine mechanische Analysatorbetätigung für eine robuste Vorrichtung. Sie umgehen daher die mechanische Anpassung eines Analysators durch einen Lichterkranz aus Laserdioden, die mit einem geringen Winkelversatz der Polarisationsebenen zueinander bei unveränderter Analysatorstellung angeordnet sind. Die Erfindung beruht bildlich gesprochen auf einer Anordnung von einer Vielzahl von eigenständigen, miniaturisierten Saccharimetern, die zwar auf engstem Raum, aber dennoch unterschiedlichen Probenarealen angebracht sind. Bei der Messung wird nunmehr nur noch dasjenige Saccharimeter gesucht, welches ein Maximum oder Minimum – je nachdem, was gewünscht ist – misst.
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Diese Methode verlangt jedoch identische LEDs, identische Detektoren, identische Zeit- und Temperaturdrift der Bauelemente, identische Eigenschaften der nichtidentischen, inhomogenen Probenareale u. v. m.. Da solche Bedingungen nicht gegeben sind, ist neben der Gewinnung des Nutzsignals aus einem bis zu 10
7-mal stärkeren Störsignalumfeld zusätzlich ein Abgleich aller zuvor genannten Einflussgrößen auf elektronischem oder rechentechnischem Wege notwendig. Der gemäß
DE 10 2008 023 725 A1 beschriebene Aufwand hierfür ist beträchtlich.
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Die vorliegende Erfindung umgeht diese Nachteile und kommt dabei ohne mechanische Analysatorverstellung aus. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Analysator eine Flüssigkristallanordnung vorgeschaltet wird, welche die Polarisation spannungsabhängig, definiert dreht. Die erfindungsgemäße Messanordnung besteht demnach aus einer Lichtemitterdiode, einem Polarisator, einer Probe (z. B. Ohrläppchen), einer Flüssigkristallzelle, einem Analysator und einem Detektor. Polarisator und Analysator sind im Anfangszustand so gestellt, dass die Transmission ohne Probe minimal (oder maximal) ist. Nach dem Einbringen der Probe ist die Polarisation leicht gedreht und die Transmission nimmt zu (ab). Die Polarisationsebene des ausgesendeten Lichtes wird durch Ansteuerung der Flüssigkristallzelle nun so weit gedreht, dass sie die von der Probe bewirkte Drehung des polarisierten Lichtes wieder kompensiert. Die korrekte Steuerspannung an der Flüssigkristallzelle ist folglich genau dann gefunden, wenn der transmittierte Lichtstrom nach dem Analysator wieder sein Minimum (Maximum) erreicht hat, der Detektor also einen minimalen (maximalen) Photostrom erzeugt oder durchschaltet. (Es ist dabei unerheblich, welcher Art das Signal ist, dass der Detektor erzeugt.) Das Licht wird vorzugsweise von linear polarisierenden Laserdioden oder aber von Lichtemitterdioden mit festem Polarisator bereitgestellt. Selbstverständlich sind alle anderen Lichtquellen (z. B. Lampen, Lichtbögen, Flammen etc.) dadurch nicht ausgeschlossen. Als optisches Stellglied für den Analysator dient im einfachsten Falle eine Flüssigkristallzelle vom TN-Typ (twisted nematic cell) mit handelsüblichen, nematischen, thermo- oder lyotropen Flüssigkristallen. Es versteht sich jedoch von selbst, dass auch cholesterinische, smektische, ferroelektrische Flüssigkristalle oder nach dem Kerr- oder Pockelsprinzip steuerbare Flüssigkristalle oder Keramiken/Gläser verwendbar sind. Im Prinzip sind sogar Flüssigkeiten oder Feststoffe einsetzbar, die für das gewünschte Licht hinreichend transparent sind und durch Aufprägen von Druck doppelbrechend werden oder im Inneren mit Schallwellen doppelbrechende Schallfronten ausbilden. Nicht zuletzt seien auch magnetische oder thermische Einflussmöglichkeiten auf die LC-Orientierung eingeschlossen. Und selbstverständlich ist auch die Anordnung des Flüssigkristallaufbaus innerhalb der Messanordnung wählbar. Die Flüssigkristallzelle kann beispielsweise unmittelbar nach dem Polarisator folgen, sie kann aber eben so gut auch vor dem Analysator stehen.
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Die Photoströme, welche am Detektor – einem Photosensor im weitesten Sinne – nach dem Lichteinfall gemessen werden, werden üblicherweise mittels Analog-Digitalwandler in ein Digitalsignal gewandelt und gespeichert. Anschließend wird die Steuerspannung am Flüssigkristall um einen sinnvoll gewählten Betrag erhöht (oder vermindert) und der Photostrom am Detektor erneut gemessen, gewandelt und zwischengespeichert. Abschließend werden diese Werte miteinander verglichen. Die finale Spannung an der Flüssigkristallzelle ist gefunden, wenn die von Messung zu Messung abnehmende Photostromstärke wieder zunimmt (oder umgekehrt), also ein Umschlag der Änderungstendenz stattfindet. Will man die Anzahl der Messungen dabei reduzieren, ist es möglich den ersten Messdurchgang bis zum Umschlag in großen Schritten zu gehen und nach dem Umschlag in umgekehrter Richtung in kleinen Schritten fortzusetzen u. s. f.
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Der Einfluss örtlicher und zeitlicher Organinhomogenitäten lässt sich durch herkömmliche Messung (Punktieren) mit den saccharimetrisch ermittelten Daten am ausgewählten Organareal abgleichen und dauerhaft berücksichtigen. Die Messanordnung lässt sich ferner als Clip anbringen oder auf Wunsch, wie z. B. vom Piercen bekannt, mit ideal drei Durchstichstellen am Ohrläppchen gegen Verrutschen sichern und zusätzlich planparallel mit definiertem Abstand ausrichten. Zur Extraktion des Nutzsignals aus der Störsignalumgebung wird auch hier das bekannte „Lock-in-Verfahren” bevorzugt.
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Da die Winkeländerungen durch die Probe angesichts der kurzen Weglänge und der niedrigen Blutzuckerkonzentrationen klein sind, ist es möglich und auch denkbar, die voreingestellte Flüssigkristallorientierung an den zu erwartenden Stellbereich anzupassen. Z. B. sind unbeeinflusste, stäbchenförmige Flüssigkristalle (Nematen) an den Grenzflächen üblicherweise 90° zueinander gekreuzt orientiert. Im Volumen der Zelle ergibt sich dann von Grenzfläche zu Grenzfläche die verdrillte (twisted) Anordnung der zueinander benachbarten Nematen. Dieser Winkel muss aber nicht notwendig 90° betragen, sondern kann auch auf kleinere Werte – z. B. 20° – eingestellt werden. Die Nematen können ferner auch senkrecht oder schrägwinklig statt planparallel oder verdrillt zur Grenzfläche angeordnet sein. Letztgenannte Flüssigkristallordnungen sind in der Literatur u. a. als „VA-Zelle” (vertical alignment) bekannt und zeichnen sich durch besonders hohe Kontrastverhältnisse aus. Ferner können auch mehrere LC-Zellen hintereinander geschaltet werden, die diskrete Drehwinkel der Polarisationsebene schalten. So könnte eine erste Zelle um 2° drehen, eine zweite um 1°, eine dritte um 30', eine vierte um 15' u. s. f. Durch Schalten der angewählten Flüssigkristallzelle würde der Polarisationsvektor des Lichtes um den zugeordneten Winkel gedreht werden. Durch Kombination der ausgewählten Zellen wird der Winkelbereich fein abgestuft durchfahren. Die Kombination der eingeschalteten LC-Zellen für maximale Lichtsperrung liefert schlussendlich die gewünschte Aussage über die optische Aktivität der Probe.
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Der Vorteil der Erfindung besteht darin, dass die Blutzuckerkonzentration nichtinvasiv und nahezu kontinuierlich gemessen werden kann. Das vorgeschlagene Messprinzip ermöglicht die Messung der Blutzuckerkonzentration mit einem einzigen Saccharimeter. Die Winkeländerung des polarisierten Lichtes hängt dabei ausschließlich von der Zuckerkonzentration und der Weglänge (z. B. Ohrläppchendicke), aber nicht von der Lichtabsorption oder -streuung ab. Lichtabsorption und Lichtstreuung des Ohrläppchens erschweren zwar die Detektion des LED-Lichtes, aber verfälschen nicht die Drehung der Polarisationsebene. Das eigentliche Messergebnis – die Steuerspannung an der Flüssigkristallzelle – wird also korrekt ermittelt. Insofern ist diese Messmethode robust. Da die erfindungsgemäße Vorrichtung mit einem einzigen Lichtemitter bzw. Sensor auskommt, sind Fehler durch zeitlich und/oder umstandsbedingt abweichende oder auseinander driftende Sensibilitäten erfolgreich ausgeschlossen. Dies wiederum verbessert die Detektion schwacher Photoströme im Sensor und erlaubt u. U. eine Spiegelung des Laufweges. Das Licht wird also mehrmals durch das Organ (oder Ohrläppchen) gesendet, wodurch eine deutlichere Winkeländerung erhalten werden kann. Ferner ist eine durchgängige Messung nicht nötig. Wenn also beispielsweise nur alle 3 Minuten für wenige Sekunden gemessen wird, kann die Sendeleistung der LED um ein bis zwei Größenordnungen erhöht werden. Ferner eignet sich die Messvorrichtung als Sensor für eine Blutzuckerregelung.
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Obwohl die Vorrichtung für einen nichtinvasiven Gebrauch gedacht ist, schließt sie einen invasiven Gebrauch nicht aus. Eine intrakorporale Anordnung des Saccharimeters oder zumindest des Sensors ist – wo gewünscht – prinzipiell möglich. Da das zur Positionierung erwählte innere Organ nicht punktiert oder geöffnet werden muss, werden blutreiche Organe – z. B. Blutgefäße – bevorzugt. Aber auch die Unterbringung des Sensors innerhalb eines Blutgefäßes ist bei Bedarf prinzipiell denkbar. Grundsätzlich sind äußere Störungen, wie z. B. Klima- oder Streulichteinflüsse im Körperinneren minimiert.
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Ausführungsbeispiel
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In der Grundstellung wird gemäß diesem Ausführungsbeispiel, unpolarisiertes Licht von einer Lichtquelle (1) in einem Polarisator (2) vertikal polarisiert. Das polarisierte Licht passiert eine TN-Flüssigkristallzelle (4), welche mit Umax voll durchgeschaltet wurde, ohne Drehung der Polarisationsebene. Es kann daher den Analysator (5) ungehindert passieren und lässt den Detektor (6) einen maximalen Photostrom Imax durchschalten oder erzeugen. Anschließend fügt man eine optisch aktive Probe (3) (z. B ein glucosehaltiges Ohrläppchen) ein. Die Probe (3) dreht das polarisierte Licht. Die Flüssigkristallzelle (4) ist weiterhin maximal durchgeschaltet. Der Analysator (5) sperrt das gedrehte, polarisierte Licht. Am Detektor (6) wird kein Photostrom I gemessen. Reduziert man jetzt an der Flüssigkristallzelle (4) die Steuerspannung U, fallen die Flüssigkristallmoleküle zunehmend in die twistnematische (verdrillte) Grundstellung zurück. Die Polarisationsebene des von der Probe (3) gedrehten Lichtes wird um einen gewissen Betrag zurück-(oder vor-)gedreht. Die Transmission durch Analysator (5) bzw. der Photostrom I in Detektor (6) nehmen zu. Die an der LC-Zelle (4) verbleibende Spannung U, die benötigt wurde, um die Transmission durch den Analysator (5) zu maximieren, liefert ein Maß für die Drehung der Polarisationsebene durch die Probe (3) und damit ein Maß für die Zuckerkonzentration der Probe.
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Es versteht sich auch ohne bildliche Darstellung von selbst, dass man Polarisator (2) und Analysator (5) beliebig gekreuzt zueinander voreinstellen oder/und dass die TN-Zelle (4) durch eine VA-Zelle (vertical aligned) ersetzt sein kann. Im letztgenannten Falle würde die Flüssigkristallanordnung im spannungsfreien Zustand inaktiv sein und durch Anlegen einer Steuerspannung optisch aktiv werden. Ferner können auch definierte Magnetfelder anstelle von Steuerspannungen die Flüssigkristalle in Zelle (4) gezielt schalten. Ebenso lässt sich der Laufweg des Lichtes durch Spiegelung vervielfachen, ohne dass dies einer gesonderten Erläuterung bedarf. Der Kombinationsphantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Lichtquelle,
- 2
- Polarisator,
- 3
- Probe – wie z. B. ein Ohrläppchen, Blutgefäß etc. –
- 4
- Flüssigkristallzelle,
- 5
- Analysator,
- 6
- Detektor.
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Lichtquelle (1) und Polarisator (2) stehen auch stellvertretend für eine Laserdiode (1) + (2), die bereits konstruktionsbedingt ohne Polarisator (2) linear polarisiertes Licht aussendet.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102008023725 A1 [0006, 0008]